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Verordnung über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems (Eisenbahn-Interoperabilitätsverordnung - EIV)


Eingangsformel



Auf Grund des § 26 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a und Abs. 4 Nr. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396) in Verbindung mit Artikel 56 des Zuständigkeitsanpassungs-Gesetzes vom 18. März 1975 (BGBl. I S. 705) und dem Organisationserlaß vom 27. Oktober 1998 (BGBl. I S. 3288) verordnet das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:


§ 1 Geltungsbereich



(1) Die Artikel 1 bis 5, 8, 10 bis 12 Abs. 1, 3, Artikel 13, 16, 18, 19 Abs. 1, Artikel 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3, 4 und die Anhänge I, II Nr. 1, III, IV, V, VI, VII der Richtlinie 96/48/EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems (ABl. EG Nr. L 235 S. 6) - Richtlinie - gilt für den in Absatz 2 beschriebenen Anwendungsbereich unmittelbar, soweit nicht nachstehend einschränkend oder ergänzend etwas anderes bestimmt ist. Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung und die Eisenbahn-Signalordnung bleiben unberührt, solange nicht durch "technische Spezifikationen für die Interoperabilität" (TSI) nach Artikel 2 Buchstabe g der Richtlinie eine Änderung erforderlich wird.

(2) Die Verordnung ist anzuwenden auf die

1.
Eisenbahninfrastruktur des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes in der Bundesrepublik Deutschland, das nach Anhang I, Abschnitt 3.3 der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABl. EG Nr. L 228 S. 1) und Anhang I Nr. 1 der Richtlinie ausgewiesen ist,

2.
Fahrzeuge, die in Anhang I der Richtlinie beschrieben und für den Verkehr auf dem transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnnetz bestimmt sind.


§ 2 Aufgaben des Eisenbahn-Bundesamtes



Dem Eisenbahn-Bundesamt obliegen folgende Aufgaben:

1.
Die Genehmigung für die Inbetriebnahme von strukturellen Teilsystemen (Artikel 14 der Richtlinie) nach Maßgabe der Buchstaben a bis c:

a)
Wer in der Bundesrepublik Deutschland ein strukturelles Teilsystem betreiben will, das in das transeuropäische Hochgeschwindigkeitsbahnsystem einbezogen werden soll, bedarf einer Genehmigung. Die Genehmigung ist schriftlich unter Vorlage der EG-Prüferklärung nach Artikel 18 in Verbindung mit den Anhängen V und VI und den gegebenenfalls erforderlichen EG-Konformitäts- oder Gebrauchstauglichkeitserklärungen nach Artikel 13 Abs. 1, 2, 3 in Verbindung mit Anhang IV der Richtlinie zu beantragen.

b)
Das Eisenbahn-Bundesamt erteilt die Genehmigung, wenn hierfür die Voraussetzungen nach der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung und der Eisenbahn-Signalordnung vorliegen, Artikel 14 zweiter Absatz der Richtlinie erfüllt ist, das EG-Prüfverfahren nach Artikel 18 der Richtlinie durchgeführt worden ist und die EG-Prüferklärung sowie die gegebenenfalls erforderlichen EG-Konformitäts- oder Gebrauchstauglichkeitserklärungen vorliegen.

c)
Stellt das Eisenbahn-Bundesamt fest, daß ein strukturelles Teilsystem nicht in vollem Umfang den in Artikel 19 Abs. 1 der Richtlinie genannten Voraussetzungen entspricht, kann es ergänzende Prüfungen verlangen. Es hat darüber die in Artikel 19 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehene Mitteilung an die Europäische Kommission zu machen und darin Gründe mitzuteilen, welche ergänzenden Prüfungen verlangt werden sollen. Wenn die erbetene Entscheidung der Europäischen Kommission ergangen ist, hat das Eisenbahn-Bundesamt den Betreiber des strukturellen Teilsystems darüber zu unterrichten, und es veranlaßt gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen.

2.
Die Überwachung der Konformität und Gebrauchstauglichkeit von Interoperabilitätskomponenten nach Artikel 8, Artikel 10 Abs. 1, Artikel 12 Abs. 1 und 3, Artikel 13 Abs. 5 Buchstabe b der Richtlinie nach Maßgabe der Buchstaben a bis d:

a)
Werden dem Eisenbahn-Bundesamt Feststellungen nach Artikel 12 Abs. 1 der Richtlinie bekannt, so trifft es die gebotenen Maßnahmen, um den Einsatzbereich der betroffenen Interoperabilitätskomponente zu beschränken, ihre Verwendung zu verbieten oder sie vom Markt zu nehmen.

b)
Das Eisenbahn-Bundesamt unterrichtet die Europäische Kommission unverzüglich über die Feststellungen nach Buchstabe a und die von ihm getroffenen Maßnahmen.

c)
Das Eisenbahn-Bundesamt trifft in den Fällen des Artikels 12 Abs. 3 der Richtlinie die gebotenen Maßnahmen und unterrichtet hierüber die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

d)
Das Eisenbahn-Bundesamt trifft in den Fällen des Artikels 13 Abs. 5 Buchstabe b der Richtlinie alle geeigneten Maßnahmen, wenn der Hersteller einer Interoperabilitätskomponente seinen Verpflichtungen aus Artikel 13 Abs. 5 Buchstabe a der Richtlinie nicht nachgekommen ist.

