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Abschnitt 6 - Endlagersicherheitsanforderungsverordnung (EndlSiAnfV)


Abschnitt 6 Weitere Vorschriften

§ 20 Überwachung des Endlagers und seiner Umgebung



(1) 1Das Endlager und seine Umgebung sind im Rahmen eines Monitorings kontinuierlich zu überwachen. 2Das Monitoring hat insbesondere solche beobachtbaren Parameter zu überwachen, die frühzeitig auf Abweichungen von den zu erwartenden Entwicklungen des Endlagersystems hindeuten können. 3Bei der Festlegung der zu überwachenden Parameter sind die Ergebnisse der vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen nach § 14 Absatz 1 Satz 2, § 16 Absatz 1 Satz 2 und § 18 Absatz 1 Satz 2 des Standortauswahlgesetzes sowie die absehbaren zukünftigen Informationsbedürfnisse zu berücksichtigen.

(2) 1Das Monitoring ist vom Betreiber möglichst frühzeitig einzurichten. 2Es beginnt spätestens mit der Erkundung des Endlagerstandortes nach § 9. 3Die Ergebnisse des Monitorings sind zu dokumentieren.

(3) 1Das Monitoring ist ab seinem Beginn in zehnjährigen Abständen systematisch fortzuschreiben. 2Nach der Erteilung der Genehmigung nach § 9b Absatz 1a des Atomgesetzes erfolgt die Fortschreibung im Rahmen der periodischen Sicherheitsüberprüfungen nach § 9h des Atomgesetzes in Verbindung mit § 19a Absatz 3 und 4 des Atomgesetzes. 3In jeder Fortschreibung sind die jeweils bestehenden Zugangsmöglichkeiten zu den radioaktiven Abfällen sowie mögliche Fortentwicklungen der Erkenntnismethoden und Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen. 4In jeder Fortschreibung ist auch aufzuzeigen, welcher Entwicklungsbedarf für die verwendeten und möglichen neuen Monitoring-Methoden besteht und wie dieser berücksichtigt werden soll.

(4) Die Maßnahmen des Monitorings dürfen zu keiner sicherheitsrelevanten Beeinträchtigung des Endlagersystems führen.


§ 21 Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen am selben Standort



(1) Durch eine zusätzliche Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen am selben Standort

1.
darf die Robustheit des Endlagersystems für hochradioaktive Abfälle für zu erwartende Entwicklungen nicht beeinträchtigt werden und

2.
dürfen sich mögliche Austragungen von Radionukliden nach § 4 Absatz 5 und 6 für die zu erwartenden und die abweichenden Entwicklungen nicht erhöhen.

(2) 1Soll am selben Standort eine zusätzliche Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen erfolgen, so ist für diese Abfälle ein separates Endlagerbergwerk aufzufahren. 2Zwischen der technischen Infrastruktur dieses Endlagerbergwerkes und der technischen Infrastruktur des Endlagerbergwerkes für hochradioaktive Abfälle dürfen keine sicherheitsrelevanten wechselseitigen Abhängigkeiten oder nachteiligen Beeinflussungen bestehen. 3Die übertägige Handhabung und Behandlung der hochradioaktiven Abfälle und der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle sind voneinander zu trennen. 4Über die Sätze 1 bis 3 hinausgehende Anforderungen an die Betriebs- und Langzeitsicherheit des Endlagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle sind nicht Gegenstand dieser Verordnung.

(3) 1Absatz 2 gilt nicht für geringe Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle, deren Volumen deutlich geringer ist als das Volumen der am selben Standort einzulagernden hochradioaktiven Abfälle. 2Für diese geringen Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle gelten die Bestimmungen dieser Verordnung mit Ausnahme der §§ 13 und 14 entsprechend. 3Insbesondere ist im Sicherheitsbericht darzulegen, dass diese geringen Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle die Integrität der technischen, geotechnischen und geologischen Barrieren entsprechend Absatz 1 nicht nachteilig beeinflussen.


