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Abschnitt 1 - Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG)

G. v. 22.05.2002 BGBl. I S. 1658; zuletzt geändert durch Artikel 414 V. v. 31.08.2015 BGBl. I S. 1474
Geltung ab 01.01.2003; FNA: 790-19 Forstwirtschaft
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Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes



(1) Zweck des Gesetzes ist, den Wald mit seinen vielfältigen positiven Wirkungen durch die Bereitstellung von hochwertigem und identitätsgesichertem forstlichen Vermehrungsgut in seiner genetischen Vielfalt zu erhalten und zu verbessern sowie die Forstwirtschaft und ihre Leistungsfähigkeit zu fördern.

(2) Forstliches Vermehrungsgut darf nur nach Maßgabe der folgenden Vorschriften erzeugt, in Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt werden.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht

1.
für Vermehrungsgut, das den Vorschriften des Saatgutverkehrsgesetzes unterliegt,

2.
für Pflanzenteile und Pflanzgut, die nachweislich nicht für forstliche Zwecke bestimmt sind, mit Ausnahme der Vorschriften über die Einfuhr.


§ 2 Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Forstliches Vermehrungsgut:

Vermehrungsgut der in der Anlage oder einer Rechtsverordnung nach § 3 aufgeführten Baumarten und künstlichen Hybriden, die für forstliche Zwecke in Deutschland oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union von Bedeutung sind.

2.
Arten von Vermehrungsgut:

a)
Saatgut:

Zapfen, Fruchtstände, Früchte und Samen, die zur Aussaat im Wald oder zur Erzeugung von Pflanzgut bestimmt sind;

b)
Pflanzenteile:

Spross-, Blatt- und Wurzelstecklinge, Explantate und Embryonen für die mikrovegetative Vermehrung, Knospen, Absenker, Ableger, Wurzeln, Pfropfreiser, Steckhölzer, Setzstangen sowie andere Teile von Pflanzen außer Saatgut, die zur Auspflanzung im Wald oder zur Erzeugung von Pflanzgut bestimmt sind;

c)
Pflanzgut:

aus Saatgut oder Pflanzenteilen angezogene oder aus Naturverjüngung geworbene Pflanzen.

3.
Arten von Ausgangsmaterial:

a)
Saatgutquelle:

Bäume innerhalb eines Gebiets, von denen Saatgut gewonnen wird;

b)
Erntebestand:

Waldbestand mit abgegrenzter Population von Bäumen in ausreichend einheitlicher Zusammensetzung, der auch aus benachbarten Teilpopulationen bestehen kann;

c)
Samenplantage:

Anpflanzung ausgelesener Klone oder Sämlinge, die so abgeschirmt oder bewirtschaftet wird, dass eine von außerhalb der Anpflanzung kommende Fremdbestäubung weitgehend vermieden wird, und die planmäßig mit dem Ziel häufiger, reicher und leicht durchführbarer Saatguternten bewirtschaftet wird;

d)
Familieneltern:

Bäume, von denen Nachkommenschaften durch kontrollierte oder freie Bestäubung eines bestimmten Samenelters durch einen oder mehrere bestimmte oder unbestimmte Pollenelter erzeugt werden;

e)
Klon:

vegetativ erzeugter Abkömmling, der ursprünglich von einem Ausgangsindividuum abstammt;

f)
Klonmischung:

Mischung nach Merkmalen beschriebener Klone in festgelegten Anteilen.

4.
Autochthonie:

a)
autochthoner Erntebestand oder Saatgutquelle:

ein Erntebestand oder eine Saatgutquelle, der oder die aus ununterbrochener natürlicher Verjüngung stammt, oder im Ausnahmefall ein Erntebestand, der künstlich mit Vermehrungsgut aus demselben Bestand oder dicht benachbarten, autochthonen Beständen begründet worden ist;

b)
indigener Erntebestand oder Saatgutquelle:

ein Erntebestand oder eine Saatgutquelle, der oder die autochthon ist oder der oder die künstlich mit Vermehrungsgut begründet worden ist, dessen Ursprung im selben Herkunftsgebiet liegt.

5.
Ursprung:

a)
bei autochthonen Erntebeständen oder Saatgutquellen: der Ort, an dem die Bäume wachsen,

b)
bei nicht autochthonen Erntebeständen oder Saatgutquellen oder bei anderen Arten von Ausgangsmaterial: der Ort, von dem das Ausgangsmaterial ursprünglich stammt, wobei der Ursprung unbekannt sein kann.

6.
Herkunft:

der Ort, an dem das Ausgangsmaterial wächst.

7.
Herkunftsgebiet:

das Gebiet oder die Gesamtheit von Gebieten mit annähernd einheitlichen ökologischen Bedingungen, in denen sich Erntebestände oder Saatgutquellen einer bestimmten Art oder Unterart befinden, die unter Berücksichtigung der Höhenlage ähnliche phänotypische oder genetische Merkmale aufweisen.

8.
Kategorien von forstlichem Vermehrungsgut:

a)
Quellengesichert:

Vermehrungsgut von einer Saatgutquelle oder einem Erntebestand innerhalb eines Herkunftsgebiets;

b)
Ausgewählt:

Vermehrungsgut von einem Erntebestand innerhalb eines Herkunftsgebiets, der auf der Populationsebene phänotypisch ausgelesen wurde;

c)
Qualifiziert:

Vermehrungsgut von einer Samenplantage, Familieneltern, einem Klon oder einer Klonmischung, deren Zusammensetzung auf phänotypischer Auslese auf der Individualebene beruht;

d)
Geprüft:

Vermehrungsgut von einem Erntebestand, einer Samenplantage, Familieneltern, einem Klon oder einer Klonmischung, wobei die Überlegenheit des Vermehrungsgutes durch Nachkommenschaftsprüfungen oder durch Prüfungen der Bestandteile des Ausgangsmaterials nachgewiesen wurde.

9.
Erzeugung, Inverkehrbringen, Ein- und Ausfuhr:

a)
Erzeugung:

alle Stufen der Gewinnung, Ernte, Lagerung, Vermehrung, Aufbereitung und Verarbeitung von Vermehrungsgut einschließlich der Anzucht und Werbung von Pflanzgut;

b)
Inverkehrbringen:

gewerbsmäßiges Vorrätighalten oder Anbieten zum Verkauf, Verkaufen, Abgeben, Liefern, einschließlich Lieferungen im Rahmen von Dienstleistungs- und Werkverträgen, sowie das Verbringen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union;

c)
Einfuhr:

Verbringen aus einem Drittland in die Europäische Union;

d)
Ausfuhr:

Verbringen in ein Drittland.

10.
Forstsamen- oder Forstpflanzenbetrieb:

jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung, die forstliches Vermehrungsgut gewerbsmäßig und steuerrechtlich selbständig erzeugt, in Verkehr bringt, einführt oder ausführt.


§ 3 Ermächtigung zur Änderung der Baumartenliste



Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates forstliches Vermehrungsgut weiterer Baumarten und künstlicher Hybriden den Vorschriften dieses Gesetzes vollständig oder teilweise zu unterwerfen, soweit dies zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist.