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Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (Stabilisierungsmechanismusgesetz - StabMechG)

G. v. 22.05.2010 BGBl. I S. 627 (Nr. 24); zuletzt geändert durch Artikel 10 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 412
Geltung ab 23.05.2010; FNA: 660-7 Bundesbürgschaften
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§ 2 Haushalts- und Stabilitätsverantwortung



(1) Der Deutsche Bundestag nimmt in Angelegenheiten der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zur Durchführung von Notmaßnahmen zugunsten eines Mitgliedstaates des Euro-Währungsgebietes seine Haushaltsverantwortung und seine Verantwortung für die Fortentwicklung der Stabilität der Währungsunion insbesondere nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen wahr.

(2) 1Der Deutsche Bundestag berät und beschließt über Vorlagen nach diesem Gesetz in angemessener Frist. 2Dabei berücksichtigt er die für die Beschlussfassung auf der Ebene des Euro-Währungsgebietes maßgeblichen Fristvorgaben.




§ 3 Parlamentsvorbehalt für Entscheidungen in der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität



(1) 1Die Bundesregierung darf in Angelegenheiten der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität einem Beschlussvorschlag, der die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages berührt, durch ihren Vertreter nur zustimmen oder sich bei einer Beschlussfassung enthalten, nachdem der Deutsche Bundestag hierzu einen zustimmenden Beschluss gefasst hat. 2Ohne einen solchen Beschluss des Deutschen Bundestages muss der deutsche Vertreter den Beschlussvorschlag ablehnen.

(2) Die haushaltspolitische Gesamtverantwortung ist insbesondere berührt

1.
beim Abschluss einer Vereinbarung über eine Notmaßnahme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität auf Antrag eines Mitgliedstaates des Euro-Währungsgebietes,

2.
bei einer wesentlichen Änderung einer Vereinbarung über eine Notmaßnahme, einer Änderung ihrer Instrumente und Bedingungen und bei einer Änderung, die Auswirkungen auf die Höhe des deutschen Gewährleistungsrahmens hat,

3.
bei Änderungen des Rahmenvertrags der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität,

4.
bei der Überführung von Rechten und Verpflichtungen aus der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität in den Europäischen Stabilitätsmechanismus und

5.
bei der Annahme oder einer wesentlichen Änderung der Leitlinien des Direktoriums der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität durch die Bundesregierung.

(3) 1Soweit ein Aufkauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt geplant ist, kann die Bundesregierung die besondere Vertraulichkeit der Angelegenheit geltend machen. 2In diesem Fall werden die in Absatz 1 bezeichneten Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages von einem Sondergremium wahrgenommen, welches sich aus ordentlichen Mitgliedern des Haushaltsausschusses zusammensetzt und vom Haushaltsausschuss für eine Legislaturperiode mit der Mehrheit seiner Mitglieder benannt wird. 3Die Anzahl der Mitglieder und eine gleich große Anzahl von Stellvertretern ist die kleinstmögliche, bei der jede Fraktion zumindest ein Mitglied benennen kann, die Mehrheitsverhältnisse gewahrt werden und bei der die Zusammensetzung des Plenums widergespiegelt wird. 4Das Sondergremium kann der Annahme der besonderen Vertraulichkeit widersprechen. 5Im Falle des Widerspruchs nimmt der Deutsche Bundestag die in Absatz 1 bezeichneten Beteiligungsrechte wahr. 6Das Sondergremium berichtet dem Deutschen Bundestag über Inhalt und Ergebnis seiner Beratungen unverzüglich nach Fortfall der besonderen Vertraulichkeit.




§ 4 Beteiligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages



(1) 1In allen die Haushaltsverantwortung des Deutschen Bundestages berührenden Angelegenheiten der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität, in denen eine Entscheidung des Deutschen Bundestages gemäß § 3 nicht vorgesehen ist, wird der Haushaltsausschuss beteiligt. 2Er hat das Recht zur Stellungnahme. 3Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages überwacht die Vorbereitung und den Vollzug der Vereinbarungen über Notmaßnahmen.

