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Anlage 2 - Investitionsgesetz Kohleregionen (InvKG)

Artikel 1 G. v. 08.08.2020 BGBl. I S. 1795 (Nr. 37); zuletzt geändert durch Artikel 9 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 409
Geltung ab 14.08.2020; FNA: 707-29 Wirtschaftsförderung
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Anlage 2 (zu § 1 Absatz 3) Leitbild zum Mitteldeutschen Revier (Freistaat Sachsen/Land Sachsen-Anhalt) vom 14. März 2019


Anlage 2 wird in 1 Vorschrift zitiert

Zukunftsbild für das Mitteldeutsche Revier


Die Nutzung von Braunkohle als Rohstoff für produktive Prozesse und Energielieferant hat in den letzten 150 Jahren das Mitteldeutsche Revier geprägt. Hier liegt die Basis für eine Reihe von industriellen Entwicklungen und symbiotischen Verflechtungen, wie zum Beispiel zur chemischen und energieintensiven Industrie bis hin zur Ernährungswirtschaft. Das Mitteldeutsche Revier ist durch seine Nähe zu den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorten in Leipzig, Halle/Saale, Merseburg, Magdeburg, Jena, Chemnitz, Freiberg und Dresden geprägt. Charakteristisch ist auch immer noch ein sehr starkes Stadt-Umland-Gefälle. Vor diesem Hintergrund wird für das Mitteldeutsche Revier nachfolgendes Zukunftsbild entworfen, das im Lichte der weiteren Entwicklungen und unter Berücksichtigung von Innovationen, neuen Erkenntnissen und sich ändernden Rahmenbedingungen im Dialog mit der Region stetig fortzuschreiben ist:

In der Zukunft ist das Mitteldeutsche Revier attraktiver Wirtschaftsstandort und als zentraler Industriestandort der Metropolregion Leipzig/Halle (Mitteldeutschland) internationales Vorbild für eine erfolgreiche Industrietransformation und für eine nachhaltige Industriegesellschaft. Die Chemie- und Energiewirtschaft sind strukturprägend und zentrales Standbein im Mitteldeutschen Revier. Die Entwicklung einer weitgehend kohlendioxid-neutralen Energieversorgung und die Entstehung zirkulärer Wirtschaftsprozesse sind Motor für neue Wertschöpfungspotenziale und Industriearbeitsplätze.

Durch Innovation und Digitalisierung werden im Mitteldeutschen Revier Energiesysteme der Zukunft entwickelt und etabliert. Dazu sind die Standorte der Braunkohlewirtschaft in zukunftsweisende Standorte für die Erzeugung von erneuerbaren Energien als Grundstein für eine nachhaltige Energieregion umzubauen und Möglichkeiten zur Modellierung der Sektorenkopplung von Industrie und Energiewirtschaft zu erforschen. Dabei werden auch die vorhandenen Infrastrukturen an die Bedarfe der Zukunft angepasst sowie Netzanbindungen und Transportmöglichkeiten von Stoffen und Produkten ausgebaut.

Die chemische Industrie ist für das Mitteldeutsche Revier ein tragender und unverzichtbarer Wirtschaftszweig, der wie die Ernährungswirtschaft eng mit der Energiewirtschaft verbunden ist. Der Verlust des preisgünstigen Prozessdampfes und der Wärme aus der Braunkohleverstromung wird kompensiert werden, indem alternative und preisgünstige, kohlendioxid-neutrale Versorgungskonzepte für die Unternehmen entwickelt und unterstützt werden. Dazu werden industrielle Cluster nachhaltig und unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher und technologischer Erkenntnisse weiterentwickelt und eine zirkuläre Kohlenstoffwirtschaft etabliert. Im Rahmen gemeinsamer Forschungen und Entwicklungen von Wirtschaft und Wissenschaft sind die Entwicklung neuer, verwendungsoffener Technologien mit Anschlussfähigkeit an das vorhandene industrielle Erbe als Entwicklungspotenziale für die Zukunft, der Aufbau von Demonstrationsanlagen bis hin zu technologischen Systemen mit Nachweis der Funktionstüchtigkeit im Einsatzbereich (Reallabore), die Hebung von Potenzialen und Kooperationen der angewandten außeruniversitären und universitären Forschungslandschaft im Mitteldeutschen Revier und die Förderung innovativer und nachhaltiger Technologien sowie Geschäftsmodelle voranzubringen. Die im Rahmen des BioEconomy-Clusters laufenden Forschungen zur verstärkten Nutzung der Biomasse als Rohstoff werden intensiviert.

Mit der modernen Glasbranche verfügt das Mitteldeutsche Revier über eine zukunftsträchtige Branche. Um den wirtschaftlichen Schwerpunkt des Glasbaus mit seinen Werten und Expertisen zu stärken, ist die Gründung des Glascampus Torgau - Professional School - für die Glas-, Keramik- und Baustoffindustrie im Mitteldeutschen Revier zu unterstützen.

