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Teil 1 - Wehrdisziplinarordnung (WDO)


Teil 1 Einleitende Bestimmungen

§ 1 Sachlicher und persönlicher Geltungsbereich



(1) Dieses Gesetz regelt die Würdigung besonderer Leistungen durch förmliche Anerkennungen und die Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen.

(2) 1Das Gesetz gilt für Soldatinnen und Soldaten. 2Es gilt ferner für diejenigen, die in einem Wehrdienstverhältnis gestanden haben (frühere Soldatinnen und frühere Soldaten), soweit sich aus diesem Gesetz nicht etwas anderes ergibt.

(3) 1Frühere Soldatinnen und frühere Soldaten, die keinen Anspruch auf Ruhegehalt, jedoch einen sonstigen Anspruch auf Dienstzeitversorgung, Altersgeld nach dem Altersgeldgesetz oder auf Berufsförderung haben, gelten bis zur Beendigung der Gewährung dieser Leistungen im Sinne dieses Gesetzes als Soldatinnen im Ruhestand und Soldaten im Ruhestand. 2Die gewährten Leistungen gelten als Ruhegehalt.


§ 2 Früher begangene Dienstvergehen



(1) Wer nach Beendigung eines früheren Wehrdienstverhältnisses erneut in einem Wehrdienstverhältnis steht, kann auch wegen solcher Dienstvergehen oder als Dienstvergehen geltender Handlungen verfolgt werden, die in dem früheren Wehrdienstverhältnis oder danach begangen wurden.

(2) 1Gegen Berufssoldatinnen und Berufssoldaten sowie gegen Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit können gerichtliche Disziplinarverfahren nach diesem Gesetz auch wegen solcher Dienstvergehen geführt werden, die sie begangen haben

1.
in einem früheren Beamten- oder Richterverhältnis oder

2.
als Versorgungsberechtigte aus einem solchen Dienstverhältnis.

2Auch bei aus einem solchen Dienstverhältnis Ausgeschiedenen oder Entlassenen gelten die in § 77 Absatz 2 des Bundesbeamtengesetzes bezeichneten Handlungen als Dienstvergehen. 3Ein Wechsel des Dienstherrn steht der Anwendung dieses Gesetzes nicht entgegen. 4Als einfache Disziplinarmaßnahmen darf das Wehrdienstgericht nur den Verweis oder die Disziplinarbuße verhängen.


§ 3 Akteneinsicht



(1) 1Der Soldatin oder dem Soldaten ist zu gestatten, die Akten einzusehen, soweit dies ohne Gefährdung des Ermittlungszwecks möglich ist. 2Bei der Anhörung nach § 14 Absatz 1 Satz 3, nach § 32 Absatz 5 Satz 1 oder nach der Zustellung der Anschuldigungsschrift oder des Antrags der Wehrdisziplinaranwaltschaft auf Erlass eines Disziplinargerichtsbescheids ist die Einsicht ohne diese Einschränkung zu gestatten. 3Einsicht in elektronische Akten kann dadurch gewährt werden, dass der Inhalt der Akte zum Abruf bereitgestellt oder auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt wird. 4Soweit die Akten eingesehen werden können, dürfen daraus Abschriften gefertigt werden. 5Insoweit darf sich die Soldatin oder der Soldat auch auf eigene Kosten Kopien oder einen Aktenausdruck anfertigen lassen.

(2) Akten und Schriftstücke, die nicht eingesehen werden dürfen, dürfen weder beigezogen noch verwertet werden.


§ 4 Beteiligung der Vertrauensperson



1Für die Beteiligung der Vertrauensperson bei Entscheidungen nach diesem Gesetz gelten die §§ 28 und 29 des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes. 2Das Ergebnis der Anhörung der Vertrauensperson ist der Soldatin oder dem Soldaten vor deren oder dessen Anhörung nach § 14 Absatz 1 Satz 3 oder nach § 32 Absatz 5 Satz 1 bekannt zu geben.


§ 5 Zustellungen



(1) Die in diesem Gesetz vorgeschriebenen Zustellungen werden ausgeführt

1.
durch Übergabe an die Empfängerin oder den Empfänger gegen Empfangsbekenntnis oder, wenn sie oder er die Annahme oder die Ausstellung des Empfangsbekenntnisses verweigert, durch Anfertigung eines Protokolls hierüber,

2.
nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zustellung von Amts wegen oder

3.
an Behörden und Dienststellen auch durch Vorlage der Akten mit den Urschriften der zuzustellenden Schriftstücke; die Empfängerin oder der Empfänger hat den Tag der Vorlage in den Akten zu vermerken.

(2) 1Die Zustellung nach Absatz 1 Nummer 2 kann auch durch eine Soldatin oder einen Soldaten ausgeführt werden. 2Die öffentliche Zustellung wird auf Antrag der Wehrdisziplinaranwaltschaft von der oder dem Vorsitzenden der Truppendienstkammer bewilligt.

(3) Hat die oder der Empfangsberechtigte ein Schriftstück nachweislich erhalten, gilt es spätestens zu diesem Zeitpunkt als zugestellt.


