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Verordnung über das Zulassungsverfahren sowie die Prüfungsdurchführung für Lehrgänge für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt (Fahrgastsicherheitslehrgänge-Zulassungs- und Prüfungsverordnung - FahrSiLehrgZulV)

V. v. 11.05.2023 BGBl. 2023 I Nr. 125; zuletzt geändert durch Artikel 2 V. v. 14.06.2024 BGBl. 2024 I Nr. 193
Geltung ab 18.05.2023; FNA: 9500-1-10 Verwaltung und allgemeine Ordnung der Binnenschifffahrt
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Eingangsformel



Auf Grund des § 3 Absatz 1 Nummer 10 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 82) in Verbindung mit § 57 Absatz 1 Satz 2 der Binnenschiffspersonalverordnung vom 26. November 2021 (BGBl. I S. 4982, 5204), der zuletzt durch Artikel 3 Nummer 27 der Verordnung vom 5. April 2023 (BGBl. 2023 II Nr. 105) geändert worden ist, verordnet die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt:


§ 1 Gegenstand dieser Verordnung



Diese Verordnung regelt das Zulassungsverfahren für Basislehrgänge und für Auffrischungslehrgänge für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt nach § 57 der Binnenschiffspersonalverordnung sowie das Verfahren der Durchführung der Prüfung in den zugelassenen Lehrgängen.


Teil 1 Antragsstellung und Zulassungsverfahren

§ 2 Antragsstellung



(1) In dem Antrag auf Lehrgangszulassung ist anzugeben, ob eine Zulassung als Basislehrgang, als Auffrischungslehrgang oder beides beantragt wird.

(2) Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:

1.
ein Lehrplan für die durchzuführenden Basis- bzw. Auffrischungslehrgänge, der folgende Angaben enthält:

a)
eine Gliederung und die wesentlichen Inhalte der Lehrgänge

b)
die Art und Weise der Vermittlung der Lehrgangsinhalte

c)
die zeitliche Planung der Lehrgangsinhalte,

2.
eine Erklärung der antragsstellenden Person, ob der Lehrgang für die Öffentlichkeit oder für einen beschränkten Teilnehmerkreis angeboten werden soll,

3.
sofern die Lehrgänge nicht für die Öffentlichkeit angeboten werden sollen, eine Darstellung der Voraussetzungen, die Teilnehmende erfüllen müssen, um an den Lehrgängen teilnehmen zu können,

4.
eine detaillierte Darstellung des Ablaufes und der Inhalte des praktischen Prüfungsteils

5.
eine Liste der als Lehrkräfte eingesetzten Personen,

6.
eine Liste der als Prüfende eingesetzten Personen,

7.
für jede der auf der Liste nach Nummer 6 genannten Person in Kopie das in Deutschland gültige Zeugnis für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt sowie den entsprechenden Nachweis nach § 13 Absatz 1 Satz 3 dieser Verordnung,

8.
genauen Angaben über den Ort, an dem die Lehrgänge durchgeführt werden sollen,

9.
eine Erklärung, dass der Antragsstellende die zuständige Behörde unverzüglich und aus eigener Initiative über jede Änderung der sich aus dem Antrag oder den beizufügenden Unterlagen ergebenden Umstände informiert sowie

10.
die vier Fragebögen nach § 11, wobei die jeweils richtigen Antworten als solche markiert sein müssen.

(3) Auf Verlangen der zuständigen Behörde sind die in Kopie einzureichenden Nachweise im Original vorzulegen.




§ 3 Zulassungsentscheidung



1Die Zulassungsentscheidung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden, die sicherstellen, dass die Voraussetzungen des § 56 Binnenschiffspersonalverordnung oder dieser Verordnung erfüllt werden. 2Die Zulassungsentscheidung kann insbesondere davon abhängig gemacht werden, dass Fragebögen vorliegen, die den Vorgaben des § 11 entsprechen.




Teil 2 Allgemeines über das Prüfungsverfahren

§ 4 Teilnahme an der Abschlussprüfung



(1) Die Abschlussprüfung darf nur ablegen, wer zuvor an einem Basislehrgang für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt teilgenommen hat.

(2) Sind Lehrgangsteilnehmer zum Zeitpunkt des Lehrgangs Inhaber eines gültigen Zeugnisses für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt, können sie an der Abschlussprüfung auch teilnehmen, wenn sie zuvor einen Auffrischungslehrgang besucht haben.