3.
Die Überwachung der Anwendung und Einhaltung der TSI gemäß Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie sowie der Kohärenz des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems und der Aufrechterhaltung der Kohärenz mit dem übrigen damit verbundenen Eisenbahnsystem gemäß Artikel 5 Abs. 5 der Richtlinie nach Maßgabe der Buchstaben a und b:

a)
Soweit und solange keine TSI vorliegen, sind zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen nach Artikel 4 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III der Richtlinie die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung und die Eisenbahn-Signalordnung anzuwenden. Die anzuwendenden Bewertungsverfahren nach Artikel 5 Abs. 3 Buchstabe f der Richtlinie werden auf der Grundlage des Beschlusses des Rates vom 22. Juli 1993 über die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren und die Regeln für die Anbringung und Verwendung der CE-Konformitätskennzeichnung (93/465/EWG, ABl. EG Nr. L 220 S. 23) vom Eisenbahn-Bundesamt festgelegt.

b)
Wird von Beteiligten, zum Beispiel Herstellern von Interoperabilitätskomponenten oder deren Betreibern, festgestellt, daß eine TSI oder eine europäische Spezifikation nach Artikel 2 Buchstabe f der Richtlinie den grundlegenden Anforderungen nicht in vollem Umfang entspricht, ist hierüber das Eisenbahn-Bundesamt zu unterrichten. Das Eisenbahn-Bundesamt informiert die Europäische Kommission nach den Artikeln 11 und 17 der Richtlinie unter Angabe der festgestellten Abweichungen von TSI und unterbreitet Vorschläge für zu treffende Abhilfemaßnahmen.

4.
Die Bearbeitung und Bewilligung von Ausnahmen zur Anwendung bestimmter TSI nach Artikel 7 Buchstabe a und d der Richtlinie nach Maßgabe der Buchstaben a bis d:

a)
Ausnahmen von der Anwendung bestimmter TSI können auf schriftlichen Antrag des Vorhabenträgers zugelassen werden:

aa)
bei Vorhaben zum Bau neuer Strecken oder zum Ausbau bestehender Strecken für den Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr, der sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der betreffenden TSI bereits in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium befindet,

bb)
bei Vorhaben zum Ausbau bestehender Strecken für den Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr, bei denen die Anwendung einzelner TSI die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens gefährden würde.

b)
Der Antrag hat folgende Angaben zu enthalten:

aa)
Bezeichnung der TSI oder Teile davon, die nicht angewendet werden sollen,

bb)
Darstellung des Entwicklungsstandes des Vorhabens und

cc)
Begründung der beantragten Ausnahme anhand technischer und wirtschaftlicher Kriterien.

Bei einem Vorhaben nach Buchstabe a Doppelbuchstabe aa ist zusätzlich die Darstellung beabsichtigter Maßnahmen bei der Durchführung des Vorhabens erforderlich, die auf längere Sicht dessen Interoperabilität gewährleisten.

c)
Das Eisenbahn-Bundesamt unterrichtet die Europäische Kommission über die geplante Ausnahme und teilt dabei die Angaben nach Buchstabe b sowie etwaige verwaltungsbedingte Gründe für die von ihm beabsichtigte Zulassung mit.

d)
Sobald die Entscheidung der Europäischen Kommission über Anträge nach Buchstabe a Doppelbuchstabe bb vorliegt (Artikel 7 Buchstabe d der Richtlinie), ist der Antragsteller durch das Eisenbahn-Bundesamt zu unterrichten.

5.
Die Anerkennung, gegebenenfalls deren Widerruf oder Rücknahme und die Überwachung der Benannten Stellen nach Artikel 2 Buchstabe i in Verbindung mit Artikel 20 der Richtlinie nach Maßgabe des § 3.


