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Erster Abschnitt - Störfall-Verordnung (12. BImSchV)

neugefasst durch B. v. 15.03.2017 BGBl. I S. 483, 3527; zuletzt geändert durch Artikel 7 G. v. 03.07.2024 BGBl. 2024 I Nr. 225
Geltung ab 03.05.2000; FNA: 2129-8-12-1 Umweltschutz
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Zweiter Teil Vorschriften für Betriebsbereiche

Erster Abschnitt Grundpflichten

§ 3 Allgemeine Betreiberpflichten



(1) Der Betreiber hat die nach Art und Ausmaß der möglichen Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle zu verhindern; Verpflichtungen nach anderen als immissionsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei der Erfüllung der Pflicht nach Absatz 1 sind

1.
betriebliche Gefahrenquellen,

2.
umgebungsbedingte Gefahrenquellen, wie Erdbeben oder Hochwasser, und

3.
Eingriffe Unbefugter

zu berücksichtigen, es sei denn, dass diese Gefahrenquellen oder Eingriffe als Störfallursachen vernünftigerweise ausgeschlossen werden können.

(3) Über Absatz 1 hinaus sind vorbeugend Maßnahmen zu treffen, um die Auswirkungen von Störfällen so gering wie möglich zu halten.

(4) Die Beschaffenheit und der Betrieb der Anlagen des Betriebsbereichs müssen dem Stand der Sicherheitstechnik entsprechen.

(5) Die Wahrung angemessener Sicherheitsabstände zwischen Betriebsbereich und benachbarten Schutzobjekten stellt keine Betreiberpflicht dar.




§ 4 Anforderungen zur Verhinderung von Störfällen



Der Betreiber hat zur Erfüllung der sich aus § 3 Abs. 1 ergebenden Pflicht insbesondere

1.
Maßnahmen zu treffen, damit Brände und Explosionen

a)
innerhalb des Betriebsbereichs vermieden werden,

b)
nicht in einer die Sicherheit beeinträchtigenden Weise von einer Anlage auf andere Anlagen des Betriebsbereichs einwirken können und

c)
nicht in einer die Sicherheit des Betriebsbereichs beeinträchtigenden Weise von außen auf ihn einwirken können,

1a.
Maßnahmen zu treffen, damit Freisetzungen gefährlicher Stoffe in Luft, Wasser oder Boden vermieden werden,

2.
den Betriebsbereich mit ausreichenden Warn-, Alarm- und Sicherheitseinrichtungen auszurüsten,

3.
die Anlagen des Betriebsbereichs mit zuverlässigen Messeinrichtungen und Steuer- oder Regeleinrichtungen auszustatten, die, soweit dies sicherheitstechnisch geboten ist, jeweils mehrfach vorhanden, verschiedenartig und voneinander unabhängig sind,

4.
die sicherheitsrelevanten Teile des Betriebsbereichs vor Eingriffen Unbefugter zu schützen.




§ 5 Anforderungen zur Begrenzung von Störfallauswirkungen



(1) Der Betreiber hat zur Erfüllung der sich aus § 3 Abs. 3 ergebenden Pflicht insbesondere

1.
Maßnahmen zu treffen, damit durch die Beschaffenheit der Fundamente und der tragenden Gebäudeteile bei Störfällen keine zusätzlichen Gefahren hervorgerufen werden können,

2.
die Anlagen des Betriebsbereichs mit den erforderlichen sicherheitstechnischen Einrichtungen auszurüsten sowie die erforderlichen technischen und organisatorischen Schutzvorkehrungen zu treffen.

(2) Der Betreiber hat dafür zu sorgen, dass in einem Störfall die für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden und die Einsatzkräfte unverzüglich, umfassend und sachkundig beraten werden.


§ 6 Ergänzende Anforderungen



(1) Der Betreiber hat zur Erfüllung der sich aus § 3 Abs. 1 oder 3 ergebenden Pflichten über die in den §§ 4 und 5 genannten Anforderungen hinaus

1.
die Errichtung und den Betrieb der sicherheitsrelevanten Anlagenteile zu prüfen sowie die Anlagen des Betriebsbereichs in sicherheitstechnischer Hinsicht ständig zu überwachen und regelmäßig zu warten,

2.
die Wartungs- und Reparaturarbeiten nach dem Stand der Technik durchzuführen,

3.
die erforderlichen sicherheitstechnischen Vorkehrungen zur Vermeidung von Fehlbedienungen zu treffen,

4.
durch geeignete Bedienungs- und Sicherheitsanweisungen und durch Schulung des Personals Fehlverhalten vorzubeugen.

(2) Die Betreiber der nach § 15 festgelegten Betriebsbereiche haben im Benehmen mit den zuständigen Behörden

1.
untereinander alle erforderlichen Informationen auszutauschen, damit sie in ihrem Konzept zur Verhinderung von Störfällen, in ihren Sicherheitsmanagementsystemen, in ihren Sicherheitsberichten und ihren internen Alarm- und Gefahrenabwehrplänen der Art und dem Ausmaß der Gesamtgefahr eines Störfalls Rechnung tragen können, und

2.
zur Information der Öffentlichkeit und benachbarter Betriebsstätten, die nicht unter den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, sowie zur Übermittlung von Angaben an die für die Erstellung von externen Alarm- und Gefahrenabwehrplänen zuständige Behörde zusammenzuarbeiten.

