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Gesetz zum Schutz von Kulturgut (Kulturgutschutzgesetz - KGSG)


Kapitel 3 Kulturgutverkehr

Abschnitt 2 Ausfuhr

§ 21 Ausfuhrverbot



Die Ausfuhr von Kulturgut ist verboten, wenn

1.
für das Kulturgut das Verfahren zur Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingeleitet worden ist und die Entscheidung über die Eintragung noch nicht unanfechtbar geworden ist,

2.
für das Kulturgut keine nach den §§ 22, 23, 24, 27 Absatz 1 bis 3 erforderliche Genehmigung vorliegt oder nach den §§ 25, 26 oder § 27 Absatz 4 erteilt worden ist,

3.
das Kulturgut nach § 32 Absatz 1 unrechtmäßig eingeführt worden ist,

4.
das Kulturgut nach § 33 Absatz 1 sichergestellt ist oder

5.
das Kulturgut nach § 81 Absatz 4 angehalten wird.


§ 22 Genehmigung der vorübergehenden Ausfuhr von nationalem Kulturgut



(1) Genehmigungspflichtig ist die vorübergehende Ausfuhr von nationalem Kulturgut nach § 6 in einen Mitgliedstaat oder Drittstaat.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Antragsteller die Gewähr dafür bietet, dass das zur Ausfuhr bestimmte Kulturgut in unbeschadetem Zustand und fristgerecht in das Bundesgebiet wieder eingeführt wird.

(3) 1Zuständig für die Erteilung der Genehmigung ist die oberste Landesbehörde des Landes, in dessen Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes das Kulturgut nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 eingetragen ist oder in dem sich das Kulturgut nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 und 3 zum Zeitpunkt der Antragstellung befindet. 2Ist der Antragsteller eine juristische Person mit mehreren Sitzen, so ist sein Hauptsitz im Bundesgebiet für die örtliche Zuständigkeit maßgeblich. 3Die oberste Landesbehörde kann die Zuständigkeit nach Maßgabe des Landesrechts auf eine andere Landesbehörde übertragen.

(4) Die Ausfuhrgenehmigung kann der Eigentümer oder ein bevollmächtigter Dritter beantragen.

(5) Eine durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkte oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichene Genehmigung ist nichtig.


§ 23 Genehmigung der dauerhaften Ausfuhr von nationalem Kulturgut



(1) Genehmigungspflichtig ist die dauerhafte Ausfuhr von nationalem Kulturgut nach § 6 in einen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat.

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn bei Abwägung der Umstände des Einzelfalls wesentliche Belange des deutschen Kulturgutbesitzes überwiegen.

(3) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn rechtskräftig oder durch eine abschließende Regelung der Beteiligten im Hinblick auf einen Entzug festgestellt ist, dass das Kulturgut zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 einem früheren Eigentümer aufgrund der Verfolgung durch den Nationalsozialismus entzogen worden ist und es aus dem Bundesgebiet ausgeführt werden soll, um es an außerhalb des Bundesgebietes lebende ursprüngliche Eigentümer oder deren dort lebende Rechtsnachfolger zurückzugeben.

(4) 1Zuständig für die Erteilung der Genehmigung ist die für Kultur und Medien zuständige oberste Bundesbehörde. 2Vor der Entscheidung hört sie die zuständige oberste Landesbehörde und einen Sachverständigenausschuss an. 3Hinsichtlich der Zusammensetzung des Sachverständigenausschusses ist § 14 Absatz 2 entsprechend anzuwenden. 4Im Falle eines Ortswechsels nach § 11 Absatz 2 ist auch die ursprünglich für die Eintragung zuständige oberste Landesbehörde anzuhören.

(5) 1Mit der Genehmigung der dauerhaften Ausfuhr endet die Unterschutzstellung nach § 6 Absatz 1. 2Eingetragenes Kulturgut ist nach der Ausfuhr von der zuständigen obersten Landesbehörde aus dem Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes zu löschen.

