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Erstes Gesetz zur Änderung des Seearbeitsgesetzes (1. SeeArbGÄndG k.a.Abk.)


Eingangsformel



Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:


Artikel 1


Artikel 1 wird in 2 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 18. Januar 2017 SeeArbG § 42, § 47, § 73, § 75, § 76, § 76a (neu), § 77, § 106a (neu), § 129, § 145, § 150, § 154, mWv. 31. Dezember 2015 § 2, § 119

Das Seearbeitsgesetz vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868; 2014 I S. 605), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 25. November 2015 (BGBl. I S. 2095) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a)
Die Angabe zu Abschnitt 3 Unterabschnitt 7 wird wie folgt gefasst:

„Unterabschnitt 7 Heimschaffung und Imstichlassen".

b)
Nach der Angabe zu § 76 wird folgende Angabe eingefügt:

„§ 76a Pflicht zur finanziellen Absicherung für Fälle des Imstichlassens".

c)
Nach der Angabe zu § 106 wird folgende Angabe eingefügt:

„§ 106a Pflicht zur Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten".

d)
Die Angabe zu § 154 wird wie folgt gefasst:

„§ 154 Übergangsregelung für Seearbeitszeugnisse und Seearbeits-Konformitätserklärungen".

abweichendes Inkrafttreten am 31.12.2015

2.
In § 2 Nummer 4 werden die Wörter „die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft" durch die Wörter „die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation" ersetzt.

Ende abweichendes Inkrafttreten


3.
§ 42 Absatz 4 wird wie folgt geändert:

a)
In Satz 3 werden

aa)
die Wörter „§ 49 Absatz 1 Nummer 3 und 4 auch in Verbindung mit Absatz 2 oder 3" durch die Wörter „§ 49 Absatz 1 Nummer 3 oder 4, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 2 oder 3" und

bb)
die Wörter „§ 47 Absatz 1 und 2" durch die Wörter „§ 47 Absatz 1 oder 2" ersetzt.

b)
In Satz 4 wird nach den Wörtern „§ 49 Absatz 1 Nummer 2" die Angabe „oder 4" eingefügt.

4.
In § 47 Absatz 1 Satz 1 wird nach den Wörtern „Personen an Bord" ein Komma eingefügt.

5.
In Abschnitt 3 wird die Überschrift des Unterabschnitts 7 wie folgt gefasst:

„Unterabschnitt 7 Heimschaffung und Imstichlassen".

6.
§ 73 wird wie folgt geändert:

a)
In Nummer 4 wird der Punkt am Ende durch ein Komma ersetzt.

b)
Folgende Nummer 5 wird angefügt:

„5.
wenn der Reeder das Besatzungsmitglied im Stich lässt (§ 76a Absatz 1 Satz 3)."

7.
§ 75 wird wie folgt geändert:

a)
Der Wortlaut wird Absatz 1.

b)
Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Lässt der Reeder ein Besatzungsmitglied im Stich (§ 76a Absatz 1 Satz 3), ist abweichend von Absatz 1 Bestimmungsort der Heimschaffung ausschließlich der Wohnort des Besatzungsmitglieds."

8.
In § 76 Absatz 8 werden nach dem Wort „Heimschaffung" die Wörter „nach § 73 Nummer 1 bis 4" eingefügt.

9.
Nach § 76 wird folgender § 76a eingefügt:

„§ 76a Pflicht zur finanziellen Absicherung für Fälle des Imstichlassens

(1) Der Reeder eines Schiffes, das kein Fischereifahrzeug ist, hat nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 für Fälle des Imstichlassens eines Besatzungsmitglieds eine Versicherung oder eine sonstige finanzielle Sicherheit aufrechtzuerhalten. Die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit ist der Berufsgenossenschaft bei Überprüfungen nachzuweisen. Ein Besatzungsmitglied ist insbesondere im Stich gelassen, wenn der Reeder

1.
die Kosten für die Heimschaffung nach § 76 Absatz 2 Satz 2 nicht übernimmt,

2.
den Anspruch des Besatzungsmitglieds auf medizinische Betreuung nach den §§ 99 bis 103 nicht erfüllt,

3.
mit der Heuerzahlung nach § 37 mindestens zwei Monate in Verzug ist,

4.
gesundheitsschädliche Unterkunftsräume bereithält,

5.
verdorbene oder für die Schiffsbesatzung ungenügende Verpflegungs- oder Trinkwasservorräte zur Verfügung stellt oder

6.
keinen ausreichenden Kraftstoff für das Überleben an Bord des Schiffes zur Verfügung stellt.

