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Abschnitt 2 - Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG)

Artikel 1 G. v. 27.12.2024 BGBl. 2024 I Nr. 438; zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 27.12.2024 BGBl. 2024 I Nr. 438
Geltung ab 01.07.2024, abweichend siehe Artikel 23; FNA: 7610-25 Aufsichtsrechtliche Vorschriften
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Kapitel 1 Allgemeine Maßnahmen

Abschnitt 2 Aufgaben und allgemeine Befugnisse der Bundesanstalt

§ 3 Aufgaben der Bundesanstalt



(1) 1Die Bundesanstalt ist zuständige Behörde im Sinne des Artikels 93 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2023/1114. 2Sie übt die Aufsicht aus

1.
über Institute und sonstige Unternehmen, die den Vorschriften der Verordnung (EU) 2023/1114 und dieses Gesetzes unterworfen sind, sowie

2.
über den Handel an Handelsplätzen für Kryptowerte nach den Vorschriften der Verordnung (EU) 2023/1114 sowie dieses Gesetzes.

3Die Deutsche Bundesbank ist zuständige Stelle im Rahmen der ihr nach § 6 zugewiesenen Aufgaben. 4Die Bundesanstalt hat Missständen in Kryptomärkten entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der anvertrauten Vermögenswerte gefährden können oder das ordnungsgemäße öffentliche Angebot, die ordnungsgemäße Zulassung von Kryptowerten zum Handel, den ordnungsgemäßen Handel auf einer Handelsplattform für Kryptowerte oder das ordnungsgemäße Angebot von Kryptowerte-Dienstleistungen beeinträchtigen können oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft oder den Finanzmarkt herbeiführen können.

(2) 1Für Institute, die in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2022/2554 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über die digitale operationale Resilienz im Finanzsektor und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 909/2014 und (EU) 2016/1011 (ABl. L 333 vom 27.12.2022, S. 1) fallen, ist die Bundesanstalt zuständige Behörde nach Artikel 46 der Verordnung (EU) 2022/2554. 2Bei der Durchführung der Aufgaben nach den Artikeln 26 und 27 der Verordnung (EU) 2022/2554 wirkt die Bundesanstalt mit der Deutschen Bundesbank zusammen. 3Die Deutsche Bundesbank nimmt die operativen Aufgaben nach den Artikeln 26 und 27 der Verordnung (EU) 2022/2554 wahr. 4§ 6 Absatz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) 1Die Bundesanstalt überwacht die Einhaltung der in der Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1781/2006 (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/2175 (ABl. L 334 vom 27.12.2019, S. 1) geändert worden ist, in der Verordnung (EU) Nr. 2021/1230 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juli 2021 über grenzüberschreitende Zahlungen in der Union (ABl. L 274 vom 30.7.2021, S. 20), in der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 22), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 248/2014 (ABl. L 84 vom 20.3.2014, S. 1) geändert worden ist, und in der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1) enthaltenen Pflichten durch die Institute. 2Sie kann gegenüber einem Institut und den Mitgliedern seines Leitungsorgans Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Verstöße gegen die Pflichten nach den Verordnungen nach Satz 1 zu verhindern oder zu unterbinden. 3Satz 2 gilt nicht für CRR-Kreditinstitute, E-Geld-Institute und Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen nach Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2023/1114.




§ 4 Allgemeine Befugnisse der Bundesanstalt



(1) 1Die Bundesanstalt kann im Rahmen der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben Anordnungen gegenüber Instituten und anderen betroffenen Personen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Verstöße gegen die Vorschriften der Verordnung (EU) 2023/1114 sowie dieses Gesetzes oder sonstige aufsichtsrechtliche Vorgaben oder die in § 3 Absatz 1 Satz 4 genannten Missstände zu verhindern oder zu beseitigen. 2Die Befugnis nach Satz 1 schließt die Verhinderung und Beseitigung von Missständen bei Marketingmitteilungen ein. 3Bei Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2023/1114, dieses Gesetz oder eine vollziehbare Anordnung der Bundesanstalt kann die Bundesanstalt verlangen, dass die den Verstoß begründende Handlung oder Verhaltensweise dauerhaft eingestellt und von einer Wiederholung abgesehen wird.

(2) Die Bundesanstalt kann Anordnungen auch gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Rechtsträger oder gegenüber einer Börse erlassen.

(3) 1Die Bundesanstalt kann von jedermann Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten, die Vorlage von Unterlagen und Daten und die Überlassung von Kopien verlangen, um

1.
zu überwachen, ob aufsichtsrechtliche Bestimmungen der Verordnung (EU) 2023/1114, der Verordnung (EU) 2022/2554 oder dieses Gesetzes eingehalten werden,

2.
Missstände nach § 3 Absatz 1 Satz 4 zu verhindern oder zu beseitigen oder

3.
zu prüfen, ob die Voraussetzungen für Maßnahmen nach diesem Gesetz oder der Verordnung (EU) 2023/1114, insbesondere nach Artikel 105 der Verordnung (EU) 2023/1114 vorliegen.

