Verordnung zur Stärkung einer integren Allfinanzaufsicht (BaFin-Integritäts-Verordnung - BIV)
Eingangsformel
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Beschäftigte im Sinne dieser Verordnung sind alle Beamtinnen und Beamten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt), alle Personen, die mit ihr in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis stehen, in der Bundesanstalt beschäftigte Praktikantinnen und Praktikanten, Referendarinnen und Referendare, Hospitantinnen und Hospitanten sowie Beschäftigte anderer Behörden, die bei der Bundesanstalt im Wege der Abordnung tätig sind.
(2) Diese Verordnung gilt nur für Geschäfte von Beschäftigten, die sie für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen durchführen (private Finanzgeschäfte).
§ 2 Handelsverbote bei privaten Finanzgeschäften in Kryptowerten
(2) Beschäftigten, die bei ihren Dienstgeschäften bestimmungsgemäß Kenntnis von nicht-öffentlichen Informationen zu
- 1.
- Kryptowerten ohne intrinsischen Wert und ohne zentralen Emittenten oder zu
- 2.
- Kryptowerten, die nicht von einer finanziellen Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Niederlassung in der EU ausgegeben werden,
erlangen oder erlangen können, sind private Finanzgeschäfte in diese Kryptowerte verboten.
(3) Die Handelsverbote nach Absatz 1 und 2 gelten nicht für
- 1.
- E-Geld-Token im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/1937 (ABl. L 150 vom 9.6.2023, S. 40; L, 2024/90275, 2.5.2024; L, 2024/90658, 30.10.2024), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2023/2869 (ABl. L, 2023/2869, 20.12.2023) geändert worden ist, und
- 2.
- private Finanzgeschäfte in Kryptowerten, die im Rahmen der Portfolioverwaltung von Kryptowerten gemäß Artikel 3 Absatz 1 Nummer 25 der Verordnung (EU) 2023/1114 abgeschlossen werden durch
- a)
- Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe 15 der (EU) 2023/1114,
- b)
- CRR-Kreditinstitute nach § 1 Absatz 3d des Kreditwesengesetzes oder
- c)
- Wertpapierfirmen nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2014/65 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349) erbracht werden,
sofern die Voraussetzungen des Artikels 60 der Verordnung (EU) 2023/1114 zur Erbringung dieser Dienstleistung erfüllt sind.
(4) Verboten sind den Beschäftigten der Bundesanstalt der Handel in Kryptowerten, die von Unternehmen mit Sitz oder Niederlassung in der Russischen Föderation oder deren gruppenangehörigen Unternehmen ausgegeben werden oder die sich auf diese beziehen.
(5) Soweit Beschäftigten im Einzelfall nicht-öffentliche Informationen zu einzelnen vom Handelsverbot ausgenommenen Kryptowerten vorliegen, ist ihnen der Handel mit diesen Kryptowerten verboten.
(6) Der Handel in Bezug auf Kryptowerte innerhalb der Dienstzeit sowie die Nutzung von Einrichtungen und Geräten der Bundesanstalt hierfür ist verboten.
§ 3 Fristen bei gegenläufigem Handel
(1) 1Kauf und anschließender Verkauf oder Verkauf und anschließender Kauf des gleichen Kryptowertes oder Finanzinstrumentes (gegenläufiger Handel) innerhalb einer Frist von neunzig Kalendertagen (Sperrfrist) sind den Beschäftigten der Bundesanstalt verboten. 2Ein gegenläufiger Handel ist nach vorheriger Zustimmung durch die Bundesanstalt zulässig, wenn die betreffenden Beschäftigten darlegen, dass der gegenläufige Handel einen nichtspekulativen Hintergrund hat und hierfür keine nicht-öffentlichen Informationen genutzt werden, insbesondere wenn das Finanzgeschäft dazu dient,
- 1.
- den Sparer-Pauschbetrag des laufenden steuerlichen Veranlagungszeitraumes zu nutzen,
- 2.
- einen drohenden erheblichen Wertverlust unter den Einstandspreis zu vermeiden.
