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Abschnitt 1 - Eisenbahnverkehrs-Verordnung (EVO)


Abschnitt 1 Beförderung von Personen und ihrem Gepäck

§ 3 Abweichungen in den Beförderungsbedingungen



(1) Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen kann in seinen Beförderungsbedingungen von jeder Bestimmung dieser Verordnung abweichen, wenn die Abweichung günstiger für die Reisenden ist.

(2) Wenn nach dem maßgeblichen Tarif für einen Fahrausweis ein erheblich ermäßigtes Beförderungsentgelt zu zahlen ist, kann ein Eisenbahnverkehrsunternehmen in den Beförderungsbedingungen von § 11 Absatz 1 Nummer 1 abweichen.

(3) 1Ein erheblich ermäßigtes Beförderungsentgelt im Sinne des Absatzes 2 ist ein Entgelt, das

1.
im Tarif ausdrücklich als erheblich ermäßigtes Beförderungsentgelt benannt ist und

2.
gegenüber dem gewöhnlichen Beförderungsentgelt eine Ersparnis von mehr als 50 Prozent gewährt.

2Nicht als erheblich ermäßigtes Beförderungsentgelt gelten Mehrtages-Zeitkarten, insbesondere Wochenkarten, Monatskarten und Jahreskarten.

(4) Das Entgelt für das Deutschlandticket gilt als erheblich ermäßigtes Beförderungsentgelt im Sinne des Absatzes 2.


§ 4 Sonderabmachungen



(1) Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen kann ohne Bindung an die Tarife Entgelte und Bedingungen vereinbaren (Sonderabmachungen) mit

1.
Unternehmen, Behörden oder vergleichbaren Einrichtungen (Großkunden) für die Beförderung ihrer Mitarbeitenden oder sonstigen Angehörigen dieser Einrichtungen, wenn

a)
der Großkunde

aa)
sich verpflichtet, für alle seine Mitarbeitenden oder sonstigen Angehörigen oder für eine bestimmte Zahl seiner Mitarbeitenden oder sonstigen Angehörigen Fahrausweise, die im Tarif des Eisenbahnverkehrsunternehmens vorgesehen sind, zu kaufen, oder

bb)
sich zu einem bestimmten Mindestumsatz innerhalb eines vereinbarten Zeitraums verpflichtet, und

b)
die Fahrausweise an die Mitarbeitenden oder sonstigen Angehörigen des Großkunden zu den Bedingungen weitergegeben werden, die das Eisenbahnverkehrsunternehmen mit dem Großkunden vereinbart hat, sowie

2.
Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften im Personen- und Reisegepäckverkehr.

(2) Bei Sonderabmachungen muss das Eisenbahnverkehrsunternehmen vergleichbaren Großkunden, vergleichbaren Reiseveranstaltern und vergleichbaren Fluggesellschaften jeweils vergleichbare Bedingungen gewähren.

(3) 1Andere Sonderabmachungen, durch die von den Entgelten oder Bedingungen abgewichen wird, sind unzulässig. 2Sie berühren im Übrigen die rechtliche Wirksamkeit des Beförderungsvertrages nicht. 3Auch in solchen Fällen richten sich die Entgelte und Bedingungen der Beförderung nach dem Tarif.


§ 5 Ausschluss von der Beförderung



(1) In Ergänzung zu Anhang I Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/782 können Kinder von der Beförderung ausgeschlossen werden, sofern sie

1.
nicht schulpflichtig sind,

2.
das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben und

3.
nicht auf der ganzen Fahrstrecke von einer Aufsichtsperson begleitet werden.

(2) Von der Beförderung können auch Personen ausgeschlossen werden, sofern sie

1.
eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Betriebs sind,

2.
eine Gefahr für die Sicherheit der Mitreisenden sind oder

3.
den Anordnungen des Eisenbahnpersonals nicht folgen.

