Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Teil 4 - Forschungsdatenzentrum Gesundheit-Verordnung (FDZGesV)

Artikel 1 V. v. 29.01.2025 BGBl. 2025 I Nr. 27
Geltung ab 04.02.2025; FNA: 860-5-95 Sozialgesetzbuch
|

Teil 4 Antragsverfahren und Datenbereitstellung

§ 17 Antrag auf Datenbereitstellung



(1) 1Anträge an das Forschungsdatenzentrum auf Zugang zu den Daten, die dem Forschungsdatenzentrum nach § 303b Absatz 1 oder nach § 363 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch übermittelt wurden, sind über ein elektronisch bereitzustellendes Antragsverfahren einzureichen. 2In dem Antrag hat der Antragsteller Folgendes anzugeben:

1.
Name und Anschrift des Antragstellers oder der Antragstellerin,

2.
den mit der Datenverarbeitung verfolgten Zweck nach § 303e Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Nutzungszweck),

3.
den methodischen Ansatz der Datenverarbeitung,

4.
den Umfang und die Struktur der beantragten Daten sowie eine nachvollziehbare Darlegung, dass Umfang und Struktur der beantragten Daten geeignet und erforderlich sind, um die angestrebten Zwecke zu erfüllen,

5.
die an der beabsichtigten Datenverarbeitung beteiligten Personen und

6.
ob eine Verknüpfung der beantragten Daten des Forschungsdatenzentrums mit anderen Datenbeständen nach § 4 des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes oder § 303e Absatz 4a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgesehen ist.

(2) Antragstellende erhalten auf ihren Antrag eine krankenkassenbezogene Aufbereitung der Daten, wenn sie dem Antrag die Einwilligung der betroffenen Krankenkassen beifügen.

(3) Antragstellende verpflichten sich,

1.
bei der Datenverarbeitung darauf zu achten, keinen Bezug zu Personen, Leistungserbringern oder Leistungsträgern herzustellen,

2.
geeignete technische und organisatorische Maßnahmen umzusetzen, die eine bestimmungsgemäße Datenverarbeitung gewährleisten und die Rechte der betroffenen Personen wahren, und

3.
die Daten nur für diejenigen Zwecke zu nutzen, für die sie zugänglich gemacht wurden.

(4) 1Das Forschungsdatenzentrum hat zur Optimierung der Abläufe sowie zur Priorisierung von Datenzugängen für gesetzlich übertragene Aufgaben, für behördliche Tätigkeiten und für Tätigkeiten im Rahmen der Selbstverwaltung die Reihenfolge der Antragsbearbeitung nach objektiven Kriterien festzulegen. 2Die Kriterien werden spätestens bis zum 15. März 2025 auf der Internetseite des Forschungsdatenzentrums veröffentlicht. 3Bei inhaltsgleichen Folgeanträgen erfolgt ein beschleunigtes und vereinfachtes Antragsverfahren.


§ 18 Antragserfassung und -prüfung



(1) Das Forschungsdatenzentrum prüft die Anträge auf Datenbereitstellung dahingehend, ob

1.
der angegebene Nutzungszweck mindestens einem der in § 303e Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgeführten Nutzungszwecken entspricht,

2.
kein Ablehnungsgrund nach § 303e Absatz 3a Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,

3.
kein verbotener Zweck nach § 303e Absatz 3a Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,

4.
das im Antrag angegebene Vorhaben mit den beim Forschungsdatenzentrum vorliegenden Daten bearbeitet werden kann,

5.
im Antrag nachvollziehbar dargelegt ist, dass der Umfang und die Struktur der beantragten Daten geeignet und erforderlich sind, um den angestrebten Zweck zu erreichen, und

6.
die Verpflichtungserklärung des Antragstellers nach § 17 Absatz 3 vorliegt.

