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Dritter Unterabschnitt - Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG)

neugefasst durch B. v. 06.09.2021 BGBl. I S. 4129; zuletzt geändert durch Artikel 27 G. v. 20.12.2022 BGBl. I S. 2759
Geltung ab 29.12.1991; FNA: 252-1 Stasi-Unterlagen-Gesetz
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Dritter Abschnitt Verwendung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes

Dritter Unterabschnitt Verwendung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes für die politische und historische Aufarbeitung sowie durch Presse und Rundfunk

§ 32 Verwendung von Unterlagen für die politische und historische Aufarbeitung



(1) 1Für die Forschung zum Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes oder der Herrschaftsmechanismen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik oder der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone sowie für Zwecke der politischen Bildung stellt das Bundesarchiv auf Antrag folgende Unterlagen zur Verfügung:

1.
Unterlagen, die keine personenbezogenen Informationen enthalten,

2.
Duplikate von Unterlagen, in denen die personenbezogenen Informationen anonymisiert worden sind, es sei denn, die Informationen sind offenkundig,

3.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über

-
Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, soweit es sich nicht um Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres gehandelt hat, oder

-
Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes,

4.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger, soweit es sich um Informationen handelt, die ihre zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- oder Amtsausübung betreffen,

5.
Unterlagen mit anderen personenbezogenen Informationen, wenn die schriftlichen Einwilligungen der betreffenden Personen vorgelegt werden; die Einwilligungen müssen den Antragsteller, das Vorhaben und die durchführenden Personen bezeichnen,

6.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen zu Verstorbenen, deren Tod 30 Jahre zurückliegt; diese Schutzfrist kann auf zehn Jahre verkürzt werden, wenn die Benutzung für ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Belange nicht beeinträchtigt werden; ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 110 Jahre nach der Geburt; die Nummern 1 bis 5 bleiben unberührt,

7.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen darüber hinaus, soweit

a)
dies erforderlich ist für die Durchführung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit an Hochschulen, an anderen Forschungseinrichtungen und bei den Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur oder für die Erstellung von Gutachten, Berichten und Stellungnahmen im Auftrag des Deutschen Bundestages durch die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag,

b)
eine Nutzung anonymisierter Informationen zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist und

c)
der Empfänger der Informationen Amtsträger oder nach dem Verpflichtungsgesetz förmlich verpflichtet worden ist.

2Unterlagen mit personenbezogenen Informationen nach Satz 1 Nr. 3, 4 und 7 dürfen nur zur Verfügung gestellt werden, soweit durch deren Verwendung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der dort genannten Personen beeinträchtigt werden. 3Bei der Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung beruht.

(2) Unterlagen, die sich nach § 2 Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b bis d in besonderer Verwahrung befinden, dürfen nur mit Einwilligung des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat verwendet werden.

(3) 1Personenbezogene Informationen dürfen nur veröffentlicht werden, wenn

1.
diese offenkundig sind,

2.
es sich um Informationen handelt über

-
Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, soweit diese nicht Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres betreffen, oder

-
Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes,

3.
es sich um Informationen handelt über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger, soweit diese ihre zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- oder Amtsausübung betreffen, oder

4.
die Personen, über die personenbezogene Informationen veröffentlicht werden sollen, eingewilligt haben,

5.
es sich um Informationen über Verstorbene handelt, deren Tod 30 Jahre zurückliegt; diese Schutzfrist kann auf zehn Jahre verkürzt werden, wenn die Benutzung für ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Belange nicht beeinträchtigt werden; ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 110 Jahre nach der Geburt; die Nummern 1 bis 4 bleiben unberührt.

2Durch die Veröffentlichung der in Satz 1 Nr. 2 und 3 genannten personenbezogenen Informationen dürfen keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der genannten Personen beeinträchtigt werden. 3Bei der Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung beruht. 4Personenbezogene Informationen nach Satz 1 Nr. 5 dürfen nur veröffentlicht werden, soweit durch die Veröffentlichung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen anderer Personen beeinträchtigt werden.

(4) Die Absätze 1 und 3 gelten sinngemäß auch für Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit.




§ 32a Benachrichtigung



(1) 1Sollen Unterlagen nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 zur Verfügung gestellt werden, sind die hiervon betroffenen Personen zuvor rechtzeitig darüber und über den Inhalt der Information zu benachrichtigen, damit Einwände gegen ein Zugänglichmachen solcher Unterlagen vorgebracht werden können. 2Das Bundesarchiv berücksichtigt diese Einwände bei der nach § 32 Abs. 1 vorzunehmenden Interessenabwägung. 3Soweit kein Einvernehmen erzielt wird, dürfen Unterlagen erst zwei Wochen nach Mitteilung des Ergebnisses der Abwägung zugänglich gemacht werden.

(2) Eine Benachrichtigung kann entfallen, wenn die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der betreffenden Person nicht zu befürchten ist, die Benachrichtigung nicht möglich ist oder diese nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich wäre.




§ 33 Verfahren



(1) Für Zwecke der Forschung und der politischen Bildung kann an allen Standorten oder in digitaler Form Einsicht in Unterlagen genommen werden.

(2) Die Einsichtnahme kann wegen der Bedeutung oder des Erhaltungszustandes der Unterlagen auf die Einsichtnahme in Duplikate beschränkt werden.

(3) Soweit die Einsichtnahme in Unterlagen gestattet ist, können auf Verlangen Duplikate der Unterlagen herausgegeben werden; dies gilt nicht im Falle des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7.

(4) Duplikate, die nach Absatz 3 herausgegeben worden sind, dürfen von dem Empfänger weder für andere Zwecke verwendet noch an andere Stellen weitergegeben werden.

(5) Die Einsichtnahme in noch nicht erschlossene Unterlagen ist nicht zulässig.




§ 34 Verwendung von Unterlagen durch Presse, Rundfunk und Film



(1) Für die Verwendung von Unterlagen durch Presse, Rundfunk, Film, deren Hilfsunternehmen und die für sie journalistisch-redaktionell tätigen Personen gelten die §§ 32 bis 33 entsprechend.

(2) 1Führt die Veröffentlichung personenbezogener Informationen durch Rundfunkanstalten des Bundesrechts zu Gegendarstellungen von Personen, die in der Veröffentlichung genannt sind, so sind diese Gegendarstellungen den personenbezogenen Informationen beizufügen und mit ihnen aufzubewahren. 2Die Informationen dürfen nur zusammen mit den Gegendarstellungen erneut veröffentlicht werden.