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Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz (TPGEntLÄndG k.a.Abk.)


Eingangsformel



Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:


Artikel 1 Änderung des Transplantationsgesetzes


Artikel 1 wird in 1 Vorschrift zitiert und ändert mWv. 1. November 2012 TPG § 1, § 2

Das Transplantationsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2007 (BGBl. I S. 2206), das durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 1 wie folgt gefasst:

„§ 1 Ziel und Anwendungsbereich des Gesetzes".

2.
§ 1 wird wie folgt geändert:

a)
Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„§ 1 Ziel und Anwendungsbereich des Gesetzes".

b)
Folgender Absatz 1 wird vorangestellt:

„(1) Ziel des Gesetzes ist es, die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland zu fördern. Hierzu soll jede Bürgerin und jeder Bürger regelmäßig im Leben in die Lage versetzt werden, sich mit der Frage seiner eigenen Spendebereitschaft ernsthaft zu befassen und aufgefordert werden, die jeweilige Erklärung auch zu dokumentieren. Um eine informierte und unabhängige Entscheidung jedes Einzelnen zu ermöglichen, sieht dieses Gesetz eine breite Aufklärung der Bevölkerung zu den Möglichkeiten der Organ- und Gewebespende vor."

c)
Die bisherigen Absätze 1 und 2 werden die Absätze 2 und 3.

3.
§ 2 wird wie folgt geändert:

a)
Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Bundesbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit, insbesondere die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, sowie die Krankenkassen sollen auf der Grundlage dieses Gesetzes die Bevölkerung aufklären über

1.
die Möglichkeiten der Organ- und Gewebespende,

2.
die Voraussetzungen der Organ- und Gewebeentnahme bei toten Spendern einschließlich der Bedeutung einer zu Lebzeiten abgegebenen Erklärung zur Organ- und Gewebespende, auch im Verhältnis zu einer Patientenverfügung, und der Rechtsfolge einer unterlassenen Erklärung im Hinblick auf das Entscheidungsrecht der nächsten Angehörigen nach § 4 sowie

3.
die Bedeutung der Organ- und Gewebeübertragung im Hinblick auf den für kranke Menschen möglichen Nutzen einer medizinischen Anwendung von Organen und Geweben einschließlich von aus Geweben hergestellten Arzneimitteln.

Die Aufklärung hat die gesamte Tragweite der Entscheidung zu umfassen und muss ergebnisoffen sein. Die in Satz 1 benannten Stellen sollen auch Ausweise für die Erklärung zur Organ- und Gewebespende (Organspendeausweis) zusammen mit geeigneten Aufklärungsunterlagen bereithalten und der Bevölkerung zur Verfügung stellen. Bund und Länder stellen sicher, dass den für die Ausstellung und die Ausgabe von amtlichen Ausweisdokumenten zuständigen Stellen des Bundes und der Länder Organspendeausweise zusammen mit geeigneten Aufklärungsunterlagen zur Verfügung stehen und dass diese bei der Ausgabe der Ausweisdokumente dem Empfänger des Ausweisdokuments einen Organspendeausweis zusammen mit geeigneten Aufklärungsunterlagen aushändigen."