Auch die ländlich geprägten Regionen des Mitteldeutschen Reviers können sich als Wirtschaftsstandorte positionieren.

Die Stärkung des Logistik- und Automobilsektors ist Motor für neue Verkehrs- und Mobilitätskonzepte. Das Mitteldeutsche Revier entwickelt sich zum europäischen Logistikhub.

Mit der Logistikdrehscheibe Leipzig/Halle, mit den führenden internationalen Mobilitätsunternehmen sowie der umliegenden Zulieferindustrie wird an der Mobilität der Zukunft geforscht, entwickelt und gebaut. Die bestehenden Wertschöpfungsketten im Automobil- und Mobilitätssektor werden ausgeweitet. Dies schließt die Entwicklung von neuen Antriebskonzepten (Batteriezellen, wasserstoffbasierte Brennstoffzelle und so weiter) - auch im Hinblick auf die Biologistik - ebenso mit ein wie die Entwicklung von Speichertechnologien sowie neuer Verkehrs-, Elektromobilitäts- und Logistikkonzepte. Das Mitteldeutsche Revier bietet aufgrund seiner zentralen Lage ideale Voraussetzungen für den weiteren Ausbau als europäischen Logistikhub.

Das Mitteldeutsche Revier ist ein führender Innovationshub in Deutschland und Europa und stellt sich als Modell- und Laborregion den Fragen, wie wir in Zukunft leben wollen.

Durch die Entstehung eines lebendigen Innovationssystems kann ein qualitativer Wachstumsvorteil erwachsen, der von Flexibilität, Dynamik und Gründungskultur gekennzeichnet ist. Da Landflucht, Abwanderung und demographischer Wandel das Mitteldeutsche Revier vor große Herausforderungen stellen, ist diese Region prädestiniert, als Modell- oder Laborregion im besonderen Maße an der Entstehung neuer technologischer Lösungen teilzuhaben und aktiv mitzuwirken. Hierbei ist die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen, sowohl vom ländlichen Raum her als auch im Kontext der Stadt-Umland-Beziehung zu denken. Es bedarf dafür an Experimentierfeldern und Reallaboren, um technologische Potenziale zur Gestaltung des Lebens von morgen auszureizen. Es soll eine Modell- und Laborregion Deutschlands und Europas entstehen, in der neue Technologien, Produkte und Dienstleistungen für das Leben von morgen entwickelt und erprobt werden. Mit einem Zentrum für regionale Entwicklung Zeitz (ZRZ) soll ein Ort geschaffen werden, in dem das Leben von morgen auf Basis neuer technologischer Werkzeuge neu gedacht und entwickelt werden soll. Es soll Antworten darauf finden, wie in der Zukunft auch außerhalb der Metropolen gelebt werden kann. Um Regionalentwicklung neu denken zu können, soll sich das ZRZ auch mit der Frage auseinandersetzen, wie der ländliche Raum besser mit der Stadt vernetzt werden kann - und umgekehrt. Ziel ist es unter anderem, die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum auch im 21. Jahrhundert mit seinen ökologischen und meteorologischen Bedingungen in Einklang zu bringen. Das Zentrum zeichnet sich durch einen hohen fachlichen Anspruch, Internationalität, Praxisnähe aus und gibt den notwendigen Freiraum, kreativ, querdenkend und innovativ zukunftsweisende Lebenskonzepte zu entwickeln und zu erproben. Es leistet damit einen Beitrag zur Landesentwicklung. Mit einem interdisziplinären Institut für Strukturwandel und Biodiversität wird unter Einbindung von Naturwissenschaften, Umweltwissenschaften, Technik, Recht und Ökonomie der anstehende Strukturwandel auf wissenschaftlicher Basis begleitet.

Digitalisierung, Bildung und Kreativität sind Triebfedern für die Entstehung neuer Geschäftsmodelle, hohe Wertschöpfung und ein qualifiziertes Fachkräftepotenzial im Mitteldeutschen Revier.

Mitteldeutschland soll bei der Digitalisierung unter anderem der industriellen Wertschöpfungsketten Vorreiter werden. Daraus entstehen Fabriken der Zukunft, in denen mit möglichst geringem Energieverbrauch, einer optimierten Kohlendioxid-Bilanz, digital-smarten Produktionslösungen und 5G/6G-Konnektiviät rationell und ressourcenschonend die vierte industrielle Revolution stattfindet. Als Wissens-, Forschungs-, Transfer- und Bildungsregion verfügt das Mitteldeutsche Revier hierfür über ideale Voraussetzungen. Mit den Hochschulen sowie den außeruniversitären Forschungs- und Bildungseinrichtungen im Revier existiert ein hohes Zukunftspotenzial, welches es zu nutzen und auszubauen gilt. Oberzentren werden sich künftig als Smart City etablieren, die insbesondere entlang der Entwicklungsachsen aber auch generell Strahlkraft in die Region entfalten werden. Sie werden sich durch eine intelligente, 5G-basierte Verkehrsleittechnik, Park- und Verkehrsvorrang für E-Mobilität, eine flächendeckende Ladeinfrastruktur und eine digital vernetzte Urbanität auszeichnen. Grundlagen für einen autonomen und hochautomatisierten öffentlichen Personennahverkehr werden geschaffen.

