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Abschnitt 5 - Wehrdisziplinarordnung (WDO)


Teil 3 Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen

Kapitel 2 Die Disziplinarbefugnis der Disziplinarvorgesetzten und ihre Ausübung

Abschnitt 5 Nochmalige Prüfung

§ 45 Aufhebung einer Disziplinarmaßnahme bei nachträglichem Straf- oder Bußgeldverfahren



(1) 1Ist eine einfache Disziplinarmaßnahme unanfechtbar verhängt worden und wird wegen desselben Sachverhalts nachträglich durch ein Gericht oder eine Behörde eine Strafe oder Ordnungsmaßnahme verhängt oder kann ein Sachverhalt nach § 153a Absatz 1 Satz 5 oder Absatz 2 Satz 2 der Strafprozessordnung nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, so ist die Disziplinarmaßnahme auf Antrag der Soldatin oder des Soldaten aufzuheben, wenn ihre Verhängung nach Abschluss des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens gegen § 16 Absatz 1 verstoßen würde. 2Die Aufhebung eines Disziplinararrests oder eines strengen Disziplinararrests unterbleibt, wenn die Voraussetzungen für eine zusätzliche disziplinare Ahndung zum Zeitpunkt seiner Verhängung vorgelegen haben.

(2) Disziplinararrest oder strenger Disziplinararrest ist aufzuheben, soweit er zusammen mit einer wegen desselben Sachverhalts nachträglich verhängten Freiheitsentziehung drei Wochen übersteigt.

(3) Die Aufhebung ist ausgeschlossen, wenn die Disziplinarmaßnahme im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren erkennbar angerechnet worden ist.


§ 46 Aufhebung oder Änderung einer Disziplinarmaßnahme aus anderen Gründen



(1) 1Jede und jeder Disziplinarvorgesetzte muss beantragen, die Disziplinarmaßnahme aufzuheben, wenn sie oder er der Auffassung ist, dass gegen eine oder einen ihrer oder seiner Untergebenen eine Disziplinarmaßnahme verhängt worden ist, obwohl diese oder dieser Untergebene unschuldig oder nicht nachweisbar schuldig war. 2Sie oder er kann dies beantragen, wenn sie oder er der Auffassung ist, dass eine Disziplinarmaßnahme nicht angebracht oder nach § 16 Absatz 1 nicht zulässig war, oder wenn ihre Verhängung nach Abschluss des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens gegen § 16 Absatz 1 verstoßen würde. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für einen Antrag auf Herabsetzung der Disziplinarmaßnahme, wenn bei mehreren Pflichtverletzungen, die als ein Dienstvergehen geahndet worden sind, bei einer die Voraussetzungen des Satzes 1 oder des Satzes 2 vorliegen.

(2) 1Die oder der Disziplinarvorgesetzte, die oder der die Disziplinarmaßnahme verhängt hat, oder bei einem Wechsel die nachfolgende Person, ist verpflichtet, einen Antrag nach Absatz 1 Satz 2 zu stellen. 2Diese oder dieser Vorgesetzte kann auch beantragen, eine von ihr oder ihm verhängte Disziplinarmaßnahme herabzusetzen, wenn sie ihr oder ihm nachträglich zu hart erscheint.

(3) 1Die Soldatin oder der Soldat kann die Aufhebung einer nicht mehr anfechtbaren Disziplinarmaßnahme beantragen, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die zur Aufhebung der Disziplinarmaßnahme führen können. 2Als neue Tatsachen gelten auch die tatsächlichen Feststellungen eines wegen desselben Sachverhalts ergangenen rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder im Bußgeldverfahren, soweit sie von denen der Disziplinarverfügung abweichen.


§ 47 Verfahren bei Aufhebung oder Änderung einer Disziplinarmaßnahme



(1) Über den Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer Disziplinarmaßnahme entscheidet das Wehrdienstgericht durch Beschluss.

(2) 1Für das Verfahren gelten die Vorschriften über die Beschwerde entsprechend. 2§ 20 der Wehrbeschwerdeordnung ist anzuwenden, soweit es sich nicht um Anträge einer oder eines Disziplinarvorgesetzten nach § 46 Absatz 1 oder 2 handelt.

(3) Von der Entscheidung über den Antrag sind diejenigen Richterinnen und Richter ausgeschlossen, die bei der Verhängung der Disziplinarmaßnahme nach § 40 Absatz 4 oder in einem Beschwerdeverfahren gegen die Disziplinarmaßnahme mitgewirkt haben.


§ 48 Dienstaufsicht



(1) Die höheren Disziplinarvorgesetzten überwachen die ihnen unterstellten Disziplinarvorgesetzten in der Ausübung der Disziplinarbefugnis.

(2) Disziplinarmaßnahmen, die von Disziplinarvorgesetzten verhängt sind, sind aufzuheben, wenn

1.
sie von einer oder einem Disziplinarvorgesetzten verhängt worden sind, die oder der unzuständig war,

2.
sie nach Art oder Höhe im Gesetz nicht vorgesehen sind,

3.
vor der Entscheidung die Vertrauensperson nicht nach § 28 Absatz 1 des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes angehört worden ist, obwohl ihre Anhörung von der Soldatin oder dem Soldaten nicht ausdrücklich abgelehnt worden war,

4.
gegen die Soldatin oder den Soldaten wegen des Dienstvergehens bereits eine Disziplinarmaßnahme verhängt worden ist,

5.
die oder der Disziplinarvorgesetzte ihre oder seine Disziplinarbefugnis nach § 28 überschritten hat,

6.
die oder der Disziplinarvorgesetzte nach § 36 der Soldatin oder dem Soldaten die Entscheidung bekannt gegeben hatte, dass sie oder er wegen eines Dienstvergehens keine Disziplinarmaßnahme verhängen will, und wenn keine erheblichen neuen Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt geworden sind,

7.
das Dienstvergehen nach § 17 Absatz 2 wegen Zeitablaufs nicht mehr hätte geahndet werden dürfen,

8.
die Soldatin oder der Soldat nicht nach § 32 Absatz 5 Satz 1 zuvor angehört worden ist,

9.
die Disziplinarverfügung bei der Bekanntgabe nicht nach § 37 Absatz 3 Satz 1 bis 3 schriftlich festgelegt war oder den vorgeschriebenen Inhalt hatte oder

10.
der Disziplinararrest oder der strenge Disziplinararrest ohne richterliche Zustimmung verhängt worden ist.

(3) 1Für das Aufheben der Disziplinarmaßnahmen sind die höheren Disziplinarvorgesetzten zuständig. 2§ 44 Absatz 4 ist anzuwenden.

(4) 1Die oder der zuständige Disziplinarvorgesetzte prüft, ob anstelle einer aufgehobenen Disziplinarmaßnahme eine neue Disziplinarmaßnahme zulässig und angebracht ist. 2§ 44 Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) Die Disziplinarvorgesetzten haben Aufhebungsgründe, die ihnen bekannt werden, der für das Aufheben zuständigen Stelle zu melden.