§ 3 Benannte Stellen



(1) Den Benannten Stellen nach Artikel 2 Buchstabe i der Richtlinie obliegen folgende Aufgaben:

1.
Die Bewertung der Konformität und Gebrauchstauglichkeit von Interoperabilitätskomponenten nach Artikel 2 Buchstabe d, Artikel 13 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang IV der Richtlinie auf Antrag eines Herstellers und die Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung,

2.
die Durchführung der EG-Prüfung für Teilsysteme nach Artikel 2 Buchstabe c und Artikel 18 Abs. 1, 2, 3 in Verbindung mit Anhang VI der Richtlinie auf Antrag des Auftraggebers eines Teilsystems und die Ausstellung der entsprechenden Bescheinigungen nach Anhang VI Nr. 1 bis 4 der Richtlinie sowie die Durchführung der EG-Überwachung nach Anhang VI Nr. 5 der Richtlinie und die Aufstellung des Dossiers nach Anhang VI Nr. 6 sowie die Veröffentlichung der Informationen nach Anhang VI Nr. 7 der Richtlinie.

(2) Wer in der Bundesrepublik Deutschland als Benannte Stelle Aufgaben im Sinne des Absatzes 1 wahrnehmen will, bedarf der Anerkennung durch das Eisenbahn-Bundesamt als Anerkennungsstelle.

(3) Der Antrag auf Anerkennung als Benannte Stelle in der Bundesrepublik Deutschland ist schriftlich an die Anerkennungsstelle zu richten. Sind von der Anerkennungsstelle Muster und Formblätter vorgesehen, so sind diese zu verwenden. Der Antrag kann auf bestimmte Interoperabilitätskomponenten oder Teilsysteme begrenzt werden.

(4) Die Anerkennung wird erteilt, wenn die Beurteilung im Sinne des Artikels 20 Abs. 2 der Richtlinie erfolgt ist, die Kriterien nach Anhang VII der Richtlinie erfüllt werden und der Antragsteller somit die Gewähr dafür bietet, daß die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben als Benannte Stelle erfolgen wird. Die Anerkennungsstelle kann außerdem bestimmen, daß der Antragsteller einen Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 zu erbringen hat.

(5) Über die Anerkennung darf die Anerkennungsstelle erst nach Vorliegen der Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung entscheiden.

(6) Die Anerkennung erfolgt durch schriftlichen Bescheid, aus dem sich Art und Umfang der Prüfzuständigkeit der Benannten Stelle ergeben muß. Der Bescheid kann mit Nebenbestimmungen versehen werden, um die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Prüfaufgaben durch die Benannte Stelle zu gewährleisten.

(7) Die Anerkennungsstelle meldet der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten Namen und Anschriften der in der Bundesrepublik Deutschland anerkannten Benannten Stellen nach Artikel 20 Abs. 1 der Richtlinie.

(8) Die Benannte Stelle hat der Anerkennungsstelle jede Änderung der Angaben in den Antragsunterlagen nach Absatz 3 unverzüglich mitzuteilen. Die Anerkennung kann auf Antrag durch Nachtragsbescheid geändert werden. Die Absätze 4 und 5 gelten entsprechend.

(9) Die Anerkennung erlischt mit Ablauf einer gesetzten Frist. Sie kann nach Maßgabe des Artikels 20 Abs. 3 der Richtlinie widerrufen oder zurückgenommen werden. Die Absätze 5 und 6 gelten entsprechend. Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten sind von Maßnahmen nach Satz 1 zu unterrichten (Artikel 20 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie).

(10) Die Anerkennungsstelle kann jederzeit von Amts wegen überprüfen, ob die Benannte Stelle die Anerkennungskriterien, die Einhaltung der Nebenbestimmungen und die Beachtung der mit der Anerkennung verbundenen Pflichten weiterhin erfüllt.

(11) Stellt in der Bundesrepublik Deutschland eine Eisenbahn, eine Benannte Stelle oder ein Hersteller von Interoperabilitätskomponenten oder von Teilsystemen fest, daß eine von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Benannte Stelle den Bestimmungen des Artikels 20 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang VII der Richtlinie nicht entspricht oder die mit der Benennung verbundenen Pflichten nicht erfüllt, so ist das Eisenbahn-Bundesamt darüber zu unterrichten.

(12) Das Eisenbahn-Bundesamt prüft den ihm nach Absatz 11 mitgeteilten Sachverhalt und übermittelt die von ihm getroffenen Feststellungen unverzüglich der Europäischen Kommission.




§ 4 Schriftverkehr mit europäischen Stellen



Sich auf Grund der Richtlinie ergebender Schriftverkehr des Eisenbahn-Bundesamtes mit europäischen Stellen ist über das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu leiten. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung kann den direkten Schriftverkehr zulassen.




§ 5 Inkrafttreten



Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. April 1999 in Kraft.


Schlußformel



Der Bundesrat hat zugestimmt.