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Kapitel 2 - IOP-Governance-Verordnung (GIGV)

V. v. 10.09.2024 BGBl. 2024 I Nr. 279
Geltung ab 14.09.2024; FNA: 860-5-91 Sozialgesetzbuch

Kapitel 2 Akteure; Wissensplattform

§ 2 Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen



(1) Die Gesellschaft für Telematik unterhält ein Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen (Kompetenzzentrum).

(2) Das Kompetenzzentrum hat die folgenden Aufgaben:

1.
Identifikation der Bedarfe an Anforderungen, Richtlinien und Leitlinien von technischen, semantischen und syntaktischen Standards, Profilen, Leitfäden, Informationsmodellen, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten unter Berücksichtigung europäischer Anforderungen und internationaler Standards,

2.
Priorisierung der Bedarfe nach Nummer 1,

3.
Beauftragung natürlicher Personen oder juristischer Personen des öffentlichen oder privaten Rechts mit der Spezifikation von technischen, semantischen und syntaktischen Standards, Profilen, Leitfäden, Informationsmodellen, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten nach § 7 Absatz 1,

4.
Überprüfung der fachlichen Eignung von natürlichen oder juristischen Personen zur Erstellung von Spezifikationen nach § 7 Absatz 2 als Voraussetzung für deren Beauftragung,

5.
Entwicklung von technischen, semantischen und syntaktischen Standards, Profilen, Leitfäden, Informationsmodellen, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten unter Berücksichtigung der Priorisierung nach Nummer 2,

6.
Empfehlung von technischen, semantischen und syntaktischen Standards, Profilen, Leitfäden, Informationsmodellen, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten für bestimmte Bereiche oder das gesamte Gesundheitswesen und deren Veröffentlichung auf der Wissensplattform nach § 6,

7.
Vorschlag von Empfehlungen nach Nummer 6 zur verbindlichen Festlegung an das Bundesministerium für Gesundheit,

8.
Überprüfung von informationstechnischen Systemen auf ihre Übereinstimmung mit den in Anlage 1 verbindlich festgelegten Anforderungen in einem Konformitätsbewertungsverfahren nach den §§ 13 und 14 und Ausstellung eines Zertifikats hierüber,

9.
Ernennung eines Expertengremiums nach § 3,

10.
Benennung von Expertinnen und Experten nach § 4,

11.
Einrichtung von IOP-Arbeitskreisen nach § 5,

12.
jährliche Vorlage eines Berichts an das Bundesministerium für Gesundheit nach § 17, regelmäßige Berichterstattung zu den Maßnahmen, die zur Wahrnehmung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben im Berichtszeitraum ergriffen wurden und zu solchen Maßnahmen, die zur künftigen Zielerreichung geplant sind, sowie regelmäßige Berichterstattung zu den Maßnahmen, die zur Wahrnehmung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben im Berichtszeitraum ergriffen wurden und zu den zu gleichem Zweck für die Zukunft geplanten Maßnahmen in der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft für Telematik,

13.
Einholung und Bewertung von Stellungnahmen zur Erfüllung der Aufgabe nach Nummer 6, insbesondere der Stellungnahmen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik und der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit,

14.
Betrieb der Wissensplattform nach § 6,

15.
Erhöhung des Verständnisses der Öffentlichkeit für Sachverhalte der Interoperabilität im Gesundheitswesen durch Maßnahmen zur Kompetenzbildung und kommunikative Begleitung der Aufgaben nach den Nummern 1 bis 13,

16.
Unterstützung der Bundesregierung im Rahmen von Vorhaben und Gremien zur Förderung von Interoperabilität im Gesundheitswesen auf Bundesebene, in der Europäischen Union und im Rahmen von bi- und multilateralen Abstimmungen,

17.
Festlegung und Fortschreibung der Geschäfts- und Verfahrensordnung nach § 18 und

18.
Organisation und Koordination der Aufgaben nach den Nummern 1 bis 17.

(3) Die Aufgaben nach Absatz 2 Nummer 1 bis 13 werden mittels öffentlich zugänglicher und dokumentierter Verfahren erfüllt.


