Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Institutsvergütungsverordnung - InstitutsVergV)

V. v. 16.12.2013 BGBl. I S. 4270 (Nr. 74); zuletzt geändert durch Artikel 1 V. v. 14.02.2023 BGBl. 2023 I Nr. 41
Geltung ab 01.01.2014; FNA: 7610-2-43 Aufsichtsrechtliche Vorschriften
|

Abschnitt 2 Allgemeine Anforderungen an Vergütungssysteme

§ 4 Ausrichtung an der Strategie des Instituts



1Die Vergütungsstrategie und die Vergütungssysteme müssen auf die Erreichung der Ziele ausgerichtet sein, die in den Geschäfts- und Risikostrategien des jeweiligen Instituts niedergelegt sind. 2Dabei ist auch die Unternehmenskultur zu berücksichtigen. 3Die Vergütungsparameter müssen sich an den Strategien ausrichten und das Erreichen der strategischen Ziele unterstützen.




§ 5 Angemessenheit der Vergütung und der Vergütungssysteme



(1) Die Vergütungssysteme sind angemessen ausgestaltet, wenn

1.
Anreize für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen, vermieden werden;

2.
die Vergütungssysteme nicht der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten und des für die Risikosteuerung zuständigen Mitglieds der Geschäftsleitung zuwiderlaufen;

3.
sie die Verbraucherrechte und -interessen berücksichtigen; insbesondere dürfen nicht ausschließlich quantitative Vergütungsparameter verwendet werden, sofern unmittelbar Verbraucherinteressen betroffen sind;

4.
sie nicht der Einhaltung der Verpflichtung zuwiderlaufen, bei der Erbringung von Beratungsleistungen gemäß § 511 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im besten Interesse des Darlehensnehmers zu handeln; insbesondere darf die Vergütung nicht an Absatzziele in Bezug auf Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge gemäß § 491 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gekoppelt sein;

5.
die Vergütung der für die Prüfung der Kreditwürdigkeit zuständigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht von der Zahl oder dem Anteil der genehmigten Anträge auf Abschluss eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags gemäß § 491 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abhängt; und

6.
sie geschlechtsneutral sind, so dass eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ausgeschlossen ist.

(2) In der Regel sind Vergütungssysteme nicht angemessen ausgestaltet, wenn trotz negativer Erfolgsbeiträge ein der Höhe nach unveränderter Anspruch auf die variable Vergütung besteht.

(3) Anreize, unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen, liegen insbesondere vor, wenn

1.
eine signifikante Abhängigkeit der Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen von der variablen Vergütung besteht oder

2.
einzelvertraglich für den Fall der Beendigung der Tätigkeit Ansprüche auf Leistungen begründet werden und diese Ansprüche selbst bei negativen individuellen Erfolgsbeiträgen oder bei Fehlverhalten der Höhe nach unverändert bleiben.

(4) 1Vergütungssysteme laufen der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten insbesondere zuwider, wenn sich die Höhe der variablen Vergütung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Kontrolleinheiten und den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der von ihnen kontrollierten Organisationseinheiten maßgeblich nach gleichlaufenden Vergütungsparametern bestimmt und die Gefahr eines Interessenkonfliktes besteht. 2Im Hinblick auf das für die Risikosteuerung zuständige Mitglied der Geschäftsleitung gilt dies entsprechend.

(5) 1Eine variable Vergütung darf nur garantiert werden

1.
für die ersten zwölf Monate nach Aufnahme eines Arbeits-, Geschäftsbesorgungs- oder Dienstverhältnisses bei dem Institut,

2.
unter der Voraussetzung, dass die unmittelbar vorangegangene Tätigkeit des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin nicht in derselben Gruppe erfolgte, und

3.
unter der Bedingung, dass das Institut zum Zeitpunkt der Auszahlung die Anforderungen gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 erfüllt.

