Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Unterabschnitt 1 - Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG)

neugefasst durch B. v. 24.08.2021 BGBl. I S. 4036; zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 23.10.2024 BGBl. 2024 I Nr. 327
Geltung ab 25.04.2013; FNA: 7840-4 Allgemeine Marktordnungsvorschriften
| |

Teil 3 Geschäftsbeziehungen in der Agrar-, Fischerei- und Lebensmittellieferkette

Kapitel 1 Unlautere Handelspraktiken in der Agrar-, Fischerei- und Lebensmittellieferkette

Abschnitt 4 Gerichtsverfahren

Unterabschnitt 1 Gerichtsverfahren in Verwaltungssachen

§ 32 Zuständigkeit, Zulässigkeit



(1) Über eine Klage gegen die Durchsetzungsbehörde entscheidet das für Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht (zuständiges Gericht).

(2) Die §§ 42 bis 44a der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden.




§ 33 Aufschiebende Wirkung



Die Klage gegen eine Verfügung der Durchsetzungsbehörde hat keine aufschiebende Wirkung.




§ 34 Frist und Form



(1) 1Die Klage ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Durchsetzungsbehörde schriftlich einzureichen. 2Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Durchsetzungsbehörde. 3Es genügt, wenn die Klage innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht.

(2) Erlässt die Durchsetzungsbehörde auf Grund einer Beschwerde keine Verfügung, so ist die Klage an keine Frist gebunden.

(3) 1Die Klage ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Verfügung zu begründen. 2Im Fall des Absatzes 2 beträgt die Frist einen Monat; sie beginnt mit der Erhebung der Klage. 3Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des zuständigen Gerichts verlängert werden.

(4) Die Klagebegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Verfügung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird,

2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Klage stützt.

(5) Die Klageschrift und die Klagebegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.




§ 35 Beteiligtenfähigkeit



Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind außer natürlichen und juristischen Personen auch nichtrechtsfähige Personenvereinigungen.




§ 36 Verfahrensbeteiligte



An dem Verfahren vor dem zuständigen Gericht sind beteiligt:

1.
der Kläger,

2.
die Durchsetzungsbehörde,

3.
Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden und die die Durchsetzungsbehörde auf ihren Antrag zu dem Verfahren beigeladen hat.




§ 37 Anwaltszwang



1Vor dem zuständigen Gericht müssen sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. 2Die Durchsetzungsbehörde kann sich durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen.




§ 38 Mündliche Verhandlung



(1) Das zuständige Gericht entscheidet über die Klage auf Grund mündlicher Verhandlung; mit Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

(2) Sind die Beteiligten in dem Verhandlungstermin trotz rechtzeitiger Benachrichtigung nicht erschienen oder werden sie nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, so kann gleichwohl in der Sache verhandelt und entschieden werden.




§ 39 Untersuchungsgrundsatz



(1) Das zuständige Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass

1.
Formfehler beseitigt werden,

2.
unklare Anträge erläutert werden,

3.
sachdienliche Anträge gestellt werden,

4.
ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt werden und

5.
alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) 1Das zuständige Gericht kann den Beteiligten aufgeben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist über aufklärungsbedürftige Punkte zu äußern, Beweismittel zu bezeichnen und in ihren Händen befindliche Urkunden sowie andere Beweismittel vorzulegen. 2Bei Versäumung der Frist kann nach Lage der Sache ohne Berücksichtigung der nicht beigebrachten Beweismittel entschieden werden.




§ 40 Gerichtsentscheidung



(1) 1Das zuständige Gericht entscheidet durch Urteil oder, wenn nach Einverständnis der Beteiligten nach § 38 Absatz 1 ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, durch Beschluss. 2Das zuständige Gericht trifft die Entscheidung nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. 3Die Entscheidung darf nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. 4Das zuständige Gericht kann hiervon abweichen, soweit Beigeladenen aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, Akteneinsicht nicht gewährt und der Akteninhalt aus diesen Gründen auch nicht vorgetragen worden ist. 5Dies gilt nicht für solche Beigeladene, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann.

(2) 1Hält das zuständige Gericht die Verfügung der Durchsetzungsbehörde für unzulässig oder unbegründet, so hebt es die Verfügung auf. 2Hat sich die Verfügung vorher durch Zurücknahme oder auf andere Weise erledigt, so spricht das zuständige Gericht auf Antrag aus, dass die Verfügung der Durchsetzungsbehörde unzulässig oder unbegründet gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(3) Hält das zuständige Gericht die Ablehnung oder die Unterlassung der Verfügung für unzulässig oder unbegründet, so spricht es die Verpflichtung der Durchsetzungsbehörde aus, die beantragte Verfügung vorzunehmen.

(4) Die Verfügung ist auch dann unzulässig oder unbegründet, wenn die Durchsetzungsbehörde von ihrem Ermessen fehlerhaften Gebrauch gemacht hat, insbesondere dann, wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder durch die Ermessensentscheidung Sinn und Zweck dieses Gesetzes verletzt hat.