2Gesetzliche Auskunfts- oder Aussageverweigerungsrechte sowie gesetzliche Verschwiegenheitspflichten bleiben unberührt. 3Der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(4) 1Die Bundesanstalt kann auf ihrer Internetseite öffentlich bekannt machen, dass ein Institut oder ein Unternehmen, das Kryptowerte öffentlich anbietet oder deren Zulassung zum Handel beantragt, seinen aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden, den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen oder den Anordnungen der Bundesanstalt nach den Vorschriften der Verordnung (EU) 2023/1114 oder dieses Gesetzes nicht oder nur unvollständig nachkommt oder diesbezüglich ein hinreichend begründeter Verdacht besteht. 2Artikel 114 Absatz 2 bis 4 der Verordnung (EU) 2023/1114 ist entsprechend anzuwenden. 3In einem Auskunfts- und Vorlegungsersuchen nach Absatz 3 ist auf die Befugnis nach Satz 1 hinzuweisen. 4Die Bekanntmachung darf nur diejenigen personenbezogenen Daten enthalten, die zur Identifizierung des Instituts erforderlich sind. 5Bei nicht bestandskräftigen Maßnahmen ist folgender Hinweis hinzuzufügen: „Diese Maßnahme ist noch nicht bestandskräftig." Ist gegen die Maßnahme ein Rechtsbehelf eingelegt worden, sind zudem der Stand und der Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens bekannt zu machen. 6Die Bekanntmachung ist spätestens nach fünf Jahren zu löschen. 7Abweichend von Satz 7 sind personenbezogene Daten zu löschen, sobald sie nicht mehr erforderlich sind. 8Die Bundesanstalt sieht von einer Bekanntmachung ab, wenn die Bekanntmachung die Finanzmärkte der Bundesrepublik Deutschland oder eines oder mehrerer Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums erheblich gefährden würden. 9Sie kann von einer Bekanntmachung absehen, wenn die Bekanntmachung nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher, bußgeldrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen haben kann.

(5) 1Die Bundesanstalt macht unter Berücksichtigung möglicher Einschränkungen nach Artikel 54 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2022/2554 Entscheidungen über Sanktionen, die wegen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2022/2554 oder gegen die jeweils darauf basierenden delegierten Rechtsakte erlassen wurden, auf ihrer Internetseite unverzüglich bekannt, nachdem die Entscheidung bestandskräftig geworden ist. 2In der Bekanntmachung benennt die Bundesanstalt die Vorschrift, gegen die verstoßen wurde, und die für den Verstoß verantwortliche natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung. 3Die Bekanntmachung ist spätestens fünf Jahre nach ihrer Bekanntmachung zu löschen. 4Personenbezogene Daten sind zu löschen, sobald ihre Bekanntmachung nicht mehr erforderlich ist.

(6) 1Innerhalb der üblichen Geschäfts- und Betriebszeiten ist Bediensteten der Bundesanstalt und den von ihr beauftragten Personen, soweit dies erforderlich ist, um Unterlagen und Daten einzusehen, das Betreten der Grundstücke und Geschäftsräume der nach Absatz 1 auskunftspflichtigen Personen zu gestatten. 2Das Betreten außerhalb dieser Zeiten oder wenn die Geschäftsräume sich in einer Wohnung befinden, ist ohne Einverständnis nur zulässig und insoweit zu dulden, wie dies zur Verhütung von dringenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist und Anhaltspunkte vorliegen oder feststeht, dass die auskunftspflichtige Person gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen der Verordnung (EU) 2023/1114 oder dieses Gesetzes verstoßen hat. 3Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt.

(7) 1Die Bundesanstalt kann, um eine schwerwiegende Schädigung der Interessen von Kunden oder von Inhabern von Kryptowerten zu verhindern,

1.
Anbieter von Telekommunikationsdiensten, insbesondere Anbieter von Internetzugangsdiensten, und Diensten, die Inhalte über Telekommunikationsnetze oder -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben, im Rahmen ihrer Zugriffsmöglichkeiten anweisen,

a)
Inhalte zu entfernen,

b)
den Zugang zu einer Online-Schnittstelle zu beschränken, zu entfernen oder zu sperren und

c)
sicherzustellen, dass bei einem Zugriff auf eine Online-Schnittstelle ein ausdrücklicher Warnhinweis angezeigt wird, der an die Kunden und Inhaber von Kryptowerten gerichtet ist, sowie

2.
Register oder Registrierungsstellen für Domänennamen anweisen, einen vollständigen Domänennamen zu entfernen und der Bundesanstalt die Registrierung des Domänennamens zu ermöglichen.

2Sie kann auch Dritte oder Behörden anweisen, Maßnahmen nach Satz 1 durchzuführen. 3Die Sätze 1 und 2 sind auf sonstige Dienstleister, die in die Stellung des Angebots einbezogen sind, entsprechend anwendbar. 4Das Grundrecht des Brief- und Fernmeldegeheimnisses nach Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt.

(8) Die Bundesanstalt kann von jedem verlangen, den Umfang der Positionen oder Risikopositionen in Bezug auf Kryptowerte zu verringern, soweit dies zur Wahrnehmung der in § 3 Absatz 1 Satz 2 und 4 genannten Aufgaben erforderlich ist.

(9) 1Die Bundesanstalt entscheidet in Zweifelsfällen, dass ein Unternehmen den Vorschriften dieses Gesetzes sowie der Verordnung (EU) 2023/1114 unterliegt. 2Als Zweifelsfall gilt insbesondere jeder Fall, bei dem die Einstufung als Institut zwischen dem Betreffenden und der Bundesanstalt oder einer anderen Verwaltungsbehörde streitig ist. 3Die Entscheidungen der Bundesanstalt binden die anderen Behörden.

(10) Die Bundesanstalt darf die ihr mitgeteilten personenbezogenen Daten nur zur Erfüllung ihrer aufsichtlichen Aufgaben und für Zwecke der internationalen Zusammenarbeit nach Maßgabe des § 7 Absatz 2 erheben, speichern und verwenden.