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Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts (VStRFG k.a.Abk.)


Eingangsformel



Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:


Artikel 1 Änderung des Völkerstrafgesetzbuches


Artikel 1 ändert mWv. 3. August 2024 VStGB § 7, § 8, § 11, § 12

Das Völkerstrafgesetzbuch vom 26. Juni 2002 (BGBl. I S. 2254), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3150) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
§ 7 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a)
Nummer 6 wird wie folgt gefasst:

„6.
einen sexuellen Übergriff auf einen anderen Menschen begeht, ihn sexuell nötigt oder vergewaltigt, ihn zur Prostitution nötigt, ihn sexuell versklavt, ihn der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt, einen unter Anwendung von Zwang geschwängerten Menschen in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen oder Taten nach den §§ 6 bis 13 zu begehen, gefangen hält oder eine Schwangerschaft gegen oder ohne den Willen des schwangeren Menschen abbricht,".

b)
In Nummer 7 werden die Wörter „für längere Zeit" durch die Wörter „nicht nur kurzzeitig" ersetzt und werden in Buchstabe a die Wörter „auf Nachfrage" gestrichen.

c)
In Nummer 10 werden nach dem Wort „Geschlechts" die Wörter „, der sexuellen Orientierung" eingefügt.

2.
§ 8 Absatz 1 Nummer 4 wird wie folgt gefasst:

„4.
einen sexuellen Übergriff auf eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person begeht, sie sexuell nötigt oder vergewaltigt, sie zur Prostitution nötigt, sie sexuell versklavt, sie der Fortpflanzungsfähigkeit beraubt, eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende und unter Anwendung von Zwang geschwängerte Person in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen oder Taten nach den §§ 6 bis 13 zu begehen, gefangen hält oder eine Schwangerschaft gegen oder ohne den Willen der schwangeren, nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person abbricht,".

3.
§ 11 wird wie folgt geändert:

a)
Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa)
In Nummer 6 wird das Wort „oder" am Ende gestrichen.

bb)
Der Nummer 7 wird das Wort „oder" angefügt.

cc)
Nach Nummer 7 wird folgende Nummer 8 eingefügt:

„8.
mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff weitreichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen,".

b)
Absatz 3 wird aufgehoben.

4.
§ 12 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a)
In Nummer 2 wird das Wort „oder" am Ende durch ein Komma ersetzt.

b)
Nach Nummer 3 werden die folgenden Nummern 4 und 5 eingefügt:

„4.
Waffen verwendet, deren Hauptwirkung darin besteht, durch Splitter zu verletzen, die im menschlichen Körper durch Röntgenstrahlen nicht entdeckt werden können, oder

5.
Laserwaffen verwendet, die eigens dazu entworfen sind, die dauerhafte Erblindung des unbewehrten Auges zu verursachen,".


Artikel 2 Änderung des Strafgesetzbuches


Artikel 2 wird in 1 Vorschrift zitiert und ändert mWv. 3. August 2024 StGB § 126, § 138, § 234b (neu)

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Juni 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 213) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 234a folgende Angabe eingefügt:

§ 234b Verschwindenlassen von Personen".

2.
In § 126 Absatz 1 Nummer 5 und § 138 Absatz 1 Nummer 6 wird jeweils die Angabe „234, 234a" durch die Angabe „234 bis 234b" ersetzt.

3.
Nach § 234a wird folgender § 234b eingefügt:

§ 234b Verschwindenlassen von Personen

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer als Amtsträger oder im Auftrag oder mit Billigung eines Staates

1.
eine Person entführt oder sonst ihrer körperlichen Freiheit beraubt, wobei im Weiteren die Auskunft über ihr Schicksal oder ihren Verbleib verweigert wird, oder

2.
das Schicksal oder den Verbleib einer Person verschleiert, die von einem Amtsträger oder im Auftrag oder mit Billigung eines Staates entführt oder sonst ihrer körperlichen Freiheit beraubt worden ist, oder die Auskunft darüber verweigert,

und sie dadurch dem Schutz des Gesetzes entzieht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren."


Artikel 3 Änderung der Strafprozessordnung


Artikel 3 wird in 1 Vorschrift zitiert und ändert mWv. 3. August 2024 StPO § 100a, § 395, § 397a, § 397b, § 406g, § 406h

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 234) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
In § 100a Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe i wird die Angabe „234, 234a" durch die Angabe „234 bis 234b" ersetzt.

2.
§ 395 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a)
Nach Nummer 2 wird folgende Nummer 2a eingefügt:

„2a.
den §§ 6 bis 8, 11 und 12 des Völkerstrafgesetzbuches gegen das Leben, die versucht wurde, sofern auch hier ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der verfahrensgegenständlichen Tat und der Rechtsgutverletzung besteht,".

b)
Nach Nummer 4 wird folgende Nummer 4a eingefügt:

„4a.
den §§ 6 bis 8 und 10 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches in seinen Rechten auf körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder auf religiöse, sexuelle oder reproduktive Selbstbestimmung oder als Kind in seinem Recht auf ungestörte körperliche und seelische Entwicklung, sofern auch hier ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der verfahrensgegenständlichen Tat und der Rechtsgutverletzung besteht,".

3.
§ 397a Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a)
Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

„2.
durch eine versuchte rechtswidrige Tat nach den §§ 211 und 212 des Strafgesetzbuches oder, sofern auch hier ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der verfahrensgegenständlichen Tat und der Rechtsgutverletzung besteht, nach den §§ 6 bis 8, 11 sowie 12 des Völkerstrafgesetzbuches, die sich gegen das Leben richtet, verletzt ist oder wenn er Angehöriger eines durch eine rechtswidrige Tat Getöteten (§ 395 Absatz 2 Nummer 1) ist,".

b)
In Nummer 4 wird das Wort „oder" am Ende durch ein Komma ersetzt.

c)
In Nummer 5 wird der Punkt am Ende durch das Wort „oder" ersetzt.

d)
Folgende Nummer 6 wird angefügt:

„6.
durch ein Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch verletzt ist, das ihn nach § 395 Absatz 1 Nummer 4a zur Nebenklage berechtigt."

4.
§ 397b wird wie folgt geändert:

a)
Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Gleichgelagerte Interessen liegen in der Regel vor, wenn es sich

1.
bei den Nebenklägern um mehrere Angehörige desselben durch eine rechtswidrige Tat Getöteten (§ 395 Absatz 2 Nummer 1) handelt oder

2.
um mehrere Nebenkläger handelt, die Verletzte solcher Taten im Sinne des § 395 Absatz 1 Nummer 2a und 4a sind, denen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt, wobei es dem Gericht unbenommen bleibt, zusätzliche sachnahe Kriterien im Einzelfall zu berücksichtigen."

b)
Folgender Absatz 4 wird angefügt:

„(4) Die in § 397 Absatz 1 Satz 3 und 4 genannten Verfahrensrechte der Nebenkläger werden in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 nur durch den bestellten oder beigeordneten Beistand ausgeübt, sofern es sich um Nebenkläger handelt, deren Befugnis zum Anschluss an die öffentliche Klage nur aufgrund des § 395 Absatz 1 Nummer 2a oder 4a begründet ist. Das Gericht kann dem Nebenkläger gestatten, sein Recht auf Abgabe von Erklärungen nach § 258 Absatz 1 in Verbindung mit § 397 Absatz 1 Satz 3 selbst auszuüben."

5.
In § 406g Absatz 3 Satz 1 wird die Angabe „und 5" durch die Angabe „bis 6" ersetzt.

6.
In § 406h Absatz 3 Satz 1 in dem Satzteil vor Nummer 1 wird die Angabe „§ 397a gilt" durch die Wörter „Die §§ 397a und 397b gelten" ersetzt.