b)
Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Die Krankenkassen haben, unbeschadet ihrer Pflichten nach Absatz 1, die in Absatz 1 Satz 3 genannten Unterlagen ihren Versicherten, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, zur Verfügung zu stellen, wenn ihnen die elektronische Gesundheitskarte nach § 291a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ausgestellt wird. Die privaten Krankenversicherungsunternehmen haben die in Absatz 1 Satz 3 genannten Unterlagen ihren Versicherten, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, alle fünf Jahre zusammen mit der Beitragsmitteilung nach § 10 Absatz 2a Satz 9 des Einkommensteuergesetzes zur Verfügung zu stellen. Ist den Krankenkassen und den privaten Krankenversicherungsunternehmen ein erstmaliges Erfüllen der Verpflichtungen nach den Sätzen 1 und 2 innerhalb von zwölf Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht möglich, haben sie die Unterlagen nach Absatz 1 Satz 3 ihren Versicherten innerhalb des vorgenannten Zeitraums in anderer geeigneter Weise zur Verfügung zu stellen. Solange die Möglichkeit zur Speicherung der Erklärungen der Versicherten zur Organ- und Gewebespende nach § 291a Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht zur Verfügung steht, haben die Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungsunternehmen die in Absatz 1 Satz 3 genannten Unterlagen ihren Versicherten alle zwei Jahre zu übersenden. Mit der Zurverfügungstellung der Unterlagen fordern die Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungsunternehmen die Versicherten auf, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende zu dokumentieren und benennen ihnen gegenüber fachlich qualifizierte Ansprechpartner für Fragen zur Organ- und Gewebespende sowie zur Bedeutung einer zu Lebzeiten abgegebenen Erklärung zur Organ- und Gewebespende, auch im Verhältnis zu einer Patientenverfügung."

c)
Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) Niemand kann verpflichtet werden, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abzugeben."


Artikel 2 Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch


Artikel 2 wird in 1 Vorschrift zitiert und ändert mWv. 1. November 2012 SGB V § 291a, § 307b

Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 12. April 2012 (BGBl. I S. 579) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
§ 291a wird wie folgt geändert:

a)
In Absatz 1a Satz 1 wird die Angabe „5" durch die Angabe „5a" ersetzt.

b)
Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa)
Satz 1 wird wie folgt geändert:

aaa)
In Nummer 5 wird das Wort „sowie" durch ein Komma ersetzt.

bbb)
In Nummer 6 wird das Semikolon am Ende durch ein Komma ersetzt und werden die folgenden Nummern 7 bis 9 eingefügt:

„7.
Erklärungen der Versicherten zur Organ- und Gewebespende,

8.
Hinweisen der Versicherten auf das Vorhandensein und den Aufbewahrungsort von Erklärungen zur Organ- und Gewebespende sowie

9.
Hinweisen der Versicherten auf das Vorhandensein und den Aufbewahrungsort von Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen nach § 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuchs;".

bb)
Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Die Authentizität der Erklärungen nach Satz 1 Nummer 7 muss sichergestellt sein."

cc)
Der neue Satz 4 wird wie folgt gefasst:

„Zugriffsberechtigte nach Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5a Satz 1 dürfen mit dem Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten der Versicherten nach Satz 1 erst beginnen, wenn die Versicherten gegenüber einem zugriffsberechtigten Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten oder Apotheker dazu ihre Einwilligung erklärt haben."

dd)
Nach dem neuen Satz 5 wird folgender Satz eingefügt:

„Satz 4 gilt nicht, wenn Versicherte mit dem Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten nach Satz 1 ohne die Unterstützung von Zugriffsberechtigten nach Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5a Satz 1 begonnen haben."

c)
In Absatz 5 Satz 3 erster Halbsatz werden nach den Wörtern „Absatz 3 Satz 1" die Wörter „Nummer 1 bis 6" eingefügt.

d)
Nach Absatz 5 werden die folgenden Absätze 5a und 5b eingefügt:

„(5a) Zum Zwecke des Erhebens, Verarbeitens oder Nutzens mittels der elektronischen Gesundheitskarte dürfen, soweit es zur Versorgung erforderlich ist, auf Daten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 bis 9 ausschließlich

1.
Ärzte,

2.
Personen, die

a)
bei Ärzten oder

b)
in einem Krankenhaus

als berufsmäßige Gehilfen oder zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind, soweit dies im Rahmen der von ihnen zulässigerweise zu erledigenden Tätigkeiten erforderlich ist und der Zugriff unter Aufsicht eines Arztes erfolgt,

in Verbindung mit einem elektronischen Heilberufsausweis, der über eine Möglichkeit zur sicheren Authentifizierung und über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügt, zugreifen; Absatz 5 Satz 1 und 4 gilt entsprechend. Ohne Einverständnis der betroffenen Person dürfen Zugriffsberechtigte nach Satz 1 auf Daten

