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Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV)


II. Führen von Kraftfahrzeugen

7. Fahreignungs-Bewertungssystem

§ 42 Fahreignungsseminar



(1) 1Das Fahreignungsseminar besteht aus einer verkehrspädagogischen und aus einer verkehrspsychologischen Teilmaßnahme. 2Die Teilmaßnahmen sind durch gegenseitige Information der jeweiligen Seminarleiter aufeinander abzustimmen.

(2) 1Die verkehrspädagogische Teilmaßnahme zielt auf die Vermittlung von Kenntnissen zum Risikoverhalten, die Verbesserung der Gefahrenkognition, die Anregung zur Selbstreflexion und die Entwicklung von Verhaltensvarianten ab. 2Sie umfasst zwei Module zu je 90 Minuten entsprechend der Anlage 16. 3Neben den dort genannten Lehr- und Lernmethoden und Medien dürfen auch Methoden und Medien eingesetzt werden, die den gleichen Lernerfolg gewährleisten. 4Über die Geeignetheit der Methoden und Medien entscheidet die nach Landesrecht zuständige Behörde, die zur Bewertung ein unabhängiges wissenschaftliches Gutachten einer für die Bewertung geeigneten Stelle einholen kann. 5Die verkehrspädagogische Teilmaßnahme kann als Einzelmaßnahme oder in Gruppen mit bis zu sechs Teilnehmern durchgeführt werden.

(3) Modul 1 der verkehrspädagogischen Teilmaßnahme umfasst folgende Bausteine:

1.
Einzelbaustein „Seminarüberblick",

2.
teilnehmerbezogene Darstellung der individuellen Fahrerkarriere und Sicherheitsverantwortung,

3.
teilnehmerbezogene Darstellung der individuellen Mobilitätsbedeutung,

4.
Darstellung der individuellen Mobilitätsbedeutung als Hausaufgabe,

5.
Einzelbaustein „Erläuterung des Fahreignungs-Bewertungssystems",

6.
tatbezogene Bausteine zu Verkehrsregeln und Rechtsfolgen bei Zuwiderhandlungen mit folgenden Varianten:

a)
Geschwindigkeit,

b)
Abstand,

c)
Vorfahrt und Abbiegen,

d)
Überholen,

e)
Ladung,

f)
Telefonieren im Fahrzeug,

g)
Alkohol und andere berauschende Mittel,

h)
Straftaten,

7.
Festigungsbaustein „Übung zur Klärung der individuellen Mobilitätssituation" und

8.
Hausaufgabenbaustein „Übung zur Selbstbeobachtung".

(4) Modul 2 der verkehrspädagogischen Teilmaßnahme umfasst folgende Bausteine:

1.
Auswertung der Hausaufgaben,

2.
tatbezogene Bausteine zu Risikoverhalten und Unfallfolgen und

3.
Festigungsbaustein „individuelle Sicherheitsverantwortung".

(5) 1Die Auswahl der tatbezogenen Bausteine nach den Absätzen 3 und 4 wird vom Seminarleiter in Abhängigkeit von den in den individuellen Fahrerkarrieren dargestellten Verkehrszuwiderhandlungen vorgenommen. 2Modul 2 der verkehrspädagogischen Teilmaßnahme darf frühestens nach Ablauf von einer Woche nach Abschluss des Moduls 1 begonnen werden.

(6) 1Die verkehrspsychologische Teilmaßnahme zielt darauf ab, dem Teilnehmer Zusammenhänge zwischen auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen des regelwidrigen Verkehrsverhaltens aufzuzeigen. 2Sie soll beim Teilnehmer Reflexionsbereitschaft erzeugen und Veränderungsbereitschaft schaffen. 3Sie umfasst zwei Sitzungen zu je 75 Minuten und ist als Einzelmaßnahme durchzuführen.