(5) Die Entscheidung ist zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung den Beteiligten zuzustellen.




§ 41 Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör



(1) 1Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
weder ein Rechtsmittel noch ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung gegeben ist und

2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

2Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) 1Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. 2Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. 3Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. 4Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. 5Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) 1Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. 2Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. 3Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. 4Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) 1Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. 2Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. 3Im schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. 4Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung anzuwenden.





§ 42 Akteneinsicht



(1) 1Die in § 36 Nummer 1 und 2 bezeichneten Beteiligten können die Akten des zuständigen Gerichts einsehen und sich von der Geschäftsstelle auf eigene Kosten Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften aushändigen lassen. 2§ 299 Absatz 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(2) 1Einsicht in Vorakten, Beiakten, Gutachten und Auskünfte ist nur mit Zustimmung der Stellen zulässig, denen die Unterlagen gehören oder die die Auskünfte eingeholt haben. 2Die Durchsetzungsbehörde hat die Zustimmung zur Einsicht in die ihr gehörenden Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, geboten ist. 3Wird die Einsicht abgelehnt oder ist sie unzulässig, dürfen diese Unterlagen der Entscheidung nur insoweit zugrunde gelegt werden, als ihr Inhalt vorgetragen worden ist. 4Das zuständige Gericht kann die Offenlegung von Tatsachen oder Beweismitteln, deren Geheimhaltung aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, verlangt wird, nach Anhörung des von der Offenlegung Betroffenen durch Beschluss anordnen, soweit es für die Entscheidung auf diese Tatsachen oder Beweismittel ankommt, andere Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht bestehen und nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles die Bedeutung der Sache für den Schutz vor unlauteren Handelspraktiken das Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt. 5Der Beschluss ist zu begründen. 6In dem Verfahren nach Satz 4 muss sich der Betroffene nicht anwaltlich vertreten lassen.

(3) Den in § 36 Nummer 3 bezeichneten Beteiligten kann das zuständige Gericht nach Anhörung des Verfügungsberechtigten Akteneinsicht in gleichem Umfang gewähren.




§ 43 Geltung von Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozessordnung



Für Verfahren vor dem zuständigen Gericht gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, folgende Vorschriften entsprechend:

1.
die Vorschriften der §§ 169 bis 201 des Gerichtsverfassungsgesetzes über Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung sowie über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren;

2.
die Vorschriften der Zivilprozessordnung über Ausschließung und Ablehnung eines Richters, über Prozessbevollmächtigte und Beistände, über die Zustellung von Amts wegen, über Ladungen, Termine und Fristen, über die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien, über die Verbindung mehrerer Prozesse, über die Erledigung des Zeugen- und Sachverständigenbeweises sowie über die sonstigen Arten des Beweisverfahrens, über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist sowie über den elektronischen Rechtsverkehr.




§ 44 Zulassung der Revision, absolute Revisionsgründe



(1) Gegen Entscheidungen des Oberlandesgerichts findet die Revision an den Bundesgerichtshof statt, wenn das Oberlandesgericht die Revision zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder

2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) 1Über die Zulassung oder Nichtzulassung der Revision ist in der Entscheidung des Oberlandesgerichts zu befinden. 2Die Nichtzulassung ist zu begründen.

(4) Einer Zulassung zur Einlegung der Revision gegen Entscheidungen des zuständigen Gerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,

3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt worden ist,

4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6.
wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.




§ 45 Nichtzulassungsbeschwerde



(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) 1Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. 2Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) 1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht einzulegen. 2Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) 1Für die Nichtzulassungsbeschwerde gelten entsprechend:

1.
§ 34 Absatz 3, 4 Nummer 1 und Absatz 5, die §§ 36, 37, 42 und 43 Nummer 2 dieses Gesetzes sowie

2.
die §§ 192 bis 201 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Beratung und Abstimmung sowie über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren.

2Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das nach § 32 Absatz 1 zuständige Gericht zuständig.

(5) 1Wird die Revision nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. 2Wird die Revision zugelassen, so beginnt mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs der Lauf der Beschwerdefrist.




§ 46 Revisionsberechtigte, Form und Frist



(1) Die Revision steht der Durchsetzungsbehörde sowie den am Klageverfahren Beteiligten zu.

(2) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) 1Die Revision ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht einzulegen. 2Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Der Bundesgerichtshof ist an die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer, wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht worden sind.

(5) 1Für die Revision gelten im Übrigen § 34 Absatz 3, 4 Nummer 1 und Absatz 5 sowie die §§ 36 bis 38 und 40 bis 43 entsprechend. 2Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das nach § 32 Absatz 1 zuständige Gericht zuständig.




§ 47 Kostentragung und Kostenfestsetzung



1Im Klageverfahren und im Revisionsverfahren kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. 2Hat ein Beteiligter Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst, so sind ihm die Kosten aufzuerlegen. 3Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.