1.
nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 und 8 nur zugreifen, nachdem der Tod nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Transplantationsgesetzes festgestellt wurde und der Zugriff zur Klärung erforderlich ist, ob die verstorbene Person in die Entnahme von Organen oder Gewebe eingewilligt hat,

2.
nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 9 nur zugreifen, wenn eine ärztlich indizierte Maßnahme unmittelbar bevorsteht und die betroffene Person nicht fähig ist, in die Maßnahme einzuwilligen.

Zum Speichern, Verändern, Sperren oder Löschen von Daten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 durch Zugriffsberechtigte nach Satz 1 ist eine technische Autorisierung durch die Versicherten für den Zugriff erforderlich. Versicherte können auf Daten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 bis 9 zugreifen, wenn sie sich für den Zugriff durch ein geeignetes technisches Verfahren authentifizieren. Sobald die technische Infrastruktur für das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 bis 9 flächendeckend zur Verfügung steht, haben die Krankenkassen die Versicherten umfassend über die Möglichkeiten der Wahrnehmung ihrer Zugriffsrechte zu informieren sowie allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen für ihre Versicherten technische Einrichtungen zur Wahrnehmung ihrer Zugriffsrechte nach Satz 4 flächendeckend zur Verfügung zu stellen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat über die Ausstattung jährlich einen Bericht nach den Vorgaben des Bundesministeriums für Gesundheit zu erstellen und ihm diesen erstmals zum 31. Januar 2016 vorzulegen.

(5b) Die Gesellschaft für Telematik hat Verfahren zur Unterstützung der Versicherten bei der Verwaltung von Daten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 bis 9 zu entwickeln und hierbei auch die Möglichkeit zu schaffen, dass Versicherte für die Dokumentation der Erklärung auf der elektronischen Gesundheitskarte die Unterstützung der Krankenkasse in Anspruch nehmen können. Bei diesen für die Versicherten freiwilligen Verfahren sind Rückmeldeverfahren der Versicherten über die Krankenkassen mit einzubeziehen, bei denen die Krankenkassen mit Zustimmung der Versicherten Daten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 und 8 speichern und löschen können. Über das Ergebnis der Entwicklung legt die Gesellschaft für Telematik dem Deutschen Bundestag über das Bundesministerium für Gesundheit spätestens bis zum 30. Juni 2013 einen Bericht vor. Anderenfalls kann das Bundesministerium für Gesundheit Verfahren nach den Sätzen 1 und 2 im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens entwickeln lassen, dessen Kosten von der Gesellschaft für Telematik zu erstatten sind. In diesem Fall unterrichtet das Bundesministerium für Gesundheit den Deutschen Bundestag über das Ergebnis der Entwicklung."

e)
Der bisherige Absatz 5a wird Absatz 5c.

f)
Nach Absatz 6 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Daten nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 und 7 bis 9 können Versicherte auch eigenständig löschen."

g)
In Absatz 8 Satz 1 werden nach den Wörtern „Absatz 4 Satz 1" die Wörter „und Absatz 5a Satz 1" eingefügt.

2.
In § 307b Absatz 1 wird die Angabe „§ 291a Absatz 4 Satz 1" durch die Wörter „§ 291a Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5a Satz 1 erster Halbsatz oder Satz 2" ersetzt.


Artikel 3 Inkrafttreten



Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des vierten auf die Verkündung*) folgenden Kalendermonats in Kraft.


---
*)
Anm. d. Red.: Die Verkündung erfolgte am 18. Juli 2012.


Schlussformel



Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

Der Bundespräsident

Joachim Gauck

Die Bundeskanzlerin

Dr. Angela Merkel

Der Bundesminister für Gesundheit

D. Bahr