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Abschnitt 1 - IGV-Durchführungsgesetz (IGV-DG)

Artikel 1 G. v. 21.03.2013 BGBl. I S. 566 (Nr. 15); zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 28.05.2021 BGBl. I S. 1174
Geltung ab 29.03.2013; FNA: 2126-15 Krankheitsbekämpfung, Impfwesen
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Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zweck und Begriffsbestimmungen (zu Artikel 1 IGV)



(1) Dieses Gesetz dient der Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) (IGV) (BGBl. 2007 II S. 930, 932). Sie werden in diesem Gesetz als „IGV" bezeichnet.

(2) Im Sinne dieses Gesetzes

1.
ist Abreise im Hinblick auf Personen, Gepäckstücke, Frachtstücke, Güter oder Beförderungsmittel das Verlassen eines Hoheitsgebiets;

2.
ist Absonderung die Absonderung von erkrankten oder verseuchten Personen oder von betroffenen Gepäckstücken, Containern, Beförderungsmitteln, Gütern oder Postpaketen von anderen in einer Weise, dass die Ausbreitung der Infektion oder Verseuchung verhindert wird;

3.
ist Ankunft

a)
bei einem Seeschiff die Ankunft oder das Ankern in dem bezeichneten Gebiet eines Hafens;

b)
bei einem Luftfahrzeug die Ankunft auf einem Flughafen;

c)
bei einem Binnenschiff auf internationaler Reise die Ankunft an einer Grenzübergangsstelle;

d)
bei einer Eisenbahn oder einem Straßenfahrzeug die Ankunft an einer Grenzübergangsstelle;

4.
ist ärztliche Untersuchung die vorläufige Beurteilung von Personen durch dazu befugtes medizinisches Personal oder durch unter der unmittelbaren Aufsicht der zuständigen Behörde tätige Personen zur Bestimmung des gesundheitlichen Zustands und der potenziellen Gefahr für die öffentliche Gesundheit, die eine Prüfung der Gesundheitsdokumente wie auch die körperliche Untersuchung umfassen kann, wenn die Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen;

5.
ist Beförderer eine natürliche oder juristische Person, die mit der Beförderung betraut wurde, oder eine von ihr beauftragte Person;

6.
ist Beförderungsmittel ein Luftfahrzeug, ein Schiff, eine Eisenbahn, ein Straßenfahrzeug oder ein anderes Beförderungsmittel auf internationaler Reise;

7.
ist Betreiber eines Hafens die für die Infrastruktur des Hafens oder Hafenteils verantwortliche natürliche oder juristische Person;

8.
gelten als betroffen Personen, Gepäckstücke, Frachtstücke, Container, Beförderungsmittel, Güter, Postpakete oder menschliche Überreste, die infiziert oder verseucht sind oder Infektions- oder Verseuchungsquellen tragen, sodass sie eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen;

9.
ist betroffenes Gebiet ein geografischer Ort, für den

a)
die Weltgesundheitsorganisation Gesundheitsmaßnahmen auf Grund der IGV empfohlen hat oder

b)
das Robert Koch-Institut festgestellt hat, dass von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht oder ausgehen kann;

10.
ist Container ein Transportbehälter,

a)
der dauerhaft und daher wiederholt benutzbar ist,

b)
der besonders dazu bestimmt ist, die Beförderung von Gütern mit einem oder mehreren unterschiedlichen Verkehrsmitteln in einer Transportkette ohne Umladen zu erleichtern,

c)
der mit Vorrichtungen versehen ist, die das Umladen von einem Verkehrsmittel auf ein anderes erleichtern, und

d)
der eigens so gefertigt ist, dass er leicht be- und entladen werden kann;

11.
ist Container-Verladeplatz ein Ort oder eine Anlage, der oder die für im internationalen Verkehr genutzte Container bestimmt ist;

12.
ist Desinfektion das Verfahren, bei dem Gesundheitsmaßnahmen zur Bekämpfung oder Vernichtung von Krankheitserregern auf einem menschlichen oder tierischen Körper oder in beziehungsweise auf Gepäckstücken, Frachtstücken, Containern, Beförderungsmitteln, Gütern und Postpaketen durch unmittelbare Einwirkung chemischer oder physikalischer Stoffe getroffen werden;

