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Unterabschnitt 1 - Hebammengesetz (HebG)

Artikel 1 G. v. 22.11.2019 BGBl. I S. 1759 (Nr. 42); zuletzt geändert durch Artikel 5 G. v. 12.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 359
Geltung ab 01.01.2020, abweichend siehe Artikel 5; FNA: 2124-26 Hebammen und Heilhilfsberufe
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Teil 3 Hebammenstudium und Vertrag zur akademischen Hebammenausbildung

Abschnitt 1 Studium

Unterabschnitt 1 Studienziel, Zugang, Dauer und Struktur sowie Akkreditierung von Studiengängen

§ 9 Studienziel



(1) 1Das Hebammenstudium vermittelt die fachlichen und personalen Kompetenzen, die für die selbständige und umfassende Hebammentätigkeit im stationären sowie im ambulanten Bereich erforderlich sind. 2Die Vermittlung erfolgt auf wissenschaftlicher Grundlage und nach wissenschaftlicher Methodik. 3Lebenslanges Lernen wird dabei als ein Prozess der eigenen beruflichen Biographie verstanden und die fortlaufende persönliche und fachliche Weiterentwicklung als notwendig anerkannt.

(2) 1Die Hebammentätigkeit erfolgt entsprechend dem allgemein anerkannten Stand hebammenwissenschaftlicher, medizinischer und weiterer bezugswissenschaftlicher Erkenntnisse auf Grundlage einer Berufsethik. 2Die Hebamme beachtet die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. 3Sie berücksichtigt die konkrete Lebenssituation, den sozialen, biographischen, kulturellen und religiösen Hintergrund, die sexuelle Orientierung sowie die Lebensphase der zu betreuenden Frauen und Familien. 4Sie unterstützt deren Selbständigkeit und achtet deren Recht auf Selbstbestimmung.

(3) Das Hebammenstudium soll dazu befähigen,

1.
hochkomplexe Betreuungsprozesse einschließlich Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung im Bereich der Hebammentätigkeit auf der Grundlage wissenschaftsbasierter und wissenschaftsorientierter Entscheidungen zu planen, zu steuern und zu gestalten,

2.
sich Forschungsgebiete der Hebammenwissenschaft auf dem neuesten Stand der gesicherten Erkenntnisse erschließen und forschungsgestützte Problemlösungen wie auch neue Technologien in das berufliche Handeln übertragen zu können sowie berufsbezogene Fort- und Weiterbildungsbedarfe zu erkennen,

3.
sich kritisch-reflexiv und analytisch sowohl mit theoretischem als auch praktischem Wissen auseinandersetzen und wissenschaftsbasiert innovative Lösungsansätze zur Verbesserung im eigenen beruflichen Handlungsfeld entwickeln und implementieren zu können und

4.
an der Entwicklung von Qualitätsmanagementkonzepten, Risikomanagementkonzepten, Leitlinien und Expertenstandards mitzuwirken.

(4) Das Hebammenstudium soll darüber hinaus insbesondere dazu befähigen,

1.
die folgenden Aufgaben selbständig auszuführen:

a)
eine Schwangerschaft festzustellen,

b)
die physiologisch verlaufende Schwangerschaft durch Durchführung der hierfür erforderlichen Untersuchungen zu beobachten und zu überwachen,

c)
Frauen und Familien auf die Geburt, das Wochenbett und die Elternschaft vorzubereiten sowie zur Ernährung, Pflege, Hygiene und Versorgung des Neugeborenen und des Säuglings anzuleiten und zu beraten,

d)
belastende Lebenssituationen und psychosoziale Problemlagen bei Frauen und deren Familien zu erkennen und gegebenenfalls auf erforderliche Maßnahmen zur Unterstützung hinzuwirken,

e)
über die Untersuchungen aufzuklären, die für eine möglichst frühzeitige Feststellung von Risikoschwangerschaften oder Regelwidrigkeiten und Komplikationen in der Schwangerschaft erforderlich sind,

f)
Anzeichen von Regelwidrigkeiten, die eine ärztliche Behandlung erforderlich machen, in der Schwangerschaft, bei der Geburt, während des Wochenbetts und während der Stillzeit zu erkennen und die im jeweiligen Fall angemessenen Maßnahmen für eine ärztliche Behandlung zu ergreifen,

g)
Frauen und Familien bei Totgeburten und Fehlgeburten sowie bei Abbrüchen von Schwangerschaften nach der zwölften Schwangerschaftswoche zu betreuen und zu begleiten,

h)
während der Geburt Frauen zu betreuen und das ungeborene Kind mit Hilfe geeigneter klinischer und technischer Mittel zu überwachen,

i)
physiologisch verlaufende Geburten bei Schädellage durchzuführen,

j)
im Dringlichkeitsfall Steißgeburten durchzuführen,

k)
die Frau und das Neugeborene fachgerecht in die ärztliche Weiterbehandlung zu übergeben,

l)
Hilfe bei ärztlichen Maßnahmen unter Fortsetzung der Hebammenhilfe zu leisten,

