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Abschnitt 2 - Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG)

G. v. 20.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 393
Geltung ab 01.07.2024; FNA: 2129-71 Umweltschutz

Abschnitt 2 Klimaanpassung durch den Bund

§ 3 Vorsorgende Klimaanpassungsstrategie



(1) 1Die Bundesregierung legt bis zum Ablauf des 30. September 2025 eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen vor. 2Sie setzt sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit um und schreibt sie unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse alle vier Jahre fort. 3Die Klimaanpassungsstrategie wird insbesondere auf Grundlage der Klimarisikoanalyse nach § 4 Absatz 1 Satz 1 entwickelt.

(2) In die vorsorgende Klimaanpassungsstrategie sind mindestens folgende Cluster und ihnen zugeordnete Handlungsfelder aufzunehmen:

1.
das Cluster Infrastruktur mit folgenden Handlungsfeldern:

a)
Energieinfrastruktur,

b)
Gebäude und

c)
Verkehr und Verkehrsinfrastruktur,

2.
das Cluster Land und Landnutzung mit folgenden Handlungsfeldern:

a)
biologische Vielfalt,

b)
Boden,

c)
Landwirtschaft und

d)
Wald und Forstwirtschaft,

3.
das Cluster menschliche Gesundheit und Pflege,

4.
das Cluster Stadtentwicklung, Raumplanung und Bevölkerungsschutz mit folgenden Handlungsfeldern:

a)
Bevölkerungs- und Katastrophenschutz,

b)
Raumplanung und

c)
Stadt- und Siedlungsentwicklung,

5.
das Cluster Wasser mit folgenden Handlungsfeldern:

a)
Fischerei,

b)
Küsten- und Meeresschutz und

c)
Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft, einschließlich Hoch- und Niedrigwasserrisikomanagement sowie Starkregenrisikomanagement,

6.
das Cluster Wirtschaft mit folgenden Handlungsfeldern:

a)
Finanzwirtschaft und

b)
Industrie und Gewerbe sowie

7.
ein Cluster mit übergreifenden Handlungsfeldern, wie beispielsweise vulnerable Gruppen oder Arbeitsschutz.

(3) Die vorsorgende Klimaanpassungsstrategie

1.
enthält hinreichend ambitionierte, messbare Ziele, die jeweils innerhalb eines bestimmten in der Strategie festzulegenden zeitlichen Rahmens erreicht werden sollen und einem Cluster zugeordnet sind; diese Ziele konkretisieren das übergeordnete Ziel nach § 1,

2.
definiert für jedes Ziel einen oder mehrere Indikatoren, mit denen gemessen wird, inwieweit das Ziel erreicht worden ist,

3.
benennt geeignete Maßnahmen des Bundes, die jeweils zur Erreichung eines oder mehrerer Ziele beitragen,

4.
gibt Empfehlungen zu Maßnahmen, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, und

5.
1legt einen Mechanismus zur Bewertung der Fortschritte in der Zielerreichung fest. 2Im Rahmen der Benennung von Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 3 und der Empfehlung von Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 4 sollen im Fall des Vorliegens mehrerer gleich geeigneter Maßnahmen nachhaltige Anpassungsmaßnahmen Vorrang haben, insbesondere solche, die ausgeprägte Synergien zu den Bereichen des natürlichen Klimaschutzes, des Schutzes der biologischen Vielfalt, des resilienten Wasserhaushalts, der blau-grünen Infrastruktur oder der nachhaltigen Stadt- und Siedlungsentwicklung aufweisen.

(4) Die Länder, Verbände und die Öffentlichkeit sind bei der Festlegung von messbaren Zielen und den entsprechenden Indikatoren sowie bei der Auswahl von Maßnahmen zu beteiligen.

(5) 1Verantwortlich für die Aufstellung, Überprüfung und gegebenenfalls Aktualisierung der Ziele nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 sowie für die Benennung, Umsetzung und gegebenenfalls Aktualisierung der Maßnahmen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 im Rahmen der Aufstellung und der Fortschreibung der vorsorgenden Klimaanpassungsstrategie nach Absatz 1 ist das jeweils aufgrund seines Geschäftsbereichs für ein Ziel oder eine Maßnahme fachlich überwiegend zuständige Bundesministerium in Abstimmung mit den ebenfalls fachlich betroffenen Bundesministerien. 2Die Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Bundesregierung bleibt unberührt.


§ 4 Klimarisikoanalyse; Datenerhebung



(1) 1Die Bundesregierung erstellt eine Klimarisikoanalyse nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und veröffentlicht sie. 2Die Klimarisikoanalyse ist mindestens alle acht Jahre zu aktualisieren.