(2) Die Handelsbeschränkungen nach Absatz 1 gelten nicht für
- 1.
- die Ausführung einer den Einstandspreis absichernden Stop-Loss-Order, wenn diese gleichzeitig mit oder unverzüglich nach Erwerb der Finanzinstrumente oder Kryptowerte gesetzt wird,
- 2.
- die Nutzung von E-Geld-Token sowie
- 3.
- andere nur als Zahlungsmittel eingesetzte Kryptowerte, wenn kein Handelsverbot besteht.
(3) Bei besonderen persönlichen Notlagen, die einen Verkauf von Finanzinstrumenten oder Kryptowerten erfordern, ist ein solcher mit vorheriger Zustimmung der Bundesanstalt erlaubt.
§ 4 Ausweitung, Beschränkung und Ausgestaltung der Handelsverbote nach § 11a Absatz 1 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes
- 1.
- von Anteilen an Investmentvermögen nach § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs mit Ausnahme von Anteilen an Geldmarktfonds nach § 338b des Kapitalanlagegesetzbuchs, wenn das Investmentvermögen
- a)
- überwiegend in von finanziellen Kapitalgesellschaften ausgegebene Finanzinstrumente investiert,
- b)
- in Finanzinstrumente von Unternehmen mit Sitz oder Niederlassung in der Russischen Föderation oder deren gruppenangehörige Unternehmen investiert oder
- c)
- überwiegend in Kryptowerte investiert, für die ein Handelsverbot für diese Beschäftigten gilt;
- 2.
- von Finanzinstrumenten nach § 2 Absatz 4 des Wertpapierhandelsgesetzes,
- a)
- die im Inland im Freiverkehr, in einem anderen multilateralen Handelssystem oder in einem organisierten Handelssystem gehandelt werden oder die sich auf solche Finanzinstrumente beziehen, wenn die Beschäftigten bei ihren Dienstgeschäften bestimmungsgemäß Kenntnis von nicht-öffentlichen Informationen zu diesen Finanzinstrumenten erlangen oder erlangen können,
- b)
- die von Unternehmen mit Sitz oder Niederlassung in der Russischen Föderation oder deren gruppenangehörige Unternehmen ausgegeben werden oder die sich auf solche beziehen oder
- c)
- die sich auf Kryptowerte beziehen, für die ein Handelsverbot für diese Beschäftigten gilt;
- 3.
- von Finanzinstrumenten nach § 2 Absatz 4 des Wertpapierhandelsgesetzes, für die keine Handelsverbote festgelegt sind, wenn ihnen im Einzelfall nicht-öffentliche Informationen zu Finanzinstrumenten vorliegen.
2Bei Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c ist für die Zusammensetzung des Investmentvermögens der Zeitpunkt der letzten diesbezüglichen Veröffentlichung des Emittenten maßgeblich.
3Die Handelsverbote nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c sowie Nummer 2 Buchstabe a und c gelten nicht für private Finanzgeschäfte, die durch Wertpapierdienstleister für Beschäftigte im Rahmen einer Finanzportfolioverwaltung gemäß
§ 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 7 des Wertpapierhandelsgesetzes abgeschlossen werden.
- 1.
- Staatsanleihen und
- 2.
- Finanzinstrumenten nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a des Wertpapierhandelsgesetzes, die an die Wertentwicklung von Rohstoffen gekoppelt sind, wenn
- a)
- die Auslieferungsansprüche vollständig besichert sind und
- b)
- darin der Kurs des zugrundeliegenden Rohstoffes proportional abgebildet wird.
(3) Der Handel mit Finanzinstrumenten innerhalb der Dienstzeit sowie die Nutzung von Einrichtungen und Geräten der Bundesanstalt hierfür sind verboten.
§ 5 Zustimmungsvorbehalt bei Beteiligungen und Ertragsrechten
(1) Die folgenden Handlungen bedürfen der vorherigen Zustimmung der Bundesanstalt:
- 1.
