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Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof (LeitEntschEG k.a.Abk.)


Eingangsformel



Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:


Artikel 1 Änderung der Zivilprozessordnung


Artikel 1 ändert mWv. 31. Oktober 2024 ZPO § 148, § 552b (neu), § 555, § 565

Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 302) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a)
Nach der Angabe zu § 552a wird folgende Angabe eingefügt:

§ 552b Bestimmung zum Leitentscheidungsverfahren".

b)
Die Angabe zu § 555 wird wie folgt gefasst:

§ 555 Anwendbare Vorschriften".

c)
Die Angabe zu § 565 wird wie folgt gefasst:

§ 565 Leitentscheidung".

2.
Dem § 148 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Rechtsfragen abhängt, die den Gegenstand eines bei dem Revisionsgericht anhängigen Leitentscheidungsverfahrens bilden, nach Anhörung der Parteien anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Leitentscheidungsverfahrens auszusetzen ist. Eine Aussetzung hat zu unterbleiben, wenn eine Partei der Aussetzung widerspricht und gewichtige Gründe hierfür glaubhaft macht. § 149 Absatz 2 gilt entsprechend."

3.
Nach § 552a wird folgender § 552b eingefügt:

§ 552b Bestimmung zum Leitentscheidungsverfahren

Wirft die Revision Rechtsfragen auf, deren Entscheidung für eine Vielzahl anderer Verfahren von Bedeutung ist, so kann das Revisionsgericht nach Eingang einer Revisionserwiderung oder nach Ablauf eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung das Revisionsverfahren durch Beschluss zum Leitentscheidungsverfahren bestimmen. Der Beschluss enthält eine Darstellung des Sachverhalts und der Rechtsfragen, deren Entscheidung für eine Vielzahl anderer Verfahren von Bedeutung ist."

4.
§ 555 wird wie folgt gefasst:

§ 555 Anwendbare Vorschriften

(1) Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszug für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit die Vorschriften dieses Abschnitts nicht Abweichendes regeln.

(2) Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(3) Die §§ 348 bis 350 sind nicht anzuwenden.

(4) Ein Anerkenntnisurteil ergeht nur auf gesonderten Antrag des Klägers.

(5) Auf die Revision sind folgende für die Berufung geltende Vorschriften entsprechend anzuwenden:

1.
Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile,

2.
Vorschriften über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme,

3.
Vorschriften über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage sowie

4.
Vorschriften über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten.

(6) Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden."

5.
§ 565 wird wie folgt gefasst:

§ 565 Leitentscheidung

(1) Endet die zum Leitentscheidungsverfahren bestimmte Revision, ohne dass ein mit inhaltlicher Begründung versehenes Urteil ergeht, so trifft das Revisionsgericht durch Beschluss eine Leitentscheidung. Der Beschluss ergeht ohne mündliche Verhandlung.

(2) In dem Beschluss wird

1.
festgestellt, dass die Revision beendet ist, und

2.
eine Leitentscheidung zu den im Beschluss nach § 552b benannten Rechtsfragen getroffen.

(3) Der Beschluss ist zu begründen. Die Begründung ist auf die Erwägungen zur Entscheidung der maßgeblichen Rechtsfragen zu beschränken."


Artikel 2 Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes


Artikel 2 ändert mWv. 31. Oktober 2024 RVG § 19

In § 19 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. März 2022 (BGBl. I. S. 610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 16. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 240) geändert worden ist, werden nach den Wörtern „die Wertfestsetzung" ein Komma und die Wörter „das Leitentscheidungsverfahren nach der Zivilprozessordnung" eingefügt.


Artikel 3 Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes


Artikel 3 ändert mWv. 31. Oktober 2024 ArbGG § 72

In § 72 Absatz 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853, 1036), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 15. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 237) geändert worden ist, wird die Angabe „des § 566" durch die Wörter „der §§ 552b, 565 und 566" ersetzt.


Artikel 4 Änderung des Sozialgerichtsgesetzes


Artikel 4 ändert mWv. 31. Oktober 2024 SGG § 202

In § 202 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 15. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 237) geändert worden ist, werden nach dem Wort „ausschließen" ein Semikolon und die Wörter „das Leitentscheidungsverfahren nach den §§ 552b und 565 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden" eingefügt.


Artikel 5 Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung


Artikel 5 ändert mWv. 31. Oktober 2024 VwGO § 173

In § 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 15. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 237) geändert worden ist, werden nach dem Wort „ausschließen" ein Semikolon und die Wörter „das Leitentscheidungsverfahren nach den §§ 552b und 565 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden" eingefügt.


Artikel 6 Änderung der Finanzgerichtsordnung


Artikel 6 ändert mWv. 31. Oktober 2024 FGO § 155

In § 155 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 2001 (BGBl. I S. 442, 2262; 2002 I S. 679), die zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 15. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 237) geändert worden ist, werden nach dem Wort „anzuwenden" ein Semikolon und die Wörter „das Leitentscheidungsverfahren nach den §§ 552b und 565 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden" eingefügt.


Artikel 7 Inkrafttreten



Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung*) in Kraft.


---
*)
Anm. d. Red.: Die Verkündung erfolgte am 30. Oktober 2024.


Schlussformel



Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

Der Bundespräsident

Steinmeier

Der Bundeskanzler

Olaf Scholz

Der Bundesminister der Justiz

Marco Buschmann