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Erster Abschnitt - Ernährungsbewirtschaftungsverordnung (EBewiV)


Erster Abschnitt Umfang und Wirkung der öffentlichen Bewirtschaftung

§ 1 Öffentliche Bewirtschaftung



(1) Zur Sicherstellung der Versorgung mit Erzeugnissen der Ernährungs- und Landwirtschaft werden die in der Anlage aufgeführten Erzeugnisse (bewirtschaftete Erzeugnisse) öffentlich bewirtschaftet.

(2) Die bewirtschafteten Erzeugnisse unterliegen einer Verfügungsbeschränkung und Abgabepflicht nach dieser Verordnung. Mit diesen Erzeugnissen muß nach den Anordnungen verfahren werden, die die zuständigen Stellen auf Grund einer Rechtsverordnung nach dem Ernährungssicherstellungsgesetz treffen.

(3) Der Verfügungsbeschränkung und Abgabepflicht unterliegen nicht

1.
bewirtschaftete Erzeugnisse in

a)
Haushaltungen,

b)
Einrichtungen zur Sammelverpflegung (§ 7 Abs. 3 Nr. 2),

c)
Vorratslagern der Streitkräfte, der Verbände und Einrichtungen der Polizeien und der zivilen Verteidigung,

d)
sonstigen Beständen, die aus öffentlichen Haushaltsmitteln finanziert worden sind;

2.
bewirtschaftete Erzeugnisse, die

a)
in den Geltungsbereich dieser Verordnung verbracht werden und als Nachschub für die Streitkräfte bestimmt sind oder

b)
sich auf der Durchfuhr befinden.

(4) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
weitere Erzeugnisse der Ernährungs- und Landwirtschaft in die Anlage aufzunehmen, um die für Zwecke der Verteidigung, insbesondere zur Deckung des Bedarfs der Zivilbevölkerung und der Streitkräfte erforderliche Versorgung mit diesen Erzeugnissen sicherzustellen,

2.
einzelne Erzeugnisse in der Anlage zu streichen, wenn ihre Bewirtschaftung zu den in Nummer 1 genannten Zwecken nicht erforderlich ist.




§ 2 Verfügungsbeschränkung



(1) Die Verfügungsbeschränkung bewirkt, daß die ihr unterliegenden bewirtschafteten Erzeugnisse

1.
nur gegen Berechtigungsnachweise (§ 7) zur Be- oder Verarbeitung, zur Weiterveräußerung oder zum Verbrauch abgegeben, bezogen oder zum eigenen Verbrauch entnommen werden dürfen, soweit sich aus § 3 Abs. 2 und § 36 Abs. 2 Satz 2 nichts anderes ergibt oder das Ernährungsamt nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 nicht etwas anderes anordnet;

2.
nicht beiseite geschafft, vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden dürfen.

Bewirtschaftete Erzeugnisse, die als Lebensmittel oder zu anderen Zwecken der Versorgung nicht mehr geeignet sind, dürfen nur vernichtet werden, wenn dies vorher unter Angabe von Art und Menge der Erzeugnisse sowie Ort und Zeitpunkt der Vernichtung dem Ernährungsamt angezeigt worden ist.

(2) Die Verfügungsbeschränkung tritt ein bei noch nicht vom Boden getrennten pflanzlichen Erzeugnissen mit ihrer Trennung, bei tierischen Erzeugnissen mit ihrer Gewinnung, bei anderen Erzeugnissen mit ihrer Herstellung und bei eingeführten Erzeugnissen mit dem Verbringen in den Geltungsbereich dieser Verordnung.


§ 3 Abgabepflicht



(1) Die Abgabepflicht bewirkt, soweit nicht das Ernährungsamt nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 etwas anderes anordnet, daß die ihr unterliegenden bewirtschafteten Erzeugnisse an die Inhaber von Berechtigungsnachweisen abzugeben sind; sie besteht gegenüber Inhabern von Berechtigungsnachweisen für Verbraucher nur für Hersteller und Verteiler, die üblicherweise Endverbraucher beliefern (Endverteiler). Erzeuger bewirtschafteter Erzeugnisse (Erzeuger) und Hersteller dürfen bewirtschaftete Erzeugnisse nicht an Inhaber von Berechtigungsnachweisen für Verbraucher abgeben, soweit nicht in einer Rechtsverordnung nach dem Ernährungssicherstellungsgesetz etwas anderes vorgesehen ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben

1.
Erzeuger bewirtschaftete Erzeugnisse auch ohne Berechtigungsnachweise an die üblicherweise belieferten Verteiler, Be- und Verarbeitungsbetriebe sowie an Erzeuger abzugeben,

2.
Molkereien, soweit nicht das Ernährungsamt nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 etwas anderes anordnet, Magermilch, Buttermilch und Molke ohne Berechtigungsnachweise an ihre Milchlieferanten im bisherigen Umfang abzugeben, soweit die Milchlieferanten solche Erzeugnisse auch vor Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 zurückerhalten haben; soweit die genannten Erzeugnisse in Pulverform bezogen worden sind, können entsprechende Mengen in flüssiger Form abgegeben werden.

In den Fällen des Satzes 1 sind bewirtschaftete Erzeugnisse nur gegen Abrechnungsunterlagen oder Empfangsbestätigungen abzugeben, aus denen sich Empfänger, Art und Menge der Erzeugnisse sowie der Zeitpunkt der Abgabe ergeben.

(3) Der Abgabepflicht unterliegen nicht, soweit nicht das Ernährungsamt nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 etwas anderes anordnet, die bewirtschafteten Erzeugnisse in

1.
gewerblichen Betrieben der Ernährungswirtschaft, soweit sie als Rohstoffe oder Zwischenprodukte zur Herstellung der in dem Betrieb üblicherweise oder auf Grund besonderer Anordnung des Ernährungsamtes erzeugten Produkte,

2.
Betrieben von Erzeugern, soweit sie im Rahmen der Betriebserhaltung und -weiterführung als Saatgutbedarf, Futterbedarf und Schwund (innerbetrieblicher Wirtschaftsbedarf) sowie als Nutz- und Zuchtvieh

erforderlich sind.

(4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, daß Inhaber von Betrieben der Ernährungs- und Landwirtschaft bewirtschaftete Erzeugnisse ausschließlich an Erzeuger, Betriebe bestimmter Wirtschaftsstufen oder Verbraucher abzugeben haben.


§ 4 Anordnungsbefugnis



(1) Das Ernährungsamt kann in Einzelfällen gegenüber Inhabern von Betrieben der Ernährungs- und Landwirtschaft anordnen,

1.
bewirtschaftete Erzeugnisse im Rahmen des Betriebes in bestimmter Weise zu erzeugen, zu gewinnen, herzustellen, zu bearbeiten, zu verarbeiten oder zu verwenden;

2.
Bestände und Vorräte an bewirtschafteten Erzeugnissen an andere Lagerorte zu verlagern.

(2) Das Ernährungsamt kann ferner, wenn dies in Ausnahmefällen auf Grund der Versorgungssituation oder besonderer Umstände dringend geboten ist,

1.
anordnen, bewirtschaftete Erzeugnisse abweichend von § 3 Abs. 1

a)
auch ohne Berechtigungsnachweise,

b)
an einen im Einzelfall bestimmten Empfänger ausschließlich oder vorrangig,

c)
ausschließlich an Erzeuger, Betriebe bestimmter Wirtschaftsstufen oder Verbraucher

abzugeben; im Falle des Buchstaben a gilt § 3 Abs. 2 Satz 2 entsprechend;

2.
abweichend von § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 sowie § 11 Abs. 2 Satz 2 eine Anordnung treffen.


§ 5 Ermächtigung



Das Bundesministerium wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 11 des Ernährungssicherstellungsgesetzes zu erlassen.


§ 6 Versorgungsausgleich



Ist im Zuständigkeitsbereich einer Behörde die Versorgung nicht sichergestellt, so wendet sie sich an die übergeordnete Behörde, um einen regionalen oder überregionalen Versorgungsausgleich herbeizuführen. Ist der Ausgleich innerhalb eines Landes nicht möglich, versucht die zuständige oberste Landesbehörde, die Versorgung aus einem anderen Bundesland sicherzustellen. Kann ein solcher Ausgleich nicht herbeigeführt werden, sorgt das Bundesministerium für einen Ausgleich; dabei kann er sich der Hilfe der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bedienen.