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Abschnitt 1 - Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Verordnung (AgrarOLkV)

V. v. 11.10.2021 BGBl. I S. 4655 (Nr. 73); zuletzt geändert durch Artikel 2 V. v. 09.03.2023 BGBl. 2023 I Nr. 61
Geltung ab 19.10.2021; FNA: 7840-4-3 Allgemeine Marktordnungsvorschriften
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Teil 1 Agrarorganisationen

Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Erzeugnisbereiche



(1) Die Bereiche von Agrarerzeugnissen, für die jeweils Agrarorganisationen anerkannt werden können, (Erzeugnisbereiche) sind

1.
die Sektoren, die in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a bis h und j bis w der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671; L 189 vom 27.6.2014, S. 261; L 130 vom 19.5.2016, S. 18; L 34 vom 9.2.2017, S. 41; L 106 vom 6.4.2020, S. 12) in der jeweils geltenden Fassung festgelegt sind, wobei die in Abschnitt I der Anlage dieser Verordnung enthaltenen Ergänzungen einzelner dieser Sektoren als Bestandteil des jeweiligen Erzeugnisbereichs gelten, sowie

2.
die in Abschnitt II der Anlage dieser Verordnung genannten Erzeugnisbereiche.

(2) In den Erzeugnisbereichen nach Absatz 1 richtet sich die Anerkennung von Agrarorganisationen nach den Bestimmungen des Unionsrechts und ergänzend nach den Bestimmungen des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes und dieser Verordnung.

(3) 1Abweichend von Absatz 1 können im Erzeugnisbereich Wein keine Branchenverbände anerkannt werden. 2Abweichend von Satz 1 können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung vorsehen, dass zur Berücksichtigung besonderer regionaler Bedürfnisse Branchenverbände anerkannt werden.

(4) Für Erzeugnisbereiche außerhalb des Absatzes 1, für die eine Anerkennung von Agrarorganisationen nach anderen Vorschriften vorgesehen ist, gelten Teil 1, § 33 Absatz 1, 2 und 3 Nummer 1, § 34 und, soweit die Durchführung des Agrarorganisationenrechts betroffen ist, die §§ 32 und 33 Absatz 3 Nummer 2 und 3 dieser Verordnung nicht, soweit nicht in anderen Rechtsvorschriften etwas Abweichendes bestimmt ist.




§ 2 Grundsatz der Anerkennung



(1) Eine Agrarorganisation ist auf Antrag anzuerkennen, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllt:

1.
die allgemeinen Anerkennungsvoraussetzungen des § 3 und

2.
die besonderen Anerkennungsvoraussetzungen, die jeweils für die antragstellende Agrarorganisation nach dem Unionsrecht, dem Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz und dieser Verordnung für bestimmte Agrarorganisationen oder bestimmte Erzeugnisbereiche gelten.

(2) Für jeden Erzeugnisbereich, in dem eine Agrarorganisation tätig ist, bedarf es einer gesonderten Anerkennung.

(3) Eine anerkannte Agrarorganisation darf Folgendes nicht als von ihrer Anerkennung umfasst bezeichnen oder einen entsprechenden Eindruck erwecken:

1.
eine Tätigkeit, die sich auf außerhalb ihrer Anerkennung liegende Agrarerzeugnisse bezieht, oder

2.
Agrarerzeugnisse im Sinne der Nummer 1.

(4) Die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten, die einer Agrarorganisation durch das Agrarorganisationenrecht, insbesondere durch die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz und diese Verordnung, zugewiesen sind, obliegt den Personen, die auf Grund der Satzung im Sinne von § 4 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes (Satzung) der Agrarorganisation zur Vertretung derselben im Rechtsverkehr bestellt sind.


§ 3 Allgemeine Anerkennungsvoraussetzungen



Eine Agrarorganisation muss

1.
eine juristische Person des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts oder eine Personenvereinigung des Privatrechts sein,

2.
ihre Gründung auf eine Initiative ihrer Gründungsmitglieder zurückführen können,

3.
soweit es sich nicht um einen Branchenverband handelt, ihren Hauptsitz in einem Land haben, in dem sie

a)
über Mitglieder verfügt und

b)
eine im Vergleich mit ihrer Gesamttätigkeit nicht nur unbedeutende Tätigkeit entfaltet,

4.
eine Satzung haben, die Bestimmungen enthält

a)
zu ihrem Namen,

b)
zu ihrem Hauptsitz,

c)
zur Erfüllung der Anerkennungsvoraussetzungen,

d)
zur Ausübung einer demokratischen Kontrolle der Mitglieder über die Agrarorganisation als Ganzes und die Entscheidungen der Agrarorganisation,

e)
zu Mitgliedschaftsbeiträgen,

f)
zur sachgerechten Ausübung der Aufgaben,

g)
zur Aufnahme neuer Mitglieder und der Beendigung der Mitgliedschaft,

h)
zu Sanktionen bei Verstößen gegen die Mitgliedschaftspflichten und

i)
zur Einrichtung von Zweigstellen.