(2) 1Die Klimarisikoanalyse soll als systematische Grundlage für die Klimaanpassung, insbesondere zur Ableitung von Handlungserfordernissen und als Grundlage für Maßnahmenplanungen vorrangig des Bundes, mittel- und langfristige Klimaszenarien für Deutschland betrachten. 2Ziel der Klimarisikoanalyse ist es, aufzuzeigen, in welchen Handlungsfeldern, bei welchen Klimawirkungen und in welchen Regionen in Deutschland besonders hohe Klimarisiken bestehen. 3Sie soll analysieren, wie die Risiken in einzelnen Handlungsfeldern zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen, welche Anpassungsmöglichkeiten bestehen und wie stark entsprechende Maßnahmen den Klimawandelfolgen entgegenwirken können. 4Die Bundesregierung stellt den Ländern und Kommunen die für die Klimarisikoanalyse verwendeten Daten, fachlichen Grundlagen sowie methodischen Leitfäden zur Verfügung.

(3) Die Bundesregierung erhebt zudem regelmäßig Daten und stellt diese der Öffentlichkeit zur Verfügung, insbesondere

1.
zu Schadenssummen, die auf Schäden durch Wetterextreme zurückzuführen sind, sowie

2.
zu den Ausgaben des Bundes für die Klimaanpassung.


§ 5 Monitoring, Nachsteuerung bei Zielverfehlung



(1) 1Die Bundesregierung erstellt einen Monitoringbericht nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, mit dem sie die Öffentlichkeit über die beobachteten Folgen des Klimawandels in Deutschland sowie über den Stand der Zielerreichung nach § 3 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 informiert. 2Der Monitoringbericht ist mindestens alle vier Jahre ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, jeweils in angemessener Frist vor der geplanten Vorlage der vorsorgenden Klimaanpassungsstrategie nach § 3 Absatz 1, zu erstellen und zu veröffentlichen.

(2) Das Monitoring bildet die wissenschaftliche Grundlage für die Bewertung der Fortschritte in der Zielerreichung nach § 3 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 mindestens entlang der in § 3 Absatz 2 vorgegebenen Handlungsfelder und für die Fortschreibung der Klimaanpassungsstrategie nach § 3 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz.

(3) 1Ergibt sich auf der Grundlage des Monitorings eine Verfehlung der nach § 3 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 festgelegten Ziele, soll eine Anpassung der Maßnahmen zur Zielerreichung im Rahmen der Fortschreibung der Klimaanpassungsstrategie nach § 3 Absatz 1 erfolgen. 2Auf der Grundlage des Monitorings werden auch die Ziele im Rahmen der Fortschreibung der Klimaanpassungsstrategie nach § 3 Absatz 1 geprüft und gegebenenfalls aktualisiert. 3Soweit auf der Grundlage des Monitorings oder anderer Erkenntnisse eine Zielverfehlung zu erwarten ist, bleibt es dem jeweils zuständigen Ressort unbenommen, auch vor Fortschreibung der Klimaanpassungsstrategie nach § 3 Absatz 1 die geeigneten Maßnahmen zur Nachbesserung zu ergreifen.


§ 6 Klimaanpassungskonzepte auf Bundesebene



1Juristische Personen des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des Bundes sollen Klimaanpassungskonzepte aufstellen und die darin vorgesehenen Maßnahmen umsetzen. 2Satz 1 gilt nicht für berufsständische Selbstverwaltungskörperschaften und berufsständische Selbstverwaltungsorganisationen und nicht für Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft.


§ 7 Klimaangepasste Bundesliegenschaften



(1) 1Der Bund setzt sich zum Ziel, die Bundesliegenschaften an die Folgen des Klimawandels anzupassen. 2Zur Verwirklichung dieses Ziels ergreift die Bundesregierung bei der Errichtung und Modernisierung von Gebäuden auf Bundesliegenschaften angemessene und geeignete Maßnahmen nach einem Bewertungssystem für das nachhaltige Bauen, welches durch das für das Bauwesen zuständige Ressort unter Berücksichtigung der Maßgaben dieses Gesetzes fortgeschrieben wird.

(2) Die Anpassung der Bundesliegenschaften an die Folgen des Klimawandels soll durch nachhaltige Maßnahmen, insbesondere im Rahmen eines Bewertungssystems für das nachhaltige Bauen als übergeordnete Vorgabe für den Bundesbau, erfolgen, vor allem durch solche, die ausgeprägte Synergien mit den Bereichen des natürlichen Klimaschutzes, der Kreislaufwirtschaft, des Schutzes der biologischen Vielfalt, des resilienten Wasserhaushalts und der nachhaltigen Stadt- und Siedlungsentwicklung aufweisen.

(3) Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen ihrer Zuständigkeit und nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes Länder und Kommunen bei der Klimaanpassung von Liegenschaften durch die Bereitstellung von Angeboten für Schulung, Wissenstransfer und Zertifizierung nach einem Bewertungssystem für das nachhaltige Bauen.