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Zweiter Teil - Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG)

neugefasst durch B. v. 27.06.1994 BGBl. I S. 1537; zuletzt geändert durch Artikel 21 G. v. 12.07.2024 BGBl. 2024 I Nr. 234
Geltung ab 01.07.1983; FNA: 319-87 Zwischenstaatliche Rechtshilfe
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Zweiter Teil Auslieferung an das Ausland

§ 2 Grundsatz



(1) Ein Ausländer, der in einem ausländischen Staat wegen einer Tat, die dort mit Strafe bedroht ist, verfolgt wird oder verurteilt worden ist, kann diesem Staat auf Ersuchen einer zuständigen Stelle zur Verfolgung oder zur Vollstreckung einer wegen der Tat verhängten Strafe oder sonstigen Sanktion ausgeliefert werden.

(2) Ein Ausländer, der in einem ausländischen Staat wegen einer Tat, die dort mit Strafe bedroht ist, verurteilt worden ist, kann einem anderen ausländischen Staat, der die Vollstreckung übernommen hat, auf Ersuchen einer zuständigen Stelle dieses Staates zur Vollstreckung einer wegen der Tat verhängten Strafe oder sonstigen Sanktion ausgeliefert werden.

(3) Ausländer im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind.


§ 3 Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung



(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre.

(2) Die Auslieferung zur Verfolgung ist nur zulässig, wenn die Tat nach deutschem Recht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts nach deutschem Recht mit einer solchen Strafe bedroht wäre.

(3) 1Die Auslieferung zur Vollstreckung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat die Auslieferung zur Verfolgung zulässig wäre und wenn eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist. 2Sie ist ferner nur zulässig, wenn zu erwarten ist, daß die noch zu vollstreckende freiheitsentziehende Sanktion oder die Summe der noch zu vollstreckenden freiheitsentziehenden Sanktionen mindestens vier Monate beträgt.


§ 4 Akzessorische Auslieferung



Ist die Auslieferung zulässig, so ist sie wegen einer weiteren Tat auch dann zulässig, wenn für diese

1.
die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 oder 3 nicht vorliegen oder

2.
die Voraussetzungen des § 2 oder des § 3 Abs. 1 deshalb nicht vorliegen, weil die weitere Tat nur mit einer Sanktion im Sinne des § 1 Abs. 2 bedroht ist.


§ 5 Gegenseitigkeit



Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn auf Grund der vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherungen erwartet werden kann, daß dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.


§ 6 Politische Straftaten, politische Verfolgung



(1) 1Die Auslieferung ist nicht zulässig wegen einer politischen Tat oder wegen einer mit einer solchen zusammenhängenden Tat. 2Sie ist zulässig, wenn der Verfolgte wegen vollendeten oder versuchten Völkermordes, Mordes oder Totschlags oder wegen der Beteiligung hieran verfolgt wird oder verurteilt worden ist.

(2) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, daß der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder daß seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.


§ 7 Militärische Straftaten



Die Auslieferung ist nicht zulässig wegen einer Tat, die ausschließlich in der Verletzung militärischer Pflichten besteht.


§ 8 Todesstrafe



Ist die Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit der Todesstrafe bedroht, so ist die Auslieferung nur zulässig, wenn der ersuchende Staat zusichert, daß die Todesstrafe nicht verhängt oder nicht vollstreckt werden wird.


§ 9 Konkurrierende Gerichtsbarkeit



Ist für die Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet, so ist die Auslieferung nicht zulässig, wenn

1.
ein Gericht oder eine Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen den Verfolgten wegen der Tat ein Urteil oder eine Entscheidung mit entsprechender Rechtswirkung erlassen, die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt (§ 204 der Strafprozeßordnung), einen Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage verworfen (§ 174 der Strafprozeßordnung), das Verfahren nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen eingestellt (§ 153a der Strafprozeßordnung) oder nach Jugendstrafrecht von der Verfolgung abgesehen oder das Verfahren eingestellt hat (§§ 45, 47 des Jugendgerichtsgesetzes) oder

2.
die Verfolgung oder Vollstreckung nach deutschem Recht verjährt oder auf Grund eines deutschen Straffreiheitsgesetzes ausgeschlossen ist.


