Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Erster Abschnitt - Alkoholhaltige Getränke-Verordnung (AGeV)

neugefasst durch B. v. 30.06.2003 BGBl. I S. 1255; zuletzt geändert durch Artikel 2 V. v. 11.10.2021 BGBl. I S. 4683
Geltung ab 06.02.1998; FNA: 2125-5-8 Lebens- und Genussmittel, Bedarfsgegenstände
|

Erster Abschnitt Spirituosen

§ 1 Weinbrand oder Brandy



(1) Bei der gewerbsmäßigen Herstellung von Weinbrand oder Brandy im Sinne des Anhangs II Nummer 5 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 (ABl. L 39 vom 13.2.2008, S. 16) dürfen im Einklang mit Anhang II Nummer 5 Buchstabe d Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 zur Abrundung der Geschmacks- und Geruchsmerkmale Auszüge verwendet werden. Diese Auszüge werden

1.
durch Lagerung von Weindestillat auf Eichenholz oder Eichenholzspänen oder

2.
durch Lagerung von Weindestillat auf getrockneten Pflaumen, grünen (unreifen) Walnüssen, auch getrocknet, oder getrockneten Mandelschalen, auch geröstet, hergestellt,

wobei das zur Herstellung verwendete Weindestillat zu weniger als 94,8 Volumenprozent destilliert worden sein muss. Die in Anhang I Nummer 3 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 aufgeführten Erzeugnisse können auch karamellisiert sein.

(2) Die Auszüge nach Absatz 1 Satz 2 müssen auf kaltem Wege hergestellt werden; dabei dürfen die aus ihren Rückständen gewonnenen Destillate verwendet werden.

(3) Weinbrand oder Brandy, bei dem andere als nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 2 zulässige Stoffe verwendet worden sind, darf gewerbsmäßig nicht in den Verkehr gebracht werden.




§ 2 Deutscher Weinbrand



Eine Spirituose im Sinne des Anhangs II Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 darf unter der Verkehrsbezeichnung "Deutscher Weinbrand" gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn

1.
die Herstellung, ausgenommen die des Destillates, im Inland erfolgt ist,

2.
die zur Herstellung verwendeten Weintrauben ausschließlich von Rebsorten stammen, die von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Artikel 81 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671) in der jeweils geltenden Fassung, klassifiziert wurden,

3.
das Erzeugnis ausschließlich durch Destillieren zu weniger als 86 Volumenprozent von Wein oder Brennwein oder durch erneutes Destillieren zu weniger als 86 Volumenprozent eines Weindestillats gewonnen worden ist und eine Gesamtmenge an den höheren Alkoholen Isobutanol, 1-Propanol und Isoamylalkohole von mehr als 150 Gramm je Hektoliter reinen Alkohols enthält,

4.
das gesamte verwendete Weindestillat mindestens zwölf Monate in Eichenholzfässern mit einem Füllungsvermögen von höchstens 1.000 Litern gereift ist,

5.
an Zuckerarten nur die in Anlage 1 Nr. 1 bis 6 der Zuckerartenverordnung aufgeführten Zuckerarten, auch karamellisiert, und nur in einer Menge verwendet worden sind, dass der Gesamtgehalt an Zucker, als Invertzucker berechnet, in einem Liter des gebrauchsfertigen Erzeugnisses nicht mehr als 20 Gramm beträgt,

6.
zur Abrundung der Geruchs- und Geschmacksmerkmale nur nach Maßgabe des § 1 Absatz 1 Satz 2 hergestellte Auszüge aus den dort in Nummer 2 genannten Stoffen verwendet worden sind,

7.
der Weinbrand eine goldgelbe bis goldbraune Farbe hat, die typischen Merkmale der verwendeten Ausgangserzeugnisse aufweist und in Aussehen, Geruch und Geschmack frei von Fehlern ist,

8.
der Alkoholgehalt der fertigen Spirituose mindestens 38 Volumenprozent beträgt und

9.
das Behältnis mit einer nach dem Verfahren der §§ 4 und 5 erteilten Prüfungsnummer versehen ist, die von der jeweils nach Landesrecht zuständigen Stelle (zuständige Stelle) vergeben wird.