- die Beteiligung von Beschäftigten an rechtsfähigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts unter Führung eines oder mehrerer geschäftsführender Gesellschafter zum Zwecke der gemeinsamen Anlage privaten Vermögens in Aktien, Schuldtiteln und anderen Finanzinstrumenten (Investmentclubs) oder an vergleichbaren Vereinigungen, die Geschäfte in Finanzinstrumenten, Kryptowerten oder vergleichbaren Anlagen tätigen, und
- 2.
- der Erwerb von Ertragsrechten aus Stiftungen, Treuhandvermögen und vergleichbaren Einrichtungen, bei denen den Berechtigten kein Einfluss auf konkrete Anlageentscheidungen zusteht.
(2) Der Antrag an die Bundesanstalt muss Angaben enthalten, die eine Beurteilung der Beteiligung oder des Ertragsrechtes ermöglichen, zum Beispiel zur Satzung, zur Anlagestrategie und zu Statuten.
(3) Die Bundesanstalt hat die Zustimmung zu versagen, wenn
- 1.
- bei Beamtinnen und Beamten der Bundesanstalt eine Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten wie insbesondere der Pflicht zur uneigennützigen und unparteiischen Amtsführung sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten zu befürchten ist und eine Umgehung der Handelsverbote möglich erscheint oder
- 2.
- bei den übrigen Beschäftigten der Bundesanstalt eine Verletzung der sich aus dem jeweiligen Beschäftigtenverhältnis ergebenden Pflichten zu befürchten ist und eine Umgehung der Handelsverbote möglich erscheint.
(4) Änderungen der einer erteilten Zustimmung zugrundeliegenden Umstände sind der Bundesanstalt unverzüglich anzuzeigen.
§ 6 Zustimmungsvorbehalt bei Beständen, die Handelsverboten unterliegen
1Eine Veräußerung von Finanzinstrumenten und Kryptowerten, deren Handel den Beschäftigten verboten ist, ist ihnen nach vorheriger Zustimmung der oder des direkten Vorgesetzten erlaubt. 2Die Zustimmung ist zu versagen, wenn nicht-öffentliche Informationen zu dem betroffenen Finanzinstrument oder Kryptowert, für das oder den die Zustimmung beantragt wurde, in derjenigen Organisationseinheit vorliegen, der die betroffenen Beschäftigten angehören.
§ 7 Richtlinienbefugnis der Bundesanstalt
(1) Der Bundesanstalt wird die Befugnis eingeräumt, die Handelsverbote und Ausnahmen von Handelsverboten nach
§ 2 Absatz 1 und 2 sowie
§ 4 Absatz 1 und 2 durch Richtlinien konkretisierend auszugestalten und hierfür insbesondere
- 1.
- den Handel in Bezug auf weitere Finanzinstrumente und Kryptowerte sowie in Bezug auf weitere Finanztransaktionen in Finanzinstrumenten und Kryptowerten zu verbieten, soweit aufgrund der Art der Geschäfte, der Transaktionen oder der Tätigkeit ein Interessenkonflikt durch solche privaten Finanzgeschäfte in besonderem Maße zu befürchten ist und
- 2.
- Ausnahmen von Handelsverboten für Beschäftigte zuzulassen, die aufgrund von Elternzeit, Abordnung oder Sonderurlaub keine Zugangsmöglichkeit zu den Liegenschaften und den informationstechnischen Systemen der Bundesanstalt haben, wobei die Handelsverbote frühestens beginnend ab drei Monaten, in der Regel sechs Monate nach Beginn des Wegfalls der Zugangsmöglichkeiten aufgehoben werden können.
(2) Die Bundesanstalt hat die Richtlinien nach anerkannten Standards der Compliance zu erarbeiten, regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf fortzuschreiben.
§ 8 Anzeigepflichten von privaten Finanzgeschäften
(1)
1Beschäftigte sind verpflichtet, private Finanzgeschäfte in Kryptowerten im Anwendungsbereich der
Verordnung (EU) 2023/1114 unverzüglich der Bundesanstalt schriftlich oder elektronisch anzuzeigen.
2Die Anzeigepflicht gilt nicht für private Finanzgeschäfte
- 1.
