Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Abschnitt 1 - Energiesicherungsgesetz (EnSiG)

G. v. 20.12.1974 BGBl. I S. 3681; zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 23.06.2023 BGBl. 2023 I Nr. 167
Geltung ab 01.01.1975; FNA: 754-3 Energieversorgung
|

Kapitel 2 Besondere Maßnahmen

Abschnitt 1 Treuhandverwaltung und Enteignung

§ 17 Treuhandverwaltung von Unternehmen der Kritischen Infrastruktur



(1) Ein Unternehmen, das selbst oder durch verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes Kritische Infrastrukturen im Sinne von § 2 Absatz 10 des BSI-Gesetzes im Sektor Energie betreibt, kann unter Treuhandverwaltung gestellt werden, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Treuhandverwaltung das Unternehmen seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht.

(2) 1Die Anordnung einer Treuhandverwaltung ist auf längstens sechs Monate zu befristen. 2Sie kann um jeweils bis zu sechs weitere Monate verlängert werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 weiterhin vorliegen.

(3) 1Die Anordnung einer Treuhandverwaltung und ihre Verlängerung erfolgen durch Verwaltungsakt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. 2Ein Verwaltungsakt nach Satz 1 darf öffentlich bekannt gegeben werden. 3Die öffentliche Bekanntgabe wird durch Veröffentlichung des Verwaltungsakts im Bundesanzeiger bewirkt. 4Der Verwaltungsakt wird mit dieser Veröffentlichung wirksam.

(4) Die Anordnung einer Treuhandverwaltung nach Absatz 3 Satz 1 kann insbesondere vorsehen, dass

1.
die Wahrnehmung der Stimmrechte der Gesellschafter des Unternehmens ausgeschlossen ist,

2.
die Stimmrechte aus den Anteilen an dem Unternehmen auf eine Stelle des Bundes übergehen und diese Stelle berechtigt ist, Mitglieder der Geschäftsleitung abzuberufen und neu zu bestellen sowie der Geschäftsleitung Weisungen zu erteilen, und

3.
die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsleitung in Bezug auf das Vermögen des Unternehmens beschränkt ist und Verfügungen unter dem Vorbehalt der Zustimmung der nach Nummer 2 benannten Stelle des Bundes stehen.

(5) 1Die nach Absatz 4 Nummer 2 benannte Stelle des Bundes hat im Rahmen der Treuhandverwaltung insbesondere darauf hinzuwirken, dass der Betrieb des Unternehmens gemäß seiner Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie fortgeführt wird. 2Die Fortführung des Betriebs des Unternehmens kann auch eine Übertragung von Vermögensgegenständen des Unternehmens auf einen anderen Rechtsträger erfassen, wenn dies zum Werterhalt des Unternehmens erforderlich ist. 3Die Übertragung der Anteile an dem unter Treuhandverwaltung gestellten Unternehmen ist nicht zulässig.

(6) 1Eine Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt nach Absatz 3 Satz 1 hat keine aufschiebende Wirkung. 2Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über eine Anfechtungsklage nach Satz 1 und über Anträge nach den §§ 80 und 80a der Verwaltungsgerichtsordnung. 3Abweichend von § 113 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht auch darüber, dass Rechtshandlungen im Fall einer Aufhebung eines Verwaltungsakts nach Absatz 3 Satz 1 wirksam bleiben können.

(7) 1Soweit die Rechtswirkungen eines Verwaltungsakts nach Absatz 3 Satz 1 über die Sozialbindung des Eigentums nach Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes hinausgehen, ist ein angemessener Ausgleich zu leisten. 2Der Ausgleich wird auf Antrag durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Verwaltungsakt festgesetzt. 3Der Antrag setzt voraus, dass sich der Antragsteller auf das Grundrecht aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes berufen kann, und kann nur innerhalb eines Monats nach Beendigung der Treuhandverwaltung gestellt werden. 4Gegen die Entscheidung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz nach Satz 2 sind die Rechtsbehelfe der Verwaltungsgerichtsordnung statthaft.

(8) Die Kosten der Treuhandverwaltung hat das unter Treuhandverwaltung gestellte Unternehmen zu tragen, das auf Verlangen der nach Absatz 4 Nummer 2 benannten Stelle des Bundes hierauf Vorschüsse zu leisten hat.

(9) 1Die Absätze 1 bis 8 gelten nicht für Unternehmen, die in der Rechtsform einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts geführt werden oder an denen ausschließlich inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind. 2Inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts stehen juristische Personen des öffentlichen Rechts aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums gleich.




§ 17a Kapitalmaßnahmen



(1) Bei einem als Kapitalgesellschaft verfassten Unternehmen, das durch Anordnung nach § 17 Absatz 3 Satz 1 unter Treuhandverwaltung gestellt ist, können Kapitalerhöhungen, die Auflösung von Kapital- und Gewinnrücklagen oder Kapitalherabsetzungen (Kapitalmaßnahmen) angeordnet werden, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Kapitalmaßnahme der Betrieb des Unternehmens gemäß seiner Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie nicht fortgeführt werden kann.

(2) 1Die Anordnung einer Kapitalmaßnahme erfolgt durch Verwaltungsakt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. 2§ 17 Absatz 3 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(3) 1Die Anordnung einer Kapitalmaßnahme nach Absatz 2 Satz 1 kann vorsehen, dass

1.
das Grund- oder Stammkapital eines unter Treuhandverwaltung gestellten Unternehmens unter Ausschluss etwaiger Bezugsrechte der Gesellschafter und unter Zulassung zur Übernahme neuer Anteile durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, deren Anteile ausschließlich vom Bund oder von der Kreditanstalt für Wiederaufbau unmittelbar oder mittelbar gehalten werden, erhöht wird,

2.
Kapital- und Gewinnrücklagen eines unter Treuhandverwaltung gestellten Unternehmens aufgelöst werden oder

3.
das Grund- oder Stammkapital eines unter Treuhandverwaltung gestellten Unternehmens zum Ausgleich von Wertminderungen oder zur Deckung sonstiger Verluste herabgesetzt wird.

2Eine Kapitalherabsetzung nach Satz 1 Nummer 3 ist nur zulässig, nachdem der Teil der Kapital- und Gewinnrücklagen, der zusammen über 10 Prozent des nach der Herabsetzung verbleibenden Grund- oder Stammkapitals hinausgeht, vorweg aufgelöst ist und solange ein Gewinnvortrag nicht vorhanden ist.

(4) 1Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat dem Eigentümer des von der Kapitalmaßnahme betroffenen Unternehmens im Rahmen der Anhörung nach § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes insbesondere Gelegenheit zu geben, seine Bereitschaft zu erklären, die erforderliche Kapitalmaßnahme in den Handlungsformen des privaten Rechts einvernehmlich durchzuführen. 2Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kann von einer Anhörung absehen, soweit diese mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre oder den Zweck der Kapitalmaßnahme gefährden würde.

(5) 1Für eine nach Absatz 2 Satz 1 angeordnete Kapitalmaßnahme ist eine Entschädigung zu leisten. 2§ 21 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) 1Zur Leistung der Entschädigung ist der Bund verpflichtet. 2Die Entschädigung ist durch Zahlung eines Geldbetrages zu leisten. 3Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verkehrswert des unter Treuhandverwaltung gestellten Unternehmens. 4Die Ermittlung des Verkehrswertes erfolgt auf der Grundlage einer Bewertung des Unternehmens. 5Die Verwaltungsorgane des betroffenen Unternehmens sind verpflichtet, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die für die Ermittlung des Unternehmenswertes notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Auskünfte zu erteilen. 6Die Entschädigungszahlung ist mit Ablauf des Tages fällig, an dem die angeordnete Kapitalmaßnahme wirksam wird. 7Die Höhe der Entschädigung wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen gesondert bekannt gemacht. 8Entschädigungsbeträge sind mit einem Prozentpunkt über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich von dem in Satz 6 genannten Zeitpunkt an zu verzinsen.

(7) Kapitalmaßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 sind von Amts wegen unverzüglich in das Handelsregister einzutragen.

(8) 1Eine Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt nach Absatz 2 Satz 1 hat keine aufschiebende Wirkung. 2Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über eine Anfechtungsklage nach Satz 1 und über Anträge nach den §§ 80 und 80a der Verwaltungsgerichtsordnung. 3Abweichend von § 113 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht auch darüber, dass Rechtshandlungen im Fall einer Aufhebung eines Verwaltungsakts nach Absatz 2 Satz 1 wirksam bleiben können.

(9) Der Bundesgerichtshof entscheidet in erster und letzter Instanz über Streitigkeiten wegen der nach den Absätzen 5 und 6 zu gewährenden Entschädigung.