§ 4 Anerkennungsverfahren



(1) 1Die Anerkennung ist bei der zuständigen Stelle zu beantragen. 2Dem Antrag sind beizufügen:

1.
die geltende Satzung der Agrarorganisation und die Verträge, die im Rahmen des § 11 geschlossen worden sind,

2.
eine Liste mit Namen, im Falle natürlicher Personen der Vornamen und Nachnamen, aller zum Zeitpunkt des Antrages vorhandenen Mitglieder der Agrarorganisation einschließlich deren jeweiliger Anschrift,

3.
ein Nachweis für jedes in Nummer 2 genannte Mitglied, dass es die Anforderungen des Agrarorganisationenrechts an die Mitgliedschaft erfüllt, sowie

4.
ein Nachweis, dass die antragstellende Agrarorganisation die Voraussetzung des § 3 Nummer 1 erfüllt.

3Soweit eine nicht in einem amtlichen Register eintragungsfähige Personenvereinigung einen Antrag auf Anerkennung stellt, hat diese abweichend von Satz 2 Nummer 4 eine beglaubigte Abschrift des Gründungsdokuments beizufügen. 4Die Agrarorganisation hat auf Verlangen der zuständigen Stelle weitere Angaben zu machen und Nachweise vorzulegen, soweit die auf Grund der Sätze 2 und 3 eingereichten Unterlagen für die Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen nicht ausreichend sind und soweit dies für die Prüfung der Anerkennung erforderlich ist.

(2) 1Über den Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab dem Vorliegen der für die Prüfung der Anerkennung erforderlichen Angaben und Unterlagen durch Bescheid zu entscheiden. 2Fehlen erforderliche Angaben oder Unterlagen, unterrichtet die Behörde die antragstellende Agrarorganisation hiervon.

(3) 1Eine anerkannte Agrarorganisation hat der zuständigen Stelle jede Änderung eines für die Erfüllung der Antragsvoraussetzungen maßgeblichen Sachverhaltes, die sich nach der Anerkennung ergibt, insbesondere jede rechtswirksame Änderung der Satzung, innerhalb von drei Monaten ab dem Wirksamwerden der Änderung mitzuteilen. 2Der Mitteilung sind die zum Nachweis geeigneten Unterlagen beizufügen.

(4) 1Wird die Festlegung des Hauptsitzes in der Satzung geändert und ändert sich dadurch die örtliche Zuständigkeit für die Anerkennung, ist die Änderung der Satzung der bis zum Wirksamwerden der Änderung zuständigen Stelle mitzuteilen. 2Diese Stelle unterrichtet die neue zuständige Stelle über die Satzungsänderung unter Beifügung der Satzung.

(5) 1Ist eine Anerkennung aufgehoben worden oder in sonstiger Weise weggefallen, kann die Agrarorganisation frühestens ein Jahr nach dem Wirksamwerden des Wegfalls erneut anerkannt werden. 2Die zuständige Stelle kann in Fällen besonderer Härte die Frist nach Satz 1 verkürzen.


§ 5 Rücknahme, Widerruf und Ruhen der Anerkennung; Änderung der Anerkennungsvoraussetzungen



(1) 1Die Anerkennung ist unbeschadet des § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zurückzunehmen, wenn eine Anerkennungsvoraussetzung bei der Anerkennung nicht gegeben war. 2Sie ist zu widerrufen, wenn nachträglich eine Anerkennungsvoraussetzung nicht mehr erfüllt wird. 3Anstelle der Rücknahme oder des Widerrufs kann die zuständige Stelle das Ruhen der Anerkennung anordnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Grund für die Rücknahme oder den Widerruf innerhalb einer angemessenen Frist beseitigt werden wird.

