Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Änderung Anlage 5 RSAV vom 01.07.2009

Ähnliche Seiten: alle Änderungen durch Artikel 1 GKV-VStG am 1. Juli 2009 und Änderungshistorie der RSAV

Hervorhebungen: alter Text, neuer Text

Verpasst?

Anlage 5 RSAV a.F. (alte Fassung)
in der vor dem 01.07.2009 geltenden Fassung
Anlage 5 RSAV n.F. (neue Fassung)
in der am 01.01.2012 geltenden Fassung
durch Artikel 11 G. v. 22.12.2011 BGBl. I S. 2983
(Text alte Fassung) nächste Änderung

Anlage 5 (zu §§ 28b bis 28g) Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für koronare Herzkrankheit (KHK)


(Text neue Fassung)

Anlage 5 (aufgehoben)


vorherige Änderung

1. Behandlung nach evidenzbasierten Leitlinien unter Berücksichtigung des jeweiligen Versorgungssektors (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

1.1 Definition der koronaren Herzkrankheit (KHK)

Die koronare Herzkrankheit ist die Manifestation einer Arteriosklerose an den Herzkranzarterien. Sie führt häufig zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot im Herzmuskel.

1.2 Hinreichende Diagnostik für die Aufnahme in ein strukturiertes Behandlungsprogramm

1.2.1 Chronische KHK

Die Diagnose einer koronaren Herzkrankheit kann unter folgenden Bedingungen mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit gestellt werden:

1. bei einem akuten Koronarsyndrom 1), auch in der Vorgeschichte,

2. wenn sich aus Symptomatik, klinischer Untersuchung, Anamnese, Begleiterkrankungen und Belastungs-EKG eine hohe Wahrscheinlichkeit (mindestens 90%) für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit belegen lässt 2). Nur bei Patienten, die nach Feststellung des Arztes aus gesundheitlichen Gründen für ein Belastungs-EKG nicht in Frage kommen oder bei denen ein auswertbares Ergebnis des Belastungs-EKGs nicht erreichbar ist (insbesondere Patienten mit Linksschenkelblock, Herzschrittmacher, Patienten physikalisch nicht belastbar), können andere nicht-invasive Untersuchungen zur Diagnosesicherung (echokardiografische oder szintigrafische Verfahren) angewendet werden,

3. durch direkten Nachweis mittels Koronarangiografie (gemäß Indikationsstellungen unter Ziffer 1.5.3.1).

Der Leistungserbringer hat zu prüfen, ob der Patient im Hinblick auf die genannten Therapieziele von einer bestimmten Intervention profitieren kann. Die Durchführung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen erfolgt in Abstimmung mit dem Patienten nach ausführlicher Aufklärung über Nutzen und Risiken.

Die Einschreibekriterien für strukturierte Behandlungsprogramme ergeben sich zusätzlich aus Ziffer 3.

1.2.2 Akutes Koronarsyndrom

Das akute Koronarsyndrom beinhaltet die als Notfallsituationen zu betrachtenden Verlaufsformen der koronaren Herzkrankheit: den ST-Hebungsinfarkt, den Nicht-ST-Hebungsinfarkt, die instabile Angina Pectoris. Die Diagnose wird durch die Schmerzanamnese, das EKG und Laboratoriumsuntersuchungen (z. B. Markerproteine) gestellt.

1.3 Therapieziele

Eine koronare Herzkrankheit ist mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko verbunden. Bei häufigem Auftreten von Angina-Pectoris-Beschwerden ist die Lebensqualität vermindert. Daraus ergeben sich folgende Therapieziele:

1. Reduktion der Sterblichkeit,

2. Reduktion der kardiovaskulären Morbidität, insbesondere Vermeidung von Herzinfarkten und der Entwicklung einer Herzinsuffizienz,

3. Steigerung der Lebensqualität, insbesondere durch Vermeidung von Angina-Pectoris-Beschwerden und Erhaltung der Belastungsfähigkeit.

1.4 Differenzierte Therapieplanung auf der Basis einer individuellen Risikoabschätzung

Patienten mit koronarer Herzerkrankung haben ein erhöhtes Risiko, einen Myokardinfarkt zu erleiden oder zu versterben.