(6) 1Wird die Genehmigung zur dauerhaften Ausfuhr von eingetragenem Kulturgut abgelehnt, so unterrichtet die oberste für Kultur und Medien zuständige Bundesbehörde die nach Absatz 4 angehörten obersten Landesbehörden. 2Auf Antrag des Eigentümers klären die oberste für Kultur und Medien zuständige Bundesbehörde und die nach Satz 1 unterrichteten Landesbehörden unter organisatorischer Leitung der Kulturstiftung der Länder binnen zwölf Monaten die nach Abwägung der beteiligten Interessen angemessenen Bedingungen für einen möglichen Ankauf des Kulturgutes durch oder für eine Kulturgut bewahrende Einrichtung im Bundesgebiet, die das Kulturgut der Öffentlichkeit zugänglich macht. 3Zur Klärung dieser Bedingungen gehören insbesondere

1.
die Klärung, zum Bestand welcher Kulturgut bewahrenden Einrichtung das Kulturgut passen würde,

2.
die Festlegung eines angemessenen Preises unter Berücksichtigung der Steuervorteile des Eigentümers nach § 12 Absatz 1 oder sonstiger Vorteile des Eigentümers,

3.
die Klärung ob und gegebenenfalls wann und in welcher Höhe eine Kulturgut bewahrende Einrichtung nach Nummer 1 Fördermittel für einen Ankauf aus öffentlichen und privaten Mitteln erhalten könnte,

4.
die sonstigen Modalitäten eines möglichen Ankaufes.

4Für die Festlegung eines angemessenen Preises nach Satz 3 Nummer 2 zieht die Kulturstiftung der Länder externen Sachverstand heran.

(7) 1Sind die Bedingungen eines Ankaufes nach Absatz 6 geklärt, kann eine Kulturgut bewahrende Einrichtung nach Absatz 6 Nummer 1 dem Eigentümer auf dieser Basis und sofern die Finanzierung gesichert ist, ein Ankaufsangebot machen. 2Weist der Eigentümer nach, dass er den Ausfuhrantrag aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage gestellt hat, wirken die beteiligten Bundes- und Landesbehörden darauf hin, dass die Finanzierung eines Ankaufes gesichert ist, und die Kulturgut bewahrende Einrichtung ein Ankaufsangebot unterbreitet. 3§ 12 Absatz 2 bleibt unberührt.

(8) 1Der Eigentümer kann das Angebot nach Absatz 7 binnen sechs Monaten annehmen. 2Kommt ein Ankauf nicht zustande, kann ein neuer Ausfuhrantrag erst nach einer Frist von fünf Jahren nach Ablehnung des vorhergehenden Antrages gestellt werden.

(9) 1In besonderen Einzelfällen kann auf Antrag des Landes die für Kultur und Medien zuständige oberste Bundesbehörde die Genehmigung nach Absatz 1 auch für eine erst zukünftige Ausfuhr anlässlich eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Eigentümer und der obersten Landesbehörde erteilen, wenn die Voraussetzungen nach § 10 Absatz 1 Nummer 1 und 2 für mindestens 15 Jahre vorliegen. 2Die für Kultur und Medien zuständige oberste Bundesbehörde soll diese Zustimmung davon abhängig machen, dass die Einrichtung im Bundesgebiet mit dem Eigentümer des Kulturgutes einen Vertrag über einen möglichen Ankauf des Kulturgutes trifft. 3Weitere Nebenbestimmungen sind zulässig.

(10) § 22 Absatz 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden.