2In bedeutenden Instituten gemäß § 1 Absatz 3c des Kreditwesengesetzes sind die Anforderungen der §§ 20 und 22 darauf nicht anzuwenden. 3Bei der Berechnung des Verhältnisses zwischen der variablen und der fixen jährlichen Vergütung gemäß § 25a Absatz 5 des Kreditwesengesetzes kann eine garantierte variable Vergütung nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn sie vor Beginn der Tätigkeit zugesagt worden ist.

(6) 1Abfindungen und vertraglich festgelegte Karenzentschädigungen für die Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gelten als variable Vergütung. 2Das Institut hat in Bezug auf die Zusage von Abfindungen schriftlich oder elektronisch Grundsätze festzulegen, in denen insbesondere ein Höchstbetrag oder die Kriterien für die Bestimmung der Abfindungsbeträge zu regeln sind. 3Abfindungen sind im Einklang mit dem Rahmenkonzept gemäß § 11 Absatz 1 Nummer 3 zu gewähren und angemessen zu dokumentieren. 4Sie müssen vorbehaltlich Satz 5 der Leistung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin im Zeitverlauf Rechnung tragen und dürfen negative Erfolgsbeiträge oder Fehlverhalten des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin nicht belohnen. 5Folgende Vergütungen fallen nicht in den Anwendungsbereich der §§ 7 und 20 und müssen bei der Berechnung des Verhältnisses der variablen zur fixen Vergütung gemäß § 25a Absatz 5 Satz 2 bis 5 des Kreditwesengesetzes nicht berücksichtigt werden:

1.
Abfindungen,

a)
auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht,

b)
die aufgrund eines Sozialplans gemäß § 112 Absatz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes oder gemäß § 75 Absatz 3 Nummer 13 des Bundespersonalvertretungsgesetzes oder gemäß den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen geleistet werden,

c)
die aufgrund eines rechtskräftigen Urteils oder Prozessvergleichs zu leisten sind, oder

d)
die im Fall einer einvernehmlichen oder institutsseitigen betriebsbedingten Vertragsbeendigung oder bei Abwendung eines unmittelbar drohenden gerichtlichen Verfahrens einen Betrag nicht überschreiten, der anhand einer vorher in den Grundsätzen gemäß Satz 2 festgelegten allgemeinen Formel berechnet wurde;

2.
vertraglich festgelegten Karenzentschädigungen für die Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, sofern die Zahlungen vorbehaltlich § 74 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs die ursprünglich geschuldete Fixvergütung nicht überschreiten, und

3.
sonstige Abfindungen, sofern das Institut der Aufsichtsbehörde gemäß § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes die Gründe für die Gewährung sowie die Angemessenheit des Betrages schlüssig dargelegt hat; bei Abfindungen bis zu einer Höhe, die

a)
200.000 Euro nicht überschreitet und

b)
nicht mehr als 200 Prozent der fixen Vergütung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr entspricht,

gilt der Betrag als angemessen, und es kann auf eine Darlegung verzichtet werden.

6Setzt sich die Vergütung aus mehreren Bestandteilen gemäß den Nummern 1 bis 3 zusammen, so ist in jedem Fall eine Darlegung bei der Aufsichtsbehörde gemäß Nummer 3 notwendig.

(7) 1Zusätzliche variable Vergütungen, die zum Zweck der Bindung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an das Institut gewährt werden (Halteprämien), sind nur zulässig, wenn das Institut in der Lage ist, sein berechtigtes Interesse an der Gewährung von Halteprämien zu begründen. 2Sie müssen insbesondere den Anforderungen gemäß den §§ 4 und 7 genügen. 3Bei der Berechnung des Verhältnisses gemäß § 25a Absatz 5 des Kreditwesengesetzes sind Halteprämien entweder zeitanteilig oder mit dem Gesamtbetrag zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu berücksichtigen. 4Bei Risikoträgern und Risikoträgerinnen von bedeutenden Instituten gemäß § 1 Absatz 3c des Kreditwesengesetzes sind zusätzlich auch die Anforderungen der §§ 20 und 22 einzuhalten.