Dieses Risiko richtet sich sowohl nach dem Schweregrad der Erkrankung als auch nach den Risikoindikatoren (z. B. Alter und Geschlecht, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung, Hypertonie, linksventrikuläre Funktionsstörung, Rauchen, genetische Disposition) des Patienten. Daher soll der Leistungserbringer individuell das Risiko für diesen Patienten einmal jährlich beschreiben, sofern der Krankheitsverlauf kein anderes Vorgehen erfordert. Bei Vorliegen von Risikoindikatoren, wie z. B. Diabetes mellitus oder Hypertonie, sind diese bei der individuellen Therapieplanung und -durchführung besonders zu berücksichtigen.

1.5 Therapeutische Maßnahmen

1.5.1 Nicht-medikamentöse Therapie und allgemeine Maßnahmen

Gemeinsam mit dem Patienten ist eine differenzierte Therapieplanung auf der Basis einer individuellen Risikoabschätzung vorzunehmen.

Der Leistungserbringer hat zu prüfen, ob der Patient im Hinblick auf die in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele von einer bestimmten Intervention profitieren kann. Die Durchführung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen erfolgt in Abstimmung mit dem Patienten nach ausführlicher Aufklärung über Nutzen und Risiken.

Auf der Basis der individuellen Risikoabschätzung und der allgemeinen Therapieziele sind gemeinsam mit dem Patienten individuelle Therapieziele festzulegen.

1.5.1.1 Ernährungsberatung

Im Rahmen der Therapie berät der behandelnde Arzt den Patienten über eine KHK-spezifische gesunde Ernährung.

1.5.1.2 Raucherberatung

Im Rahmen der Therapie klärt der behandelnde Arzt den Patienten auf über die besonderen Risiken des Rauchens für Patienten mit KHK, verbunden mit den folgenden spezifischen Beratungsstrategien und der dringenden Empfehlung, das Rauchen aufzugeben.

- Der Raucherstatus sollte bei jedem Patienten bei jeder Konsultation erfragt werden,

- Raucher sollten in einer klaren, starken und persönlichen Form dazu motiviert werden, mit dem Rauchen aufzuhören,

- es ist festzustellen, ob der Raucher zu dieser Zeit bereit ist, einen Ausstiegsversuch zu beginnen,

- für änderungsbereite Raucher sollte professionelle Hilfe (z. B. verhaltenspsychologisch) zur Verfügung gestellt werden,

- es sollten Folgekontakte vereinbart werden, möglichst in der ersten Woche nach dem Ausstiegsdatum.

1.5.1.3 Körperliche Aktivitäten

Der Arzt überprüft mindestens einmal jährlich, ob der Patient von einer Steigerung der körperlichen Aktivität profitiert. Mögliche Interventionen sollen darauf ausgerichtet sein, den Patienten zu motivieren, das erwünschte positive Bewegungsverhalten eigenverantwortlich und nachhaltig in seinen Lebensstil zu integrieren.

1.5.1.4 Psychische, psychosomatische und psychosoziale Betreuung

Auf Grund des komplexen Zusammenwirkens von pathophysiologischen, psychologischen, psychiatrischen und sozialen Faktoren bei der KHK ist durch den Arzt zu prüfen, inwieweit Patienten von psychotherapeutischen, psychiatrischen und/oder verhaltensmedizinischen Maßnahmen profitieren können. Bei psychischen Beeinträchtigungen mit Krankheitswert sollte die Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer erfolgen.

Mangelnde Krankheitsbewältigung, Motivation und Compliance, fehlender sozio-emotionaler Rückhalt, Probleme am Arbeitsplatz sind u. a. zu berücksichtigen. Auf Grund der häufigen und bedeutsamen Komorbidität sollte die Depression besondere Beachtung finden.

1.5.2 Medikamentöse Therapie

Vorrangig sollen unter Berücksichtigung der Kontraindikationen und der Patientenpräferenzen Medikamente zur Behandlung der KHK verwendet werden, deren positiver Effekt und deren Sicherheit im Hinblick auf die Erreichung der in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele in randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) nachgewiesen wurden.

Sofern im Rahmen der individuellen Therapieplanung andere Wirkstoffgruppen oder Wirkstoffe als die in dieser Anlage genannten verordnet werden sollen, ist der Patient darüber zu informieren, ob für diese Wirkstoffgruppen oder Wirkstoffe Wirksamkeitsbelege zur Risikoreduktion klinischer Endpunkte vorliegen.