m)
im Notfall und bei Abwesenheit einer Ärztin oder eines Arztes die medizinisch erforderlichen Maßnahmen, insbesondere die manuelle Ablösung der Plazenta, an die sich gegebenenfalls eine manuelle Nachuntersuchung der Gebärmutter anschließt, einzuleiten und durchzuführen sowie

n)
im Notfall die Wiederbelebungsmaßnahmen bei der Frau und dem Neugeborenen durchzuführen,

o)
das Neugeborene und die Mutter nach der Geburt und im Wochenbett zu untersuchen, zu pflegen und deren Gesundheitszustand zu überwachen,

p)
über Fragen der Familienplanung angemessen aufzuklären und zu beraten,

q)
die angewendeten Maßnahmen, den Schwangerschaftsverlauf, die Geburt und das Wochenbett zu dokumentieren,

2.
ärztlich angeordnete Maßnahmen eigenständig durchzuführen, insbesondere Maßnahmen der Erstversorgung von Mutter und Neugeborenem nach geburtshilflichen Eingriffen und Operationen,

3.
interprofessionell mit anderen Berufsgruppen fachlich zu kommunizieren und effektiv zusammenzuarbeiten und bei der Zusammenarbeit individuelle, multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungen vor allem für regelwidrige Schwangerschafts-, Geburts- und Wochenbettverläufe zu entwickeln und teamorientiert umzusetzen.


§ 10 Zugangsvoraussetzungen



(1) Das Hebammenstudium darf nur absolvieren, wer

1.
mindestens einen der folgenden Abschlüsse nachweist:

a)
den Abschluss einer mindestens zwölfjährigen allgemeinen Schulausbildung oder

b)
den Abschluss einer erfolgreich absolvierten Berufsausbildung

aa)
zur Gesundheits- und Krankenpflegerin oder zum Gesundheits- und Krankenpfleger auf der Grundlage des Krankenpflegegesetzes vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist,

bb)
zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder zum Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger auf der Grundlage des Krankenpflegegesetzes vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist,

cc)
zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder zum Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger auf der Grundlage des Pflegeberufegesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2581), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist,

dd)
zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann auf der Grundlage des Pflegeberufegesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2581), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist, oder

ee)
zur für die allgemeine Pflege verantwortlichen Krankenschwester oder zum für die allgemeine Pflege verantwortlichen Krankenpfleger, für den der Nachweis belegt, dass die Ausbildung

aaa)
den Mindestanforderungen des Artikels 31 in Verbindung mit dem Anhang V Nummer 5.2.1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22; L 271 vom 16.10.2007, S. 18; L 93 vom 4.4.2008, S. 28; L 33 vom 3.2.2009, S. 49; L 305 vom 24.10.2014, S. 115), die zuletzt durch den Delegierten Beschluss (EU) 2017/2113 (ABl. L 317 vom 1.12.2017, S. 119) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung entspricht und

bbb)
in einem anderen Mitgliedstaat, in einem anderen Vertragsstaat oder in einem gleichgestellten Staat erworben worden ist,

2.
sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Absolvierung des Hebammenstudiums ergibt,

3.
nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Absolvierung des Hebammenstudiums ungeeignet ist und

4.
über die Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, die für das Hebammenstudium erforderlich sind.

(2) Die Länder können den Zugang zum Hebammenstudium von weiteren Voraussetzungen abhängig machen.


§ 11 Dauer und Struktur des Studiums



(1) Das Hebammenstudium dauert in Vollzeit mindestens sechs Semester und höchstens acht Semester.

(2) Das Hebammenstudium ist ein duales Studium und besteht aus einem berufspraktischen Studienteil und einem hochschulischen Studienteil.

(3) 1Die für die Erlaubnis maßgeblichen Teile des Hebammenstudiums umfassen mindestens 4.600 Stunden. 2Davon entfallen mindestens 2.200 Stunden auf den berufspraktischen Teil und mindestens 2.200 Stunden auf den hochschulischen Teil.

(4) 1Den Inhalt der für die Erteilung der Erlaubnis maßgeblichen Bestandteile des Hebammenstudiums regelt die Studien- und Prüfungsverordnung nach § 71. 2Dabei sind die Inhalte der in Anhang V Nummer 5.5.1 der Richtlinie 2005/36/EG in der jeweils geltenden Fassung geregelten Fächer des theoretischen und fachlichen Unterrichts des Ausbildungsprogramms für Hebammen zu beachten.




§ 12 Akkreditierung von Studiengängen



(1) Das einem Studiengang zugrunde liegende Konzept wird durch die zuständige Landesbehörde in einem Akkreditierungsverfahren überprüft.

(2) Die zuständige Landesbehörde überprüft, ob die berufsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden, insbesondere, ob der Studiengang so konzipiert ist, dass das Studienziel erreicht werden kann.

(3) Wesentliche Änderungen des Konzeptes nach Abschluss des Akkreditierungsverfahrens werden durch die zuständige Landesbehörde überprüft.