(2) 1Zur Ausarbeitung und Prüfung geeigneter Auswertungsskripte sollen dem Nutzungsberechtigten Testdatensätze und für die Ausarbeitung erforderliche vorläufige Auswertungen und Zwischenergebnisse bereitgestellt werden. 2Das Forschungsdatenzentrum bietet zu den Anforderungen an die Datennutzung im Forschungsdatenzentrum Schulungen und Beratungen an. 3Die Beratung soll auf acht Stunden pro Antrag begrenzt werden. 4In begründeten Ausnahmefällen kann die Beratungszeit auf bis zu 16 Stunden pro Antrag erweitert werden. 5Das Nähere zur Form der Auswertungsskripte bestimmt das Forschungsdatenzentrum.

(3) 1Das Forschungsdatenzentrum entscheidet über den Antrag und informiert Antragstellende elektronisch. 2Die Entscheidung über die konkrete Bereitstellungsform im Einzelfall trifft das Forschungsdatenzentrum nach pflichtgemäßem Ermessen. 3Liegen die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vor, ist der Antrag nach vorangegangener Anhörung unter Angabe der Gründe abzulehnen.

(4) 1Das Forschungsdatenzentrum entscheidet über den Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrages nach § 17. 2Das Forschungsdatenzentrum kann die Frist einmalig um einen Monat verlängern, wenn dies wegen des Umfangs der Prüfung erforderlich ist. 3Die Fristverlängerung ist gegenüber dem Antragsteller zu begründen.

(5) Hat eine Krankenkasse ihre Einwilligung nach § 17 Absatz 2 zu einer krankenkassenbezogenen Auswertung erteilt, trifft das Forschungsdatenzentrum so weit wie möglich Vorsorge dafür, dass Erkenntnisse über andere Krankenkassen, die keine Einwilligung nach § 17 Absatz 2 zu einer Auswertung erteilt haben, nicht gewonnen werden können.

(6) 1Anträge des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte legt das Forschungsdatenzentrum dem Bundesministerium für Gesundheit vor. 2Dem Arbeitskreis zur Sekundärnutzung von Versorgungsdaten nach § 303d Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 3Das Bundesministerium für Gesundheit entscheidet über den Antrag nach Satz 1.


§ 19 Antragsregister



(1) Im öffentlichen Antragsregister nach § 303d Absatz 1 Nummer 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist für jeden Antrag Folgendes anzugeben:

1.
Name und Kontaktdaten des Nutzungsberechtigten,

2.
der oder die Zwecke nach § 303e Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,

3.
der Titel des Vorhabens sowie eine kurze Beschreibung des Vorhabens und des mit dem Vorhaben verfolgten Forschungsziels,

4.
eine kurze Ergebnisdarstellung nach der Veröffentlichung von Ergebnissen oder Verweise auf die Publikationen, die auf den Ergebnissen des Vorhabens beruhen,

5.
das Jahr der Entscheidung über den Antrag.

(2) Nutzungsberechtigte sind verpflichtet, dem Forschungsdatenzentrum die in Absatz 1 Nummer 4 genannten Informationen zur Verfügung zu stellen.

(3) 1Mit Zustimmung der betroffenen Nutzungsberechtigten können weitere Angaben zum Antrag in das Antragsregister aufgenommen werden. 2Die Angaben nach § 17 Absatz 1 Nummer 5 dürfen nur mit Einwilligung der betroffenen Personen in das Antragsregister aufgenommen werden.


§ 20 Datenbereitstellung



(1) 1Das Forschungsdatenzentrum stellt den Nutzungsberechtigten im Anschluss an die bewilligende Entscheidung nach § 18 Absatz 3 die Daten zur Verfügung. 2Die Bereitstellung der Daten kann dadurch erfolgen, dass das Forschungsdatenzentrum den Nutzungsberechtigten

1.
standardisierte Datensätze in anonymisierter Form zur Verfügung stellt oder

2.
aggregierte Datensätze oder Einzeldatensätze in anonymisierter oder pseudonymisierter Form in einer gesicherten virtuellen Umgebung unter Kontrolle des Forschungsdatenzentrums (sichere Verarbeitungsumgebung) zu Verfügung stellt.