(7) 1Sitzung 1 der verkehrspsychologischen Teilmaßnahme dient der Verhaltensanalyse, der Entwicklung eines funktionalen Bedingungsmodells und der Erarbeitung von Lösungsstrategien. 2Sie umfasst

1.
die Erarbeitung der auslösenden und aufrechterhaltenden inneren und äußeren Bedingungen der Verkehrszuwiderhandlungen als Verhaltensanalyse,

2.
die Erarbeitung der Funktionalität des Fehlverhaltens in Form einer Mittel-Zweck-Relation,

3.
die Aktivierung persönlicher Stärken und Unterstützungsmöglichkeiten sowie Motivationsarbeit,

4.
die Ausarbeitung schriftlicher Zielvereinbarungen, diese umfassen

a)
die Spezifikation des Zielverhaltens in Form von Lösungsstrategien,

b)
die Festlegung der Verstärker, Belohnungen und positiven Konsequenzen und

c)
die Festlegung der zu erreichenden Schritte

und

5.
die Hausaufgaben „Selbstbeobachtung des Verhaltens in kritischen Situationen" und „Erprobung des neuen Zielverhaltens".

(8) 1Sitzung 2 der verkehrspsychologischen Teilmaßnahme dient der Festigung der Lösungsstrategien. 2Sie umfasst

1.
die Besprechung der Erfahrungen aus der Selbstbeobachtung,

2.
die Besprechung der Einhaltung der Zielvereinbarungen,

3.
die Erarbeitung und Weiterentwicklung von Verhaltensstrategien und

4.
die Aktivierung persönlicher Stärken und Unterstützungsmöglichkeiten sowie Motivationsarbeit.

(9) Mit Sitzung 2 der verkehrspsychologischen Teilmaßnahme darf frühestens nach Ablauf von drei Wochen nach Abschluss von Sitzung 1 begonnen werden.




§ 43 Überwachung der Fahreignungsseminare nach § 42 und der Einweisungslehrgänge nach § 46 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Fahrlehrergesetzes



(1) 1Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat die Durchführung der Fahreignungsseminare auf die Einhaltung von folgenden Kriterien zu prüfen:

1.
das Vorliegen der Voraussetzungen für die Seminarerlaubnis

a)
Verkehrspädagogik nach § 46 Absatz 2 des Fahrlehrergesetzes oder

b)
Verkehrspsychologie nach § 4a Absatz 4 des Straßenverkehrsgesetzes,

2.
das Vorliegen des Nachweises der Fortbildung nach § 4a Absatz 7 des Straßenverkehrsgesetzes oder § 53 Absatz 2 des Fahrlehrergesetzes,

3.
die räumliche und sachliche Ausstattung,

4.
die Aufzeichnungen über die Seminarteilnehmer in Gestalt von Name, Vorname, Geburtsdatum und Anschrift sowie deren Unterschriften auf der Teilnehmerliste je Modul oder Sitzung und

5.
die anonymisierte Dokumentation der durchgeführten Seminare, die Folgendes umfasst:

a)
für die verkehrspädagogische Teilmaßnahme

aa)
das Datum, die Dauer und den Ort der durchgeführten Module,

bb)
die Anzahl der Teilnehmer,

cc)
die Kurzdarstellungen der Fahrerkarrieren,

dd)
die eingesetzten Bausteine und Medien,

ee)
die Hausaufgaben und

ff)
die Seminarverträge,

b)
für die verkehrspsychologische Teilmaßnahme

aa)
das Datum, die Dauer und den Ort der durchgeführten Sitzungen,

bb)
die auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen der Verkehrszuwiderhandlungen,

cc)
die Funktionalität des Problemverhaltens,

dd)
die erarbeiteten Lösungsstrategien,

ee)
die persönlichen Stärken des Teilnehmers,

ff)
die Zielvereinbarungen und

gg)
den Seminarvertrag.

2Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann die Einhaltung weiterer gesetzlicher Bestimmungen in die Überwachung einbeziehen.

(2) 1Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat die Durchführung der Einweisungslehrgänge nach § 46 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Fahrlehrergesetzes auf die Einhaltung von folgenden Kriterien zu prüfen:

1.
das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anerkennung von Einweisungslehrgängen nach § 47 Absatz 1 des Fahrlehrergesetzes,

2.
die Einhaltung des Ausbildungsprogramms nach § 47b Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Fahrlehrergesetzes,

3.
die Dokumentation der durchgeführten Einweisungslehrgänge, die Folgendes umfasst:

a)
die Vornamen und Familiennamen des Lehrgangsleiters und der eingesetzten Lehrkräfte,

b)
die Vornamen und Familiennamen und die Geburtsdaten der Teilnehmer,

c)
die Kurzdarstellung des Verlaufs des Lehrgangs einschließlich der Inhalte und eingesetzten Methoden,

d)
das Datum, die Dauer und den Ort der durchgeführten Kurse und

e)
die Anwesenheit der Teilnehmer bei allen Kursen.

2Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann die Einhaltung weiterer gesetzlicher Bestimmungen in die Überwachung einbeziehen.




§ 43a Anforderungen an Qualitätssicherungssysteme für das Fahreignungsseminar



Macht die nach Landesrecht zuständige Behörde von der Möglichkeit der Qualitätssicherungssysteme nach § 4a Absatz 8 Satz 6 des Straßenverkehrsgesetzes oder § 51 Absatz 6 des Fahrlehrergesetzes Gebrauch, hat sie ein Qualitätssicherungssystem für die verkehrspsychologische Teilmaßnahme anzuerkennen oder ein Qualitätssicherungssystem für die verkehrspädagogische Teilmaßnahme zu genehmigen, wenn

1.
der Antragsteller oder bei juristischen Personen die vertretungsberechtigten Personen über die für den Betrieb des Qualitätssicherungssystems erforderliche Zuverlässigkeit verfügen,

2.
die finanzielle und organisatorische Leistungsfähigkeit des Trägers des Qualitätssicherungssystems gewährleistet ist,

3.
Verfahren zur Qualitätssicherung vorgesehen und dokumentiert sind, die sicherstellen, dass

a)
wenigstens alle zwei Jahre eine Prüfung der Erfüllung der Anforderungen nach Anlage 17 bei dem Anbieter von Fahreignungsseminaren oder von Einweisungslehrgängen vor Ort durchgeführt wird,

b)
das zur Prüfung nach Buchstabe a eingesetzte Personal über die erforderliche Fachkunde, Unabhängigkeit und Zuverlässigkeit verfügt, um sachgerecht beurteilen zu können, ob die Anforderungen nach Anlage 17 erfüllt werden,

c)
der Anbieter von Fahreignungsseminaren oder von Einweisungslehrgängen aus dem Qualitätssicherungssystem ausgeschlossen wird, wenn er die gesetzlichen Anforderungen für die Durchführung von Fahreignungsseminaren oder Einweisungslehrgängen nicht mehr erfüllt und der Mangel nicht unverzüglich beseitigt wird,

d)
der Antragsteller der nach Landesrecht zuständigen Behörde die Aufnahme eines Anbieters von Fahreignungsseminaren oder von Einweisungslehrgängen in das Qualitätssicherungssystem und dessen Ausschluss oder Ausscheiden aus dem Qualitätssicherungssystem nebst der dafür wesentlichen Gründe unverzüglich mitteilt,

e)
bei der Durchführung der Qualitätssicherung die geltenden Datenschutzbestimmungen nach den Landesdatenschutzgesetzen sowie landesrechtliche, bereichsspezifische Datenschutzvorschriften und, soweit der Datenschutz nicht durch Landesrecht geregelt ist, nach dem Bundesdatenschutzgesetz sowie bundesrechtliche, bereichsspezifische Datenschutzvorschriften eingehalten werden,

f)
eine Dokumentation der Durchführung der Qualitätssicherung erfolgt und

g)
die nach Landesrecht zuständige Behörde jederzeit Einsicht in die Dokumentation über die Durchführung der Qualitätssicherung nehmen kann,

und

4.
mindestens eine der folgenden Maßnahmen vorgesehen und dokumentiert ist, die der Erhaltung des Qualitätsniveaus des Fahreignungsseminars dienen:

a)
ergänzende Fortbildungen,

b)
Auswertungen der Seminardurchführungen,

c)
institutionalisierter fachlicher Austausch oder

d)
eine der den vorgenannten Maßnahmen gleichwertige Maßnahme.




§ 44 Teilnahmebescheinigung



(1) 1Nach Abschluss des Fahreignungsseminars ist vom Seminarleiter der abschließenden Teilmaßnahme eine Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 18 zur Vorlage bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde auszustellen. 2Die Bescheinigung ist von den Seminarleitern beider Teilmaßnahmen und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben.

(2) Die Ausstellung einer Teilnahmebescheinigung ist vom Seminarleiter zu verweigern, wenn der Seminarteilnehmer

1.
nicht an allen Sitzungen des Seminars teilgenommen hat,

2.
eine offene Ablehnung gegenüber den Zielen der Maßnahme zeigt oder

3.
den Lehrstoff und Lernstoff nicht aktiv mitgestaltet.