1. Für die Behandlung der chronischen KHK, insbesondere nach akutem Myokardinfarkt, sind Betablocker hinsichtlich der in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele Mittel der ersten Wahl, auch bei relativen Kontraindikationen. Dieser Nutzen ist besonders bei Risikokollektiven wie Diabetes-mellitus-Patienten überdurchschnittlich hoch. Insbesondere ist der Nutzen für folgende Wirkstoffe in RCT's belegt: Bisoprolol, Metoprolol, Atenolol, Acebutolol, Propranolol.

2. Für die antianginöse Behandlung der chronischen KHK werden primär Betablocker - ggf. in Kombination mit Nitraten und/oder Kalzium-Antagonisten 3) - empfohlen.

3. Für die antianginöse Behandlung der chronischen KHK sind bei absoluten Kontraindikationen für Betablocker (z. B. bei Asthma bronchiale, höhergradigem AV-Block) Nitrate und/oder Kalzium-Antagonisten 3) zu erwägen.

4. Für die Therapie der chronischen KHK sollten HMG-CoA-Reduktase-Hemmer (Statine) erwogen werden, für die eine morbiditäts- und mortalitätssenkende Wirkung nachgewiesen ist. Insbesondere ist der Nutzen für folgende Wirkstoffe in RCT's belegt: Simvastatin und Pravastatin.

5. Bei chronischer KHK mit gleichzeitig vorliegender Herzinsuffizienz oder mit asymptomatischer linksventrikulärer Dysfunktion ist eine Therapie mit Angiotensin-Conversions-Enzym-Hemmern (ACE-Hemmer) grundsätzlich indiziert. Insbesondere ist der Nutzen für folgende Wirkstoffe in RCT's belegt: Captopril, Enalapril, Lisinopril, Ramipril, Trandolapril. Auch bei chronischer KHK ohne gleichzeitig bestehende Herzinsuffizienz oder asymptomatische linksventrikuläre Dysfunktion kann die Gabe von Ramipril erwogen werden. Bei Unverträglichkeit von ACE-Hemmern können Angiotensin-1-Rezeptoren-Blocker (jeweils entsprechend dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsstatus) erwogen werden.

6. Grundsätzlich sollen alle Patienten mit chronischer KHK unter Beachtung der Kontraindikationen und/oder Unverträglichkeiten Thrombozytenaggregationshemmer erhalten.

1.5.3 Koronarangiografie - Interventionelle Therapie - Koronarrevaskularisation

Gemeinsam mit dem Patienten ist die Entscheidung zur invasiven Diagnostik/Intervention im Rahmen einer differenzierten Therapieplanung auf der Basis einer individuellen Nutzen- und Risikoabschätzung vorzunehmen.

Der Leistungserbringer hat zu prüfen, ob der Patient im Hinblick auf die in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele von einer bestimmten Intervention profitieren kann. Die Durchführung der diagnostischen und ggf. therapeutischen Maßnahmen erfolgt in Abstimmung mit dem Patienten nach ausführlicher Aufklärung über Nutzen und Risiken.

Für die Entscheidung zur Durchführung einer Koronarangiografie, interventionellen Therapie und operativen Koronarrevaskularisation sollen gemäß evidenzbasierten Leitlinien folgende Empfehlungen berücksichtigt werden.

1.5.3.1 Koronarangiografie

Gemäß evidenzbasierten Leitlinien ist insbesondere in folgenden Fällen die Durchführung einer Koronarangiografie zu erwägen:

- Patienten, die ein akutes Koronarsyndrom entwickelt haben 4),

- Patienten mit stabiler Angina Pectoris trotz medikamentöser Therapie (CCS Klasse III und IV) 5),

- Patienten mit Hochrisikomerkmalen bei der nicht-invasiven Vortestung, unabhängig von der Schwere der Angina Pectoris 6),

- Patienten mit Angina, die einen plötzlichen Herzstillstand oder eine lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmie überlebt haben,

- Patienten mit Angina und Symptomen einer chronischen Herzinsuffizienz.