§ 3 Hinweise auf das Alter



Es ist verboten, Weinbrand oder Brandy mit Hinweisen auf das Alter in den Verkehr zu bringen oder bei diesem Erzeugnis mit solchen Hinweisen zu werben, wenn das Erzeugnis oder das zu seiner Herstellung verwendete Destillat weniger als zwölf Monate in Eichenholzfässern gereift ist. Satz 1 gilt entsprechend für Deutschen Weinbrand.


§ 4 Antrag auf Erteilung einer Prüfungsnummer



(1) Eine Prüfungsnummer (§ 5 Abs. 3 Satz 2) kann beantragen, wer Deutschen Weinbrand gemäß § 2 herstellt oder abfüllt oder in wessen Auftrag er hergestellt oder abgefüllt wird. Der Antrag ist der zuständigen Stelle auf einem Formblatt einzureichen, das die in Anlage 1 aufgeführten Angaben enthält. Dem Antrag ist unentgeltlich eine Probe von drei Flaschen beizufügen. Die zuständige Stelle kann, soweit die Probe von drei Flaschen zur Beurteilung des Deutschen Weinbrands nicht ausreicht, weitere unentgeltliche Proben anfordern oder entnehmen lassen. Der Antrag ist mit einer fortlaufenden Nummer zu versehen (Antragsnummer). Die fortlaufende Zählung der Antragsnummern endet mit dem Kalenderjahr. Auf Antrag kann die zuständige Behörde von der fortlaufenden Zählung der Antragsnummern absehen, wenn hierfür ein dringendes Bedürfnis nachgewiesen wird und eine einwandfreie Kontrolle gewährleistet ist.

(2) Sofern ein Antrag gestellt wird, bevor der Deutsche Weinbrand auf Flaschen abgefüllt ist, ist auch diesem Antrag unentgeltlich eine Probe von drei Flaschen beizufügen. Zur Feststellung der Identität ist nach der Abfüllung auf Flaschen eine weitere unentgeltliche Probe von drei Flaschen und ein Untersuchungsbefund nach § 5 Abs. 1 nachzureichen. Die zuständige Stelle kann zulassen, dass abweichend von Satz 2 die Abfüllung lediglich angezeigt wird. In diesem Fall kann die zuständige Stelle eine unentgeltliche Probe von drei Flaschen anfordern oder entnehmen lassen.

(3) Von jeder Probe ist mindestens eine Flasche bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Erteilung des Prüfungsbescheides aufzubewahren. Die Aufbewahrung kann nach Versiegelung auch dem Antragsteller aufgegeben werden. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist kann der Antragsteller innerhalb von drei Monaten über die von der zuständigen Stelle aufbewahrte Probe verfügen, soweit sie nicht für Zwecke der Prüfung oder Überwachung verwendet wurde.

(4) Wird der Antrag zurückgenommen oder abgelehnt, oder wird der Prüfungsbescheid aufgehoben, so ist dem Antragsteller die Probe unverzüglich zur Verfügung zu stellen, soweit der von der zuständigen Stelle erlassene Verwaltungsakt nicht angefochten wird. Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Prüfungsnummer gilt für ein Jahr. Erfährt der Deutsche Weinbrand vor Ablauf dieser Frist eine wesentliche Änderung seiner Qualität oder Geschmacksprägung, so bedarf es erneut der Zuteilung einer Prüfungsnummer.


§ 5 Prüfungsverfahren



(1) Mit dem Antrag auf Erteilung einer Prüfungsnummer ist unbeschadet des § 4 Abs. 2 von dem abgefüllten Erzeugnis ein Untersuchungsbefund einer von der zuständigen Stelle zugelassenen Untersuchungseinrichtung vorzulegen, sofern die zuständige Stelle nicht selbst den Untersuchungsbefund erstellt. Der Untersuchungsbefund muss folgende Angaben enthalten:

1.
Aussteller des Untersuchungsbefundes,

2.
Name (Firma) des Antragstellers,

3.
vorgesehene Bezeichnung,

4.
sensorischer Befund über Farbe, Klarheit, Geruch und Geschmack,

5.
die festgestellten analytischen Werte für

a)
vorhandenen Alkoholgehalt, Gramm im Liter und Volumenprozent,

b)
Gesamtextrakt (indirekt), Gramm im Liter,

c)
Gesamtzucker nach Inversion, berechnet als Invertzucker, Gramm im Liter.