Anlage (zu § 8 Absatz 2) Berechnung des Neutronenmultiplikationsfaktors



Teil A Anforderungen an die Bestimmung der reaktivsten Anordnung


Zum Ausschluss einer sich selbst tragenden Kettenreaktion ist jeweils die reaktivste Anordnung der Abfälle zu berücksichtigen. Die reaktivste Anordnung ist die Anordnung, die zum größten Wert des berechneten Neutronenmultiplikationsfaktors keff, calc zuzüglich der Summe σk aller seiner Ungewissheiten führt. Bei der Ermittlung der reaktivsten Anordnung sind die Bandbreiten

-
der element- und isotopenweisen Zusammensetzungen,

-
der physikalischen und chemischen Beschaffenheiten der hochradioaktiven Abfälle und

-
der in Teil B genannten reaktivitätsrelevanten Gebindeparameter

zu berücksichtigen. Außerdem sind alle zu erwartenden und abweichenden Entwicklungen des Endlagersystems mit den damit verbundenen geologischen, geophysikalischen und geochemischen Prozessen über den gesamten Bewertungszeitraum auf die Reaktivität der eingelagerten Spaltstoffe hin zu untersuchen und bei der Ermittlung der reaktivsten Anordnung zu berücksichtigen.

Bei der Ermittlung der reaktivsten Anordnung ist die Veränderung der hochradioaktiven Abfälle während des Bewertungszeitraumes, insbesondere auf Grund des radioaktiven Zerfalls und der im betrachteten Endlagersystem ablaufenden Prozesse, zu berücksichtigen. Zu diesen Prozessen gehören auch der Stofftransport und die mögliche daraus resultierende Akkumulation von Spaltstoffen.

Abdeckende oder andere konservative Annahmen dürfen für den gesamten Bewertungszeitraum oder abschnittsweise verwendet werden, wenn diese Annahmen für den jeweils unterstellten Zeitraum hinreichend begründet sind. Die eingesetzten Berechnungsprogramme und Stoffdatenbanken müssen dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen und diesbezüglich qualifiziert sein.

Teil B Berechnung zum Ausschluss einer sich selbst tragenden Kettenreaktion


Eine sich selbst tragende Kettenreaktion im Bewertungszeitraum gilt als ausgeschlossen, wenn der berechnete Neutronenmultiplikationsfaktor keff, calc zuzüglich der Summe σk aller seiner Ungewissheiten für die reaktivste zu betrachtende Anordnung von hochradioaktiven Abfällen das Akzeptanzkriterium nach § 8 Absatz 2 erfüllt.

Das Rechenmodell zur Berechnung von keff, calc hat relevante reaktivitätsbeeinflussende Größen der realen Anordnung zu berücksichtigen. Die relevanten Größen umfassen mindestens:

1.
die Menge der Spaltstoffe sowie ihre element- und isotopenweise Zusammensetzung,

2.
Neutronen moderierende oder reflektierende Stoffe in den Spaltstoffanordnungen, zwischen den Spaltstoffanordnungen und um die Spaltstoffanordnungen,

3.
die geometrische Anordnung aller beteiligten Materialien und

4.
die Temperatur der Anordnung.

Die Berücksichtigung von reaktivitätsmindernden Einflussfaktoren ist in dem Maße zulässig, wie ihr Vorhandensein im jeweils unterstellten Zeitraum gewährleistet werden kann.

Folgende Größen des jeweils zu Grunde liegenden Rechenmodells sind bei der Ermittlung der Summe der Ungewissheiten σk mindestens zu berücksichtigen:

1.
Ungewissheiten bei den eingesetzten Wirkungsquerschnitten,

2.
Ungewissheiten hinsichtlich der Spaltstoffmenge,

3.
Ungewissheiten hinsichtlich der element- und isotopenweisen Zusammensetzung der Spaltstoffe,

4.
Ungewissheiten hinsichtlich der Art, Zusammensetzung und Konzentration der übrigen Materialien, insbesondere der Neutronen moderierenden, reflektierenden oder absorbierenden Stoffe,

5.
Auswirkungen von Ungewissheiten in der Berechnung der für den Ausschluss von Kritikalität wesentlichen geologischen, geophysikalischen und geochemischen Prozesse im Endlagersystem und

6.
bekannte systematische Abweichungen in den verwendeten Berechnungsprogrammen.

Die Ungewissheiten sowie ihre wechselseitigen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen sind durch Unsicherheits- und Sensitivitätsanalysen zu untersuchen.