§ 5 Anzeigepflicht und Prüfungsort



(1) 1Die Durchführung einer Abschlussprüfung ist der zuständigen Behörde mindestens vier Wochen vorher unter Nennung des genauen Prüfungsortes elektronisch anzuzeigen. 2Abweichend von Satz 1 sind der zuständigen Behörde Wiederholungsprüfungen nach § 7 Satz 2 unverzüglich anzuzeigen.

(2) Die Abschlussprüfung ist als Präsenzprüfung durchzuführen und muss innerhalb Deutschlands abgenommen werden.




§ 6 Unabhängigkeit der Prüfenden



1Vor Abnahme einer Prüfung haben die Prüfenden sicherzustellen, dass sie gegenüber den Prüflingen nicht von Interessenskonflikten betroffen sind. 2Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Prüfender bei entsprechender Anwendung des § 20 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgeschlossen wäre. 3Im Übrigen gelten § 20 Absatz 4 und § 21 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.


§ 7 Nichtbestehen eines Prüfungsteils



1Im Falle des Nichtbestehens des theoretischen oder des praktischen Prüfungsteils besteht keine Möglichkeit zur Nachprüfung. 2Eine Wiederholungsprüfung darf frühestens 48 Stunden nach der ersten Prüfung stattfinden.


§ 8 Ausstellen einer Bescheinigung



(1) Jedem Teilnehmenden eines Basislehrgangs oder Auffrischungslehrgangs, der die Abschlussprüfung bestanden hat, ist hierüber vom Lehrgangsanbieter eine Bescheinigung nach dem Muster der Anlage auszustellen.

(2) Die Bescheinigung nach Absatz 1 ist für einen Zeitraum von sechs Monaten ab ihrem Ausstellungsdatum als Nachweis im Sinne der § 85 Absatz 2 Nummer 2 und § 87 Absatz 2 Satz 2 der Binnenschiffspersonalverordnung gültig.




Teil 3 Verfahren des theoretischen Prüfungsteils

§ 9 Prüfungsablauf



(1) 1Jeder Prüfling hat einen Fragebogen zu beantworten, der nach Maßgabe des § 11 aus 30 verschiedenen Fragen im Antwort-Wahl-Verfahren besteht. 2Hierfür steht eine Bearbeitungszeit von 45 Minuten zur Verfügung.

(2) Der theoretische Teil der Abschlussprüfung ist als schriftliche oder elektronische Prüfung durchzuführen.

(3) 1Den Prüflingen darf das Kapitel 19 des in § 2 Nummer 59 der Binnenschiffspersonalverordnung bezeichneten ES-TRIN sowie die Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 1) zur Verfügung gestellt werden. 2Darüber hinaus sind die Fragen eigenständig und ohne Hilfsmittel zu beantworten. 3Die Prüflinge sind während der Bearbeitungszeit zu beaufsichtigen.


§ 10 Bewertung und Bestehen



(1) Die theoretische Prüfung kann von einer einzelnen Person bewertet werden, die für den Lehrgangsanbieter tätig ist.

(2) Der theoretische Prüfungsteil ist bestanden, wenn der Prüfling insgesamt 24 Fragen eines Fragenbogens vollständig richtig beantwortet hat.


§ 11 Gestaltung der Fragebögen



(1) 1Jeder Lehrgangsanbieter hat mindestens vier verschiedene Fragebögen mit jeweils 30 Fragen zu erstellen und diese Fragebögen im Wechsel bei Prüfungen zu verwenden. 2Jede Fragestellung darf insgesamt nur ein Mal verwendet werden.

(2) Jeder Fragebogen muss Fragen zu folgenden Themenbereichen enthalten:

1.
Inhalte von Sicherheitsrolle und Sicherheitsplan,

2.
Rettungsmittel und ihre Funktionen,

3.
Ergreifung von erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Fahrgäste im Allgemeinen sowie in Notfällen,

4.
Hilfeleistung und Erteilung von Anweisungen zur sicheren Einschiffung, Ausschiffung und Bereisung mit dem Schiff von Menschen mit Behinderung und Personen mit eingeschränkter Mobilität,

5.
Kommunikation über sicherheitsrelevante Themen in einfachem Englisch und

6.
Hilfeleistung für Fahrgäste in Bezug auf Fahrgastrechte.

(3) 1Jede Frage muss vier Antwortmöglichkeiten enthalten, von denen ein bis vier Antwortmöglichkeiten richtig sein können. 2Die falschen Antwortmöglichkeiten müssen so formuliert sein, dass sie nicht offenkundig als falsch zu erkennen sind.

(4) 1Die zuständige Behörde kann jederzeit verlangen, dass ihr die Fragebögen zur Überprüfung vorgelegt werden. 2Sie kann zudem Änderungen an den Fragen oder den Antwortmöglichkeiten verlangen, wenn die Fragen nicht den Inhalten nach Absatz 2 oder die Antwortmöglichkeiten nicht der Vorgabe des Absatzes 3 Satz 2 entsprechen.

(5) Die Fragebögen dürfen weder veröffentlicht noch den Prüflingen oder Dritten vor oder nach der Prüfung überlassen werden.




Teil 4 Verfahren des praktischen Prüfungsteils

§ 12 Prüfungskommission



1Der praktische Prüfungsteil ist von einer Prüfungskommission abzunehmen und zu bewerten, die aus drei Prüfenden besteht. 2Die Prüfungskommission entscheidet mit Stimmenmehrheit, wobei jedes Mitglied eine Stimme hat.


§ 13 Qualifikationen der Prüfenden



(1) 1Als Mitglied einer Prüfungskommission für den praktischen Prüfungsteil darf nur eingesetzt werden, wer zum Zeitpunkt der Antragsstellung nach § 2 Inhaber eines in Deutschland gültigen Zeugnisses für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt ist. 2Jedes Mitglied der Prüfungskommission muss zudem Erfahrungen über die Abläufe an Bord von Fahrgastschiffen und den Umgang mit Fahrgästen besitzen. 3Diese Erfahrungen werden nachgewiesen durch

1.
ein gültiges Schiffsführerzeugnis nach § 11 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 oder § 127 Satz 1 der Binnenschiffspersonalverordnung oder

2.
den Nachweis von 180 Fahrtagen als Mitglied der Mindestbesatzung oder als Sachkundiger für die Fahrgastschifffahrt an Bord eines Fahrgastschiffes in den vergangenen fünf Jahren.

4Für den Nachweis der Fahrtage von Mitgliedern der Mindestbesatzung nach Satz 1 Nummer 2 gilt § 27 der Binnenschiffspersonalverordnung. 5Sachkundige weisen die Fahrtage nach Satz 1 Nummer 2 durch geeignete Bescheinigungen, insbesondere durch entsprechende Arbeitszeitnachweise, nach.

(2) 1Mitglieder einer Prüfungskommission dürfen in dem vorangegangenen Lehrgang als Lehrkraft eingesetzt gewesen sein. 2§ 6 bleibt unberührt.


§ 14 Inhalte und Bewertung



Die Inhalte des praktischen Prüfungsteils sowie die Bewertung der Leistungen der Prüflinge ergeben sich aus Anlage 20 der Binnenschiffspersonalverordnung.


§ 15 Prüfungsprotokoll



(1) Über die wesentlichen Inhalte des praktischen Prüfungsteils, den wesentlichen Ablauf sowie die Bewertung durch die Mitglieder der Prüfungskommission ist für jeden Prüfling einzeln ein Protokoll zu erstellen und für fünf Jahre aufzubewahren.

(2) Die Protokolle sind der zuständigen Behörde auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.


Teil 4 Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 16 Übergangsbestimmungen



(1) Die Vorschriften dieser Verordnung gelten auch für Lehrgangsanbieter, die bereits vor dem 18. Mai 2023 als Basislehrgang oder als Auffrischungslehrgang nach der Binnenschiffspersonalverordnung zugelassen worden sind.

(2) 1Die Vorschriften dieser Verordnung gehen den Inhalten der entsprechenden Zulassungsbescheide nach Absatz 1 vor. 2Die zuständige Behörde kann die Inhalte der betreffenden Zulassungsbescheide an die Vorgaben dieser Verordnung anpassen und die bisherigen Zulassungsbescheide insofern widerrufen.

(3) Die Zulassungsbescheide von Lehrgangsanbietern, die nach der Schiffspersonalverordnung-Rhein vom 16. Dezember 2011 (BGBl. 2011 II S. 1300, Anlageband) als Anbieter von Lehrgängen für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt zugelassen sind, können ab dem Zeitpunkt mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, ab dem die Schiffspersonalverordnung-Rhein nicht mehr anwendbar ist.


§ 17 Inkrafttreten



Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung*) in Kraft.


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*)
Anm. d. Red.: Die Verkündung erfolgte am 17. Mai 2023.


Schlussformel



Der Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

In Vertretung Dirk Schwardmann


Anlage (zu § 8) Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt



Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt (BGBl. 2023 I Nr. 125 S. 6)