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Abschnitt 2 - Postgesetz (PostG)


Kapitel 11 Bundesnetzagentur

Abschnitt 2 Befugnisse

§ 89 Durchsetzung von Verpflichtungen, Untersagung



(1) Stellt die Bundesnetzagentur fest, dass ein Anbieter seine Verpflichtungen nach diesem Gesetz, aufgrund dieses Gesetzes oder nach der Verordnung (EU) 2018/644 nicht erfüllt, kann sie die erforderlichen Maßnahmen anordnen, um die Einhaltung der Verpflichtungen sicherzustellen.

(2) 1Verletzt der Anbieter seine Verpflichtungen in schwerer Weise oder wiederholt oder kommt er einer von der Bundesnetzagentur angeordneten Maßnahme nach Absatz 1 nicht nach, kann die Bundesnetzagentur ihm die Tätigkeit als Anbieter untersagen. 2§ 4 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) 1Wird durch die Verletzung von Verpflichtungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar und erheblich gefährdet oder führt die Pflichtverletzung bei anderen Anbietern von Postdienstleistungen zu erheblichen wirtschaftlichen oder betrieblichen Problemen, kann die Bundesnetzagentur vorläufige Maßnahmen ergreifen. 2Die Bundesnetzagentur entscheidet, nachdem sie dem betroffenen Anbieter Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist eingeräumt hat, ob die vorläufige Maßnahme bestätigt, aufgehoben oder abgeändert wird.

(4) Zur Durchsetzung der Anordnungen nach den Absätzen 1 und 3 kann nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ein Zwangsgeld von bis zu 10 Millionen Euro festgesetzt werden.


§ 90 Auskunftsverlangen



(1) 1Soweit es zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz, aufgrund dieses Gesetzes sowie der ihr aufgrund der Verordnung (EU) 2018/644 übertragenen Aufgaben erforderlich ist, kann die Bundesnetzagentur von Anbietern die Erteilung von Auskünften, insbesondere über die wirtschaftlichen Verhältnisse, und die Herausgabe von Unterlagen verlangen. 2Dies gilt insbesondere für Auskünfte und Unterlagen, die erforderlich sind für

1.
die systematische oder einzelfallbezogene Überprüfung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Gesetz, aufgrund dieses Gesetzes oder aufgrund der Verordnung (EU) 2018/644 ergeben,

2.
genau angegebene statistische Zwecke,

3.
die Überprüfung von Anbietern nach § 7,

4.
die Gewährleistung und Evaluation des Universaldienstes nach den §§ 22 und 24,

5.
die Bereitstellung der im Rahmen des digitalen Atlas nach § 11 zu veröffentlichenden Daten,

6.
Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren nach den §§ 36 und 37,

7.
die Durchführung der nachträglichen Entgeltregulierung nach § 49 und der Entgeltanzeige nach § 50 sowie von Missbrauchsverfahren nach § 58 und von Vorteilsabschöpfungen nach § 60,

8.
die Beaufsichtigung der Qualität von Postdienstleistungen und die Durchführung von Preisvergleichen für Dienste zum Nutzen der Endkunden,

9.
die Beobachtung und Begutachtung der Markt- und Wettbewerbsentwicklung sowie

10.
die Kontrolle der Erfüllung der Verpflichtungen im Rahmen der Notfallvorsorge nach Kapitel 12.

3Das Auskunftsrecht nach Satz 1 zu den in Satz 2 Nummer 1 und 2 genannten Zwecken besteht auch gegenüber am Postverkehr Beteiligten. 4Das Auskunftsrecht nach Satz 1 zu den in Satz 2 Nummer 6, 7 und 9 genannten Zwecken besteht auch gegenüber am Postverkehr Beteiligten sowie gegenüber Unternehmen, die Dienstleistungen nach § 37 Absatz 1 Satz 2 erbringen. 5Die Auskunftsrechte nach den Sätzen 3 und 4 gegenüber am Postverkehr Beteiligten gelten nicht gegenüber Verbrauchern im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) 1Die Bundesnetzagentur ordnet die Maßnahmen nach Absatz 1 durch Verfügung an. 2In der Verfügung sind die Rechtsgrundlagen, der Gegenstand und der Zweck des Auskunftsverlangens oder der Prüfung anzugeben. 3Ein Auskunftsverlangen kann dabei mehrere Zwecke umfassen. 4Für die Erteilung der Auskunft ist eine angemessene Frist zu bestimmen. 5Die Übermittlung der angeforderten Auskünfte oder Informationen erfolgt elektronisch und in einem weiterverarbeitungsfähigen Format, das die Bundesnetzagentur vorgibt.


