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Landlieferungsverbände - Reichssiedlungsgesetz (RSiedlG k.a.Abk.)

G. v. 11.08.1919 RGBl. S. 1429; zuletzt geändert durch Artikel 8 Abs. 2 G. v. 29.07.2009 BGBl. I S. 2355
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 2331-1 Siedlungswesen
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Landlieferungsverbände

§ 12



(1) In den Ansiedlungsbezirken, deren landwirtschaftliche Nutzfläche nach der landwirtschaftlichen Betriebszählung von 1907 zu mehr als 10 vom Hundert auf die Güter von 100 und mehr Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche (große Güter) entfällt, sind die Eigentümer dieser großen Güter zu Landlieferungsverbänden zusammenzuschließen; die Landlieferungsverbände sind rechtsfähig. Die landwirtschaftliche Nutzfläche der Staatsdomänen wird nur für die Ermittlung des Hundertsatzes mitgezählt. Die näheren Bestimmungen erlassen die Bundesstaaten.

(2) Die Landeszentralbehörden können die Aufgaben der Landlieferungsverbände auch auf andere Stellen, insbesondere auf bestehende gemeinnützige Siedlungsgesellschaften oder auf landwirtschaftliche Organisationen (Landschaften usw.), übertragen. Das hat namentlich dann, und zwar auf Kosten des Landlieferungsverbandes, zu geschehen, wenn dieser in der Erfüllung seiner Lieferungspflicht säumig ist.


§ 13



(1) Der Landlieferungsverband hat auf Verlangen des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens zu Siedlungszwecken geeignetes Land aus dem Bestande der großen Güter (§ 12) zu einem angemessenen Preise zu beschaffen. Als angemessener Kaufpreis gilt der gemeine Wert, den das Land im Großbetriebe hat, ohne Rücksicht auf Wertsteigerungen, die auf außerordentliche Verhältnisse des Krieges zurückzuführen sind.

(2) Die Verpflichtung des Landlieferungsverbandes ist erfüllt, sobald ein Drittel der durch die landwirtschaftliche Betriebszählung von 1907 festgestellten gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche der großen Güter (mit Einschluß der Domänen) für Siedlungszwecke bereitgestellt ist oder die landwirtschaftliche Nutzfläche dieser Güter nicht mehr als 10 vom Hundert der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche des Ansiedlungsbezirks beträgt.

(3) Nach Ermessen der Aufsichtsbehörde gilt als zur Siedlung bereitgestellt auch solches Land aus dem Besitzstand der großen Güter, das ohne Mitwirkung des Siedlungsunternehmens an Ansiedler veräußert oder mit dem Rechte des Kaufes zu einem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Preise verpachtet ist.


§ 14



(1) Der Landlieferungsverband hat anstelle des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens (§ 1) das Vorkaufsrecht auf alle großen Güter seines Bezirkes. Er muß das Vorkaufsrecht auf Verlangen des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens ausüben; die Ausübung des Vorkaufsrechts kann er dem gemeinnützigen Siedlungsunternehmen mit dessen Zustimmung allgemein oder für den einzelnen Fall übertragen.

(2) Für das Vorkaufsrecht gelten die Vorschriften der §§ 5 bis 10 entsprechend.


§ 15



(1) Wo ein dringendes, auf andere Weise, insbesondere nach den Vorschriften der §§ 2, 3, 4, 13, 14, nicht zweckmäßig zu befriedigendes Bedürfnis nach besiedlungsfähigem Lande besteht, hat der Landlieferungsverband das Recht, geeignetes Siedlungsland aus dem Besitzstand der großen Güter (§ 12) gegen angemessene Entschädigung im Wege der Enteignung in Anspruch zu nehmen. Wertsteigerungen, die auf außerordentliche Verhältnisse des Krieges zurückzuführen sind, dürfen bei Festsetzung der Entschädigung nicht berücksichtigt werden.

(2) Als angemessene Entschädigung gilt auch eine als Reallast einzutragende tilgbare Naturalwertrente oder mit Zustimmung des Enteigneten die Hingabe von Schuldverschreibungen, die durch entsprechende Reallasten gesichert sind.

(3) Über die Enteignung, ihre wirtschaftliche Zweckmäßigkeit und die Höhe der Entschädigung entscheidet ein ständiger Ausschuß, der aus einem von der Landeszentralbehörde zu bestimmenden Vorsitzenden und je zwei Vertreter des Landlieferungsverbandes und des Siedlungsunternehmens besteht. Vor der Beschlußfassung über die Enteignung ist der Eigentümer und der Betriebsrat des Gutes zu hören.

(4) Im übrigen bleibt die Regelung der Enteignung einschließlich der Rechtsbehelfe gegen die Festsetzung der Entschädigung den Bundesstaaten vorbehalten.


§ 16



(1) Von den besiedlungsfähigen großen Gütern sollen die Landlieferungsverbände, namentlich auch mit Hilfe der Enteignung, in erster Linie erwerben: Güter, die während des Krieges von Personen erworben sind, welche die Landwirtschaft nicht im Hauptberuf betreiben oder betrieben haben; Güter, die im Laufe der letzten zwanzig Jahre, abgesehen von den Fällen des § 6 Abs. 2, durch entgeltliches Rechtsgeschäft mehrfach den Besitzer gewechselt haben; Güter, die besonders schlecht bewirtschaftet werden; Güter, deren Besitzer sich während des größeren Teiles des Jahres nicht auf der Begüterung aufhalten und sie nicht selbst bewirtschaften, sofern nicht berechtigte Gründe für die Abwesenheit des Besitzers oder dafür vorliegen, daß er die Bewirtschaftung nicht selbst ausführt; Güter, die zu Besitzungen von ungewöhnlich großem Umfang gehören. Auch sollen die Landlieferungsverbände vorzugsweise solche Teile der großen Güter, und zwar in sachgemäßer Abgrenzung und mit den dazugehörigen Gebäuden, erwerben, die früher selbständige Bauerngüter oder Landstellen waren und in den letzten dreißig Jahren vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes von Eigentümern der großen Güter aufgekauft worden sind.

(2) Von dem Erwerb solcher Güter, die in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht vorbildlich wirken oder für die Entwicklung der Landwirtschaft von hervorragender Bedeutung sind, soll möglichst abgesehen werden.


§ 17



(weggefallen)