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Erster Teilabschnitt - Steuerberatungsgesetz (StBerG)

neugefasst durch B. v. 04.11.1975 BGBl. I S. 2735; zuletzt geändert durch Artikel 32 G. v. 23.10.2024 BGBl. 2024 I Nr. 323
Geltung ab 04.11.1975; FNA: 610-10 Allgemeines Steuerrecht
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Zweiter Teil Steuerberaterordnung

Fünfter Abschnitt Berufsgerichtsbarkeit

Dritter Unterabschnitt Verfahrensvorschriften

Erster Teilabschnitt Allgemeines

§ 105 Vorschriften für das Verfahren



Für das berufsgerichtliche Verfahren gelten die nachstehenden Vorschriften.


§ 106 Keine Verhaftung des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten



1Der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte darf zur Durchführung des berufsgerichtlichen Verfahrens weder vorläufig festgenommen noch verhaftet oder vorgeführt werden. 2Er kann nicht zur Vorbereitung eines Gutachtens über seinen psychischen Zustand in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht werden.


§ 107 Verteidigung



(1) Zu Verteidigern im berufsgerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht und vor dem Oberlandesgericht können außer den in § 138 Abs. 1 der Strafprozeßordnung genannten Personen auch Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte gewählt werden.

(2) § 140 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6, 7 und 9 der Strafprozeßordnung ist auf die Verteidigung im berufsgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden.




§ 108 Akteneinsicht



1Der Vorstand der Steuerberaterkammer und das Mitglied der Steuerberaterkammer sind befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Einreichung einer Anschuldigungsschrift vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen. 2§ 147 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, 5 und 6 der Strafprozeßordnung ist insoweit entsprechend anzuwenden.




§ 109 Verhältnis des berufsgerichtlichen Verfahrens zum Straf- oder Bußgeldverfahren



(1) 1Ist gegen ein Mitglied der Steuerberaterkammer, das einer Verletzung seiner Pflichten beschuldigt wird, wegen desselben Verhaltens die öffentliche Klage im Strafverfahren erhoben oder ein Bußgeldbescheid erlassen, so kann gegen das Mitglied ein berufsgerichtliches Verfahren eingeleitet werden, das aber bis zur Beendigung des Straf- oder Bußgeldverfahrens ausgesetzt werden muss. 2Ebenso muss ein bereits eingeleitetes berufsgerichtliches Verfahren ausgesetzt werden, wenn während seines Laufes die öffentliche Klage im Strafverfahren erhoben oder ein Bußgeldbescheid erlassen wird. 3In den Fällen der Sätze 1 und 2 ist das berufsgerichtliche Verfahren vor der Beendigung des Straf- oder Bußgeldverfahrens fortzusetzen, wenn die Sachaufklärung so gesichert erscheint, dass sich widersprechende Entscheidungen nicht zu erwarten sind, oder wenn im Straf- oder Bußgeldverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Mitglieds der Steuerberaterkammer liegen.

(2) Wird das Mitglied der Steuerberaterkammer im gerichtlichen Verfahren wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen, so kann wegen der Tatsachen, die Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung waren, ein berufsgerichtliches Verfahren nur dann eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn diese Tatsachen, ohne den Tatbestand einer Strafvorschrift oder einer Bußgeldvorschrift zu erfüllen, eine Verletzung der Pflichten des Mitglieds der Steuerberaterkammer enthalten.

(3) 1Für die Entscheidung im berufsgerichtlichen Verfahren sind die tatsächlichen Feststellungen des Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren bindend, auf denen die Entscheidung des Gerichts beruht. 2In dem berufsgerichtlichen Verfahren kann ein Gericht jedoch die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln; dies ist in den Gründen der berufsgerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck zu bringen.

(4) 1Wird ein berufsgerichtliches Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 fortgesetzt, ist die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen berufsgerichtlichen Verfahrens auch zulässig, wenn die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Verurteilung oder der Freispruch im berufsgerichtlichen Verfahren beruht, den Feststellungen im Straf- oder Bußgeldverfahren widersprechen. 2Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann die Staatsanwaltschaft oder das Mitglied der Steuerberaterkammer binnen eines Monats nach Rechtskraft des Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren stellen.