13.
ist Entseuchung ein Verfahren, bei dem Gesundheitsmaßnahmen getroffen werden, um auf menschlichen oder tierischen Körpern, in oder auf einem für den Verzehr bestimmten Produkt oder auf anderen unbelebten Gegenständen einschließlich Beförderungsmitteln befindliche Krankheitserreger oder Giftstoffe, die eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen können, zu vernichten;

14.
ist Ereignis das Auftreten einer Krankheit oder ein Ereignis, das die Möglichkeit einer Krankheit schafft;

15.
ist Flughafen ein Ankunfts- und Abgangsflughafen für den internationalen Luftverkehr;

16.
sind Frachtstücke die an Bord eines Beförderungsmittels oder in einem Container geladenen Güter;

17.
ist Freie Verkehrserlaubnis (free pratique) die Genehmigung für ein Schiff, einen Hafen anzulaufen, die Fahrgäste ein- oder auszuschiffen und das Be- und Entladen von Frachtstücken oder Vorräten vorzunehmen, oder für ein Luftfahrzeug, die Fluggäste nach der Landung ein- und aussteigen zu lassen und das Be- und Entladen von Frachtstücken oder Vorräten vorzunehmen, oder für Straßenfahrzeuge, die Fahrgäste nach der Ankunft ein- und aussteigen zu lassen und das Be- und Entladen von Frachtstücken oder Vorräten vorzunehmen;

18.
ist Gefahr für die öffentliche Gesundheit die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, das die Gesundheit von Bevölkerungsgruppen beeinträchtigen kann, wobei solche Ereignisse besonders zu beachten sind, die sich grenzüberschreitend ausbreiten oder eine ernste und unmittelbare Bedrohung darstellen können;

19.
sind Gepäckstücke die persönliche Habe einer oder eines Reisenden;

20.
ist gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ein außergewöhnliches Ereignis, das, wie in den IGV vorgesehen,

a)
durch die grenzüberschreitende Ausbreitung von Krankheiten eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit in anderen Staaten darstellt und

b)
möglicherweise eine abgestimmte internationale Reaktion erfordert;

21.
sind Güter Sachen, einschließlich Pflanzen sowie Tiere, vorausgesetzt diese Sachen und Tiere werden auf einer internationalen Reise befördert;

22.
ist Hafen ein See- oder Binnenhafen, in den oder aus dem Schiffe auf internationaler Reise ein- oder auslaufen;

22a.
wird die Einfahrt in den Nord-Ostsee-Kanal einem Hafen im Sinne der Nummer 22 gleichgestellt, wenn kein See- oder Binnenhafen in der Bundesrepublik Deutschland angelaufen wird;

23.
ist Herd ein Tier, eine Pflanze oder ein Stoff, in dem oder in der Krankheitserreger in der Regel leben und deren Vorkommen eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen kann;

24.
ist Infektion das Eindringen eines Krankheitserregers in den menschlichen oder tierischen Körper beziehungsweise seine Entwicklung oder Vermehrung, die eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen können;

25.
ist internationaler Verkehr die Bewegung von Personen, Gepäckstücken, Frachtstücken, Containern, Beförderungsmitteln, Gütern oder Postpaketen über eine internationale Grenze;

26.
ist Krankheit eine Krankheit oder ein gesundheitlicher Zustand, die oder der ungeachtet des Ursprungs oder der Quelle Menschen erheblich schädigt oder schädigen kann;

27.
ist Luftfahrzeug ein Luftfahrzeug, das sich auf einer internationalen Reise befindet;

28.
ist nationale IGV-Anlaufstelle die vom Vertragsstaat bezeichnete nationale zentrale Stelle, die jederzeit für die Verständigung mit den IGV-Kontaktstellen der Weltgesundheitsorganisation nach den IGV erreichbar ist;

29.
ist Reisende oder Reisender eine natürliche Person, die eine internationale Reise unternimmt, einschließlich der Besatzungsmitglieder von Schiffen und Luftfahrzeugen;

30.
ist Schiff ein See- oder Binnenschiff auf einer internationalen Reise;

31.
ist Überprüfung die Untersuchung von Bereichen, Gepäckstücken, Containern, Beförderungsmitteln, Einrichtungen, Gütern oder Postpaketen, einschließlich relevanter Daten und Unterlagen, durch die zuständige Behörde oder unter ihrer Aufsicht, um festzustellen, ob eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit besteht;

32.
ist Vektor ein Insekt oder ein anderes Tier, das in der Regel einen Krankheitserreger in sich trägt, der eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt;

33.
gelten als verdächtig diejenigen Personen, Gepäck- und Frachtstücke, Container, Beförderungsmittel, Güter oder Postpakete, von denen ein Vertragsstaat annimmt, dass sie einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit ausgesetzt waren oder möglicherweise ausgesetzt waren und die eine mögliche Quelle der Ausbreitung einer Krankheit sein können;

34.
ist Verseuchung das Vorkommen eines Krankheitserregers oder Giftstoffs auf menschlichen oder tierischen Körpern, in oder auf einem für den Verzehr bestimmten Produkt oder auf anderen unbelebten Gegenständen, einschließlich Beförderungsmitteln, das eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen kann.




§ 2 Zuständige Behörden (zu Artikel 4 Absatz 1, Artikel 19 Buchstabe b IGV)



(1) Das Landesrecht bestimmt die Behörden, die als zuständige Behörde, Gesundheitsamt oder an Grenzübergangsstellen von Häfen als Hafenärztlicher Dienst für den Vollzug der IGV und dieses Gesetzes zuständig sind, soweit dieses Gesetz oder anderes Bundesrecht nicht etwas Abweichendes bestimmt. Das Gesundheitsamt ist mit einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt besetzt. Der Hafenärztliche Dienst ist mit einer Ärztin oder einem Arzt besetzt, die oder der für den Aufgabenbereich qualifiziert ist.

(2) In der Bundeswehr werden die IGV und dieses Gesetz von den vom Bundesministerium der Verteidigung bestimmten zuständigen Stellen der Bundeswehr vollzogen.


§ 3 Nationale IGV-Anlaufstelle (zu Artikel 4 Absatz 1 und 2 IGV)



(1) 1Nationale IGV-Anlaufstelle ist das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. 2Die nationale IGV-Anlaufstelle nimmt die Aufgaben nach Artikel 4 Absatz 2 IGV sowie diejenigen Aufgaben wahr, mit denen sie vom Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zur Durchführung der IGV beauftragt wird.

(2) Die nationale IGV-Anlaufstelle darf personenbezogene Daten, die ihr im Rahmen ihrer Aufgaben nach Artikel 4 Absatz 2 IGV übermittelt werden, verarbeiten und dazu an die nach den IGV und diesem Gesetz zuständigen Stellen im In- und Ausland übermitteln, soweit dies zur Umsetzung der IGV erforderlich ist.




§ 4 Mitteilungen über die nationale IGV-Anlaufstelle (zu den Artikeln 6 bis 12 IGV)



(1) Die Entscheidung, welche Mitteilungen die nationale IGV-Anlaufstelle insbesondere nach den Artikeln 6 bis 12 IGV an die Weltgesundheitsorganisation sendet, und die Entscheidung, an welche Behörden Informationen weitergeleitet werden, die von der Weltgesundheitsorganisation über die nationale IGV-Anlaufstelle eingehen, trifft

1.
für den Bereich der übertragbaren Krankheiten das Robert Koch-Institut,

2.
für den Bereich chemischer Gefahren das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und

3.
für den Bereich radionuklearer Gefahren das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.

(2) Die zuständigen Landesbehörden, die zuständigen Stellen der Bundeswehr, das Auswärtige Amt sowie Bundesoberbehörden, die Gesundheitsgefahren überwachen, informieren die nach Absatz 1 jeweils entscheidungsbefugte Behörde unverzüglich,

1.
wenn sie Kenntnis von einem Ereignis erlangt haben, das eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite darstellen könnte,

2.
wenn sie Kenntnis von eingeschleppten Krankheitsfällen, Vektoren oder verseuchten Gütern erlangt haben, die ausgehend vom Herkunftsort eine grenzüberschreitende Ausbreitung einer bedrohlichen Krankheit befürchten lassen, oder

3.
wenn in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich zusätzliche Gesundheitsmaßnahmen nach Artikel 23 Absatz 2, Artikel 27 Absatz 1, Artikel 28 Absatz 2, Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c oder nach Artikel 43 Absatz 1 IGV getroffen wurden oder beabsichtigt sind, die über Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation hinausgehen und den Verkehr mehr als nur unerheblich beeinträchtigen.