1.5.3.2 Interventionelle Therapie und Koronarrevaskularisation

Vorrangig sollten unter Berücksichtigung des klinischen Gesamtbildes, der Kontraindikationen und der Patientenpräferenzen nur solche invasiven Therapiemaßnahmen erwogen werden, deren Nutzen und Sicherheit im Hinblick auf die Erreichung der in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele insbesondere in randomisierten und kontrollierten Studien nachgewiesen wurden. Dabei ist der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft - unter Einbeziehung von evidenzbasierten Leitlinien oder Studien jeweils bestverfügbarer Evidenz - zu berücksichtigen.

Vor der Durchführung von invasiven Therapiemaßnahmen ist eine individuelle Nutzen-Risikoabwägung durchzuführen. Insbesondere ist die hämodynamische und funktionelle Relevanz der festgestellten Gefäßveränderungen zu prüfen.

Gemäß evidenzbasierten Leitlinien ist insbesondere in folgenden Fällen die Durchführung einer interventionellen Therapie oder einer operativen Koronarrevaskularisation zu erwägen (Empfehlungen, bei denen Evidenz und/oder allgemeiner Konsens besteht, dass die Maßnahme nützlich und effektiv ist - Klasse I):

- koronare Bypassoperation (ACVB 7)) für Patienten mit signifikanter linker Hauptstammstenose,

- ACVB für Patienten mit Dreigefäßerkrankung. Der Überlebensvorteil ist größer bei Patienten mit verminderter linksventrikulärer Funktion (Ejektionsfraktion unter 50%),

- ACVB für Patienten mit Zweigefäßerkrankung mit einer signifikanten, proximalen Stenose des Ramus interventricularis anterior (RIA) und entweder verminderter linksventrikulärer Funktion (Ejektionsfraktion unter 50%) oder nachweisbarer Ischämie bei nicht-invasiver Untersuchung,

- perkutane Koronarintervention (PCI) für Patienten mit Zwei- oder Dreigefäßerkrankung mit einer signifikanten proximalen RIA-Stenose und einem Gefäßstatus, der für eine kathetergestützte Therapie geeignet ist, und die eine normale linksventrikuläre Funktion und keinen behandlungsbedürftigen Diabetes mellitus aufweisen,

- PCI oder ACVB für Patienten mit Ein- oder Zweigefäßerkrankung ohne signifikante proximale RIA-Stenose, aber mit einem großen Areal an vitalem Myokard und Hochrisikokriterien nach nicht-invasiver Untersuchung,

- ACVB für Patienten mit Ein- oder Zweigefäßerkrankung ohne signifikante proximale RIA-Stenose, die einen plötzlichen Herzstillstand oder eine anhaltende ventrikuläre Tachykardie überlebt haben,

- PCI oder ACVB für Patienten mit vorausgegangener PTCA und Rezidivstenose, zusammen mit einem großen Areal an vitalem Myokard oder mit Hochrisikokriterien nach nicht-invasiver Untersuchung,

- PCI oder ACVB bei Patienten nach erfolgloser medikamentöser Therapie, bei denen eine Revaskularisierung mit zumutbarem Risiko durchgeführt werden kann.

Empfehlungen, bei denen Evidenz und/oder allgemeiner Konsens besteht, der eher für Nützlichkeit/Effektivität der Maßnahmen spricht (Klasse IIa):

- wiederholte ACVB (Aorto-Coronarer-Venen-Bypass) bei Patienten mit multiplen Bypass-Stenosen, insbesondere bei signifikanter Stenose eines Bypasses zum RIA. PCI kann angezeigt sein für isolierte Bypass-Stenosen oder multiple Stenosen bei Patienten mit Kontraindikationen für wiederholte ACVB,

- PCI oder ACVB für Patienten mit Ein- oder Zweigefäßerkrankungen ohne signifikante proximale RIA-Stenose, aber mit einem mittelgroßen Areal an vitalem Myokard und nachweisbarer Ischämie bei der nicht-invasiven Untersuchung,

- PCI oder ACVB für Patienten mit Eingefäßerkrankung und signifikanter proximaler RIA-Stenose.

1.6 Rehabilitation

Die kardiologische Rehabilitation ist der Prozess, bei dem herzkranke Patienten mit Hilfe eines multidisziplinären Teams darin unterstützt werden, die individuell bestmögliche physische und psychische Gesundheit sowie soziale Integration zu erlangen und aufrechtzuerhalten.