§ 3 Expertengremium



(1) Das Kompetenzzentrum setzt in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit ein Expertengremium zur Förderung der Interoperabilität und von offenen Standards und Schnittstellen im Gesundheitswesen (Expertengremium) ein.

(2) 1Das Expertengremium soll interdisziplinär zusammengesetzt sein und besteht aus sieben ernannten ordentlichen Mitgliedern, einschließlich der oder des Vorsitzenden, sowie zwei außerordentlichen Mitgliedern. 2Zur Sicherstellung der Interdisziplinarität ist entsprechend den Gruppen nach § 4 Absatz 4 je eine Vertreterin oder ein Vertreter zu besetzen. 3Die Gesellschaft für Telematik sowie das Bundesministerium für Gesundheit entsenden jeweils eine Person als außerordentliches Mitglied in das Expertengremium. 4Sie können sich zu diesem Zweck durch eine Expertin oder einen Experten vertreten lassen.

(3) Die oder der Vorsitzende fungiert als Schnittstelle zwischen dem Kompetenzzentrum und dem Expertengremium, koordiniert die Arbeit des Expertengremiums, einschließlich der Zuarbeit zum Bericht über die Tätigkeiten des Kompetenzzentrums und des Expertengremiums, stellt die Beschlussfähigkeit des Expertengremiums sowie die Einhaltung der Geschäfts- und Verfahrensordnung im Expertengremium sicher und wird durch Mehrheitsbeschluss durch die Mitglieder des Expertengremiums gewählt.

(4) Die Liste der Mitglieder des Expertengremiums wird von dem Kompetenzzentrum auf der Wissensplattform nach § 6 veröffentlicht und nach jeder Änderung der Besetzung binnen zwei Wochen aktualisiert.

(5) 1Ernennungen erfolgen für eine Dauer von drei Jahren. 2Insgesamt soll die Amtszeit der einzelnen Mitglieder jeweils sechs Jahre nicht übersteigen. 3Das Besetzungs- und Ausschlussverfahren wird in der Geschäfts- und Verfahrensordnung nach § 18 präzisiert.

(6) 1Das Expertengremium unterstützt das Kompetenzzentrum bei seinen Aufgaben gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 1 bis 8, 10 bis 13, 15 und 16. 2Die Unterstützung umfasst die folgenden Aufgaben:

1.
fachliche Beratung,

2.
Erstellung von schriftlichen Expertisen,

3.
Leitung von IOP-Arbeitskreisen nach § 5,

4.
Festlegung und Weiterentwicklung eines Kriterienkatalogs zur Veröffentlichung von Standards, Profilen, Leitfäden, Informationsmodellen, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten nach § 10, der durch das Bundesministerium für Gesundheit freigegeben wird, sowie

5.
Teilnahme an regelmäßigen und außerplanmäßigen Sitzungen; sofern einem Mitglied des Expertengremiums eine persönliche Teilnahme an einer Sitzung nicht möglich ist, kann es sich ausnahmsweise von einem anderen Mitglied vertreten lassen, sofern die Vertretung dem oder der Vorsitzenden zuvor angezeigt wurde.

(7) 1Die darüberhinausgehenden Prozesse und Pflichten bei der Aufgabenerfüllung durch das Expertengremium werden in der Geschäfts- und Verfahrensordnung nach § 18 festgelegt. 2Bei der Erstellung der Regelungen der Geschäfts- und Verfahrensordnung ist dafür Sorge zu tragen, dass die Expertinnen und Experten des Expertengremiums ihre Mitwirkung bei den Aufgaben gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 1 bis 8, 10 bis 13, 15 und 16 inhaltlich unabhängig von der Gruppe nach § 4 Absatz 4, die sie vertreten, ausüben können.

(8) 1Die Gesellschaft für Telematik erstattet den ordentlichen Mitgliedern des Expertengremiums die im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit entstehenden Aufwände. 2Reisekosten werden entsprechend dem Bundesreisekostengesetz erstattet. 3Im Übrigen erfolgt die Festlegung der Höhe der Erstattung in Verbindung mit den diesbezüglichen Bestimmungen in der Geschäfts- und Verfahrensordnung nach § 18.