(3) Von der Beförderung nach Absatz 2 ausgeschlossene Personen haben keinen Anspruch auf Erstattung des Beförderungsentgelts oder der Gepäckfracht.


§ 6 Erhöhtes Beförderungsentgelt



(1) Ein Reisender ist zur Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgelts verpflichtet, wenn er

1.
bei Antritt der Reise nicht mit einem gültigen Fahrausweis versehen ist oder

2.
sich einen gültigen Fahrausweis beschafft hat, ihn jedoch bei einer Kontrolle der Fahrausweise nicht vorzeigen kann oder nicht aushändigt.

(2) 1Das erhöhte Beförderungsentgelt nach Absatz 1 beträgt das Doppelte des gewöhnlichen Beförderungsentgelts für die vom Reisenden zurückgelegte Strecke, mindestens jedoch 60 Euro. 2Das erhöhte Beförderungsentgelt kann für die ganze vom Zug zurückgelegte Strecke berechnet werden, wenn der Reisende nicht glaubhaft macht, dass er eine kürzere Strecke gefahren ist.

(3) Das erhöhte Beförderungsentgelt ermäßigt sich im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 auf 7 Euro, wenn der Reisende innerhalb einer Woche ab dem Feststellungstag bei dem befördernden Eisenbahnverkehrsunternehmen nachweist, dass er im Zeitpunkt der Feststellung Inhaber eines gültigen Fahrausweises war.

(4) Die Verpflichtung zur Zahlung des erhöhten Beförderungsentgelts entfällt, wenn der Reisende vor Beginn der Fahrt keinen Fahrausweis erwerben konnte, weil am Abfahrtsbahnhof oder Abfahrtshaltepunkt

1.
ein Fahrkartenschalter nicht vorhanden oder nicht geöffnet gewesen ist und

2.
ein Fahrkartenautomat nicht vorhanden oder nicht betriebsbereit gewesen ist.



§ 7 Entwertung von Fahrausweisen durch den Reisenden



Ein Reisender ist verpflichtet, Fahrausweise und sonstige Karten, insbesondere Zuschlagskarten, Übergangskarten, Umwegkarten, Reservierungen, entsprechend der Beförderungsstrecke zu entwerten und sich sofort von der Entwertung zu überzeugen, sofern der Tarif für deren Gültigkeit eine Entwertung vor Betreten des Bahnsteigs oder bei Betreten des Zuges vorschreibt.


§ 8 Nachzahlung oder Erstattung bei falscher Höhe des Beförderungsentgelts



(1) Ist das Beförderungsentgelt eines Fahrausweises falsch erhoben worden, so muss der Unterschied zum richtigen Beförderungsentgelt

1.
vom Reisenden nachgezahlt werden, wenn der erhobene Betrag zu niedrig gewesen ist, oder

2.
vom Eisenbahnverkehrsunternehmen erstattet werden, wenn der erhobene Betrag zu hoch gewesen ist.

(2) Der Anspruch auf Nachzahlung oder Erstattung erlischt, wenn er nicht innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Geltungsdauer des Fahrausweises geltend gemacht wird.


§ 9 Erstattung des Beförderungsentgelts bei Nichtnutzung des Fahrausweises



(1) 1Hat ein Reisender den Fahrausweis nicht zur Fahrt benutzt, so kann er das Beförderungsentgelt zurückverlangen. 2Ist der Fahrausweis nur auf einer Teilstrecke benutzt worden, so ist der Unterschied zwischen dem gezahlten Beförderungsentgelt und dem gewöhnlichen Beförderungsentgelt für die zurückgelegte Strecke zu erstatten.

(2) Der Tarif bestimmt, bei welchen ermäßigten Fahrausweisen das Beförderungsentgelt erstattet wird.

(3) 1Von dem zu erstattenden Betrag wird das tarifmäßige Entgelt für die Bearbeitung des Erstattungsantrags abgezogen. 2Der Tarif bestimmt, in welchen Fällen der Abzug unterbleibt.

