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Abschnitt 3 - Postgesetz (PostG)


Kapitel 5 Marktregulierung

Abschnitt 3 Zugangsregulierung

§ 54 Zugangsverpflichtungen



(1) 1Ein Unternehmen, das auf einem Markt für Briefdienstleistungen marktbeherrschend ist, hat auf diesem Markt Teile der von ihm erbrachten Beförderungsleistung gesondert anzubieten, soweit ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist. 2Gegenüber anderen Anbietern von Postdienstleistungen besteht die Verpflichtung nach Satz 1 nur, wenn das nachfragende Unternehmen nicht marktbeherrschend ist und wenn ansonsten Wettbewerb auf demselben oder einem anderen Markt unverhältnismäßig behindert würde. 3Der marktbeherrschende Anbieter darf die Teilleistung nur verweigern, wenn er nachweist, dass durch sie die Funktionsfähigkeit seiner Einrichtungen oder die Betriebssicherheit gefährdet würde, oder im Einzelfall die vorhandenen Kapazitäten für die nachgefragte Leistung erschöpft sind.

(2) Ein Unternehmen, das auf einem Markt für Briefdienstleistungen marktbeherrschend ist, hat anderen Anbietern von Briefdienstleistungen

1.
die Zuführung von Postsendungen zu den von ihm betriebenen Postfachanlagen zu gestatten und

2.
Zugang zu den bei ihm vorhandenen Informationen über Adressänderungen zu gewähren,

es sei denn, dies ist sachlich nicht gerechtfertigt.

(3) 1Ein Unternehmen, das auf einem Markt für Briefdienstleistungen marktbeherrschend ist, hat im Bereich der Beförderung von Warensendungen im Sinne des § 3 Nummer 20 Teile der von ihm erbrachten Beförderungsleistung gesondert anzubieten, soweit ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist. 2Der Zugangsanspruch besteht nur gegenüber anderen Anbietern von Briefdienstleistungen und nur, wenn

1.
das nachfragende Unternehmen nicht marktbeherrschend ist,

2.
das nachfragende Unternehmen Postdienstleistungen nach § 3 Nummer 15 Buchstabe a zumindest teilweise über eine eigene Zustellinfrastruktur erbringt und

3.
ohne den Zugangsanspruch Wettbewerb auf demselben oder einem anderen Markt unverhältnismäßig behindert würde.

3Der marktbeherrschende Anbieter darf die Teilleistung nur verweigern, wenn er nachweist, dass durch sie die Funktionsfähigkeit seiner Einrichtungen oder die Betriebssicherheit gefährdet würde, oder im Einzelfall die vorhandenen Kapazitäten für die nachgefragte Leistung erschöpft sind. 4Sieht der marktbeherrschende Anbieter die Gefahr, dass durch ein Zugangsbegehren eines Anbieters die Vorgaben des Satzes 2 umgangen werden könnten, ist er berechtigt, den Abschluss einer Zugangsvereinbarung abzulehnen. 5§ 57 bleibt unberührt.

(4) 1Ein Unternehmen, das auf einem Markt für Briefdienstleistungen marktbeherrschend ist, hat im Bereich der Beförderung von Zeitungen und Zeitschriften im Sinne des § 3 Nummer 15 Buchstabe d Teile der von ihm erbrachten Beförderungsleistung gesondert anzubieten, soweit ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist. 2Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(5) Entgelte marktbeherrschender Unternehmen für zu standardisierten Bedingungen angebotene Zugangsleistungen unterliegen der Entgeltregulierung nach Maßgabe des § 40, auch soweit das Unternehmen Zugangsleistungen anbietet, ohne dazu verpflichtet zu sein.


§ 55 Zugangsvereinbarungen



(1) Ein nach § 54 verpflichtetes Unternehmen hat gegenüber anderen Anbietern von Postdienstleistungen, die Leistungen nach § 54 nachfragen, unverzüglich, spätestens aber vier Wochen nach Geltendmachung des Zugangsbegehrens, ein Angebot für eine Zugangsvereinbarung abzugeben.

(2) 1Vereinbarungen über Zugangsleistungen nach § 54 müssen auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sein, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten von Chancengleichheit und Billigkeit genügen. 2Das nach § 54 verpflichtete Unternehmen hat insbesondere anderen Anbietern, die gleichwertige Postdienstleistungen erbringen, unter den gleichen Umständen gleichwertige Bedingungen anzubieten sowie Dienste und Informationen zu den gleichen Bedingungen und in der gleichen Qualität bereitzustellen wie für seine eigenen Produkte oder für seine Tochter- oder Partnerunternehmen.

(3) 1Ein nach § 54 verpflichtetes Unternehmen hat den zum Zugang berechtigten Anbietern alle für die Inanspruchnahme der Zugangsleistungen benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen, insbesondere die Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen sowie die zu zahlenden Entgelte. 2Über die Änderung von Bedingungen und Entgelten nach Satz 1 sind Nachfrager von Zugangsleitungen frühzeitig zu informieren.

(4) Geschlossene Zugangsvereinbarungen sowie Änderungen geschlossener Zugangsvereinbarungen sind der Bundesnetzagentur unverzüglich vorzulegen.

(5) Die Bundesnetzagentur legt durch Allgemeinverfügung fest,

1.
in welchem Umfang und in welcher Form Informationen nach Absatz 3 Satz 1,

2.
in welchem Umfang, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt Informationen nach Absatz 3 Satz 2 und

3.
in welchem Umfang, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt Zugangsvereinbarungen nach Absatz 4

zur Verfügung zu stellen beziehungsweise vorzulegen sind.


§ 56 Schlichtung durch die Bundesnetzagentur



Kommt eine Vereinbarung nach § 55 Absatz 1 nicht innerhalb von drei Monaten nachdem ein Zugangsbegehren geltend gemacht worden ist, zustande, können die Beteiligten gemeinsam die Bundesnetzagentur als Schlichtungsstelle anrufen.


§ 57 Anordnung durch die Bundesnetzagentur



(1) 1Kommt eine Vereinbarung nach § 55 Absatz 1 nicht innerhalb von drei Monaten nachdem ein Zugangsbegehren geltend gemacht worden ist, zustande, kann ein Beteiligter die Bundesnetzagentur mit dem Ziel der Anordnung einer Zugangsvereinbarung anrufen. 2Die Bundesnetzagentur kann schon vor Ablauf der in Satz 1 genannten Frist angerufen werden, wenn das Zugangsbegehren endgültig abgelehnt wurde.

(2) 1Der den Zugang begehrende Anbieter hat darzulegen, inwieweit und aus welchen Gründen eine Zugangsvereinbarung nicht zustande gekommen ist. 2Dem nach § 54 verpflichteten Unternehmen ist vor einer Entscheidung nach Absatz 3 Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Die Bundesnetzagentur kann innerhalb von zehn Wochen nach Anrufung die Bedingungen einer Zugangsvereinbarung festlegen und deren Geltung anordnen, wenn die Voraussetzungen für den geltend gemachten Zugang vorliegen.

(4) Zur Durchsetzung der Anordnung nach Absatz 3 kann die Bundesnetzagentur nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ein Zwangsgeld von bis zu 1 Million Euro festsetzen.