§ 4 IOP-Expertenkreis



(1) 1Der IOP-Expertenkreis ist die Gesamtheit von ernannten Expertinnen und Experten, aus der die konkreten Mitglieder für das Expertengremium und die Arbeitskreise nach § 5 rekrutiert werden (IOP-Expertenkreis). 2Zudem können das Kompetenzzentrum und das Expertengremium bedarfsbezogen Mitglieder des IOP-Expertenkreises zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben heranziehen.

(2) Das Expertengremium nach § 3 ernennt im Einvernehmen mit dem Kompetenzzentrum Personen, die über Fachwissen in Form von mindestens dreijähriger Berufserfahrung in hauptberuflicher Tätigkeit in den Bereichen Gesundheitsversorgung sowie Informationstechnik und Standardisierung im Gesundheitswesen verfügen, zu Mitgliedern des IOP-Expertenkreises (Expertinnen und Experten).

(3) 1Natürliche Personen, die über das in Absatz 2 genannte Fachwissen verfügen, können sich um die Ernennung als Expertin oder Experte über die Wissensplattform bei dem Kompetenzzentrum bewerben. 2Das Kompetenzzentrum leitet die Bewerbungen an das Expertengremium weiter.

(4) Der IOP-Expertenkreis setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern folgender Gruppen zusammen:

1.
Anwenderinnen und Anwender informationstechnischer Systeme, insbesondere die Gesellschaft für Telematik und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen,

2.
für die Wahrnehmung der Interessen der Industrie maßgebliche Bundesverbände aus dem Bereich innovativer Technologien im Gesundheitswesen,

3.
Länder,

4.
fachlich betroffene nationale und internationale Standardisierungs- und Normungsorganisationen,

5.
Verbände, insbesondere der Spitzenverband Bund der Krankenkassen,

6.
fachlich betroffene Fachgesellschaften des Gesundheitswesens sowie

7.
wissenschaftliche Einrichtungen und Patientenorganisationen.

(5) 1Die Expertinnen und Experten werden für die Dauer von sechs Jahren als Mitglieder des IOP-Expertenkreises ernannt. 2Will ein Mitglied dem IOP-Expertenkreis nicht mehr angehören, erklärt es sein Ausscheiden schriftlich gegenüber dem Kompetenzzentrum. 3Eine Wiederaufnahme ist möglich.

(6) Die Festlegung der einzureichenden Nachweise zur Prüfung der Voraussetzungen für die Ernennung als Mitglied des IOP-Expertenkreises erfolgt in der Geschäfts- und Verfahrensordnung nach § 18.

(7) Das Kompetenzzentrum veröffentlicht eine Liste der für den IOP-Expertenkreis benannten Expertinnen und Experten auf der Wissensplattform.


§ 5 IOP-Arbeitskreise



(1) 1Das Kompetenzzentrum richtet im Einvernehmen mit dem Expertengremium themenspezifische IOP-Arbeitskreise ein, die sich aus dem IOP-Expertenkreis zusammensetzen und von einem Mitglied des Expertengremiums geleitet werden. 2Die Zusammensetzung der IOP-Arbeitskreise erfolgt themenbezogen und interdisziplinär, wobei auf eine gleichmäßige Repräsentation der Gruppen nach § 4 Absatz 4 geachtet werden soll. 3Im begründeten Fall kann auch Expertise außerhalb des IOP-Expertenkreises herangezogen und integriert werden. 4Hierfür müssen Expertengremium und Kompetenzzentrum zustimmen.

(2) Die IOP-Arbeitskreise unterstützen das Kompetenzzentrum und das Expertengremium bei ihren Aufgaben gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 1, 6, 7 und 13.

(3) Die Besetzungs- und Ausschlussverfahren, Zielsetzung, Zusammensetzung und Arbeitsweise der IOP-Arbeitskreise werden in der Geschäfts- und Verfahrensordnung nach § 18 festgelegt.

(4) Die Gesellschaft für Telematik erstattet den Mitgliedern der IOP-Arbeitskreise die im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit entstehenden Aufwände entsprechend § 3 Absatz 8.

(5) Das Kompetenzzentrum veröffentlicht eine Liste der IOP-Arbeitskreise und ihrer Besetzung.