(2) Die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit muss die gesetzlichen Ansprüche der Besatzungsmitglieder und solche Leistungen, die nach dem Heuervertrag mit dem in § 28 vorgeschriebenen Inhalt, nach dem Berufsausbildungsvertrag mit dem in § 82 vorgeschriebenen Inhalt oder nach dem anwendbaren Tarifvertag geschuldet sind, finanziell absichern. Der Versicherungsvertrag oder der Vertrag über die sonstige finanzielle Sicherheit kann die finanzielle Absicherung von ausstehenden Leistungen aus dem Heuerverhältnis auf vier Monate beschränken. Das gilt nicht für Ansprüche, bei deren Nichterfüllung durch den Reeder ein Besatzungsmitglied nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6 im Stich gelassen ist.

(3) Der Versicherungsvertrag oder der Vertrag über die sonstige finanzielle Sicherheit muss vorsehen, dass

1.
Besatzungsmitglieder ihre Ansprüche unmittelbar gegen den Versicherer oder den Sicherungsgeber geltend machen können,

2.
der Versicherungsschutz oder der Schutz durch die sonstige finanzielle Sicherheit nicht vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer endet, es sei denn, der Versicherer oder der Sicherungsgeber informiert die Berufsgenossenschaft mindestens 30 Tage zuvor.

(4) Der Versicherer oder der Sicherungsgeber übermittelt nach Maßgabe des Absatzes 5 dem Reeder eines Schiffes im Sinne des § 130 Absatz 1 oder 8 eine Bescheinigung über die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit in deutscher Sprache, begleitet von einer englischen Übersetzung. Der Reeder hat die Bescheinigung an Bord mitzuführen. Eine Kopie der Bescheinigung ist an geeigneter Stelle an Bord in einer für die Besatzungsmitglieder geeigneten Sprache auszuhängen.

(5) Die Bescheinigung hat mindestens den folgenden Inhalt:

1.
Name des Schiffes,

2.
Heimathafen des Schiffes,

3.
Rufzeichen des Schiffes,

4.
IMO-Schiffsidentifikationsnummer,

5.
Name und Anschrift des Versicherers oder des Sicherungsgebers,

6.
Kontaktinformationen der Personen oder der Stelle, die für die Behandlung von Hilfeersuchen der Seeleute zuständig sind,

7.
Name des Reeders,

8.
Gültigkeitsdauer der Versicherung oder der sonstigen finanziellen Sicherheit sowie

9.
eine Erklärung des Versicherers oder des Sicherungsgebers, dass die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit den Anforderungen der Norm A2.5.2 des Seearbeitsübereinkommens genügt.

(6) Soweit der Versicherer oder der Sicherungsgeber das Besatzungsmitglied oder im Falle des § 77 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 die Berufsgenossenschaft befriedigt, geht der Anspruch des Besatzungsmitglieds gegen den Reeder auf ihn über. Der Reeder hat den Anspruch in Geld zu erfüllen. Steht dem Reeder ein Ersatzanspruch zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer oder den Sicherungsgeber über, soweit er die Leistung erbringt.

(7) Der Anspruch eines Besatzungsmitglieds gegen den Versicherer oder den Sicherungsgeber auf Zahlung der vom Reeder geschuldeten Heuer mindert sich insoweit, als diese Heueransprüche nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit übergehen."

10.
§ 77 wird wie folgt geändert:

a)
In Satz 1 werden nach dem Wort „nicht" die Wörter „und befriedigt im Falle eines Imstichlassens im Sinne des § 76a Absatz 1 auch der Versicherer oder der Sicherungsgeber das Besatzungsmitglied nicht" eingefügt.

b)
Folgender Satz wird angefügt:

„Die Ansprüche des Besatzungsmitglieds im Falle eines Imstichlassens im Sinne des § 76a Absatz 1 gegen den Versicherer oder den Sicherungsgeber gehen insoweit auf sie über."

11.
Nach § 106 wird folgender § 106a eingefügt:

„§ 106a Pflicht zur Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten

(1) Der Reeder eines Schiffes, das kein Fischereifahrzeug ist, hat nach Maßgabe des Absatzes 2 eine Versicherung oder eine sonstige finanzielle Sicherheit aufrechtzuerhalten, die bei Berufsunfähigkeit oder Tod von Besatzungsmitgliedern infolge von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten diese oder ihre Hinterbliebenen entschädigt. Die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit ist der Berufsgenossenschaft bei Überprüfungen nachzuweisen.