§ 24 Genehmigungspflichtige Ausfuhr von Kulturgut; Verordnungsermächtigung



(1) Genehmigungspflichtig ist die Ausfuhr von Kulturgut

1.
in einen Drittstaat nach der unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 116/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Ausfuhr von Kulturgütern (kodifizierte Fassung) (ABl. L 39 vom 10.2.2009, S. 1),

2.
in einen Mitgliedstaat, sofern das Kulturgut den Kriterien nach Absatz 2 bei Ausfuhr in den Binnenmarkt unterfällt und nicht Eigentum des Urhebers oder Herstellers ist.

(2) 1Für die Ausfuhr in den Binnenmarkt sind die Altersuntergrenzen und das Doppelte der Wertuntergrenzen nach Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 116/2009 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei den nachstehenden Kategorien folgende weiter heraufgesetzte Mindestuntergrenzen bei Kulturgut nach Anhang I Kategorie A gelten:

1.
Nummer 3: 75 Jahre und 300.000 Euro;

2.
die Nummern 4 und 7: 75 Jahre und 100.000 Euro;

3.
die Nummern 5, 6, 8 und 9: 75 Jahre und 50.000 Euro;

4.
Nummer 12: 50 Jahre und 50.000 Euro;

5.
Nummer 14: 150 Jahre und 100.000 Euro;

6.
Nummer 15: 100 Jahre und 100.000 Euro.

2Münzen gelten nicht als archäologische Gegenstände nach Kategorie 1 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 116/2009, wenn es sie in großer Stückzahl gibt, sie für die Archäologie keinen relevanten Erkenntniswert haben und nicht von einem Mitgliedstaat als individualisierbare Einzelobjekte unter Schutz gestellt sind. 3Im Übrigen sind die Kategorien nach Absatz 2 Satz 1 im Lichte der Auslegung der Kategorien des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 116/2009 anzuwenden.

(3) Das für Kultur und Medien zuständige Mitglied der Bundesregierung wird ermächtigt, die Wertgrenzen zur Anpassung an die Preisentwicklungen in den für die in Absatz 2 Satz 1 genannten Kategorien relevanten Märkten in einer Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, anzuheben.

(4) Der für die Genehmigungspflicht nach Absatz 1 maßgebliche finanzielle Wert des Kulturgutes ist der innerhalb der letzten drei Jahre gezahlte Preis bei einem An- oder Verkauf, in sonstigen Fällen ein begründeter inländischer Schätzwert zum Zeitpunkt der Antragstellung.

(5) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag kein Ausfuhrverbot nach § 21 Nummer 1, 3, 4 und 5 besteht.

(6) 1Zuständig für die Erteilung der Genehmigung nach Absatz 1 ist die oberste Landesbehörde des Landes, in dem sich das Kulturgut zum Zeitpunkt der Antragstellung befindet, sofern sich in Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 keine andere Zuständigkeit aus Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 116/2009 ergibt. 2Als Ort der Belegenheit wird der Wohnort oder Sitz des Antragstellers widerleglich vermutet. 3§ 22 Absatz 3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(7) 1Über den Antrag auf Erteilung der Genehmigung hat die oberste Landesbehörde innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Einreichung der vollständigen Antragsunterlagen zu entscheiden. 2Diese Landesbehörde kann die Zuständigkeit nach Maßgabe des Landesrechts auf eine andere Landesbehörde übertragen.

(8) 1Die Genehmigungspflicht nach Absatz 1 Nummer 2 entfällt, wenn das Kulturgut sich nachweisbar nur vorübergehend bis zu zwei Jahre im Bundesgebiet befindet. 2Dies gilt nicht für Kulturgut, das

1.
unrechtmäßig eingeführt wurde (§ 28) oder

2.
zuvor ohne Genehmigung nach Absatz 1 ausgeführt wurde.

(9) § 22 Absatz 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden.


§ 25 Allgemeine offene Genehmigung



(1) 1Für die vorübergehende Ausfuhr von Kulturgut kann die zuständige oberste Landesbehörde einer Kulturgut bewahrenden Einrichtung auf Antrag eine zeitlich befristete generelle Genehmigung (allgemeine offene Genehmigung) erteilen, wenn diese Einrichtung regelmäßig Teile ihrer Bestände vorübergehend für öffentliche Ausstellungen, Restaurierungen oder Forschungszwecke ausführt. 2Die allgemeine offene Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.