§ 6 Wissensplattform für Interoperabilität im Gesundheitswesen



(1) Das Kompetenzzentrum betreibt und pflegt eine öffentlich zugängliche, barrierefreie Plattform (Wissensplattform).

(2) Die Wissensplattform enthält

1.
jeweils eine Liste der Mitglieder des Expertengremiums, des IOP-Expertenkreises und der IOP-Arbeitskreise,

2.
technische, semantische und syntaktische Standards, Profile und Leitfäden, Informationsmodelle, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten,

3.
empfohlene technische, semantische und syntaktische Standards, Profile, Leitfäden, Informationsmodelle, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten, in der Art, dass alle zur Implementierung von Anwendungen notwendigen Informationen verfügbar und kostenlos zugänglich sind,

4.
verbindlich festgelegte technische, semantische und syntaktische Standards, Profile, Leitfäden, Informationsmodelle, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten, in der Art, dass die verbindlichen Festlegungen gegenüber reinen Empfehlungen gesondert ausgewiesen werden und alle zur Implementierung von Anwendungen notwendigen Informationen kostenlos verfügbar sind,

5.
eine Übersicht über geplante oder sich in Bearbeitung befindende Standards, Profile, Leitfäden, Informationsmodelle, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten,

6.
Empfehlungen und Stellungnahmen zu technischen, semantischen und syntaktischen Standards, Profilen, Leitfäden, Informationsmodellen, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten nach § 2 Absatz 2 Nummer 6 und § 2 Absatz 2 Nummer 13 und die zugehörigen Begründungen sowie die Offenlegung und Darstellung zugehöriger Entscheidungsprozesse des Kompetenzzentrums und des Expertengremiums,

7.
Angaben über gestellte Anträge, die Ausstellung, die Versagung, die Rücknahme oder den Widerruf eines Zertifikats im Rahmen der Konformitätsbewertung nach § 387 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit den §§ 13 und 14 sowie eine Übersichtsliste mit den nach § 372 Absatz 3 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestätigten und den nach § 387 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zertifizierten informationstechnischen Systemen,

8.
die Veröffentlichung der Geschäfts- und Verfahrensordnung nach § 18 sowie der Jahresberichte,

9.
die Vorgaben der für die Zertifizierung nach § 390 Absatz 7 Satz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch notwendigen Eignung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der vertrags- und vertragszahnärztlichen Versorgung,

10.
Informationen über die nach § 393 Absatz 3 Nummer 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch testierten Cloud-Systeme und testierte Cloud-Technik samt Kontrollliste zu den korrespondierenden Kriterien für Kundinnen und Kunden, sofern ein Antrag auf Veröffentlichung nach § 393 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gestellt wurde,

11.
Informationen, die zur Kompetenz- und Wissensbildung für Sachverhalte der Interoperabilität im Gesundheitswesen dienen, und

12.
Darstellungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Visualisierung der Informationsobjekte nach § 355 Absatz 1 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.

(3) 1Das Kompetenzzentrum kann weitere Informationen zu technischen, semantischen und syntaktischen Standards, Profilen, Leitfäden, Informationsmodellen, Referenzarchitekturen und Softwarekomponenten auf der Wissensplattform bereitstellen, insbesondere solche zu internationalen Standards sowie Projekten und informationstechnischen Systemen im Gesundheitswesen, sofern diese nicht bereits Veröffentlichungspflichten auf Bundesebene unterliegen. 2Sollten auf Bundesebene Veröffentlichungspflichten bestehen, sind Verweise auf die Veröffentlichungen möglich.

(4) 1Das Kompetenzzentrum hat ein Verfahren für Antragstellende im Sinne des § 387 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Verfügung zu stellen, in dem nach angemessener Zeit die Löschung der Angaben nach Absatz 2 Nummer 7 beantragt werden kann, sofern diese Angaben geeignet sind, bedeutende Rechtsgüter des Antragstellenden wesentlich zu beeinträchtigen. 2Hierbei ist das besondere Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung der zugrundeliegenden Angaben zur Förderung der Interoperabilität im Gesundheitswesen angemessen zu berücksichtigen.

(5) Näheres ist in der Geschäfts- und Verfahrensordnung nach § 18 zu regeln.