Das Zusammenwirken von Forschung und Entwicklung einerseits und einer leistungsfähigen Kliniklandschaft sowie Unternehmen andererseits schafft zusätzliche Synergien für einen hochentwickelten Life-Science-Cluster, der sich insbesondere im Bereich E-Health, Biotech und Künstliche-Intelligenz-basierter Diagnostik als besonders leistungsfähig erweist.

Um die Region als lebendiges Zentrum der Medienwirtschaft mit nationaler und internationaler Strahlkraft weiterzuentwickeln, werden die bestehenden Strukturen am Medienstandort Halle/Leipzig als innovativer und kreativer Ausbildungs- und Lernort verstärkt, der Medienschaffenden der Zukunft praxisnah und interdisziplinär Fähigkeiten und Kenntnisse für die Herausforderungen der Gestaltung der sich rasant verändernden Medienwelt vermittelt. Multifunktionale Zentren verbinden Kultur, Kreativwirtschaft und Gesellschaft und fördern kreative Entwicklungspotenziale.

Bildungs-, Qualifizierungs-, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen die Basis für zukünftige hochwertige Industriearbeitsplätze und unterstützen ein lebenslanges Lernen über vernetzte Angebote, Initiativen für digitale Lehr- und Lernmethoden und -kompetenzen vor allem in den Mittel- und Grundzentren des Reviers.

Die Regionen des Mitteldeutschen Reviers sind Heimat, Anziehungspunkte und lebenswerte Orte.

Das Revier gewinnt eine hohe Lebensqualität aus dem Ineinandergreifen und der Vernetzung städtischer und ländlicher Räume mit urban-vitalen Quartieren und einer vielseitigen Kulturlandschaft sowie Bergbaufolgelandschaft mit einer hohen Umwelt-, Lebens- und Wohnqualität, was es nicht nur zu einer lebenswerten Wachstumsregion, sondern auch touristisch und für Naherholung anziehend macht. Vielfältige Kultur- und Tourismusangebote zwischen Tradition und Moderne, Landschaft und Landwirtschaft, Genuss und Gesundheit machen die Region als Lebens- und Urlaubsort über die Reviergrenzen hinaus attraktiv. Internationale Großveranstaltungen wie Messen und Sportereignisse sind Werbung, Wirtschaftsfaktor und Identitätsförderung zugleich. Traditionsbewusstsein und Geschichte werden befördert und schaffen Identifizierung mit dem Revier.

Der Auf- und Ausbau vernetzter Mobilitätsangebote und attraktiver Verkehrsinfrastrukturen sollen den Zugang zu Wohn- und Arbeitsorten, Kultur, Wissenschaft, Informationen und Märkten eröffnen. Modernste Ausstattungen in Arztpraxen und Krankenhäusern sowie telemedizinische Angebote sichern die Gesundheitsversorgung zuverlässig ab. Zeitgemäße und flexible Kinderbetreuung sowie Schul- und Bildungsangebote nach internationalen und modernsten Standards bilden wichtige Ankerpunkte für junge Familien.

Dieses Bild des Mitteldeutschen Reviers steht einer laufenden Überprüfung und Weiterentwicklung im Dialog mit der Region offen.

Anmerkung:

Für das Mitteldeutsche Revier zeichnen sich derzeit ohne Ableitung einer näheren Priorisierung folgende besondere Handlungs- oder Projektfelder ab, die wie das Leitbild ebenfalls weiterzuentwickeln sind:

1.
Verkehrsinfrastruktur und Mobilität (Verkehrskonzeption und Verkehrsneukonzeption und Realisierung),

2.
Wirtschaftsentwicklung,

3.
Fachkräftesicherung,

4.
Digitalisierung,

5.
Energie,

6.
Innovation, Forschung und Entwicklung (FuE),

7.
Siedlungsentwicklung,

8.
Modell- und Laborregion „Zukunft",

9.
Kultur und Kreativwirtschaft,

10.
Landwirtschaft,

11.
Umwelt- und Lebensqualität,

12.
Tourismus,

13.
Lernen, Daseinsvorsorge, Gesundheit,

14.
Ansiedlung von Einrichtungen (Bundes-, FuE-Einrichtungen und so weiter).



 

Zitierungen von Anlage 2 InvKG

Sie sehen die Vorschriften, die auf Anlage 2 InvKG verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in InvKG selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
interne Verweise

§ 1 InvKG Förderziele, Fördervolumen und Leitbilder (vom 29.12.2023)
... Länder haben sich für die Fördergebiete nach § 2 Leitbilder nach den Anlagen 1 bis 3 gegeben, die sich auf eine nachhaltige Entwicklung in einem umfassenden ökonomischen, ...