Die kardiologische Rehabilitation ist Bestandteil einer am langfristigen Erfolg orientierten umfassenden Versorgung von KHK-Patienten. Die Zielvereinbarungen zwischen Arzt und Patient sollen Maßnahmen zur Rehabilitation, insbesondere zur Selbstverantwortung des Patienten, berücksichtigen.

Dimensionen/Inhalte der Rehabilitation sind insbesondere:

- somatische Ebene: Überwachung, Risikostratifizierung, Therapieanpassung, Remobilisierung, Training, Sekundärprävention,

- psychosoziale Ebene: Krankheitsbewältigung, Verminderung von Angst und Depressivität,

- edukative Ebene (insbesondere Beratung, Schulung): Vermittlung von krankheitsbezogenem Wissen und Fertigkeiten (u. a. Krankheitsverständnis, Modifikation des Lebensstils und der Risikofaktoren), Motivationsstärkung,

- sozialmedizinische Ebene: berufliche Wiedereingliederung, Erhaltung der Selbständigkeit.

Die Rehabilitation als Gesamtkonzept umfasst (nach WHO und in Anlehnung an SIGN 2002):

- die Frühmobilisation während der Akutbehandlung,

- die Rehabilitation (nach Ziffer 1.7.4) im Anschluss an die Akutbehandlung,

- langfristige wohnortnahe Nachsorge und Betreuung.

1.7 Kooperation der Versorgungsebenen

Die Betreuung des chronischen KHK-Patienten erfordert die Zusammenarbeit aller Sektoren (ambulant und stationär) und Einrichtungen. Eine qualifizierte Behandlung muss über die gesamte Versorgungskette gewährleistet sein.

1.7.1 Hausärztliche Versorgung

Die Langzeitbetreuung des Patienten und deren Dokumentation im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms erfolgt grundsätzlich durch den Hausarzt im Rahmen seiner in § 73 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch beschriebenen Aufgaben. In Ausnahmefällen kann eine Patientin oder ein Patient mit koronarer Herzkrankheit eine zugelassene oder ermächtigte qualifizierte Fachärztin, einen zugelassenen oder ermächtigten qualifizierten Facharzt oder eine qualifizierte Einrichtung, die für die Erbringung dieser Leistungen zugelassen oder ermächtigt ist oder die nach § 116b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnimmt, auch zur Langzeitbetreuung, Dokumentation und Koordination der weiteren Maßnahmen im strukturierten Behandlungsprogramm wählen, wenn die gewählte Fachärztin, der gewählte Facharzt oder die gewählte Einrichtung an dem Programm teilnimmt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Patientin oder der Patient bereits vor der Einschreibung von dieser Ärztin, diesem Arzt oder dieser Einrichtung dauerhaft betreut worden ist oder diese Betreuung aus medizinischen Gründen erforderlich ist. Die Überweisungsregeln gemäß Ziffer 1.7.2 sind von der gewählten Ärztin, vom gewählten Arzt oder der gewählten Einrichtung zu beachten, wenn ihre besondere Qualifikation für eine Behandlung der Patientin oder des Patienten aus den dort genannten Überweisungsanlässen nicht ausreicht.

1.7.2 Überweisung vom behandelnden Arzt zum jeweils qualifizierten Facharzt bzw. zur qualifizierten Einrichtung

Der Arzt hat zu prüfen, ob insbesondere bei folgenden Indikationen/Anlässen eine Überweisung/Weiterleitung zur Mitbehandlung und zur erweiterten Diagnostik und Risikostratifizierung von Patienten mit chronischer KHK zum jeweils qualifizierten Facharzt/zur qualifizierten Einrichtung bzw. zum Psychotherapeuten erfolgen soll:

- zunehmende oder erstmalige Angina-Pectoris-Beschwerden,

- neu aufgetretene Herzinsuffizienz,

- neu aufgetretene oder symptomatische Herzrhythmusstörungen,

- medikamentöse Non-Responder,

- Patienten mit Komorbiditäten (z. B. Hypertonie, Diabetes, Depression),

- Mitbehandlung von Patienten mit zusätzlichen kardiologischen Erkrankungen (z. B. Klappenvitien),

- Indikationsstellung zur invasiven Diagnostik und Therapie,

- Durchführung der invasiven Diagnostik und Therapie,

- Rehabilitation,

- Schulung von Patienten.