(2) Die zuständige Stelle hat eine Sinnenprüfung vorzunehmen oder zu veranlassen. Sie trifft ihre Entscheidung nach Überprüfung der eingereichten Unterlagen und dem Ergebnis der Sinnenprüfung. Sie kann eine nochmalige oder eine weitergehende Untersuchung veranlassen sowie die Vorlage weiterer sachdienlicher Unterlagen verlangen. Sie kann insbesondere den durch eine inländische amtliche Untersuchung zu erbringenden Nachweis verlangen, dass der Alkohol der zur Herstellung verwendeten Erzeugnisse ausschließlich aus Wein stammt und dass bei der fraktionierten Destillation eine ausgeprägte Weinigkeit und in der Verdünnung ein deutliches Weinaroma festgestellt worden ist. Für die Sinnenprüfung und ihre Bewertung gilt das in Anlage 2 angegebene Schema.

(3) Die zuständige Stelle erteilt dem Antragsteller über das Ergebnis der Prüfung einen Prüfungsbescheid mit einer Prüfungsnummer. Die Prüfungsnummer setzt sich zusammen aus

1.
einer Nummer für den Betrieb des Antragstellers (Betriebsnummer), die von der zuständigen Stelle zugeteilt wird; der Betriebsnummer ist der gemäß Anlage 3 abgekürzte Name des Landes voranzustellen, in dem die zuständige Stelle ihren Sitz hat,

2.
der Antragsnummer des Antragstellers (§ 4 Abs. 1 Satz 5) und

3.
den beiden letzten Ziffern der Jahreszahl der Antragstellung.

Auf Antrag können einem Betrieb mehrere Betriebsnummern zugeteilt werden. Der Prüfungsbescheid und die Prüfungsnummer sind dem Antragsteller innerhalb von zehn Tagen nach der Prüfung schriftlich bekannt zu geben. Die Bekanntgabe soll innerhalb von drei Wochen nach dem Eingang des Antrags bei der zuständigen Stelle erfolgen.

(4) Die Zulassung der in Absatz 1 Satz 1 genannten Untersuchungseinrichtung setzt eine fachliche Ausbildung der die Untersuchung ausführenden Personen und eine ausreichende Laboreinrichtung voraus. Eine allgemeine Zulassung kann für Untersuchungseinrichtungen erfolgen, die gewerblich wein- oder branntweinchemische Untersuchungen ausführen.

(5) Ein Doppel des Untersuchungsbefundes nach Absatz 1 ist von der Einrichtung, die die Untersuchung durchgeführt hat, fünf Jahre nach seiner Erstellung aufzubewahren.


§ 6 Angabe der Prüfungsnummer



(1) Der Prüfungsnummer ist die Angabe "Amtliche Prüfungsnummer" voranzustellen. An Stelle dieser Angabe kann die Kurzform "A.P.Nr." gebraucht werden.

(2) Die Prüfungsnummer und die Angabe nach Absatz 1 sind auf den zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Behältnissen oder auf einem mit ihnen verbundenen Etikett an gut sichtbarer Stelle, deutlich lesbar und unverwischbar anzubringen. Dem Verbraucher nach Satz 1 stehen Gaststätten, Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung sowie Gewerbetreibende, soweit sie Deutschen Weinbrand zum Verbrauch innerhalb ihrer Betriebsstätte beziehen, gleich.




