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Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG)

G. v. 18.09.1953 BGBl. I S. 1387; zuletzt geändert durch Artikel 14 Abs. 5 G. v. 28.06.2021 BGBl. I S. 2250
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 251-1 Entschädigung Bereinigung von DDR-Unrecht
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Neunter Abschnitt Entschädigungsorgane und Verfahren

Zweiter Titel Gemeinsame Verfahrensvorschriften

§ 175



(1) Für die nach diesem Gesetz zu treffenden Entscheidungen sind die Entschädigungsorgane zuständig.

(2) Über die Erteilung der Genehmigungen, Zulassungen, Bezugsberechtigungen und Befreiungen nach §§ 67, 115 Abs. 2 entscheidet die fachlich zuständige oberste Behörde.

(3) Im Falle des Absatzes 2 haben die Entschädigungsorgane nur über die Voraussetzungen des Anspruchs nach diesem Gesetz zu entscheiden. Diese Entscheidung ist für die fachlich zuständige oberste Behörde und die Verwaltungsgerichte bindend. Ist streitig, ob für den Anspruch die Voraussetzungen nach diesem Gesetz gegeben sind und hängt hiervon die Entscheidung der fachlich zuständigen obersten Behörde oder der Verwaltungsgerichte ab, so ist das Verfahren bis zur Entscheidung der Entschädigungsorgane auszusetzen.

(4) Über das Vorliegen der Voraussetzungen des Anspruchs auf Krankenversorgung nach § 141a und über die Erstattungsansprüche nach § 141c Abs. 4 entscheiden die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Im übrigen bestimmt sich das Verfahren nach §§ 227a bis 227d.


§ 175a


§ 175a wird in 1 Vorschrift zitiert

Hat eine Behörde, die für Ansprüche nach § 5 Abs. 1 zuständig ist, oder ein Gericht, das für Ansprüche nach § 5 Abs. 1 zuständig ist, in einer nicht mehr anfechtbaren Entscheidung eine der in § 5 Abs. 1 aufgeführten besonderen Rechtsvorschriften wegen der Rechtsnatur des Anspruchs für anwendbar oder für nicht anwendbar erklärt, so sind die Entschädigungsorgane an diese Beurteilung gebunden. War der Anspruch auf Entschädigung durch unanfechtbaren Bescheid oder rechtskräftige gerichtliche Entscheidung abgelehnt worden, so ist die Entschädigungsbehörde auf Verlangen des Antragstellers verpflichtet, einen neuen Bescheid über den Anspruch auf Entschädigung zu erlassen. Die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung steht dabei nicht entgegen.


§ 176


§ 176 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) Die Entschädigungsorgane haben von Amts wegen alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln und alle erforderlichen Beweise zu erheben.

(2) Kann der Beweis für eine Tatsache infolge der Lage, in die der Antragsteller durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen geraten ist, nicht vollständig erbracht werden, so können die Entschädigungsorgane diese Tatsache unter Würdigung aller Umstände zugunsten des Antragstellers für festgestellt erachten. Ebenso ist zu verfahren, wenn Urkunden verlorengegangen, Zeugen verstorben oder unauffindbar sind oder wenn die Vernehmung des Antragstellers oder eines Zeugen mit Schwierigkeiten verbunden ist, die in keinem Verhältnis zu der Bedeutung der Aussage stehen.


§ 177


§ 177 wird in 1 Vorschrift zitiert

Vergleiche sind zulässig.


§ 177a


§ 177a wird in 1 Vorschrift zitiert

Ein Leistungsvorbehalt ist zulässig, wenn ein Entschädigungsanspruch in seinem Bestand oder in seiner Höhe von Umständen abhängig ist, deren Eintritt noch ungewiß ist oder die sich in Zukunft ändern können.


§ 178


§ 178 wird in 1 Vorschrift zitiert

Für die Anspruchsberechtigung nach diesem Gesetz oder nach weitergehendem Landesrecht im Sinne des § 228 Abs. 2 ist eine auf Landesrecht beruhende Anerkennung als Verfolgter nicht erforderlich. Die Entscheidung der für die Anerkennung zuständigen Behörden ist für die Entschädigungsorgane nicht bindend.