(2) Die Bereitstellung pseudonymisierter Daten gemäß Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 erfolgt nur unter den Voraussetzungen der folgenden Absätze.

(3) Pseudonymisierte Einzeldatensätze werden nur solchen Nutzungsberechtigten bereitgestellt, die

1.
einer Geheimhaltungspflicht nach § 203 des Strafgesetzbuches unterliegen oder

2.
vor dem Zugang zu den Daten vom Forschungsdatenzentrum zur Geheimhaltung verpflichtet wurden.

(4) 1Die pseudonymisierten Daten werden nur in der sicheren Verarbeitungsumgebung des Forschungsdatenzentrums bereitgestellt. 2Hierzu legt das Forschungsdatenzentrum im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die erforderlichen spezifischen, technischen und organisatorischen Maßnahmen fest, um die Datenverarbeitung in der sicheren Verarbeitungsumgebung durch den Nutzungsberechtigten auf das erforderliche Maß zu beschränken und um das Risiko einer Identifizierung einzelner Betroffener zu minimieren.

(5) 1Die nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 bereitgestellten Daten können von den Nutzungsberechtigten auch zur Erstellung von Auswertungsskripten genutzt werden, mit denen das Forschungsdatenzentrum die ihm vorliegenden Daten auswertet und den Nutzungsberechtigten binnen vier Wochen Ergebnismengen in anonymisierter Form außerhalb der sicheren Verarbeitungsumgebung übermittelt. 2Diese Frist kann in begründeten Ausnahmefällen verlängert werden. 3Pseudonymisierte Daten werden an die Nutzungsberechtigten nicht außerhalb der sicheren Verarbeitungsumgebung herausgegeben. 4Um die Gleichbehandlung der Nutzungsberechtigten zu gewährleisten, soll der Zugang der Nutzungsberechtigten zu den pseudonymisierten Einzeldatensätzen auf 30 Arbeitstage pro Antrag begrenzt werden. 5Der Zugang kann zusammenhängend oder in einzelnen Tageskontingenten in Anspruch genommen werden. 6In begründeten Ausnahmefällen kann dieser Zeitraum verlängert werden.

(6) 1Das Forschungsdatenzentrum bewertet vor einer Bereitstellung von Ergebnismengen nach Absatz 5 das spezifische Risiko, dass mittels der beantragten Daten die Versicherten wieder identifiziert werden können, und minimiert dieses Risiko unter angemessener Wahrung des angestrebten wissenschaftlichen Nutzens durch geeignete Maßnahmen. 2Das Forschungsdatenzentrum legt die Vorgaben zur Risikobewertung der bereitzustellenden Daten fest und beteiligt dabei den Arbeitskreis zur Sekundärnutzung nach § 303d Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.

(7) 1Das Forschungsdatenzentrum stellt sicher, dass

1.
keine Daten bereitgestellt werden, die von einem Gesamtwiderspruch nach § 8 Absatz 3 erfasst sind, und

2.
Daten einer versicherten Person, die einen Teilwiderspruch nach § 8 Absatz 4 eingelegt hat, nicht für Zwecke bereitgestellt werden, zu denen der Weiterverarbeitung widersprochen wurde.

2Satz 1 findet keine Anwendung auf die von § 363 Absatz 6 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfassten Daten.

(8) 1Mit der Bereitstellung der Daten an den Nutzungsberechtigten nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 trägt dieser die Verantwortung für die pflichtgemäße Datenverarbeitung im Rahmen des nach § 18 Absatz 3 bewilligten Nutzungszwecks. 2Die Nutzungsberechtigten dürfen die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 zugänglich gemachten Daten nur für die bewilligten Zwecke nutzen.