§ 110 Verhältnis des berufsgerichtlichen Verfahrens zu berufsaufsichtlichen Verfahren nach anderen Berufsgesetzen



(1) 1Über eine Pflichtverletzung eines Mitglieds einer Steuerberatungskammer, die zugleich Pflichten eines anderen Berufs verletzt, dessen Berufsaufsicht das Mitglied untersteht, ist zunächst im berufsgerichtlichen Verfahren nach diesem Gesetz zu entscheiden, wenn die Pflichtverletzung überwiegend mit der Ausübung des Berufs des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten in Zusammenhang steht. 2Ist kein Schwerpunkt der Pflichtverletzung erkennbar oder besteht kein Zusammenhang der Pflichtverletzung mit der Ausübung eines Berufs, ist zunächst im berufsgerichtlichen Verfahren nach diesem Gesetz zu entscheiden, wenn das Mitglied hauptsächlich als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter tätig ist.

(2) Kommt eine Maßnahme nach § 90 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 oder nach Absatz 2 Nummer 4 oder 5 in Betracht, ist stets im berufsgerichtlichen Verfahren nach diesem Gesetz zu entscheiden.

(3) Gegenstand der Entscheidung im berufsgerichtlichen Verfahren nach diesem Gesetz ist nur die Verletzung der dem Mitglied obliegenden Pflichten.




§ 111 Aussetzung des berufsgerichtlichen Verfahrens



Das berufsgerichtliche Verfahren kann ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im berufsgerichtlichen Verfahren von wesentlicher Bedeutung ist.


§ 111a Berufsgerichtliches Verfahren gegen Leitungspersonen und Berufsausübungsgesellschaften



(1) Das berufsgerichtliche Verfahren gegen eine Leitungsperson und das berufsgerichtliche Verfahren gegen eine Berufsausübungsgesellschaft wegen Pflichtverletzungen können miteinander verbunden werden.

(2) Von berufsgerichtlichen Maßnahmen gegen eine Berufsausübungsgesellschaft kann abgesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art der Pflichtverletzung, deren Häufigkeit und Gleichförmigkeit und des Schwerpunkts der Vorwerfbarkeit, neben der Verhängung einer berufsgerichtlichen Maßnahme gegen die Leitungsperson nicht erforderlich erscheinen.




§ 111b Vertretung von Berufsausübungsgesellschaften



(1) Die Berufsausübungsgesellschaft wird vorbehaltlich des § 111c Absatz 1 Satz 2 im berufsgerichtlichen Verfahren durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten.

(2) Von der Vertretung ausgeschlossen sind Personen, die einer Berufspflichtverletzung beschuldigt sind.





§ 111c Besonderer Vertreter



(1) 1Hat die Berufsausübungsgesellschaft keinen gesetzlichen Vertreter oder sind alle gesetzlichen Vertreter der Berufsausübungsgesellschaft von der Vertretung ausgeschlossen, so bestellt der Vorsitzende des Gerichts, das mit der Sache befasst ist, für die Berufsausübungsgesellschaft einen besonderen Vertreter. 2Der besondere Vertreter hat bis zum Eintritt eines gesetzlichen Vertreters im Verfahren die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.

(2) 1Vor Einreichung der Anschuldigungsschrift erfolgt die Bestellung des besonderen Vertreters auf Antrag der Staatsanwaltschaft. 2Für die Bestellung ist der Vorsitzende der Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen beim Landgericht nach § 95 Absatz 1 zuständig.




§ 111d Verfahrenseintritt von Rechtsnachfolgern



Im Fall einer Rechtsnachfolge (§ 89b) treten Rechtsnachfolger der Berufsausübungsgesellschaft in diejenige Lage des Verfahrens ein, in der sich die Berufsausübungsgesellschaft zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rechtsnachfolge befunden hat.




§ 111e Vernehmung des gesetzlichen Vertreters



(1) 1Dem gesetzlichen Vertreter der Berufsausübungsgesellschaft steht es im berufsgerichtlichen Verfahren frei, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. 2§ 133 Absatz 1 sowie die §§ 136 und 136a der Strafprozessordnung gelten für die Vernehmung des gesetzlichen Vertreters der Berufsausübungsgesellschaft entsprechend.

(2) 1In anderen Verfahren kann der gesetzliche Vertreter der Berufsausübungsgesellschaft als Zeuge auch die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung der Berufsausübungsgesellschaft die Gefahr zuziehen würde, für eine Berufspflichtverletzung verantwortlich gemacht zu werden. 2§ 55 Absatz 2 und § 56 der Strafprozessordnung gelten entsprechend.




§ 111f Berufs- und Vertretungsverbot



In § 129 Absatz 1, § 134 Absatz 1, § 140 Absatz 1 und § 142 Nummer 1 tritt an die Stelle der Ausschließung aus dem Beruf die Aberkennung der Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen.