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Entscheidung - Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11 - (zu § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 4 Nummer 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und Nummer 3 und § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes) (BVerfGE20120718 k.a.Abk.)
B. v. 31.07.2012 BGBl. I S. 1715 (Nr. 37)
Geltung ab 18.07.2012; FNA: 1104-5 Bundesverfassungsgericht
Geltung ab 18.07.2012; FNA: 1104-5 Bundesverfassungsgericht
Entscheidung
Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11 - wird die Entscheidungsformel veröffentlicht:
Die Bundesministerin der Justiz
In Vertretung Dr. Birgit Grundmann
- 1.
- § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 4 Nummer 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und Nummer 3 und § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes, jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 2022), sind mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz unvereinbar. Für Leistungszeiträume bis zum 31. Dezember 2010 sind die Vorschriften weiterhin anwendbar.
- 2.
- Der Gesetzgeber ist verpflichtet, unverzüglich für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen.
- 3.
- Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung wird angeordnet:
- a)
- Die Werte nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, Nummer 2 und Nummer 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes bemessen sich ab dem 1. Januar 2011 entsprechend den sich aus §§ 5 bis 7 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (Bundesgesetzblatt Teil I 2011 Seite 453) für Einpersonen- und Familienhaushalte ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für die Abteilungen 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke), 3 (Bekleidung und Schuhe), 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung) und 6 (Gesundheitspflege). Die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für die Abteilung 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände) bleiben unberücksichtigt.
- b)
- Die Geldbeträge nach § 3 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 und Nummer 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (gegebenenfalls in Verbindung mit § 3 Absatz 2 Satz 3 Asylbewerberleistungsgesetz) bemessen sich ab dem 1. Januar 2011 entsprechend den sich aus §§ 5 bis 7 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (Bundesgesetzblatt Teil I 2011 Seite 453) für Einpersonen- und Familienhaushalte ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für die Abteilungen 7 (Verkehr), 8 (Nachrichtenübermittlung), 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur), 10 (Bildung), 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) und 12 (Andere Waren und Dienstleistungen).
- c)
- Die Regelbedarfsstufen 1 bis 6 nach § 8 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (Bundesgesetzblatt Teil I 2011 Seite 453) finden für die Abgrenzung des jeweiligen von diesen Regelbedarfsstufen erfassten Personenkreises auf Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für die Leistungen nach § 3 Absatz 2 Satz 2 und § 3 Absatz 1 Satz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes entsprechende Anwendung. Für Personen, die der Regelbedarfsstufe 2 oder 3 unterfallen, finden die vorstehend unter a und b getroffenen Anordnungen mit der Maßgabe Anwendung, dass für Personen, die der Regelbedarfsstufe 2 unterfallen, 90 Prozent der Werte und Geldbeträge und für Personen, die der Regelbedarfsstufe 3 unterfallen, 80 Prozent der Werte und Geldbeträge maßgeblich sind.
- d)
- Solange keine Neuermittlung der Regelbedarfe nach § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch erfolgt, werden die Werte beziehungsweise Geldbeträge in § 3 Absatz 2 Satz 2 und § 3 Absatz 1 Satz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes entsprechend der Veränderungsrate des Mischindexes nach § 138 sowie § 28a Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch fortgeschrieben.
- e)
- Die Regelungen über die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes des § 9 Absatz 3 Asylbewerberleistungsgesetz in Verbindung mit § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch und über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der rechtlichen Verhältnisse zugunsten der Betroffenen des § 9 Absatz 3 Asylbewerberleistungsgesetz in Verbindung mit § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch finden für Leistungszeiträume bis Ende Juli 2012 keine Anwendung.
Die Bundesministerin der Justiz
In Vertretung Dr. Birgit Grundmann
Link zu dieser Seite: https://www.buzer.de/gesetz/10269/index.htm