(2) 1Unbeschadet des Absatzes 1 Satz 2 und des § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes kann die Anerkennung widerrufen werden, wenn

1.
eine Agrarorganisation wiederholt verstößt gegen

a)
Bestimmungen in den Artikeln 149, 152 bis 165, 166a und 167 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und in den auf der Grundlage der Artikel 166, 173 und 174 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 erlassenen Rechtsakten oder

b)
Bestimmungen dieser Verordnung, die den in Buchstabe a bezeichneten Bestimmungen entsprechen, oder

2.
im Bereich der unter die Anerkennung fallenden Tätigkeiten fortgesetzt ein schwerwiegender Rechtsverstoß begangen wird, der der Agrarorganisation zurechenbar ist und durch den das Erscheinungsbild der Agrarorganisation so erheblich beeinträchtigt wird oder werden kann, dass eine staatliche Anerkennung dazu in Widerspruch steht.

2Soweit anderweitiges Fachrecht betroffen ist, hat die erforderliche Anhörung der Agrarorganisation unter Beteiligung der jeweils zuständigen Fachbehörde zu erfolgen. 3Anstelle des Widerrufs kann entsprechend Absatz 1 Satz 3 das Ruhen der Anerkennung angeordnet werden.

(3) 1Ändert sich nach der Anerkennung eine Anerkennungsvoraussetzung des Agrarorganisationenrechts, müssen die betroffenen Agrarorganisationen die geänderte Anerkennungsvoraussetzung innerhalb von zwölf Monaten nach dem Wirksamwerden der Änderung erfüllen. 2Weist die zuständige Stelle die Agrarorganisation auf die Änderung schriftlich hin, muss die Agrarorganisation der zuständigen Stelle auf Verlangen bis zum Ablauf der in Satz 1 genannten Frist mitteilen, dass sie die geänderte Anerkennungsvoraussetzung erfüllt. 3Erfolgt keine Mitteilung nach Satz 2 oder erfüllt die Agrarorganisation die geänderte Anerkennungsvoraussetzung bis zum Ablauf der in Satz 1 genannten Frist nicht, ordnet die zuständige Stelle das Erlöschen der Anerkennung durch Bescheid an. 4Anstelle des Erlöschens kann das Ruhen der Anerkennung angeordnet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die nicht erfüllte Anerkennungsvoraussetzung innerhalb einer angemessenen Frist erfüllt werden wird.

(4) 1Wird die Möglichkeit der Anerkennung für bestimmte Agrarorganisationen aufgehoben, erlischt die Anerkennung der betroffenen Agrarorganisationen nach Ablauf von zwölf Monaten ab der Aufhebung. 2In Fällen besonderer Härte kann auf Antrag die in Satz 1 genannte Frist um höchstens sechs Monate verlängert werden. 3Das Erlöschen der Anerkennung ist von der zuständigen Stelle durch Bescheid festzustellen.

(5) 1Auf die Anerkennung kann jederzeit schriftlich gegenüber der zuständigen Stelle verzichtet werden. 2Der Verzicht ist durch Bescheid festzustellen und wird mit dieser Feststellung wirksam.




§ 6 Verstoß gegen Kartellrecht



1Leitet die zuständige Kartellbehörde ein Verfahren gegen eine anerkannte Agrarorganisation wegen Verstoßes gegen eine kartellrechtliche Bestimmung ein, unterrichtet sie die zuständige Stelle davon und kann von dieser für das Verfahren erforderliche Angaben und Unterlagen anfordern. 2Trifft die zuständige Kartellbehörde in dem Verfahren eine Entscheidung gegenüber der Agrarorganisation, hat sie die Entscheidung der zuständigen Stelle nachrichtlich zu übermitteln. 3Nach Rechtskraft oder rechtskräftiger Aufhebung der Entscheidung gilt Satz 2 entsprechend.


§ 7 Agrarorganisationenregister



(1) Zuständige Stelle für die Führung des Agrarorganisationenregisters ist abweichend von § 8 Absatz 1 des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Bundesanstalt).

(2) 1Die in § 8 Absatz 1 des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes genannten Stellen übermitteln der Bundesanstalt zum Ablauf jedes Vierteljahres eines Kalenderjahres die in § 8 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes genannten Daten in einer elektronisch verarbeitungsfähigen Form und getrennt nach den einzelnen Agrarorganisationen. 2Die Bundesanstalt kann für die Übermittlung Anforderungen an das Datenformat und die Datenfelder im Bundesanzeiger bekannt machen.