Im Übrigen entscheidet der Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Überweisung.

1.7.3 Einweisung in ein Krankenhaus

Indikationen zur stationären Behandlung von Patienten mit chronischer KHK in einer qualifizierten stationären Einrichtung sind insbesondere:

- akutes Koronarsyndrom,

- Verdacht auf lebensbedrohliche Dekompensation von Folge- und Begleiterkrankungen (z. B. Hypertonie, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen, Diabetes mellitus).

Darüber hinaus ist im Einzelfall eine Einweisung zur stationären Behandlung zu erwägen bei Patienten, bei denen eine invasive Diagnostik und Therapie indiziert ist.

1.7.4 Veranlassung einer Rehabilitationsmaßnahme

Eine Rehabilitationsmaßnahme (im Sinne von Ziffer 1.6) ist insbesondere zu erwägen:

- nach akutem Koronarsyndrom,

- nach koronarer Revaskularisation,

- bei Patienten mit stabiler Angina Pectoris und dadurch bedingten limitierenden Symptomen 8) nach Ausschöpfung konservativer, interventioneller und/oder operativer Maßnahmen,

- bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und dadurch bedingten limitierenden Symptomen nach Ausschöpfung konservativer, interventioneller und/oder operativer Maßnahmen.

2. Qualitätssichernde Maßnahmen (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

2.1 Allgemeine Maßnahmen zur Qualitätssicherung

Die Ausführungen zu Ziffer 2 der Anlage 1 gelten entsprechend.

Ziel ist es, eine gemeinsame Qualitätssicherung im Rahmen strukturierter Behandlungsprogramme aufzubauen, um zu einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung zu kommen. Die insoweit Zuständigen sind gleichberechtigt zu beteiligen. Bis zur Einführung einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung gelten die getrennten Zuständigkeiten auch für die strukturierten Behandlungsprogramme.

2.2 KHK-spezifische Maßnahmen zur Qualitätssicherung in den strukturierten Behandlungsprogrammen

Im Sinne des Patientenschutzes und der Qualitätssicherung vereinbaren die Vertragspartner auf der Grundlage der bereits bestehenden Qualitätssicherungsvereinbarungen in den jeweiligen beteiligten Versorgungssektoren einheitliche Anforderungen an die Qualifikation der beteiligten Leistungserbringer und des medizinischen Personals, an die technische, apparative und gegebenenfalls räumliche Ausstattung sowie an die organisatorischen Voraussetzungen bei diagnostischen und therapeutischen Interventionen.

Bei der Durchführung von Belastungs-EKGs sollen insbesondere die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 9) berücksichtigt werden.

3. Teilnahmevoraussetzungen und Dauer der Teilnahme der Versicherten (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

Der behandelnde Arzt soll prüfen, ob der Patient im Hinblick auf die in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele von der Einschreibung profitieren und aktiv an der Umsetzung mitwirken kann.

3.1 Allgemeine Teilnahmevoraussetzungen

Die Ausführungen zu Ziffer 3.1 der Anlage 1 gelten entsprechend.

3.2 Spezielle Teilnahmevoraussetzungen

Patienten mit manifester koronarer Herzkrankheit (KHK) können in das strukturierte Behandlungsprogramm eingeschrieben werden, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien zusätzlich zu den in Ziffer 3.1 genannten Voraussetzungen erfüllt ist:

1. bei einem akuten Koronarsyndrom 10), auch in der Vorgeschichte,

2. wenn sich aus Symptomatik, klinischer Untersuchung, Anamnese, Begleiterkrankungen und Belastungs-EKG, das innerhalb der letzten drei Jahre durchgeführt worden ist, eine hohe Wahrscheinlichkeit (mindestens 90%) für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit belegen lässt 11). Nur bei Patienten, die nach Feststellung des Arztes aus gesundheitlichen Gründen für ein Belastungs-EKG nicht in Frage kommen oder bei denen ein auswertbares Ergebnis des Belastungs-EKGs nicht erreichbar ist (insbesondere Patienten mit Linksschenkelblock, Herzschrittmacher, Patienten physikalisch nicht belastbar), können andere nicht-invasive Untersuchungen zur Diagnosesicherung (echokardiografische oder szintigrafische Verfahren) angewendet werden,

3. direkter Nachweis mittels Koronarangiografie (gemäß Indikationsstellungen nach Ziffer 1.5.3.1).