(4) Das Beförderungsentgelt für verlorene Fahrausweise wird nicht erstattet.

(5) Der Tarif kann von den vorstehenden Bestimmungen Abweichungen vorsehen, die jedoch für die Reisenden nicht ungünstiger sein dürfen.

(6) Alle Ansprüche auf Erstattung des Beförderungsentgelts nach dieser Vorschrift erlöschen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Geltungsdauer des Fahrausweises bei dem Eisenbahnverkehrsunternehmen oder dem Fahrkartenverkäufer geltend gemacht werden.


§ 10 Informationen über Fahrgastrechte bei Fahrt im Schienenpersonennahverkehr



(1) 1Beim Verkauf eines Fahrausweises für eine Zugfahrt, die ausschließlich im Schienenpersonennahverkehr durchgeführt wird, müssen das Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie jeder Fahrkartenverkäufer, der Fahrausweise ausstellt, den Reisenden über seine Rechte und Pflichten informieren, die sich aus dieser Verordnung sowie aus der Verordnung (EU) 2021/782 ergeben. 2Hierbei kann der Informationspflichtige eine Zusammenfassung verwenden.

(2) 1Die Information kann durch Aushang oder Auslage an geeigneter Stelle oder durch den Einsatz eines rechnergestützten Informations- und Buchungssystems erfolgen. 2Die Informationen müssen barrierefrei verfügbar und zugänglich sein.


§ 11 Zusätzliche Rechte bei Verspätung im Schienenpersonennahverkehr



(1) Besitzt ein Reisender einen Fahrausweis, der ausschließlich für den öffentlichen Personennahverkehr gilt, so hat er, sofern vernünftigerweise davon ausgegangen werden muss, dass er wegen eines Ausfalls oder einer Unpünktlichkeit des von ihm nach dem Beförderungsvertrag gewählten Zuges eines Eisenbahnverkehrsunternehmens verspätet am Zielort ankommen wird, neben den in der Verordnung (EU) 2021/782 genannten Rechten und Ansprüchen die folgenden Rechte:

1.
Der Reisende kann die Fahrt zum vertragsgemäßen Zielort mit einem anderen Zug durchführen, sofern vernünftigerweise davon ausgegangen werden muss, dass der Reisende sonst mindestens 20 Minuten verspätet am Zielort ankommen wird.

2.
Der Reisende kann die Fahrt zum vertragsgemäßen Zielort mit einem anderen Verkehrsmittel durchführen,

a)
sofern die vertragsgemäße Ankunftszeit in den Zeitraum zwischen 0:00 Uhr und 5:00 Uhr fällt und vernünftigerweise davon ausgegangen werden muss, dass der Reisende sonst mindestens 60 Minuten verspätet am Zielort ankommen wird, oder

b)
sofern es sich bei dem vom Reisenden gewählten Zug um die letzte fahrplanmäßige Verbindung des Tages handelt und der Reisende wegen des Ausfalls dieses Zuges den vertragsgemäßen Zielort ohne die Nutzung des anderen Verkehrsmittels nicht mehr bis um 24:00 Uhr erreichen kann.

(2) Macht ein Reisender von seinem Recht nach Absatz 1 Gebrauch, so kann er von demjenigen, mit dem er den ursprünglichen Beförderungsvertrag geschlossen hat, Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, für eine Beförderung nach Absatz 1 Nummer 2 jedoch nur die erforderlichen Aufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 120 Euro.

(3) Reisende, die wegen des Ausfalls oder der Unpünktlichkeit des Zuges im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 mit einem anderen Zug fahren wollen, können von der Beförderung mit einem bestimmten anderen Zug ausgeschlossen werden,

1.
wenn für diesen Zug eine Reservierungspflicht besteht,

2.
wenn der Zug eine Sonderfahrt durchführt oder

3.
wenn ansonsten eine erhebliche Störung des Betriebsablaufs dieses Zuges zu erwarten ist.