Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Kapitel 4 - Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG)

Artikel 1 G. v. 17.08.2012 BGBl. I S. 1726 (Nr. 38); zuletzt geändert durch Artikel 22 G. v. 10.08.2021 BGBl. I S. 3436
Geltung ab 24.08.2012; FNA: 2129-57 Umweltschutz
| |

Kapitel 4 Haftung und Vorsorge

§ 29 Haftung



(1) Wird infolge der Ausübung einer in diesem Gesetz geregelten Tätigkeit oder durch eine nach diesem Gesetz zugelassene Anlage oder Einrichtung jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so haben der Genehmigungsinhaber und der für die Ausübung der Tätigkeit Verantwortliche, bei Anlagen oder Einrichtungen der verantwortliche Betreiber, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Ist eine in Absatz 1 bezeichnete Tätigkeit, Anlage oder Einrichtung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den entstandenen Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch diese Tätigkeit, Anlage oder Einrichtung verursacht wurde. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach dem Betriebsablauf, den verwendeten Einrichtungen, der Art und Konzentration der eingesetzten und freigesetzten Stoffe, den meteorologischen Gegebenheiten, nach Zeit und Ort des Schadenseintritts und nach dem Schadensbild sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Satz 1 gilt nicht, wenn die Anlage bestimmungsgemäß betrieben worden ist und ein anderer Umstand als eine in Absatz 1 bezeichnete Tätigkeit, Anlage oder Einrichtung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen, insbesondere in den in § 120 Absatz 1 Satz 2 des Bundesberggesetzes bezeichneten Fällen.

(3) Kommen nach den Umständen des Einzelfalls mehrere der in Absatz 1 bezeichneten Tätigkeiten, Anlagen oder Einrichtungen als Verursacher in Betracht und lässt sich nicht ermitteln, welche von ihnen die Beeinträchtigung verursacht hat, so ist jede dieser Tätigkeiten, Anlagen oder Einrichtungen als ursächlich anzusehen. Im Fall des Satzes 1 haften die Betreiber der in Betracht kommenden Tätigkeiten, Anlagen oder Einrichtungen als Gesamtschuldner. Im Verhältnis der Ersatzpflichtigen zueinander hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen und insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist.

(4) Die §§ 8 bis 16 und 18 Absatz 1 des Umwelthaftungsgesetzes gelten entsprechend.


§ 30 Deckungsvorsorge



(1) Der Betreiber eines Kohlendioxidspeichers ist verpflichtet, zur Erfüllung

1.
der sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten, einschließlich der Pflichten zur Stilllegung und Nachsorge,

2.
gesetzlicher Schadensersatzansprüche,

3.
der sich aus dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz ergebenden Pflichten und

4.
der sich aus den §§ 5, 6 und 9 des Umweltschadensgesetzes ergebenden Pflichten

Vorsorge (Deckungsvorsorge) bis zum Zeitpunkt der Übertragung der Verantwortung nach § 31 zu treffen.

(2) 1Die zuständige Behörde setzt die Art und die Höhe der Deckungsvorsorge, die jeweiligen Nachweise hierüber sowie den Zeitpunkt, zu dem die Deckungsvorsorge zu treffen ist, fest. 2Die Festsetzung muss gewährleisten, dass die Deckungsvorsorge immer in der festgesetzten Art und Höhe zur Verfügung steht sowie unverzüglich zur Erfüllung der Verpflichtungen nach Absatz 1, auch in den Fällen des § 16 Absatz 2 und 3 sowie des § 31 Absatz 2 Satz 3, herangezogen werden kann. 3Bei der Bemessung der Deckungsvorsorge zur Erfüllung der Pflichten und Ansprüche nach Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sind gegebenenfalls zu besorgende erhebliche Unregelmäßigkeiten zu berücksichtigen. 4Maßstab für die Deckungsvorsorge zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 3 ist die für das jeweils nächste Betriebsjahr prognostizierte Speichermenge; hierbei ist die Risikoprognose für etwaige Leckagen zu berücksichtigen. 5Die Deckungsvorsorge ist von der zuständigen Behörde jährlich anzupassen.

(3) 1Die Deckungsvorsorge kann erbracht werden durch

1.
eine Haftpflichtversicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen oder

2.
die Leistung von Sicherheiten nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die Stellung eines tauglichen Bürgen nach § 239 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder ein anderes gleichwertiges Sicherungsmittel.

2Die zuständige Behörde kann bestimmen und zulassen, dass die Vorsorgemaßnahmen verbunden werden, soweit die Wirksamkeit und die Übersichtlichkeit der Deckungsvorsorge nicht beeinträchtigt werden. 3Der Betreiber ist verpflichtet, der Behörde die Deckungsvorsorge auf Verlangen, mindestens jedoch jährlich, nachzuweisen.

(4) 1Für den Nachsorgebeitrag nach § 31 Absatz 2 Satz 1 sind im Rahmen der Deckungsvorsorge nach Absatz 1 3 Prozent des durchschnittlichen Wertes der Anzahl der Berechtigungen nach § 3 Absatz 4 Satz 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, die der im Betriebsjahr gespeicherten Menge Kohlendioxid entspricht, jeweils zum Jahresende bei der zuständigen Behörde als Sicherheit in Geld zu leisten. 2Das geleistete Geld ist nach Maßgabe des § 1841 Absatz 2 und des § 1842 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verzinslich anzulegen; die Zinsen werden zusätzlich zum Betrag nach Satz 1 Teil der Sicherheit. 3Das Geld steht für die Erfüllung der anderen in Absatz 1 genannten Pflichten und Ansprüche nachrangig zur Verfügung und ist vom Betreiber unverzüglich zu ersetzen, soweit es in Anspruch genommen wird.