(3) Der Betreiber hat der zuständigen Behörde auf Verlangen genügend Informationen zu liefern, die notwendig sind, damit die Behörde

1.
die Möglichkeit des Eintritts eines Störfalls in voller Sachkenntnis beurteilen kann,

2.
ermitteln kann, inwieweit sich die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Störfalls erhöhen kann oder die Auswirkungen eines Störfalls verschlimmern können,

3.
Entscheidungen über die Ansiedlung oder die störfallrelevante Änderung von Betriebsbereichen sowie über Entwicklungen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen treffen kann,

4.
externe Alarm- und Gefahrenabwehrpläne erstellen kann und

5.
Stoffe berücksichtigen kann, die auf Grund ihrer physikalischen Form, ihrer besonderen Merkmale oder des Ortes, an dem sie vorhanden sind, zusätzliche Vorkehrungen erfordern.




§ 7 Anzeige



(1) Der Betreiber hat der zuständigen Behörde mindestens einen Monat vor Beginn der Errichtung eines Betriebsbereichs, oder vor einer störfallrelevanten Änderung nach § 3 Absatz 5b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, Folgendes schriftlich anzuzeigen:

1.
Name oder Firma des Betreibers sowie vollständige Anschrift des betreffenden Betriebsbereichs,

2.
eingetragener Firmensitz und vollständige Anschrift des Betreibers,

3.
Name und Funktion der für den Betriebsbereich verantwortlichen Person, falls von der unter Nummer 1 genannten Person abweichend,

4.
ausreichende Angaben zur Identifizierung der gefährlichen Stoffe und der Gefahrenkategorie von Stoffen, die gemäß § 2 Nummer 5 vorhanden sind,

5.
Menge und physikalische Form der gefährlichen Stoffe,

6.
Tätigkeit oder beabsichtigte Tätigkeit in den Anlagen des Betriebsbereichs,

7.
Gegebenheiten in der unmittelbaren Umgebung des Betriebsbereichs, die einen Störfall auslösen oder dessen Folgen verschlimmern können, einschließlich, soweit verfügbar, Einzelheiten zu

a)
benachbarten Betriebsbereichen,

b)
anderen Betriebsstätten, die nicht unter den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, und

c)
Bereichen und Entwicklungen, von denen ein Störfall ausgehen könnte oder bei denen sich die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Störfalls erhöhen kann oder die Auswirkungen eines Störfalls und von Domino-Effekten nach § 15 verschlimmern können.

(2) Der Betreiber hat der zuständigen Behörde folgende Änderungen mindestens einen Monat vorher schriftlich anzuzeigen:

1.
Änderungen der Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und

2.
die Einstellung des Betriebs, des Betriebsbereichs oder einer Anlage des Betriebsbereichs.

(3) Der Betreiber hat der zuständigen Behörde störfallrelevante Änderungen nach § 3 Absatz 5b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes schriftlich anzuzeigen.

(4) Einer gesonderten Anzeige bedarf es nicht, soweit der Betreiber die entsprechenden Angaben der zuständigen Behörde nach Absatz 1 im Rahmen eines Genehmigungs- oder Anzeigeverfahrens vorgelegt hat.




§ 8 Konzept zur Verhinderung von Störfällen



(1) 1Der Betreiber hat vor Inbetriebnahme ein schriftliches Konzept zur Verhinderung von Störfällen auszuarbeiten und es der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. 2Bei Betriebsbereichen der oberen Klasse kann das Konzept Bestandteil des Sicherheitsberichts sein.

(2) 1Das Konzept soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gewährleisten und den Gefahren von Störfällen im Betriebsbereich angemessen sein. 2Es muss die übergeordneten Ziele und Handlungsgrundsätze des Betreibers, die Rolle und die Verantwortung der Leitung des Betriebsbereichs umfassen sowie die Verpflichtung beinhalten, die Beherrschung der Gefahren von Störfällen ständig zu verbessern und ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten.

(3) Der Betreiber hat die Umsetzung des Konzeptes durch angemessene Mittel und Strukturen sowie durch ein Sicherheitsmanagementsystem nach Anhang III sicherzustellen.

(4) Der Betreiber hat das Konzept, das Sicherheitsmanagementsystem nach Anhang III sowie die Verfahren zu dessen Umsetzung zu überprüfen und soweit erforderlich zu aktualisieren, und zwar

1.
mindestens alle fünf Jahre nach erstmaliger Erstellung oder Änderung,

2.
vor einer Änderung nach § 7 Absatz 3 und

3.
unverzüglich nach einem Ereignis nach Anhang VI Teil 1.




§ 8a Information der Öffentlichkeit



(1) 1Der Betreiber hat der Öffentlichkeit die Angaben nach Anhang V Teil 1 ständig zugänglich zu machen, auch auf elektronischem Weg. 2Die Angaben sind insbesondere bei einer störfallrelevanten Änderung nach § 3 Absatz 5b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auf dem neuesten Stand zu halten. 3Die Informationspflicht ist mindestens einen Monat vor Inbetriebnahme eines Betriebsbereichs oder vor störfallrelevanten Änderungen nach § 3 Absatz 5b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu erfüllen. 4Andere öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Information der Öffentlichkeit bleiben unberührt.

(2) Mit Zustimmung der zuständigen Behörde darf aus Gründen des Schutzes öffentlicher oder privater Belange nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen von der Veröffentlichung von Informationen gemäß Absatz 1 abgesehen werden.