§ 6 Belehrung über Rechtsmittel und Rechtsbehelfe



Bei allen nach diesem Gesetz anfechtbaren Entscheidungen ist die Soldatin oder der Soldat über die Möglichkeit der Anfechtung, über die Stellen, bei denen das Rechtsmittel oder der Rechtsbehelf einzulegen ist, und über die Form und Frist der Anfechtung schriftlich oder elektronisch zu belehren.


§ 7 Disziplinarbuch



Förmliche Anerkennungen, unanfechtbar verhängte Disziplinarmaßnahmen und rechtskräftig ausgesprochene Strafen sind in das Disziplinarbuch einzutragen.


§ 8 Tilgung



(1) Förmliche Anerkennungen sind zu tilgen, wenn ihre Rücknahme unanfechtbar geworden ist.

(2) 1Es sind zu tilgen

1.
eine einfache Disziplinarmaßnahme nach drei Jahren,

2.
eine Kürzung der Dienstbezüge nach fünf Jahren,

3.
ein Beförderungsverbot, auch in Verbindung mit einer Kürzung der Dienstbezüge, nach sieben Jahren und

4.
eine Herabsetzung in der Besoldungsgruppe nach zehn Jahren.

2Der Lauf der Tilgungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Disziplinarmaßnahme verhängt wird, oder mit der Verkündung des ersten Urteils. 3Wird die Soldatin oder der Soldat während der Tilgungsfrist wegen einer anderen Tat rechtskräftig bestraft oder wird gegen sie oder ihn eine Disziplinarmaßnahme unanfechtbar verhängt, beginnt die Tilgungsfrist von neuem. 4Für den Beginn der Tilgungsfrist gilt Satz 2.

(3) 1Wird eine Disziplinarmaßnahme aufgehoben, ist sie zu tilgen. 2Hat sie sich auf die Berechnung von Tilgungsfristen ausgewirkt, sind diese erneut zu berechnen.

(4) 1Strafen sind zu tilgen

1.
nach fünf Jahren, wenn eine Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr erfolgte, und

2.
nach drei Jahren in allen übrigen Fällen.

2Die Tilgungsfrist beginnt mit der Verkündung des ersten Urteils, bei Strafbefehlen mit dem Tag der Unterzeichnung durch die Richterin oder den Richter.

(5) Ist bei einer Kürzung der Dienstbezüge nach fünf Jahren die Vollstreckung noch nicht beendet, verlängert sich die Tilgungsfrist bis zum Ende der Vollstreckung.

(6) Einfache Disziplinarmaßnahmen, die nach einer Kürzung der Dienstbezüge, nach einem Beförderungsverbot oder nach einer Herabsetzung in der Besoldungsgruppe verhängt werden, sind erst zu tilgen, wenn die Kürzung der Dienstbezüge, das Beförderungsverbot oder die Herabsetzung in der Besoldungsgruppe getilgt werden darf.

(7) 1Förmliche Anerkennungen, Disziplinarmaßnahmen und Strafen dürfen nicht mehr berücksichtigt werden, wenn sie getilgt worden oder zu tilgen sind. 2Sie sind aus dem Disziplinarbuch und aus den Personalakten zu entfernen.

(8) 1Nach Ablauf der jeweiligen Tilgungsfrist darf jede Auskunft über die Disziplinarmaßnahme sowie über den zu Grunde liegenden Sachverhalt verweigert werden. 2Die Soldatin oder der Soldat darf erklären, dass sie oder er nicht gemaßregelt worden ist.

(9) 1Unterlagen über die Feststellung eines Dienstvergehens sind nach zwei Jahren aus den Personalakten zu entfernen. 2Absatz 2 Satz 2 sowie die Absätze 7 und 8 gelten entsprechend.


§ 9 Auskünfte



(1) 1Auskünfte über förmliche Anerkennungen, über Disziplinarmaßnahmen und über im Disziplinarbuch eingetragene gerichtliche Strafen, Mitteilungen über Ermittlungen der oder des Disziplinarvorgesetzten, über Vorermittlungen der Wehrdisziplinaranwaltschaft und über gerichtliche Disziplinarverfahren sowie Mitteilungen über Tatsachen aus solchen Verfahren werden ohne Zustimmung der Soldatin oder des Soldaten nur erteilt

1.
an Dienststellen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung, an Gerichte und Staatsanwaltschaften, soweit dies zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der Empfängerin oder des Empfängers liegenden Aufgaben erforderlich ist, sowie

2.
an Verletzte zur Wahrnehmung ihrer Rechte.

2Unter diesen Voraussetzungen ist auch die Übermittlung von Unterlagen zulässig.

(2) Die Empfängerin oder der Empfänger darf die übermittelten Auskünfte nur für den Zweck verarbeiten oder nutzen, zu dessen Erfüllung sie ihr oder ihm übermittelt wurden.

(3) 1Andere Rechtsvorschriften, die eine Auskunftserteilung zulassen, bleiben unberührt. 2Auskünfte über förmliche Anerkennungen, über Disziplinarmaßnahmen und über im Disziplinarbuch eingetragene gerichtliche Strafen, die getilgt oder tilgungsreif sind, werden nur mit Zustimmung der Soldatin oder des Soldaten erteilt.


§ 10 Entschädigung von Zeuginnen, Zeugen und Sachverständigen



Werden Zeuginnen, Zeugen oder Sachverständige nicht dienstlich gestellt, so erhalten sie eine Entschädigung oder Vergütung in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes.