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Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)

G. v. 01.08.1959 BGBl. I S. 565; zuletzt geändert durch Artikel 13 G. v. 23.10.2024 BGBl. 2024 I Nr. 323
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 303-8 Notare, Rechtsanwälte, Rechtsberater; Beurkundung
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Dritter Teil Rechte und Pflichten des Rechtsanwalts und berufliche Zusammenarbeit der Rechtsanwälte

Erster Abschnitt Allgemeines

§ 56 Besondere Pflichten gegenüber dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer



(1) 1In Aufsichts- und Beschwerdesachen hat der Rechtsanwalt dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer oder einem beauftragten Mitglied des Vorstandes Auskunft zu geben sowie auf Verlangen seine Handakten vorzulegen oder vor dem Vorstand oder dem beauftragten Mitglied zu erscheinen. 2Das gilt nicht, wenn und soweit der Rechtsanwalt dadurch seine Verpflichtung zur Verschwiegenheit verletzen oder sich durch wahrheitsgemäße Beantwortung oder Vorlage seiner Handakten die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat, einer Ordnungswidrigkeit oder einer Berufspflichtverletzung verfolgt zu werden und er sich hierauf beruft. 3Der Rechtsanwalt ist auf das Recht zur Auskunftsverweigerung hinzuweisen.

(2) 1In Vermittlungsverfahren der Rechtsanwaltskammer hat der Rechtsanwalt auf Verlangen vor dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer oder einem beauftragten Mitglied des Vorstandes zu erscheinen. 2Das Erscheinen soll angeordnet werden, wenn der Vorstand oder das beauftragte Vorstandsmitglied nach Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass hierdurch eine Einigung gefördert werden kann.

(3) 1Der Rechtsanwalt hat dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer unverzüglich anzuzeigen,

1.
daß er ein Beschäftigungsverhältnis eingeht oder daß eine wesentliche Änderung eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eintritt,

2.
daß er dauernd oder zeitweilig als Richter, Beamter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit verwendet wird,

3.
daß er ein öffentliches Amt im Sinne des § 47 Abs. 2 bekleidet.

2Dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer sind auf Verlangen die Unterlagen über ein Beschäftigungsverhältnis vorzulegen.




§ 57 Zwangsgeld bei Verletzung der besonderen Pflichten



(1) 1Um einen Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner Pflichten nach § 56 anzuhalten, kann der Vorstand der Rechtsanwaltskammer gegen ihn, auch zu wiederholten Malen, Zwangsgeld festsetzen. 2Das einzelne Zwangsgeld darf eintausend Euro nicht übersteigen.

(2) 1Das Zwangsgeld muß vorher durch den Vorstand oder den Präsidenten schriftlich angedroht werden. 2Die Androhung und die Festsetzung des Zwangsgelds sind dem Rechtsanwalt zuzustellen.

(3) 1Gegen die Androhung und gegen die Festsetzung des Zwangsgeldes kann der Rechtsanwalt innerhalb eines Monats nach der Zustellung die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofes beantragen. 2Der Antrag ist bei dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer schriftlich einzureichen. 3Erachtet der Vorstand den Antrag für begründet, so hat er ihm abzuhelfen; andernfalls ist der Antrag unverzüglich dem Anwaltsgerichtshof vorzulegen. 4Zuständig ist der Anwaltsgerichtshof bei dem Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Rechtsanwaltskammer ihren Sitz hat. 5Auf das Verfahren sind die §§ 307 bis 309 und 311a der Strafprozessordnung sinngemäß anzuwenden. 6Die Gegenerklärung (§ 308 Abs. 1 der Strafprozeßordnung) wird vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer abgegeben. 7Die Staatsanwaltschaft ist an dem Verfahren nicht beteiligt. 8Der Beschluß des Anwaltsgerichtshofes kann nicht angefochten werden. 9§ 116 Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) 1Das Zwangsgeld fließt der Rechtsanwaltskammer zu. 2Es wird auf Grund einer von dem Schatzmeister erteilten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen beglaubigten Abschrift des Festsetzungsbescheides nach den Vorschriften beigetrieben, die für die Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten. 3§ 767 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass Einwendungen, die den Anspruch selbst betreffen, nur insoweit zulässig sind, als sie nicht in dem Verfahren nach Absatz 3 geltend gemacht werden konnten. 4Solche Einwendungen sind im Wege der Klage bei dem in § 797 Absatz 5 der Zivilprozessordnung bezeichneten Gericht geltend zu machen.




§ 58 Mitgliederakten



(1) 1Die Rechtsanwaltskammern führen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Akten über ihre Mitglieder (§ 60 Absatz 2). 2Mitgliederakten können teilweise oder vollständig elektronisch geführt werden. 3Zu den Mitgliederakten sind insbesondere die Dokumente zu nehmen, die im Zusammenhang mit der Zulassung, der Mitgliedschaft oder der Qualifikation des Mitglieds stehen oder die in Bezug auf das Mitglied geführte berufsaufsichtliche Verfahren betreffen.

(2) 1Die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern haben das Recht, die über sie geführten Akten einzusehen. 2Bei einer Einsichtnahme dürfen Aufzeichnungen über den Inhalt der Akten oder Kopien der Dokumente gefertigt werden. 3Bei einer elektronischen Aktenführung hat die Rechtsanwaltskammer den Inhalt elektronisch oder durch Ausdrucke zugänglich zu machen. 4Die Akteneinsicht kann verweigert werden, solange die in § 29 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und § 147 Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung genannten Gründe vorliegen.

(3) 1Beantragt ein Mitglied die Aufnahme in eine andere Rechtsanwaltskammer, übersendet die abgebende Kammer der anderen Kammer dessen Mitgliederakte. 2Ist die Aufnahme in die andere Kammer erfolgt, löscht die abgebende Kammer alle personenbezogenen Daten des Mitglieds mit Ausnahme des Hinweises auf den Wechsel und eventueller weiterer zu ihrer Aufgabenerfüllung noch erforderlicher Daten.

(4) 1Mitgliederakten sind dreißig Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem die Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer erloschen war, zu vernichten. 2Davon abweichende Pflichten, Aktenbestandteile früher zu vernichten, bleiben unberührt. 3Satz 1 gilt nicht, wenn das Mitglied in eine längere Aufbewahrung eingewilligt hat oder die Akte einem öffentlichen Archiv angeboten wird. 4Wurde die Zulassung des Mitglieds wegen Unzuverlässigkeit, Ungeeignetheit oder Unwürdigkeit zurückgenommen oder widerrufen oder wurde das Mitglied aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen, darf die Akte nicht vernichtet werden, bevor die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister entfernt wurde. 5Satz 4 gilt auch, wenn das Mitglied während eines Rücknahme- oder Widerrufsverfahrens wegen Unzuverlässigkeit, Ungeeignetheit oder Unwürdigkeit auf die Zulassung verzichtet hat. 6Bei einer elektronischen Aktenführung tritt an die Stelle der Vernichtung der Akten die Löschung der Daten.

(5) Nach dem Tod eines Mitglieds kann die Rechtsanwaltskammer zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung Einsicht in die Mitgliederakte gewähren, soweit das wissenschaftliche Interesse die Persönlichkeitsrechte und Interessen der von einer Einsicht betroffenen Personen überwiegt und der Zweck der Forschung auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann.

(6) 1Auf Personen, die einen Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder als Berufsausübungsgesellschaft gestellt haben, sind die Absätze 1, 2, 4 und 5 entsprechend anzuwenden. 2Absatz 2 gilt auch für frühere Mitglieder.