§ 17b Übertragung von Vermögensgegenständen



(1) 1Bei einem Unternehmen, das durch Anordnung nach § 17 Absatz 3 Satz 1 unter Treuhandverwaltung gestellt ist, kann die in § 17 Absatz 4 Nummer 2 benannte Stelle des Bundes eine Übertragung von Vermögensgegenständen über § 17 Absatz 5 Satz 2 hinaus anweisen, wenn

1.
die Übertragung erforderlich ist zur Sicherung des Funktionierens des Gemeinwesens im Sektor Energie sowie zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und

2.
die bestehende Treuhandverwaltung nach § 17 nicht hinreichend geeignet ist, diesen Zweck zu erfüllen.

2Die Übertragung des Eigentums an den Vermögensgegenständen nach Satz 1 bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. 3Die Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz erfolgt durch Verwaltungsakt und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen. 4§ 17 Absatz 3 Satz 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden.

(2) 1Begünstigte der Übertragung im Sinne des Absatzes 1 können der Bund und private oder öffentliche Unternehmen sein. 2Der übertragene Vermögensgegenstand darf nur für den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Zweck verwendet werden. 3Wenn die Übertragung an den Bund oder an ein unter Treuhand oder im Mehrheitseigentum des Bundes stehendes Unternehmen oder an eine Tochtergesellschaft eines derartigen Unternehmens, die letztlich unter der Kontrolle des Bundes steht, erfolgt, ist § 20 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(3) 1Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hört den oder die Eigentümer des Unternehmens, das durch Anordnung nach § 17 Absatz 3 Satz 1 unter Treuhandverwaltung gestellt ist, an und gibt in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme. 2Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kann von einer Anhörung absehen, soweit diese mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre oder den Zweck der Übertragung des Vermögensgegenstandes gefährden würde.

(4) 1Für eine nach Absatz 1 durchgeführte Übertragung ist eine Entschädigung zu leisten. 2§ 21 Absatz 1 Satz 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden. 3Zur Leistung der Entschädigung ist der Bund verpflichtet. 4Die Entschädigung ist durch Zahlung eines Geldbetrages zu leisten.

(5) 1Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verkehrswert des nach Absatz 1 übertragenen Vermögensgegenstandes. 2Dabei sind eine vereinbarte Gegenleistung für die Übertragung des Vermögensgegenstandes oder andere Vermögensvorteile, die das Unternehmen infolge der Übertragung erlangt, mindernd zu berücksichtigen. 3Der Verkehrswert des übertragenen Vermögensgegenstands wird auf der Grundlage einer Bewertung des Vermögensgegenstandes ermittelt. 4Die Verwaltungsorgane des betroffenen Unternehmens sind verpflichtet, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die notwendigen Unterlagen für die Ermittlung des Wertes des übertragenen Vermögensgegenstandes zur Verfügung zu stellen und Auskünfte zu erteilen. 5Die Höhe der Entschädigung wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen gesondert bekannt gemacht.

(6) 1Die Entschädigungszahlung wird mit der Übertragung des Vermögensgegenstandes fällig. 2Entschädigungsbeträge sind ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit jährlich mit einem Prozentpunkt über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen.

(7) 1Eine Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt nach Absatz 1 Satz 3 hat keine aufschiebende Wirkung. 2Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über eine Anfechtungsklage nach Satz 1 und über Anträge nach den §§ 80 und 80a der Verwaltungsgerichtsordnung. 3Abweichend von § 113 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht auch darüber, dass Rechtshandlungen im Fall einer Aufhebung eines Verwaltungsakts nach Absatz 1 Satz 3 wirksam bleiben können.

(8) Der Bundesgerichtshof entscheidet in erster und letzter Instanz über Streitigkeiten wegen der nach den Absätzen 4 und 5 zu gewährenden Entschädigung.




§ 18 Enteignung zur Sicherung der Energieversorgung im Bereich der Kritischen Infrastruktur



(1) Zur Sicherung der Energieversorgung können Enteignungen nach Maßgabe dieses Gesetzes vorgenommen werden.

(2) 1Zulässige Gegenstände einer Enteignung zur Sicherung der Energieversorgung können sein:

1.
Anteile an Unternehmen, die selbst oder durch verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes Kritische Infrastrukturen im Sinne von § 2 Absatz 10 des BSI-Gesetzes im Sektor Energie betreiben,

2.
sonstige Rechte, die Bestandteile der Eigenmittel von Unternehmen nach Nummer 1 sind,

3.
Anteile an Unternehmen, die von Unternehmen nach Nummer 1 abhängig im Sinne des § 17 Absatz 1 des Aktiengesetzes sind, sowie sonstige Rechte, die Bestandteile der Eigenmittel solcher abhängigen Unternehmen sind.