§ 6 Verhältnis von variabler zu fixer Vergütung; Billigung einer höheren Obergrenze gemäß § 25a Absatz 5 Satz 5 des Kreditwesengesetzes



(1) 1Besteht die Vergütung aus einer variablen und einer fixen Vergütung, müssen diese in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. 2Das Verhältnis ist angemessen, wenn einerseits keine signifikante Abhängigkeit des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin von der variablen Vergütung besteht, die variable Vergütung aber andererseits einen wirksamen Verhaltensanreiz setzen kann.

(2) 1Das Institut hat eine angemessene Obergrenze für die variable Vergütung im Verhältnis zur fixen Vergütung festzulegen. 2Soweit anwendbar, ist § 25a Absatz 5 des Kreditwesengesetzes bei der Festlegung der Obergrenze zu beachten. 3Dabei kann auf höchstens 25 Prozent des Gesamtwerts der variablen Vergütung ein angemessener Diskontierungssatz angewendet werden, sofern dieser Anteil in Instrumenten gezahlt wird, die für mindestens fünf Jahre zurückbehalten werden.

(3) Im Zusammenhang mit der Zurückbehaltung darf ein Anspruch oder eine Anwartschaft auf den in Instrumenten zurückbehaltenen Vergütungsanteil gemäß Absatz 2 Satz 3 erst nach Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums entstehen und während des Zurückbehaltungszeitraums lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ermittlung des noch nicht zu einer Anwartschaft oder einem Anspruch erwachsenen Teils dieses Teils der variablen Vergütung bestehen, nicht aber auf diesen Teil der variablen Vergütung selbst.

(4) Wird gemäß § 25a Absatz 5 Satz 5 des Kreditwesengesetzes eine Erhöhung der Obergrenze für die variable Vergütung im Verhältnis zur fixen Vergütung gemäß Satz 2 angestrebt, muss das Institut in der Lage sein, der Aufsichtsbehörde gemäß § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes nachzuweisen, dass die vorgeschlagene höhere Obergrenze nicht die Einhaltung der Verpflichtungen des Instituts gemäß der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, gemäß dem Kreditwesengesetz und gemäß dieser Verordnung beeinträchtigt, wobei besonderes Augenmerk auf die Eigenmittelverpflichtungen des Instituts zu legen ist.

(5) Übt ein Unternehmen als Anteilseigner, Eigentümer, Mitglied oder Träger seine Stimmrechte im Hinblick auf die Billigung einer höheren Obergrenze für die variable Vergütung im Verhältnis zur fixen Vergütung gemäß § 25a Absatz 5 des Kreditwesengesetzes für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seines Tochterunternehmens aus, ist dessen Zustimmung zur Erhöhung nur dann wirksam, wenn diese entweder ihrerseits unter Einhaltung der Anforderungen aus § 25a Absatz 5 Satz 5 bis 9 des Kreditwesengesetzes zustande gekommen ist oder wenn die Erhöhung in Übereinstimmung mit der gruppenweiten Vergütungsstrategie gemäß § 27 Absatz 1 steht.




§ 7 Voraussetzungen für die Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung und die Erdienung zurückbehaltener Vergütungsbestandteile



(1) 1Der Gesamtbetrag der variablen Vergütungen gemäß § 45 Absatz 2 Nummer 10 des Kreditwesengesetzes muss in einem formalisierten, transparenten und nachvollziehbaren Prozess unter angemessener und ihrem Aufgabenbereich entsprechender Beteiligung der Kontrolleinheiten festgesetzt werden. 2Die Verantwortlichkeiten gemäß § 3 gelten entsprechend. 3Bei der Festsetzung des Gesamtbetrags

1.
sind die Risikotragfähigkeit, die mehrjährige Kapitalplanung und die Ertragslage des Instituts und der Gruppe hinreichend zu berücksichtigen und

2.
ist sicherzustellen, dass das Institut und die Gruppe in der Lage sind,

a)
eine angemessene Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung,

b)
die kombinierten Kapitalpufferanforderungen gemäß § 10i des Kreditwesengesetzes und

c)
sofern es sich um ein global systemrelevantes Institut handelt, die Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote gemäß § 10j des Kreditwesengesetzes

dauerhaft aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen.