(2) 1Die allgemeine offene Genehmigung kann erteilt werden für die Ausfuhr in Mitgliedstaaten oder Drittstaaten. 2Beide Genehmigungen können in einem Bescheid erteilt werden.

(3) Der Antragsteller muss die Gewähr dafür bieten, dass das zur Ausfuhr bestimmte Kulturgut in unbeschadetem Zustand und fristgerecht wiedereingeführt wird.

(4) 1Die Geltungsdauer einer allgemeinen offenen Genehmigung darf fünf Jahre nicht überschreiten. 2Die zuständige oberste Landesbehörde veröffentlicht im Internetportal zum Kulturgutschutz nach § 4 diejenigen Kulturgut bewahrenden Einrichtungen, denen eine allgemeine offene Genehmigung erteilt worden ist.

(5) Teile des Bestandes einer Kulturgut bewahrenden Einrichtung können von der allgemeinen offenen Genehmigung durch die zuständige oberste Landesbehörde ausgenommen werden.


§ 26 Spezifische offene Genehmigung



(1) Für die regelmäßige vorübergehende Ausfuhr von Kulturgut kann die zuständige oberste Landesbehörde dem Eigentümer oder rechtmäßigen unmittelbaren Besitzer auf Antrag eine zeitlich befristete, auf ein bestimmtes Kulturgut bezogene Genehmigung (spezifische offene Genehmigung) erteilen, wenn das Kulturgut im Ausland wiederholt verwendet oder ausgestellt werden soll.

(2) 1Die spezifische offene Genehmigung kann erteilt werden für die Ausfuhr in Mitgliedstaaten oder Drittstaaten. 2Beide Genehmigungen können in einem Bescheid erteilt werden.

(3) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die Gewähr dafür bietet, dass das zur vorübergehenden Ausfuhr bestimmte Kulturgut in unbeschadetem Zustand und fristgerecht wiedereingeführt wird.

(4) Die Geltungsdauer einer spezifischen offenen Genehmigung darf fünf Jahre nicht überschreiten.


§ 27 Genehmigung der Ausfuhr von kirchlichem Kulturgut



(1) Für die vorübergehende Ausfuhr von nationalem Kulturgut, das sich im Eigentum einer Kirche oder einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaft befindet, erteilt die Kirche oder Religionsgemeinschaft die Genehmigung nach § 22 im Benehmen mit der zuständigen Landesbehörde.

(2) 1Bei einem Verfahren zur Genehmigung nach § 23 für die dauerhafte Ausfuhr von nationalem Kulturgut nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 9 Absatz 1 wird bei Kulturgut, das sich im Eigentum einer Kirche oder einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaft befindet, abweichend von § 23 Absatz 4 Satz 2 ausschließlich die betroffene Kirche oder die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte Religionsgemeinschaft angehört. 2Sofern es sich um nationales Kulturgut nach § 9 Absatz 3 handelt, erteilt die Kirche oder Religionsgemeinschaft die Genehmigung im Benehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde.

(3) 1Die Kirchen und die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften können beantragen, dass für Kulturgut, das sich in ihrem Eigentum befindet, die Genehmigung für die Ausfuhr in einen Mitgliedstaat nach § 24 Absatz 1 Nummer 2 nicht erforderlich ist. 2In diesem Falle ist eine nachträgliche Eintragung in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach § 8 ausgeschlossen.

(4) Die §§ 25 und 26 sind für Kirchen und die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften sowie für die von ihnen beaufsichtigten Einrichtungen und Organisationen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Genehmigung nur im Einvernehmen mit der zuständigen Kirche oder Religionsgemeinschaft erteilt werden kann.