2Als Anteile im Sinne von Satz 1 Nummer 1 gelten auch Anteile an Personengesellschaften. 3Entsprechendes gilt, wenn abhängige Unternehmen im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt werden. 4Satz 1 gilt nicht für Unternehmen, die in der Rechtsform einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts geführt werden oder an denen ausschließlich inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind. 5Inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts stehen juristische Personen des öffentlichen Rechts aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums gleich.

(3) 1Die Enteignungsgegenstände werden auf Enteignungsbegünstigte übertragen. 2Enteignungsbegünstigte sind die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, deren Anteile ausschließlich vom Bund oder von der Kreditanstalt für Wiederaufbau unmittelbar oder mittelbar gehalten werden. 3Auf Verlangen eines Landes kann der Bund auch zugunsten dieses Landes enteignen.

(4) Die Enteignung ist nur zulässig, wenn sie zur Sicherung des Funktionierens des Gemeinwesens im Sektor Energie und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit erforderlich ist und eine zeitlich begrenzte Treuhandverwaltung nach § 17 nicht hinreichend geeignet ist, diesen Zweck zu erfüllen.




§ 19 Enteignungsakt; Verordnungsermächtigung



(1) 1Die Enteignung erfolgt durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates. 2Die Rechtsverordnung muss die folgenden Angaben enthalten:

1.
die Bezeichnung des Enteignungsgegenstandes,

2.
die Angabe des Enteignungsbegünstigten,

3.
die Angabe, zu welchem Zeitpunkt der Enteignungsgegenstand auf den Enteignungsbegünstigten übergeht (Übergangszeitpunkt),

4.
die Angabe, wo die Begründung zur Rechtsverordnung veröffentlicht wird und elektronisch abrufbar ist,

5.
Angaben zur Höhe der Entschädigung, falls diese zum Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsverordnung bereits feststeht.

3Die Begründung zur Rechtsverordnung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

(2) 1Zum Übergangszeitpunkt geht der Enteignungsgegenstand einschließlich aller damit zusammenhängenden Rechte auf den Enteignungsbegünstigten über. 2Sind über enteignete Anteile an Unternehmen nach § 18 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 oder sonstige Rechte im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Urkunden ausgegeben, so verbriefen sie ab dem Übergangszeitpunkt bis zur Aushändigung an den Enteignungsbegünstigten nur den Anspruch auf die Enteignungsentschädigung nach § 21. 3Der Übergangszeitpunkt ist von Amts wegen unverzüglich in das Handelsregister einzutragen.




§ 20 Verfahren



(1) 1Zuständig für die Durchführung des Enteignungsverfahrens ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz als Enteignungsbehörde. 2Das Bundesministerium der Finanzen ist zu beteiligen.

(2) 1Die Enteignungsbehörde hört den oder die Eigentümer des von einer Enteignung betroffenen Enteignungsgegenstandes an und gibt in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme. 2Sie kann von einer Anhörung absehen, soweit diese mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre oder den Zweck der Enteignung gefährden würde.

(3) 1Unternehmen, deren Anteile enteignet wurden, sind wieder zu privatisieren. 2Die Privatisierung erfolgt, wenn und soweit die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit eine Privatisierung erlaubt und die Voraussetzungen nach § 7 Absatz 1 Satz 1 der Bundeshaushaltsordnung gegeben sind. 3Ein Rechtsanspruch auf Privatisierung besteht für natürliche und juristische Personen nicht. 4Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre einen Bericht zum Stand der Privatisierung nach Satz 1 vor.




§ 21 Entschädigung



(1) 1Für die Enteignung ist eine Entschädigung zu leisten. 2Eine Entschädigung kann verlangen, wer sich auf das Grundrecht aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes berufen kann, in seinem Recht durch die Enteignung beeinträchtigt wird und dadurch einen Vermögensnachteil erleidet. 3Verpflichtungen des Bundes aus völkerrechtlichen Verträgen nach Artikel 59 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(2) 1Zur Leistung der Entschädigung ist der Enteignungsbegünstigte verpflichtet, wenn eine vorherige Zustimmung des Enteignungsbegünstigten zu der Enteignung vorliegt. 2Im Übrigen ist der Bund zur Leistung der Entschädigung verpflichtet.

