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Abschnitt 4 - Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV)

Artikel 1 V. v. 17.12.2018 BGBl. I S. 2483, 2019 BGBl. I S. 411 (Nr. 46)
Geltung ab 20.12.2018; FNA: 7100-1-16 Gewerbeordnung
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Abschnitt 4 Anforderungen an die Geschäftsorganisation, Informationspflichten

§ 14 Anforderungen an die Geschäftsorganisation, Vergütung, Vermeidung von Interessenkonflikten



(1) 1Der Gewerbetreibende muss über alle sachgerechten Informationen zu dem Versicherungsprodukt und dem Produktfreigabeverfahren einschließlich des bestimmten Zielmarkts des Versicherungsprodukts verfügen. 2Satz 1 gilt nicht für Versicherungsverträge über Großrisiken nach § 210 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes.

(2) 1Der Gewerbetreibende darf seine Beschäftigten nicht in einer Weise vergüten oder bewerten, die mit ihrer Pflicht, im bestmöglichen Interesse der Versicherungsnehmer zu handeln, kollidiert. 2Der Gewerbetreibende darf keine Vorkehrungen durch die Vergütung, Verkaufsziele oder in anderer Weise treffen, durch die Anreize für ihn selbst oder seine Beschäftigten geschaffen werden könnten, einem Versicherungsnehmer ein bestimmtes Versicherungsprodukt zu empfehlen, obwohl er ein anderes, den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers besser entsprechendes Versicherungsprodukt anbieten könnte.


§ 15 Information des Versicherungsnehmers



(1) Der Gewerbetreibende hat dem Versicherungsnehmer beim ersten Geschäftskontakt folgende Angaben nach Maßgabe des § 16 Absatz 1 mitzuteilen:

1.
seinen Familiennamen und Vornamen sowie die Firmen der Personenhandelsgesellschaften, in denen der Eintragungspflichtige als geschäftsführender Gesellschafter tätig ist,

2.
seine betriebliche Anschrift,

3.
ob er

a)
als Versicherungsmakler

aa)
mit einer Erlaubnis nach § 34d Absatz 1 der Gewerbeordnung,

bb)
mit Ausnahme von der Erlaubnispflicht nach § 34d Absatz 6 der Gewerbeordnung als produktakzessorischer Versicherungsmakler,

b)
als Versicherungsvertreter

aa)
mit einer Erlaubnis nach § 34d Absatz 1 der Gewerbeordnung,

bb)
nach § 34d Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 der Gewerbeordnung als gebundener Versicherungsvertreter,

cc)
mit Ausnahme von der Erlaubnispflicht nach § 34d Absatz 6 der Gewerbeordnung als produktakzessorischer Versicherungsvertreter

oder

c)
als Versicherungsberater mit Erlaubnis nach § 34d Absatz 2 der Gewerbeordnung bei der zuständigen Behörde gemeldet und in das Vermittlerregister nach § 34d Absatz 10 der Gewerbeordnung eingetragen ist und wie sich diese Eintragung überprüfen lässt,

4.
ob er eine Beratung anbietet,

5.
die Art der Vergütung, die er im Zusammenhang mit der Vermittlung erhält,

6.
ob die Vergütung direkt vom Kunden zu zahlen ist oder als Provision oder sonstige Vergütung in der Versicherungsprämie enthalten ist,

7.
ob er als Vergütung andere Zuwendungen erhält,

8.
ob seine Vergütung aus einer Verknüpfung der in den Nummern 6 und 7 genannten Vergütungen besteht,

9.
Anschrift, Telefonnummer und die Internetadresse der gemeinsamen Stelle im Sinne des § 11a Absatz 1 der Gewerbeordnung und die Registrierungsnummer, unter der er im Register eingetragen ist,

10.
die unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen von über 10 Prozent, die er an den Stimmrechten oder am Kapital eines Versicherungsunternehmens besitzt,

11.
die Versicherungsunternehmen oder Mutterunternehmen eines Versicherungsunternehmens, die eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von über 10 Prozent an den Stimmrechten oder am Kapital des Informationspflichtigen besitzen,

12.
die Anschrift der Schlichtungsstelle, die bei Streitigkeiten zwischen Versicherungsvermittlern oder Versicherungsberatern und Versicherungsnehmern angerufen werden kann.

(2) Der Gewerbetreibende hat sicherzustellen, dass auch seine Beschäftigten die ihm über seine Person obliegenden Mitteilungspflichten nach Absatz 1 erfüllen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Tätigkeiten in Bezug auf Rückversicherungen und Versicherungsverträge über Großrisiken nach § 210 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes.


§ 16 Einzelheiten der Mitteilung



(1) Die Mitteilung nach § 15 Absatz 1 hat wie folgt zu erfolgen:

1.
auf Papier,

2.
in klarer, genauer und für den Versicherungsnehmer verständlicher Weise,

3.
in einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem das Risiko belegen ist oder in dem die Verpflichtung eingegangen wird, oder in jeder anderen von den Parteien vereinbarten Sprache, und

4.
unentgeltlich.

