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Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen (Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung - AtSMV)

V. v. 14.10.1992 BGBl. I S. 1766; zuletzt geändert durch Artikel 18 V. v. 29.11.2018 BGBl. I S. 2034
Geltung ab 01.07.1993; FNA: 751-14 Kernenergie
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Erster Abschnitt Anwendungsbereich

§ 1 Anwendungsbereich



(1) Diese Verordnung gilt für Anlagen nach § 7 Absatz 1 des Atomgesetzes.

(2) Für folgende Aufbewahrungen, Anlagen und Einrichtungen gelten die §§ 6 bis 8, § 9 Absatz 2 und § 12:

1.
Aufbewahrungen nach § 6 des Atomgesetzes,

2.
Anlagen in Stilllegung nach § 7 Absatz 3 des Atomgesetzes,

3.
Anlagen nach § 9b des Atomgesetzes und die Schachtanlage Asse II sowie

4.
Einrichtungen mit einer Genehmigung zur Lagerung, Bearbeitung oder Verarbeitung radioaktiver Stoffe als radioaktive Abfälle, mit dem Ziel, diese radioaktiven Abfälle geordnet zu beseitigen, nach § 9 des Atomgesetzes oder § 12 Absatz 1 Nummer 3 des Strahlenschutzgesetzes.

(3) Diese Verordnung gilt nicht

1.
für Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 50 Kilowatt thermischer Dauerleistung nicht überschreitet, sowie

2.
für Anlagen in Stilllegung nach § 7 Absatz 3 des Atomgesetzes, für Einrichtungen mit einer Genehmigung zur Lagerung, Bearbeitung oder Verarbeitung radioaktiver Stoffe als radioaktive Abfälle mit dem Ziel, diese radioaktiven Abfälle geordnet zu beseitigen, nach § 9 des Atomgesetzes oder § 12 Absatz 1 Nummer 3 des Strahlenschutzgesetzes, sofern

a)
kein Kernbrennstoff in der Anlage vorhanden ist und

b)
das verbliebene Aktivitätsinventar bei offenen radioaktiven Stoffen nicht mehr als das 107fache und bei umschlossenen radioaktiven Stoffen nicht mehr als das 1010fache der Freigrenzen nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 der Strahlenschutzverordnung beträgt.




Zweiter Abschnitt Kerntechnischer Sicherheitsbeauftragter

§ 2 Bestellung des kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten



(1) 1Der Inhaber einer Genehmigung zum Betrieb einer Anlage nach § 7 Absatz 1 des Atomgesetzes (Betreiber) hat für die Dauer des Betriebs der Anlage bis zur Erteilung einer Genehmigung zur Stilllegung der Anlage nach § 7 Absatz 3 des Atomgesetzes und darüber hinaus bis zur Kernbrennstofffreiheit der Anlage einen kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten (Sicherheitsbeauftragten) und dessen Vertreter schriftlich zu bestellen. 2Werden von dem Betreiber mehrere Anlagen auf demselben Gelände betrieben, kann ein gemeinsamer Sicherheitsbeauftragter bestellt werden. 3Die Aufsichtsbehörde kann den Betreiber von der Verpflichtung zur Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten befreien, soweit wegen der Menge oder Beschaffenheit der Kernbrennstoffe oder wegen bestimmter Schutzmaßnahmen oder Sicherheitseinrichtungen eine Bestellung nicht erforderlich ist.

(2) 1Der Betreiber hat der Aufsichtsbehörde unverzüglich die Bestellung des Sicherheitsbeauftragten mit Angabe der innerbetrieblichen Stellung, jede Änderung dieser Stellung sowie das Ausscheiden schriftlich anzuzeigen. 2Dem Sicherheitsbeauftragten und dem Betriebs- oder Personalrat ist eine Abschrift der Anzeige auszuhändigen.

(3) 1Zum Sicherheitsbeauftragten darf nur eine Person bestellt werden, gegen die keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit ergeben, und die die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fachkunde besitzt. 2Bei der Anzeige der Bestellung ist der Nachweis der Fachkunde zu erbringen. 3Werden der Aufsichtsbehörde Tatsachen bekannt, aus denen sich ergibt, daß der Sicherheitsbeauftragte nicht die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde oder Zuverlässigkeit besitzt, kann sie verlangen, daß der Betreiber einen anderen Sicherheitsbeauftragten bestellt.

(4) Auf den Vertreter entsprechend anzuwenden sind:

1.
Absatz 1 Satz 2 und 3,

2.
die Absätze 2 und 3 sowie

3.
die §§ 3 bis 5 und § 10.




§ 3 Pflichten des Betreibers



(1) Der Betreiber hat den Sicherheitsbeauftragten bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und ihm insbesondere, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, Fach- und Hilfspersonal zur Verfügung zu stellen.

(2) Der Betreiber hat dafür zu sorgen, daß der Sicherheitsbeauftragte die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen erhält und ihm Verwaltungsakte und sonstige Maßnahmen, die seine Aufgaben oder Befugnisse betreffen, zur Kenntnis gegeben werden.


§ 4 Aufgaben des Sicherheitsbeauftragten



(1) Der Sicherheitsbeauftragte hat innerhalb der Betriebsorganisation am Standort der Anlage unbeschadet der Verantwortung des Betreibers

1.
für die Auswertung von

a)
meldepflichtigen Ereignissen (§ 6),

b)
sonstigen Störungen in der eigenen Anlage,

c)
Informationen über meldepflichtige Ereignisse in anderen Anlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die eigene Anlage

zu sorgen und an der Durchführung dieser Aufgaben mitzuwirken,

2.
bei der Ausarbeitung sich hieraus ergebender Abhilfe- und Verbesserungsmaßnahmen mitzuwirken,

3.
dem Betreiber Erkenntnisse über Sicherheitsmängel sowie Vorschläge zur Behebung der Mängel oder zur Erhöhung der Sicherheit unverzüglich mitzuteilen,

4.
bei der Planung von Veränderungen der Anlage oder ihres Betriebes mitzuwirken,

5.
die Meldung meldepflichtiger Ereignisse nach Maßgabe des § 10 zu überprüfen,

6.
am Erfahrungsaustausch mit den Sicherheitsbeauftragten anderer Anlagen über sicherheitstechnisch bedeutsame Betriebserfahrungen mitzuwirken.