(3) 1Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verkehrswert des Enteignungsgegenstandes. 2Werden Anteile an Unternehmen oder sonstige Bestandteile der Eigenmittel von Unternehmen nach § 18 Absatz 2 Satz 1 enteignet, so erfolgt die Ermittlung des Verkehrswertes auf der Grundlage einer Bewertung des Unternehmens. 3Die Verwaltungsorgane des betroffenen Unternehmens sind verpflichtet, der Enteignungsbehörde die für die Ermittlung des Unternehmenswertes notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Auskünfte zu erteilen.

(4) 1Die Entschädigung ist durch Zahlung eines Geldbetrages zu leisten. 2Die Entschädigungszahlung ist mit Ablauf des Tages, in den der Übergangszeitpunkt fällt, fällig. 3Die Höhe der Entschädigung wird in der Rechtsverordnung nach § 19 Absatz 1 oder durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen gesondert bekannt gemacht.

(5) Entschädigungsbeträge sind mit einem Prozentpunkt über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich von dem Übergangszeitpunkt an zu verzinsen.




§ 22 Rechtsschutz



(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug auf Antrag über die Gültigkeit von Rechtsverordnungen nach § 19.

(2) 1Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsverordnung in ihren Rechten verletzt zu sein, innerhalb von zwei Wochen nach Verkündung der Rechtsverordnung stellen. 2Der Antrag ist gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richten.

(3) 1Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über den Antrag durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluss. 2Kommt das Bundesverwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass die Rechtsverordnung rechtswidrig ist, so erklärt es die Rechtsverordnung mit allgemeiner Verbindlichkeit für unwirksam. 3Die Entscheidungsformel ist vom Antragsgegner innerhalb von drei Werktagen nach der Verkündung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu veröffentlichen.

(4) 1Eine Unwirksamkeitserklärung nach Absatz 3 Satz 2 lässt die Wirksamkeit des Übergangs der Enteignungsgegenstände nach § 18 Absatz 2 Satz 1 unberührt. 2Diejenigen Personen, die zum Übergangszeitpunkt Eigentümer der Enteignungsgegenstände waren, und deren Rechtsnachfolger können innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Entscheidung nach Absatz 3 Satz 3 die Rückübertragung des Gegenstandes Zug um Zug gegen Rückzahlung der nach § 21 gewährten Entschädigung verlangen; ein entsprechender Antrag ist an den Enteignungsbegünstigten zu richten. 3Der Enteignungsbegünstigte kann mit Zustimmung des Bundes von den in Satz 2 bezeichneten Personen die Rücknahme der Enteignungsgegenstände gegen Rückzahlung der nach § 21 gewährten Entschädigung verlangen.

(5) Ein Anspruch auf Rückübertragung nach Absatz 4 Satz 2 ist ausgeschlossen, wenn innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 kein Antrag nach Absatz 1 gestellt worden ist oder ein innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 gestellter Antrag vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt worden ist.

(6) 1Das Bundesverwaltungsgericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies dringend geboten ist, um schwere und unzumutbare Nachteile abzuwehren, die nach einer Unwirksamkeitserklärung nach Absatz 3 Satz 2 nicht beseitigt werden können. 2Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Verkündung der Rechtsverordnung nach § 19 zu stellen. 3Eine einstweilige Anordnung lässt die Wirksamkeit eines bereits erfolgten Übergangs der Enteignungsgegenstände nach § 19 Absatz 2 Satz 1 unberührt.

(7) Der Bundesgerichtshof entscheidet in erster und letzter Instanz über Streitigkeiten wegen der Höhe der nach § 21 zu gewährenden Entschädigung.




§ 23 Verordnungsermächtigung



1Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über

1.
das Enteignungsverfahren nach § 20,

2.
die Entschädigung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben nach § 21,

3.
sonstige Maßnahmen, die zur Sicherung des Funktionierens des Gemeinwesens im Sektor Energie im Rahmen einer Enteignung nach § 18 erforderlich sind.

2Die Rechtsverordnungen nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung des Deutschen Bundestages. 3Hat sich der Deutsche Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang der Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, gilt seine Zustimmung zu der unveränderten Rechtsverordnung als erteilt.