§ 179


§ 179 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) Das Entschädigungsverfahren ist mit besonderer Beschleunigung durchzuführen.

(2) Ansprüche von Antragstellern, die über 60 Jahre alt oder bedürftig oder durch Krankheit oder durch Gebrechen in ihrer Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert gemindert sind, sollen mit Vorrang vor allen anderen Ansprüchen behandelt werden.


§ 180



(1) Hat der Verfolgte seinen letzten bekannten Aufenthalt im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937, im Gebiet der Freien Stadt Danzig oder in einem vom Deutschen Reich oder seinen Verbündeten beherrschten oder besetzten Gebiet gehabt und ist sein Aufenthalt seit dem 8. Mai 1945 unbekannt, so wird vermutet, daß er am 8. Mai 1945 verstorben ist, es sei denn, daß nach dem Verschollenheitsgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften bereits ein anderer Zeitpunkt des Todes festgestellt worden ist.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann im Entschädigungsverfahren ein anderer Zeitpunkt als der des 8. Mai 1945 festgestellt werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles, ohne daß es weiterer Ermittlungen bedarf, ein anderer Zeitpunkt des Todes wahrscheinlich ist.


§ 181



(1) Im Entschädigungsverfahren soll von der Vorlage eines Erbscheins abgesehen werden, wenn die Erbberechtigung auch ohne Vorlage eines Erbscheins nachweisbar ist.

(2) Verlangen die Entschädigungsorgane die Vorlage eines Erbscheins, so hat das Nachlaßgericht auf Antrag des Erben einen Erbschein für den Entschädigungsanspruch zu erteilen; hierbei hat das Nachlaßgericht nicht zu prüfen, ob der Erbe nach diesem Gesetz entschädigungsberechtigt ist. In dem Erbschein ist anzugeben, ob der Erbe Ehegatte des Verfolgten oder ob und wie er mit ihm verwandt war. Für die Erteilung eines solchen Erbscheins ist die Todesvermutung des § 180 Abs. 1 oder, falls im Entschädigungsverfahren nach § 180 Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt des Todes festgestellt worden ist, diese Feststellung maßgebend.

(3) Die Erteilung des Erbscheins für den Entschädigungsanspruch einschließlich des vorausgegangenen Verfahrens ist gebühren- und auslagenfrei. Dies gilt nicht für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach § 352 Absatz 3 Satz 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.




§ 182



(1) Bei der Regelung der Ansprüche auf Entschädigung für Schaden an einer Versicherung außerhalb der Sozialversicherung sind die beteiligten Versicherungseinrichtungen auf Verlangen der Entschädigungsorgane zur Mitwirkung verpflichtet; sie haben insbesondere die erforderlichen Berechnungen vorzunehmen und aus Büchern oder Akten Auskünfte zu geben.

(2) Die Entschädigungsorgane sollen bei der Entscheidung über den Entschädigungsanspruch die zuständige Versicherungsaufsichtsbehörde zu den Berechnungen und Auskünften der beteiligten Versicherungseinrichtungen hören.

(3) Den Versicherungseinrichtungen sind die erforderlichen Kosten, die ihnen durch ihre Mitwirkung nach Absatz 1 entstehen, nach Pauschsätzen zu erstatten, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durch Rechtsverordnung festsetzt; das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie kann diese Ermächtigung weiter übertragen.




§ 183



Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt haben, früher bei einem deutschen Gericht als Rechtsanwalt zugelassen waren und deren Zulassung aus den Verfolgungsgründen des § 1 erloschen ist, sind in Rechtsangelegenheiten, die in diesem Gesetz geregelt sind, zur Beratung und zur Vertretung im Verfahren bei den Entschädigungsbehörden und vor den Entschädigungsgerichten erster Instanz berechtigt. § 157 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.