§ 91 Auskunftserteilung



(1) 1Die Inhaber der Unternehmen oder die diese vertretenden Personen sind verpflichtet,

1.
die verlangten Auskünfte nach § 90 Absatz 1 zu erteilen,

2.
die geschäftlichen Unterlagen nach § 90 Absatz 1 vorzulegen und

3.
die Prüfung dieser geschäftlichen Unterlagen sowie das Betreten von Geschäftsräumen und -grundstücken während der üblichen Betriebs- oder Geschäftszeiten zu dulden.

2Bei juristischen Personen, Gesellschaften oder nicht rechtsfähigen Vereinen gelten die Verpflichtungen nach Satz 1 für die nach Gesetz oder Satzung berufenen Personen.

(2) Bedienstete der Bundesnetzagentur dürfen die Büro- und Geschäftsräume der Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen während der üblichen Betriebs- oder Geschäftszeiten zum Zwecke der Vornahme von Prüfungen betreten.

(3) 1Durchsuchungen können nur auf Anordnung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll, vorgenommen werden. 2Auf die Anfechtung dieser Anordnung finden die §§ 306 bis 310 und 311a der Strafprozessordnung entsprechende Anwendung. 3Bei Gefahr im Verzug können die in Absatz 2 bezeichneten Personen während der Geschäftszeit die erforderlichen Durchsuchungen ohne richterliche Anordnung vornehmen. 4An Ort und Stelle ist eine Niederschrift über die Durchsuchung und ihr wesentliches Ergebnis aufzunehmen, aus der sich, falls keine richterliche Anordnung ergangen ist, auch die Tatsachen ergeben, die zur Annahme einer Gefahr im Verzug geführt haben.

(4) 1Gegenstände oder geschäftliche Unterlagen können im erforderlichen Umfang in Verwahrung genommen werden oder, wenn sie nicht freiwillig herausgegeben werden, beschlagnahmt werden. 2Auf die Beschlagnahme findet Absatz 3 entsprechende Anwendung.

(5) 1Zur Auskunft nach Absatz 1 Verpflichtete können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichnete Angehörige der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. 2Die durch Auskünfte oder Maßnahmen nach § 90 Absatz 1 erlangten Kenntnisse und Unterlagen dürfen für ein Besteuerungsverfahren oder ein Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit oder einer Devisenzuwiderhandlung sowie für ein Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder einer Devisenstraftat nicht verwendet werden; die §§ 93, 97, 105 Absatz 1, § 111 Absatz 5 in Verbindung mit § 105 Absatz 1 sowie § 116 Absatz 1 der Abgabenordnung sind insoweit nicht anzuwenden. 3Satz 2 gilt nicht für Verfahren wegen einer Steuerstraftat sowie eines damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahrens, wenn an deren Durchführung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, oder bei vorsätzlich falschen Angaben der Auskunftspflichtigen oder der für sie tätigen Personen.

(6) Soweit Prüfungen einen Verstoß gegen Auflagen, Anordnungen oder Verfügungen der Bundesnetzagentur ergeben haben, hat das Unternehmen der Bundesnetzagentur die Aufwendungen für diese Prüfungen einschließlich ihrer Auslagen für Sachverständige zu erstatten.

(7) Zur Durchsetzung der Verfügungen nach § 90 Absatz 1 kann nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ein Zwangsgeld von bis zu 1 Million Euro festgesetzt werden.


§ 92 Verfahren zur Übermittlung von Informationen



(1) 1Soweit dieses Gesetz natürliche oder juristische Personen dazu verpflichtet, Informationen an die Bundesnetzagentur zu übermitteln, soll die Übermittlung ausschließlich elektronisch erfolgen, es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich eine andere Form der Übermittlung vor. 2Zu diesem Zweck stellt die Bundesnetzagentur entsprechende elektronische Verfahren zur Verfügung, die eine sichere Übermittlung und Nutzung der Informationen sicherstellt. 3Die Bundesnetzagentur gewährleistet insbesondere den Schutz personenbezogener Daten und den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

(2) Soweit Informationen regelmäßig zu übermitteln sind, soll die Bundesnetzagentur verschiedene Informationen nach Möglichkeit gebündelt abfragen, um den Aufwand der Betroffenen gering zu halten.