(2) 1Der vorherigen Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages bedürfen sonstige Änderungen der Leitlinien des Direktoriums der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität durch die Bundesregierung, sofern diese nicht unter § 3 Absatz 2 Nummer 5 fallen. 2Die Bundesregierung darf in diesen Fällen einem Beschlussvorschlag in Angelegenheiten der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität durch ihren Vertreter nur zustimmen oder sich bei der Beschlussfassung enthalten, nachdem der Haushaltsausschuss hierzu einen zustimmenden Beschluss gefasst hat. 3Einen entsprechenden Antrag im Haushaltsausschuss kann auch die Bundesregierung stellen. 4Ohne einen solchen Beschluss des Haushaltsausschusses muss der deutsche Vertreter den Beschlussvorschlag ablehnen.

(3) 1In den nicht von Absatz 2 erfassten Fällen, die die Haushaltsverantwortung des Deutschen Bundestages berühren, beteiligt die Bundesregierung den Haushaltsausschuss und berücksichtigt seine Stellungnahmen. 2Dies gilt insbesondere für Beschlüsse, die nach dem Rahmenvertrag der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität nur einstimmig geschlossen werden können wie etwa die Leistung von Finanzhilfe gemäß einer bestehenden Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität, sowie für die Benennung des deutschen Vorstandsmitglieds für das Direktorium der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität.

(4) Das Plenum des Deutschen Bundestages kann die Befugnisse des Haushaltsausschusses jederzeit durch einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss an sich ziehen und durch einfachen Beschluss ausüben.

(5) 1Ein Antrag oder eine Vorlage der Bundesregierung gilt als dem Haushaltsausschuss überwiesen im Sinne der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. 2§ 70 der Geschäftsordnung gilt entsprechend, wobei das Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Haushaltsausschusses von mindestens zwei Fraktionen im Ausschuss unterstützt werden muss.




§ 5 Unterrichtung durch die Bundesregierung



(1) 1Die Bundesregierung hat den Deutschen Bundestag in Angelegenheiten dieses Gesetzes umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt, fortlaufend und in der Regel schriftlich zu unterrichten. 2Die Bundesregierung unterrichtet den Bundesrat schriftlich. 3Einzelheiten bleiben einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern vorbehalten.

(2) Die Bundesregierung übermittelt dem Deutschen Bundestag alle ihr zur Verfügung stehenden Dokumente, die zur Ausübung der Mitwirkung des Deutschen Bundestages nach den §§ 3 und 4 dienlich sind.

(3) Dem besonderen Schutzbedürfnis laufender vertraulicher Verhandlungen trägt der Deutsche Bundestag durch eine vertrauliche Behandlung Rechnung.

(4) Im Falle eines Antrags eines Mitgliedstaates auf Notmaßnahmen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität übermittelt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag binnen sieben Tagen nach Antragstellung eine Bewertung zu Inhalt und Umfang der zu gewährenden Hilfen sowie eine Abschätzung der finanziellen Folgen.

(5) Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ist darüber hinaus vierteljährlich über die übernommenen Gewährleistungen und die ordnungsgemäße Verwendung schriftlich zu unterrichten.

(6) Die fortlaufende Unterrichtung der Bundesregierung enthält auch Angaben zur jeweiligen Berücksichtigung der nach diesem Gesetz abgegebenen Stellungnahmen des Deutschen Bundestages und des Haushaltsausschusses bei den Verhandlungen.

(7) 1Die Unterrichtungsrechte nach den Absätzen 1 bis 6 können in Fällen besonderer Vertraulichkeit nach § 3 Absatz 3 auf die beteiligten Mitglieder des Haushaltsausschusses beschränkt werden, solange die Gründe für die besondere Vertraulichkeit bestehen. 2Nach Fortfall dieser Gründe holt die Bundesregierung die Unterrichtung des Deutschen Bundestages unverzüglich nach.