(2) Der Sicherheitsbeauftragte hat bei der Erfüllung seiner Aufgaben mit dem Betriebs- oder Personalrat und den Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie nach anderen Vorschriften bestellten Betriebsbeauftragten in der Anlage zusammenzuarbeiten und diese über wichtige Angelegenheiten der kerntechnischen Sicherheit zu unterrichten. Er hat den Betriebs- oder Personalrat auf dessen Verlangen in Angelegenheiten der kerntechnischen Sicherheit zu beraten.


§ 5 Stellung des Sicherheitsbeauftragten



(1) Der Sicherheitsbeauftragte darf bei der Erfüllung seiner Aufgaben nicht behindert und wegen seiner Tätigkeit nicht benachteiligt werden.

(1a) Der Betreiber hat durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen sicherzustellen, dass der Sicherheitsbeauftragte keine Funktionen mit direkter Produktionsverantwortung wahrnimmt.

(2) Der Betreiber hat durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen sicherzustellen, daß der Sicherheitsbeauftragte seine Vorschläge und Bedenken unmittelbar der Geschäftsleitung vortragen kann, wenn er sich mit dem Leiter der Anlage nicht einigen konnte und er wegen der besonderen Bedeutung der Sache eine Entscheidung der Geschäftsleitung für erforderlich hält. Kann sich der Sicherheitsbeauftragte über eine von ihm vorgeschlagene Maßnahme zur kerntechnischen Sicherheit mit der Geschäftsleitung nicht einigen, so hat diese dem Sicherheitsbeauftragten die Ablehnung des Vorschlags schriftlich mitzuteilen und zu begründen. Sie hat dem Betriebs- oder Personalrat und der Aufsichtsbehörde je eine Abschrift zu übersenden.

(3) Die Stellung des Sicherheitsbeauftragten und seine Aufgaben gemäß § 4 sind im einzelnen im Betriebshandbuch festzulegen.




Dritter Abschnitt Meldung von Unfällen, Störfällen und sonstigen Ereignissen

§ 6 Meldepflicht



(1) Der Inhaber einer Genehmigung nach § 6, § 7 Absatz 1 oder Absatz 3 Satz 1 oder einer Genehmigung oder eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 9b des Atomgesetzes, einer Genehmigung zum Umgang mit radioaktiven Stoffen in der Schachtanlage Asse II oder einer Genehmigung nach § 9 des Atomgesetzes oder § 12 Absatz 1 Nummer 3 des Strahlenschutzgesetzes zur Lagerung, Bearbeitung oder Verarbeitung radioaktiver Stoffe als radioaktive Abfälle, mit dem Ziel, diese radioaktiven Abfälle geordnet zu beseitigen (Meldepflichtiger) hat Unfälle, Störfälle oder sonstige für die kerntechnische Sicherheit bedeutsame Ereignisse (meldepflichtige Ereignisse) der Aufsichtsbehörde zu melden.

(2) 1Meldepflichtig sind Ereignisse, die die in den Anlagen 1 bis 7 aufgeführten Meldekriterien erfüllen. 2Die zuständige Behörde kann in einer Genehmigung oder einem Planfeststellungsbeschluss nach § 9b des Atomgesetzes oder einer Genehmigung zum Umgang mit radioaktiven Stoffen in der Schachtanlage Asse II weitere Meldekriterien festlegen, soweit diese geeignet sind, bei einer entsprechenden Meldung solche Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb zu erkennen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Zustand der Einrichtung herbeiführen können, der sich gefahrbringend auf die Bevölkerung oder die Umgebung auswirkt oder bei dem dies zu besorgen ist.

(2a) Anlage 4 gilt für Anlagen in Stilllegung ab dem Zeitpunkt, für den die Aufsichtsbehörde auf Antrag des Betreibers durch Verwaltungsakt festgestellt hat, dass die in der Vorbemerkung zu Anlage 4 genannten Anwendungskriterien erfüllt sind.

(3) Der Meldepflichtige hat den Eintritt eines meldepflichtigen Ereignisses auch der für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörde, der für den Katastrophenschutz zuständigen Behörde sowie dem radiologischen Lagezentrum des Bundes nach § 106 des Strahlenschutzgesetzes unverzüglich anzuzeigen, soweit dies zum Schutz der Bevölkerung vor Lebens- und Gesundheitsgefahren erforderlich ist.




§ 7 Inhalt der schriftlichen Meldung



(1) Der Meldepflichtige hat in der Meldung an die Aufsichtsbehörde nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 mittels amtlichen Meldeformulars das meldepflichtige Ereignis, dessen Ursachen und Auswirkungen, die Behebung der Auswirkungen sowie Vorkehrungen gegen Wiederholungen so zu beschreiben, daß sie im Hinblick auf die kerntechnische Sicherheit ausreichend beurteilt werden können. Die Aufsichtsbehörde gibt ein amtliches Meldeformular bekannt.

(2) In der schriftlichen Meldung durch fernmeldemäßige Übertragung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 soll der Meldepflichtige die nach dem Meldeformular erforderlichen Angaben machen, soweit Angaben unverzüglich gemacht werden können und Daten bekannt sind.