§ 23a Enteignung von beweglichen Sachen und Zugang zu Unterlagen



(1) Zur Sicherung der Energieversorgung im Sinne des § 18 Absatz 1 können durch Verwaltungsakt Anordnungen getroffen werden über

1.
die Enteignung von beweglichen Sachen, die für die Errichtung von Erdgasleitungen erforderlich sind und

2.
den Zugang zu Unterlagen, insbesondere zu Dokumentationen, Schriftstücken, Zeichnungen, bildlichen Darstellungen und Aufzeichnungen einschließlich technischer Aufzeichnungen, und deren Nutzbarkeit, einschließlich der Einräumung von Nutzungsrechten in Bezug auf gewerbliche Schutzrechte und Urheberrechte, soweit Zugang und Nutzung die Errichtung von Erdgasleitungen ermöglichen oder ihre Errichtung beschleunigen können.

(2) 1Enteignungsbegünstigte für Enteignungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 können auch private oder öffentliche Unternehmen sein, die Erdgasleitungen errichten und dafür Enteignungsgegenstände nach Absatz 1 Nummer 1 benötigen. 2Der Enteignungsgegenstand darf nur für den in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Zweck verwendet werden.

(3) 1Die Enteignung nach Absatz 1 Nummer 1 ist nur zulässig, wenn

1.
sie zur Sicherung des Funktionierens des Gemeinwesens im Sektor Energie und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit erforderlich ist,

2.
der freihändige Erwerb oder die Herstellung dem Enteignungsgegenstand gleichwertiger Sachen nicht oder nicht in angemessener Frist möglich ist und

3.
der Enteignungsbegünstigte sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des Enteignungsgegenstandes zu angemessenen Bedingungen vergeblich bemüht hat.

2§ 19 Absatz 2 Satz 1 ist entsprechend anzuwenden.

(4) 1Für eine Enteignung nach Absatz 1 Nummer 1 ist eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes des Enteignungsgegenstandes zu leisten. 2§ 21 Absatz 1 Satz 2 und 3, Absatz 2, 4 Satz 1 und 2 und Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. 3In dem Verwaltungsakt nach Absatz 1 Nummer 1 sind Angaben zur Höhe der Entschädigung aufzunehmen, wenn diese zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes bereits feststeht. 4Der Verwaltungsakt muss die in § 19 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Angaben enthalten.

(5) Der Zugang zu und das Recht zur Nutzung von Unterlagen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 können auch zugunsten privater oder öffentlicher Unternehmen angeordnet werden, die die Erdgasleitungen im Sinne des Absatzes 1 errichten.

(6) 1Die Anordnung nach Absatz 1 Nummer 2 ist nur zulässig,

1.
soweit die in den Unterlagen nach Absatz 1 Nummer 2 verkörperten Informationen nicht oder nicht in angemessener Frist auf andere Weise erlangt, erworben oder erstellt werden können und

2.
wenn der von der Anordnung Begünstigte sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb der Unterlagen und der Rechte zur Nutzung nach Absatz 1 Nummer 2 zu angemessenen Bedingungen vergeblich bemüht hat.

2In der Anordnung muss bestimmt werden, dass der Begünstigte die Rechte zur Nutzung nur solange und soweit ausüben darf, wie dies für die Errichtung von Erdgasleitungen im Sinne des Absatzes 1 notwendig ist. 3Die Anordnung kann bestimmen, dass der Zugang zu Unterlagen auch durch die Übermittlung von Kopien erfolgen kann, wenn diese den mit dem Zugang verfolgten Zweck in gleicher Weise erfüllen. 4Die herausgegebenen Unterlagen sind zurückzugeben, wenn das Recht zur Nutzung gemäß Satz 2 nicht mehr ausgeübt werden darf, dabei sind angefertigte Kopien zu vernichten. 5Die Vorschriften des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vom 18. April 2019 (BGBl. I S. 466) bleiben unberührt.

(7) 1Für die Nutzung der Unterlagen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, einschließlich der Einräumung von Nutzungsrechten in Bezug auf gewerbliche Schutzrechte und Urheberrechte, ist durch den Bund auf Antrag ein im Einzelfall angemessenes Entgelt zu leisten. 2Die Höhe des Entgelts kann in einem selbständigen Verwaltungsakt festgelegt werden. 3Die Erstattungsansprüche des Bundes gegen denjenigen, zu dessen Gunsten die Nutzungsrechte eingeräumt werden, können auch durch Verwaltungsakt festgesetzt werden.

(8) 1Verwaltungsakte nach dieser Vorschrift erlässt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen. 2Eine Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt nach Absatz 1 hat keine aufschiebende Wirkung.