Artikel 4 Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes


Artikel 4 wird in 1 Vorschrift zitiert und ändert mWv. 3. August 2024 GVG § 20, § 74a, § 169, § 185

Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 16. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 240) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
Dem § 20 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

„Funktionelle Immunität hindert nicht die Erstreckung deutscher Gerichtsbarkeit auf die Verfolgung von Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch."

2.
§ 74a Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a)
In Nummer 5 wird das Wort „und" durch ein Komma ersetzt.

b)
Nach Nummer 5 wird folgende Nummer 6 eingefügt:

„6.
des Verschwindenlassens von Personen (§ 234b des Strafgesetzbuches) und".

c)
Die bisherige Nummer 6 wird Nummer 7.

3.
In § 169 Absatz 2 Satz 1 werden nach dem Wort „Tonaufnahmen" die Wörter „oder Ton- und Filmaufnahmen" eingefügt und werden die Wörter „für die Bundesrepublik Deutschland" gestrichen.

4.
Dem § 185 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten und der deutschen Sprache nicht mächtig sind, dürfen sich in Gerichtsverhandlungen Verdolmetschungen bedienen. Das Gericht kann die Nutzung gerichtlich bereitgestellter Verdolmetschungen zulassen. § 176 Absatz 1 bleibt unberührt."


Artikel 5 Änderung des Bundeskriminalamtgesetzes


Artikel 5 ändert mWv. 3. August 2024 BKAG § 4, § 77

Das Bundeskriminalamtgesetz vom 1. Juni 2017 (BGBl. I S. 1354; 2019 I S. 400), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 6. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 149) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
In § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 6 Buchstabe b wird jeweils die Angabe „234, 234a" durch die Angabe „234 bis 234b" ersetzt.

2.
§ 77 wird wie folgt geändert:

a)
In Absatz 1 Satz 2 werden nach den Wörtern „zwei Jahre" die Wörter „sowie bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten nach den §§ 6 bis 13 des Völkerstrafgesetzbuchs bei Erwachsenen 15 Jahre und bei Jugendlichen zehn Jahre" eingefügt.

b)
Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa)
In Satz 1 werden die Wörter „sowie bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten nach den §§ 6 bis 13 des Völkerstrafgesetzbuches bei Erwachsenen zehn Jahre und bei Jugendlichen fünf Jahre" gestrichen.

bb)
In Satz 5 werden die Wörter „sowie bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten nach den §§ 6 bis 13 des Völkerstrafgesetzbuchs zehn Jahre" gestrichen.

cc)
Folgender Satz wird angefügt:

„Abweichend von Satz 1 dürfen die Aussonderungsprüffristen bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten nach den §§ 6 bis 13 des Völkerstrafgesetzbuchs bei Erwachsenen 15 Jahre und bei Jugendlichen zehn Jahre nicht überschreiten; die Sätze 2 bis 5 finden in diesen Fällen keine Anwendung."


Artikel 6 Evaluierung



Die Anwendung der durch dieses Gesetz geschaffenen und geänderten Vorschriften des § 395 Absatz 1 Nummer 2a und 4a der Strafprozessordnung ist vom Bundesministerium der Justiz zu evaluieren. Das Bundesministerium der Justiz erstattet dem Deutschen Bundestag zur Anwendung dieser Vorschriften zum 31. Dezember 2029 einen Zwischenbericht und zum 31. Dezember 2034 einen Evaluierungsbericht.


Artikel 7 Inkrafttreten



Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung*) in Kraft.


---
*)
Anm. d. Red.: Die Verkündung erfolgte am 2. August 2024.


Schlussformel



Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

Für den Bundespräsidenten

Die Präsidentin des Bundesrates

Manuela Schwesig

Der Bundeskanzler

Olaf Scholz

Der Bundesminister der Justiz

Marco Buschmann