(2) 1Eine Ermittlung und eine Erdienung von variabler Vergütung darf nur erfolgen, wenn und soweit zu den jeweiligen Zeitpunkten die Voraussetzungen gemäß Absatz 1 Satz 3 erfüllt sind. 2Ein späterer Ausgleich für eine Verringerung der variablen Vergütung ist nicht zulässig.




§ 8 Verbot der Einschränkung oder Aufhebung der Risikoadjustierung



(1) 1Die Risikoadjustierung der variablen Vergütung darf seitens der Institute nicht durch Absicherungs- oder sonstige Gegenmaßnahmen eingeschränkt oder aufgehoben werden. 2Insbesondere dürfen keine Instrumente oder Methoden angewendet werden, durch die Anforderungen dieser Verordnung umgangen werden.

(2) 1Die Institute haben angemessene Compliance-Strukturen einzurichten, um Absicherungs- oder sonstige Gegenmaßnahmen seitens der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zur Einschränkung oder Aufhebung der Risikoadjustierung der Vergütung zu verhindern. 2Angemessene Compliance-Strukturen bestehen insbesondere in einer Verpflichtung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, keine persönlichen Absicherungs- oder sonstigen Gegenmaßnahmen zu treffen, um die Risikoorientierung ihrer Vergütung einzuschränken oder aufzuheben, sowie bei bedeutenden Instituten gemäß § 1 Absatz 3c des Kreditwesengesetzes in der Verpflichtung der Risikoträger und Risikoträgerinnen, private Depotkonten anzuzeigen. 3Dabei ist die Einhaltung dieser Verpflichtung risikoorientiert zumindest stichprobenartig durch die Kontrolleinheiten mit Compliance-Funktion gemäß § 2 Absatz 11 zu überprüfen; bei bedeutenden Instituten gemäß § 1 Absatz 3c des Kreditwesengesetzes erfolgt die Überprüfung durch den Vergütungsbeauftragten gemäß den §§ 23 bis 25.




§ 9 Zusätzliche Anforderungen an die Vergütung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kontrolleinheiten



(1) Die Vergütung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kontrolleinheiten muss so ausgestaltet sein, dass eine angemessene qualitative und quantitative Personalausstattung ermöglicht wird.

(2) Bei der Ausgestaltung der Vergütung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kontrolleinheiten ist sicherzustellen, dass der Schwerpunkt auf dem fixen Vergütungsbestandteil liegt.




§ 10 Zusätzliche Anforderungen an die Vergütung von Geschäftsleitern und Geschäftsleiterinnen



(1) Das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan hat bei der Festsetzung der Vergütung des einzelnen Geschäftsleiters oder der einzelnen Geschäftsleiterin dafür zu sorgen, dass die Vergütung

1.
in einem jeweils angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Geschäftsleiters oder der Geschäftsleiterin sowie zur Lage des Instituts steht und

2.
die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigt.

(2) Variable Vergütungen sollen eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben; für außerordentliche Entwicklungen soll das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan eine Begrenzungsmöglichkeit vereinbaren.

(3) Andere einschlägige bundes- oder landesgesetzliche Regelungen zur Vergütung von Geschäftsleitern und Geschäftsleiterinnen bleiben von den Absätzen 1 und 2 unberührt.

(4) 1Die Vergütung, die Geschäftsleiter und Geschäftsleiterinnen für ihre berufliche Tätigkeit bei dem Institut erhalten, muss abschließend im Anstellungsvertrag festgelegt werden. 2Der Anstellungsvertrag und spätere Änderungen bedürfen der Schriftform.