Die Behörden nach Satz 1 stellen der nach Absatz 1 jeweils entscheidungsbefugten Behörde auf deren Anforderung unverzüglich alle ihnen vorliegenden Informationen zur Verfügung, die für Mitteilungen an die Weltgesundheitsorganisation im Sinne der Artikel 6 bis 12 und 19 Buchstabe c IGV erforderlich sind.





§ 5 Informationspflichten von Beförderern, Flughafenunternehmern und Betreibern von Häfen und Personenbahnhöfen (zu Artikel 24 IGV)



(1) Wenn Reisende von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit bedroht oder betroffen sein können, kann das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur allgemein anordnen, dass die Beförderer Reisenden bei der Ankunft oder Abreise bestimmte Verhaltenshinweise zur Krankheitsvorbeugung oder für den Fall, dass Krankheitssymptome auftreten, zu geben haben. Ebenso können Flughafenunternehmer, die Betreiber von Häfen, Personenbahnhöfen und Omnibusbahnhöfen sowie Reiseveranstalter verpflichtet werden, den Reisenden bestimmte Verhaltenshinweise zur Krankheitsvorbeugung oder für den Fall, dass Krankheitssymptome auftreten, zu geben. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach den Sätzen 1 und 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Bundesministerium für Gesundheit bestimmt Inhalt und Form der Informationen im Benehmen mit den Ländern und im Einvernehmen mit der nach § 4 Absatz 1 jeweils entscheidungsbefugten Behörde, die ihrerseits die empfohlenen Gesundheitsmaßnahmen der Weltgesundheitsorganisation berücksichtigt.




§ 6 Anforderungen an Beförderungsmittel, Container und Container-Verladeplätze (zu Artikel 24 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5, Artikel 34 IGV)



Beförderer haben ihre Beförderungsmittel frei von Infektions- und Verseuchungsquellen zu halten. Container-Verlader haben ihre Container und Container-Verladeplätze für den internationalen Verkehr frei von Infektions- und Verseuchungsquellen zu halten und Möglichkeiten zur Überprüfung und Absonderung von Containern zu schaffen.


§ 7 Spezielle Gelbfieber-Impfstellen (zu Anlage 7 Absatz 2 Buchstabe f IGV)



(1) Schutzimpfungen gegen Gelbfieber dürfen nur in Impfstellen durchgeführt werden, die von der zuständigen Behörde für die Impfung gegen Gelbfieber zugelassen sind (spezielle Gelbfieber-Impfstellen). Die zuständige Behörde kann niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Gesundheitsbehörden und medizinischen Einrichtungen auf Antrag die Zulassung erteilen, wenn

1.
die impfende Ärztin oder der impfende Arzt die erforderliche fachliche Qualifikation besitzt und

2.
geeignete Räumlichkeiten und Einrichtungen für die Lagerung des Impfstoffes sowie für die Durchführung der Impfung vorhanden sind.

Die zuständige Behörde stellt eine bedarfsgerechte Versorgung mit Gelbfieber-Impfstellen sicher.

(2) Für die Bundeswehr kann das Bundesministerium der Verteidigung entsprechend geeignete Stellen der Bundeswehr als Gelbfieber-Impfstellen bestimmen. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auswärtigen Amts kann das Auswärtige Amt entsprechend geeignete Stellen des Auswärtigen Amts als Gelbfieber-Impfstellen bestimmen.

(3) Der impfende Arzt oder die impfende Ärztin hat bei der Schutzimpfung einen von der Weltgesundheitsorganisation anerkannten Impfstoff zu verwenden. Über die Impfung ist die internationale Impf- oder Prophylaxebescheinigung nach dem Muster in Anlage 6 IGV auszustellen. § 22 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes bleibt unberührt.