- in E-Geld-Token unabhängig von einer Wertgrenze und
- 2.
- wenn Kryptowerte nur als Zahlungsmittel eingesetzt werden und bis zu einer Wertgrenze von 2.500 Euro pro Kryptowert innerhalb eines Kalendermonats.
(2) 1Beschäftigte haben Depotvollmachten von Dritten oder sonstige Verfügungsberechtigungen über Depots oder für den Handel mit Kryptowerten auf fremde Rechnung unaufgefordert und unverzüglich der Bundesanstalt anzuzeigen. 2Hierzu ist die Einwilligung der vollmachtgebenden Person für das Offenlegen von privaten Finanzgeschäften bei der Bundesanstalt einzureichen. 3Die Sätze 1 und 2 sind auch auf bereits bestehende Vollmachten und Verfügungsberechtigungen anzuwenden. 4Ohne Anzeige nach Satz 1 und Vorlage der Einwilligung nach Satz 2 dürfen Beschäftigte von einer Depotvollmacht oder Verfügungsberechtigung keinen Gebrauch machen.
(3)
1Der Erwerb von Finanzinstrumenten und Kryptowerten im Rahmen einer Erbschaft oder Schenkung ist gegenüber dem oder der Vorgesetzten offenzulegen, sofern durch den Erwerb ein Interessenkonflikt begründet werden könnte.
2Die
§§ 20 und
21 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleiben hiervon unberührt.
(4) Die Beschäftigten haben bei Aufnahme ihrer Tätigkeit und danach jährlich eine Erklärung über mögliche Interessenkonflikte abzugeben, die Angaben zu den von ihnen im Bestand gehaltenen Finanzinstrumenten und Kryptowerten enthält, sofern diese einen Interessenkonflikt begründen könnten.
§ 9 Veräußerungsverpflichtung
(1) Die Bundesanstalt kann, soweit dies aufgrund der Art der Tätigkeit der Beschäftigten wegen eines tatsächlichen oder möglichen Interessenkonflikts erforderlich ist, Beschäftigte zur Veräußerung bestimmter von ihnen gehaltener Finanzinstrumente oder Kryptowerte und zur Beendigung von Sparplänen verpflichten.
(2) Veräußerungsverpflichtungen dürfen nicht angeordnet werden für
- 1.
- im Rahmen einer Finanzportfolioverwaltung gemäß § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 7 des Wertpapierhandelsgesetzes verwaltete Finanzinstrumente und weitere Finanzanlageprodukte sowie
- 2.
- im Rahmen einer Portfolioverwaltung verwaltete Kryptowerte gemäß Artikel 3 Absatz 1 Nummer 25 der Verordnung (EU) 2023/1114.
(3) 1Die Auferlegung einer Veräußerungsverpflichtung kommt nicht in Betracht, wenn ein tatsächlicher oder möglicher Interessenkonflikt durch alternative, gleichermaßen geeignete Maßnahmen vermieden werden kann. 2Im Rahmen der vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung sind insbesondere Veränderungen der Zuständigkeit der betroffenen Beschäftigten, Veränderungen bei den Prozessabläufen sowie zusätzliche Kontrollmaßnahmen zu erwägen.
(4) Die Bundesanstalt setzt eine angemessene Frist für die Erfüllung der Veräußerungsverpflichtung.
§ 10 Genehmigungspflicht von Nebentätigkeiten
Abweichend von
§ 100 Absatz 1 Nummer 2 des Bundesbeamtengesetzes dürfen Beamtinnen und Beamte der Bundesanstalt schriftstellerische oder wissenschaftliche Nebentätigkeiten oder als Nebentätigkeit durchgeführte Vortragstätigkeiten nur mit vorheriger Genehmigung der Bundesanstalt ausüben, wenn ihnen ein Entgelt oder ein geldwerter Vorteil gewährt wird und Themen im gesetzlichen Aufgabenbereich der Bundesanstalt betroffen sind.
§ 11 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. April 2025 in Kraft.
Schlussformel
Der Bundesminister der Finanzen
Jörg Kukies
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