(3) Soweit die Bundesnetzagentur auf Grundlage dieses Gesetzes mit natürlichen oder juristischen Personen in Kontakt tritt, soll dies ausschließlich elektronisch, soweit möglich unter Nutzung der nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe e und Nummer 2 Buchstabe e, jeweils auch in Verbindung mit § 10 Absatz 1 Nummer 2 gemeldeten Adresse für die elektronische Kommunikation, erfolgen, es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich eine andere Form vor.


§ 93 Datennutzung



(1) 1Unbeschadet spezialgesetzlicher Regelungen ist die Bundesnetzagentur berechtigt, ihr vorliegende, aufgrund einer speziellen Ermächtigungsgrundlage erhobene Daten auch zur Erfüllung weiterer gesetzlicher Aufgaben auszuwerten und zu nutzen. 2Dem steht die in § 90 Absatz 2 Satz 2 und 3 genannte Zweckbestimmung nicht entgegen.

(2) 1Die Bundesnetzagentur kann die ihr vorliegenden, den Postsektor betreffenden Daten, insbesondere die aufgrund eines Auskunftsverlangens nach § 90 erhaltenen Daten, für Dritte oder die Öffentlichkeit bereitstellen, soweit die Daten für die Öffentlichkeit Bedeutung haben können. 2Satz 1 gilt nicht für Daten, für die kein oder nur ein eingeschränktes Zugangsrecht insbesondere gemäß § 3 des Informationsfreiheitsgesetzes besteht, sowie für personenbezogene Daten und als solche gekennzeichnete Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse.

(3) 1Soweit erforderlich, werden diese Daten aggregiert oder unternehmensbezogene Angaben auf sonstige Weise unkenntlich gemacht. 2Die öffentliche Bereitstellung kann insbesondere auf der Internetseite der Bundesnetzagentur erfolgen.


§ 94 Ermittlungen



(1) Die Bundesnetzagentur kann alle Ermittlungen führen und alle Beweise erheben, die zur Wahrnehmung ihre Aufgaben erforderlich sind.

(2) 1Für den Beweis durch Augenschein, Zeugen und Sachverständige sind § 372 Absatz 1, die §§ 376, 377, 380 bis 387, 390, 395 bis 397, 398 Absatz 1 und die §§ 401, 402, 404, 406 bis 409 sowie 411 bis 414 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden; Haft darf nicht verhängt werden. 2Für die Entscheidung über die Beschwerde ist das Oberlandesgericht zuständig.

(3) 1Über die Aussagen von Zeuginnen oder Zeugen soll ein Protokoll erstellt werden. 2Das Protokoll ist von dem ermittelnden Mitarbeiter der Bundesnetzagentur und, wenn ein Urkundsbeamter zugezogen ist, auch von diesem zu unterschreiben. 3Das Protokoll soll Ort und Tag der Verhandlung sowie die Namen der Mitwirkenden und Beteiligten enthalten.

(4) 1Das Protokoll ist den Zeuginnen oder Zeugen zur Genehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durchsicht vorzulegen. 2Die erteilte Genehmigung ist zu vermerken und von den Betreffenden zu unterschreiben. 3Unterbleibt die Unterschrift, so ist der Grund hierfür anzugeben.

(5) Bei der Vernehmung von Sachverständigen sind die Absätze 3 und 4 entsprechend anzuwenden.

(6) 1Die Bundesnetzagentur kann das Amtsgericht um die Beeidigung von Zeuginnen und Zeugen ersuchen, wenn sie die Beeidigung zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für notwendig erachtet. 2Über die Beeidigung entscheidet das Gericht.


§ 95 Beschlagnahme



(1) 1Die Bundesnetzagentur kann Gegenstände, die als Beweismittel für die Ermittlung von Bedeutung sein können, beschlagnahmen. 2Die Beschlagnahme ist den davon Betroffenen unverzüglich bekannt zu geben.

(2) Die Bundesnetzagentur hat innerhalb von drei Tagen nach der Beschlagnahme die gerichtliche Bestätigung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat, zu beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben haben.

(3) 1Der Betroffene kann jederzeit eine gerichtliche Entscheidung beantragen. 2Hierüber ist er zu belehren. 3Über den Antrag entscheidet das nach Absatz 2 zuständige Gericht.

(4) 1Gegen die gerichtliche Entscheidung ist die Beschwerde zulässig. 2Die §§ 306 bis 310 und 311a der Strafprozessordnung gelten entsprechend.


§ 96 Vorläufige Anordnungen



Die Bundesnetzagentur kann bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Anordnungen treffen.