(2) Die Versicherung oder der Vertrag über die sonstige finanzielle Sicherheit muss vorsehen, dass

1.
die Ansprüche der Besatzungsmitglieder unmittelbar gegen den Versicherer oder den Sicherungsgeber geltend gemacht werden können,

2.
Zwischenzahlungen geleistet werden, soweit das zur Vermeidung einer besonderen Härte für das Besatzungsmitglied erforderlich ist und

3.
der Versicherungsschutz oder der Schutz durch die sonstige finanzielle Sicherheit nicht vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer endet, es sei denn, der Versicherer oder der Sicherungsgeber informiert die Berufsgenossenschaft mindestens 30 Tage zuvor.

(3) Der Versicherer oder der Sicherungsgeber übermittelt nach Maßgabe des Absatzes 4 dem Reeder eine Bescheinigung über die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit in deutscher Sprache, begleitet von einer englischen Übersetzung. Der Reeder hat die Bescheinigung an Bord mitzuführen. Eine Kopie der Bescheinigung ist an geeigneter Stelle an Bord in einer für die Besatzungsmitglieder geeigneten Sprache auszuhängen.

(4) Die Bescheinigung hat mindestens den folgenden Inhalt:

1.
Name des Schiffes,

2.
Heimathafen des Schiffes,

3.
Rufzeichen des Schiffes,

4.
IMO-Schiffsidentifikationsnummer,

5.
Name und Anschrift des Versicherers oder des Sicherungsgebers,

6.
Kontaktinformationen der Personen oder der Stelle, die für die Behandlung von Hilfeersuchen der Seeleute zuständig sind,

7.
Name des Reeders,

8.
Gültigkeitsdauer der Versicherung,

9.
eine Erklärung des Versicherers oder des Sicherungsgebers, dass die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit den Anforderungen der Norm A4.2.1 des Seearbeitsübereinkommens genügt.

(5) Steht ein Ende des Versicherungsschutzes oder des Schutzes durch die sonstige finanzielle Sicherheit bevor, informiert

1.
der Reeder die Besatzungsmitglieder,

2.
der Versicherer oder der Sicherungsgeber die Berufsgenossenschaft."

abweichendes Inkrafttreten am 31.12.2015

12.
§ 119 Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten die Sozialeinrichtungen in inländischen Häfen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel im Wege der institutionellen Förderung einen jährlichen Finanzierungszuschuss des Bundes zu den laufenden Aufwendungen und Investitionen. Zuständige Behörde für die Bewilligung der Förderung ist die Berufsgenossenschaft."

Ende abweichendes Inkrafttreten


13.
§ 129 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt geändert:

a)
In Nummer 5 werden nach dem Wort „Ruhezeiten" die Wörter „sowie finanzielle Absicherung für Fälle des Imstichlassens" eingefügt.

b)
In Nummer 8 werden nach dem Wort „Betreuung" die Wörter „einschließlich Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten" eingefügt.

14.
§ 145 wird wie folgt geändert:

a)
In Absatz 1 wird nach Nummer 9 folgende Nummer 9a eingefügt:

„9a.
entgegen § 76a Absatz 1 Satz 2 oder § 106a Absatz 1 Satz 2 einen Nachweis nicht oder nicht rechtzeitig erbringt,".

b)
In Absatz 3 wird nach der Angabe „Nummer 4, 7, 8," die Angabe „9a," eingefügt.

15.
In § 150 Absatz 2 werden die Wörter „sowie den §§ 78 und 130 Absatz 7" durch die Wörter „, § 76a Absatz 4 Satz 3, § 78 sowie § 106a Absatz 3 Satz 3 und § 130 Absatz 7" ersetzt.

16.
§ 154 wird wie folgt gefasst:

„§ 154 Übergangsregelung für Seearbeitszeugnisse und Seearbeits-Konformitätserklärungen

Seearbeitszeugnisse und Seearbeits-Konformitätserklärungen, die vor dem 18. Januar 2017 erteilt wurden, behalten ihre Gültigkeit bis zur jeweils nächsten nach § 129 Absatz 2 Nummer 1 anstehenden Überprüfung, soweit der Reeder Bescheinigungen über die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit nach § 76a Absatz 4 Satz 2 sowie § 106a Absatz 3 Satz 2 an Bord mitführt."


Artikel 2



(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am 18. Januar 2017 in Kraft.

(2) Artikel 1 Nummer 2 und 12 tritt am Tag nach der Verkündung*) in Kraft.


---
*)
Anm. d. Red.: Die Verkündung erfolgte am 30. Dezember 2015.


Schlussformel



Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

Der Bundespräsident

Joachim Gauck

Die Bundeskanzlerin

Dr. Angela Merkel

Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales

Andrea Nahles