§ 31 Übertragung der Verantwortung



(1) Der Betreiber kann frühestens nach Ablauf von 40 Jahren nach dem Abschluss der Stilllegung des Kohlendioxidspeichers bei der zuständigen Behörde verlangen, dass die Pflichten, die sich für ihn aus § 18 dieses Gesetzes, aus der Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzansprüche, aus dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz und aus dem Umweltschadensgesetz ergeben, auf das Land, das die zuständige Behörde eingerichtet hat, übertragen werden (Übertragung der Verantwortung).

(2) Die zuständige Behörde hat die Übertragung der Verantwortung vorzunehmen, wenn nach dem Stand von Wissenschaft und Technik die Langzeitsicherheit des Kohlendioxidspeichers gegeben ist und der Betreiber einen Nachsorgebeitrag nach Absatz 4 geleistet hat. Die zuständige Behörde kann auf Antrag eine Übertragung der Verantwortung vor Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist vornehmen, wenn im Einzelfall bereits zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt werden. Sind die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt, kann die zuständige Behörde die Verantwortung für den stillgelegten Kohlendioxidspeicher jederzeit von Amts wegen übertragen. § 13 Absatz 4 gilt entsprechend. Die Übertragung der Verantwortung ist dem Betreiber schriftlich zu bestätigen.

(3) Vor der Übertragung der Verantwortung hat der Betreiber in einem abschließenden Nachweis über die Langzeitsicherheit insbesondere Folgendes zu belegen:

1.
die Übereinstimmung des aktuellen Verhaltens des gespeicherten Kohlendioxids mit dem modellierten Verhalten,

2.
die bauliche Integrität der dauerhaften Versiegelung des Kohlendioxidspeichers,

3.
das Nichtvorhandensein von Leckagen oder erheblichen Unregelmäßigkeiten und

4.
die zukünftige Langfriststabilität des Kohlendioxidspeichers.

Für den Nachweis sind alle Erkenntnisse über das Verhalten des Kohlendioxids im Kohlendioxidspeicher, die während der Überwachung nach der Stilllegung gewonnen wurden, und alle bisherigen Leckagen und erheblichen Unregelmäßigkeiten zu berücksichtigen. Im Fall von § 16 Absatz 2 ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Langzeitsicherheitsnachweis auf Kosten des Betreibers durch die Behörde selbst oder durch Beauftragung eines anderen beigebracht wird. Dies gilt auch bei einer Übertragung nach Absatz 2 Satz 3, sofern der Betreiber den Langzeitsicherheitsnachweis nicht innerhalb der von der zuständigen Behörde gesetzten Frist erbringt.

(4) Der Nachsorgebeitrag entspricht der Höhe des nach § 30 Absatz 4 Satz 1 zu leistenden Betrages zuzüglich der darauf angefallenen Zinserträge. Der Beitrag muss mindestens die vorhersehbaren Aufwendungen der Überwachung während eines Zeitraums von 30 Jahren nach Übertragung der Verantwortung decken. Der zu zahlende Nachsorgebeitrag wird mit der Sicherheit nach § 30 Absatz 4 verrechnet. Die Länder können einzeln oder gemeinsam ein System zur finanziellen Absicherung der nach Absatz 1 übertragenen Pflichten errichten.

(5) Nach der Übertragung der Verantwortung können die Kontrollen nach § 28 Absatz 3 eingestellt werden. Die Überwachung kann auf ein Maß verringert werden, welches das Erkennen von Leckagen oder erheblichen Unregelmäßigkeiten ermöglicht. Werden Leckagen oder erhebliche Unregelmäßigkeiten festgestellt, muss die Überwachung verstärkt werden, um die Ursachen sowie Art und Ausmaß ermitteln und die Wirkung von Maßnahmen zur Beseitigung der Leckagen oder erheblichen Unregelmäßigkeiten beurteilen zu können.

(6) Macht der Betreiber in dem Nachweis nach Absatz 3 Satz 1 vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben oder wird erst nach Übertragung der Verantwortung erkennbar, dass der Betreiber während der Zeit seiner Verantwortlichkeit gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, gegen die Untersuchungsgenehmigung, den Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung oder gegen Anordnungen auf Grund dieses Gesetzes verstoßen hat, können Aufwendungen, die sich aus der Übertragung der Pflichten ergeben, von ihm zurückgefordert werden.


§ 32 Verordnungsermächtigung für die Deckungsvorsorge und die Übertragung der Verantwortung



(1) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften zu erlassen über

1.
den Zeitpunkt, ab dem der Betreiber eines Kohlendioxidspeichers nach § 30 Deckungsvorsorge zu treffen hat,

2.
den erforderlichen Umfang, die zulässigen Arten, die Höhe und die Anpassung der Deckungsvorsorge,

3.
die Anforderungen an einzelne Sicherheiten, insbesondere an die Stellung eines Bürgen und eine Freistellungs- und Gewährleistungsverpflichtung eines Kreditinstituts,

4.
Verfahren und Befugnisse der für die Festsetzung und Überwachung der Deckungsvorsorge zuständigen Behörde,

5.
die Pflichten des Betreibers des Kohlendioxidspeichers, des Versicherungsunternehmens, des Bürgen und desjenigen, der eine Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung übernommen hat, gegenüber der für die Überwachung der Deckungsvorsorge zuständigen Behörde.

(2) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften über die Übertragung der Verantwortung nach § 31 zu erlassen und insbesondere das Verfahren sowie die Anforderungen an den Langzeitsicherheitsnachweis nach § 31 Absatz 3 näher zu bestimmen.