§ 7 (aufgehoben)







§ 8 Zuckerung von bestimmten Spirituosen



(1) Bei der gewerbsmäßigen Herstellung von

1.
Obstbrand im Sinne des Anhangs II Nr. 9 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008, Brand im Sinne des Anhangs II Nr. 16 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 oder Geist im Sinne des Anhangs II Nr. 17 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008,

2.
Tresterbrand oder Trester im Sinne des Anhangs II Nr. 6 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008,

3.
Topinambur oder Brand aus Jerusalem-Artischocke im Sinne des Anhangs II Nr. 14 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 oder

4.
Hefebrand oder Brand aus Trub im Sinne des Anhangs II Nr. 12 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008

dürfen über die nach der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 zulässigen Stoffe hinaus zur Geschmacksabrundung Zuckerarten, die in Anlage 1 Nr. 1 bis 6 der Zuckerartenverordnung aufgeführt sind, nicht karamellisiert, verwendet werden. Der Gesamtgehalt an Zucker, als Invertzucker berechnet, darf in einem Liter des gebrauchsfertigen Erzeugnisses nicht mehr als zehn Gramm betragen.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf die dort genannten Spirituosen, die unter einer geographischen Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden.

(3) In Absatz 1 genannte Spirituosen, die entgegen Absatz 1 mit anderen als den dort genannten Zuckerarten oder mit Zuckerarten über die festgesetzte Höchstmenge hinaus hergestellt worden sind oder bei deren Herstellung entgegen Absatz 2 Zucker verwendet worden ist, dürfen gewerbsmäßig nicht in den Verkehr gebracht werden.




§ 9 Spirituosen mit geografischen Bezugnahmen



(1) 1Spirituosen dürfen gewerbsmäßig nach Maßgabe des Artikels 10 Absatz 6 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2019/787 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Kennzeichnung von Spirituosen, die Verwendung der Bezeichnungen von Spirituosen bei der Aufmachung und Kennzeichnung von anderen Lebensmitteln, den Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und die Verwendung von Ethylalkohol und Destillaten landwirtschaftlichen Ursprungs in alkoholischen Getränken sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 (ABl. L 130 vom 17.05.2019, S. 1; L 289 vom 12.8.2021, S. 4) mit einer geografischen Bezugnahme nur in den Verkehr gebracht werden, sofern es sich bei dieser geografischen Bezugnahme um die Angabe eines Herkunftsortes oder einer Herkunftsregion im Sinne des Artikels 14 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/787 handelt. 2Im Übrigen bestimmt sich die Zulässigkeit geografischer Begriffe im Sinne des Artikels 10 Absatz 5 Buchstabe a Satz 2 der Verordnung (EU) 2019/787 nach den Regeln der jeweiligen Produktspezifikation.

(2) Soweit ein Obstbrand im Sinne des Anhangs I Kategorie 9 der Verordnung (EU) 2019/787 oder ein Geist im Sinne des Anhangs I Kategorie 17 der Verordnung (EU) 2019/787 in einer Region oder in einem Ort hergestellt wird, die oder der zu einem im Rahmen einer Produktspezifikation nach Artikel 22 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2019/787 abgegrenzten geografischen Gebiet gehört, darf der Name dieser Region oder dieses Ortes ergänzend zur rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung nach Anhang I Kategorie 9 oder Kategorie 17 der Verordnung (EU) 2019/787 verwendet werden, wenn dieser Obstbrand oder Geist zusätzlich zu den Anforderungen der Spirituosenkategorie nach Anhang I der Verordnung (EU) 2019/787 folgende Bedingungen erfüllt:

1.
er ist in der jeweiligen Region oder dem jeweiligen Ort aus Früchten hergestellt, die aus der jeweiligen Region oder dem jeweiligen Ort stammen und

2.
er weist den gegenüber den Erzeugnissen mit einer Gattungsbezeichnung höheren Mindestalkoholgehalt auf, sofern ein solcher höherer Mindestalkoholgehalt in der jeweiligen Produktspezifikation des Erzeugnisses mit einer eingetragenen geografischen Angabe, in dessen abgegrenztem geografischen Gebiet die Region oder der Ort, die oder der in der geografischen Bezugnahme genannt wird, liegt, festgesetzt worden ist.




§ 9a (aufgehoben)