(2) Abweichend von Absatz 1 Nummer 1 darf die Mitteilung dem Versicherungsnehmer auch über eines der folgenden Medien erteilt werden:

1.
über einen anderen dauerhaften Datenträger als Papier, wenn die Nutzung des dauerhaften Datenträgers im Rahmen des getätigten Geschäfts angemessen ist und der Versicherungsnehmer die Wahl zwischen einer Auskunftserteilung auf Papier oder auf einem dauerhaften Datenträger hatte und sich für diesen Datenträger entschieden hat, oder

2.
über eine Website,

a)
wenn der Zugang für den Versicherungsnehmer personalisiert wird oder

b)
wenn:

aa)
die Erteilung dieser Auskünfte über eine Website im Rahmen des getätigten Geschäfts angemessen ist,

bb)
der Versicherungsnehmer der Auskunftserteilung über eine Website zugestimmt hat,

cc)
dem Versicherungsnehmer die Adresse der Website und die dortige Fundstelle der Auskünfte elektronisch mitgeteilt wurden und

dd)
es gewährleistet ist, dass diese Auskünfte auf der Website so lange verfügbar bleiben, wie sie für den Versicherungsnehmer vernünftigerweise abrufbar sein müssen.

(3) Der Mitteilungsweg nach Absatz 2 ist insbesondere angemessen, wenn der Versicherungsnehmer eine E-Mail-Adresse für die Zwecke dieses Geschäfts mitteilt.

(4) Handelt es sich um einen telefonischen Kontakt, ist die Mitteilung dem Versicherungsnehmer nach Absatz 1 oder Absatz 2 unmittelbar nach dem ersten Geschäftskontakt zu erteilen.


§ 17 Behandlung von Beschwerden



(1) 1Der Gewerbetreibende mit einer Erlaubnis nach § 34d Absatz 1 oder 2 der Gewerbeordnung muss über Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung verfügen, die von ihm oder von der für die Leitung des Gewerbebetriebs verantwortlichen Person bestimmt wurden. 2Der Gewerbetreibende oder die für die Leitung des Gewerbebetriebs verantwortliche Person ist verpflichtet, die Leitlinien umzusetzen und ihre Einhaltung zu überwachen. 3Die Leitlinien sind den mit der Beschwerdebearbeitung befassten Beschäftigten des Gewerbetreibenden schriftlich zugänglich zu machen.

(2) 1Der Gewerbetreibende hat

1.
eine Beschwerdemanagementfunktion einzurichten, die Beschwerden untersucht und dabei mögliche Interessenkonflikte feststellt und vermeidet, soweit der Umfang des Gewerbebetriebs dies erfordert,

2.
eine Beschwerde zu registrieren, der zuständigen Industrie- und Handelskammer jederzeit Einsicht in dieses Register zu gestatten und die Daten zur Beschwerdebearbeitung fortlaufend zu untersuchen und zu bewerten,

3.
den Eingang einer Beschwerde zu bestätigen und den Beschwerdeführer über das Verfahren zur Beschwerdebearbeitung zu unterrichten,

4.
eine Beschwerde an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Beschwerdeführer darüber zu unterrichten, sofern die Beschwerde einen Gegenstand betrifft, für den der Gewerbetreibende nicht zuständig ist,

5.
Angaben über das Verfahren zur Beschwerdebearbeitung einschließlich der Angabe, wie eine Beschwerde einzureichen ist, in geeigneter Weise zu veröffentlichen und

6.
eine Beschwerde umfassend zu prüfen und dem Beschwerdeführer unverzüglich in verständlicher Sprache zu antworten.

2Ist im Falle des Satzes 1 Nummer 6 eine unverzügliche Antwort nicht möglich, unterrichtet der Gewerbetreibende den Beschwerdeführer über die Gründe für die Verzögerung und darüber, wann die Prüfung voraussichtlich abgeschlossen sein wird. 3Unterrichtungen nach den Sätzen 1 und 2 sind auf Wunsch des Beschwerdeführers schriftlich zu erteilen.

(3) Sofern der Gewerbetreibende der Beschwerde nicht oder nicht vollständig nachkommen kann, hat er dem Beschwerdeführer die Gründe dafür zu erläutern und ihn auf Möglichkeiten hinzuweisen, wie er sein Anliegen weiterverfolgen kann.

(4) Wenn der Versicherungsnehmer zur außergerichtlichen Beilegung einer Streitigkeit zwischen ihm und dem Gewerbetreibenden die Schlichtungsstelle nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Versicherungsvertragsgesetzes anruft, ist der Gewerbetreibende verpflichtet, an dem Schlichtungsverfahren teilzunehmen.