4. Schulungen (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

Die Ausführungen zu Ziffer 4 der Anlage 1 gelten entsprechend.

4.1 Schulungen der Leistungserbringer

Schulungen der Leistungserbringer dienen der Erreichung der vertraglich vereinbarten Versorgungsziele. Die Inhalte der Schulungen zielen u. a. auf die vereinbarten Management-Komponenten, insbesondere der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit und der Einschreibekriterien nach Ziffer 3 ab. Die Vertragspartner definieren Anforderungen an die für die strukturierten Behandlungsprogramme relevante regelmäßige Fortbildung teilnehmender Leistungserbringer. Sie können die dauerhafte Mitwirkung der Leistungserbringer von entsprechenden Teilnahmenachweisen abhängig machen.

4.2 Schulungen der Versicherten

Patientenschulungen dienen der Befähigung des Versicherten zur besseren Bewältigung des Krankheitsverlaufs und zur Befähigung zu informierten Patientenentscheidungen. Hierbei ist der Bezug zu den hinterlegten strukturierten medizinischen Inhalten der Programme nach § 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch herzustellen.

Im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms prüft der Arzt unter Berücksichtigung bestehender Folge- und Begleiterkrankungen, ob der Patient von strukturierten, evaluierten, zielgruppenspezifischen (u. a. Antikoagulation, Diabetes mellitus, Hypertonie) und publizierten Schulungs- und Behandlungsprogrammen profitieren kann. Der bestehende Schulungsstand der Versicherten ist zu berücksichtigen.

Bei Antragstellung müssen die Schulungsprogramme, die angewandt werden sollen, gegenüber dem Bundesversicherungsamt benannt werden. Die Qualifikation der Leistungserbringer ist sicherzustellen.

5. Evaluation (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

Die Ausführungen zu Ziffer 5 der Anlage 1 gelten entsprechend.

---
1) Nach der Definition in ACC/AHA (2002a): American College of Cardiology and American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. ACC/AHA 2002 Guideline Update for the Management of Patients With Unstable Angina and Non-ST-Segment Elevation Myocardial Infarction.

2) Die Nachtest-Wahrscheinlichkeit (nach Durchführung eines Belastungs-EKGs) ist zu berechnen nach Diamond, GA et al.: Analysis of probability as an aid in the clinical diagnosis of coronary artery disease. N. Engl. J. Med (1979); 300:1350-8. Für Patienten, die älter als 69 Jahre sind, sind die Werte der Altersgruppe von 60 bis 69 Jahren heranzuziehen.

3) Die Anwendung von kurzwirkenden Kalzium-Antagonisten vom Dihydropyridin-Typ sollte vermieden werden.

4) Betrifft das Therapieziel: 'Senkung der Morbidität, Mortalität'.

5) Betrifft das Therapieziel: 'Beschwerdefreiheit'.

6) Betrifft das Therapieziel: 'Senkung der Morbidität, Mortalität'.

7) Gemeint ist die operative Revaskularisation durch arteriell und/oder venöse Bypass-Gefäße.

8) Unter limitierenden Symptomen ist eine für den Patienten - unter Berücksichtigung seiner individuellen Lebensumstände - wesentliche Einschränkung seiner Lebensqualität zu verstehen. Diese kann nur individuell festgelegt werden.

9) Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung, bearbeitet im Auftrag der Kommission für Klinische Kardiologie von H.-J. Trappe und H. Löllgen: Leitlinien zur Ergometrie. Z. Kardiol. 89(2000), 821-837.

10) Nach der Definition in ACC/AHA (2002a): American College of Cardiology and American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. ACC/AHA 2002 Guideline Update for the Management of Patients With Unstable Angina and Non-ST-Segment Elevation Myocardial Infarction.

11) Die Nachtest-Wahrscheinlichkeit (nach Durchführung eines Belastungs-EKGs) ist zu berechnen nach Diamond, GA et al.: Analysis of probability as an aid in the clinical diagnosis of coronary artery disease. N. Engl. J. Med (1979); 300:1350-8. Für Patienten, die älter als 69 Jahre sind, sind die Werte der Altersgruppe von 60 bis 69 Jahren heranzuziehen.