§ 9a Auslieferung und Verfahren vor internationalen Strafgerichtshöfen



(1) 1Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn ein internationaler Strafgerichtshof, der durch einen für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Rechtsakt errichtet wurde, gegen den Verfolgten wegen der Tat ein rechtskräftiges Strafurteil oder eine Entscheidung mit entsprechender Rechtswirkung erlassen oder das Strafverfahren unanfechtbar eingestellt hat und nach dem Errichtungsakt in diesem Falle die Verfolgung durch andere Stellen untersagt ist. 2Führt der in Satz 1 bezeichnete Gerichtshof wegen der Tat ein Strafverfahren und liegt eine Entscheidung im Sinne des Satzes 1 des Gerichtshofes bei Eingang des Auslieferungsersuchens noch nicht vor, wird die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zurückgestellt. 3Eine vorübergehende Auslieferung (§ 37) scheidet aus.

(2) 1Ersuchen sowohl ein ausländischer Staat als auch ein Gerichtshof im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 um Übergabe des Verfolgten zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung (konkurrierende Ersuchen) und enthält der Errichtungsakt des Gerichtshofes oder enthalten die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsvorschriften Bestimmungen, die die Behandlung mehrerer Ersuchen regeln, so richtet sich die Behandlung der Ersuchen nach diesen Bestimmungen. 2Enthalten weder der Errichtungsakt noch die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsvorschriften Bestimmungen zur Behandlung konkurrierender Ersuchen, räumt aber der Errichtungsakt dem Verfahren des Gerichtshofes Vorrang vor dem Verfahren des ausländischen Staates ein, wird dem Ersuchen des Gerichtshofes Vorrang gegeben.


§ 10 Auslieferungsunterlagen



(1) 1Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat ein Haftbefehl, eine Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung oder ein vollstreckbares, eine Freiheitsentziehung anordnendes Erkenntnis einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates und eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen vorgelegt worden sind. 2Wird um Auslieferung zur Verfolgung mehrerer Taten ersucht, so genügt hinsichtlich der weiteren Taten anstelle eines Haftbefehls oder einer Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung die Urkunde einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates, aus der sich die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ergibt.

(2) Geben besondere Umstände des Falles Anlaß zu der Prüfung, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint, so ist die Auslieferung ferner nur zulässig, wenn eine Darstellung der Tatsachen vorgelegt worden ist, aus denen sich der hinreichende Tatverdacht ergibt.

(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion, die in einem dritten Staat verhängt wurde, ist nur zulässig, wenn

1.
das vollstreckbare, eine Freiheitsentziehung anordnende Erkenntnis und eine Urkunde des dritten Staates, aus der sich sein Einverständnis mit der Vollstreckung durch den Staat ergibt, der die Vollstreckung übernommen hat,

2.
eine Urkunde einer zuständigen Stelle des Staates, der die Vollstreckung übernommen hat, nach der die Strafe oder sonstige Sanktion dort vollstreckbar ist,

3.
eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen sowie

4.
im Fall des Absatzes 2 eine Darstellung im Sinne dieser Vorschrift

vorgelegt worden sind.


§ 11 Spezialität



(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn gewährleistet ist, daß der Verfolgte

1.
in dem ersuchenden Staat ohne deutsche Zustimmung aus keinem vor seiner Überstellung eingetretenen Grund mit Ausnahme der Tat, derentwegen die Auslieferung bewilligt worden ist, bestraft, einer Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen oder durch Maßnahmen, die nicht auch in seiner Abwesenheit getroffen werden können, verfolgt werden wird,

2.
nicht ohne deutsche Zustimmung an einen dritten Staat weitergeliefert, überstellt oder in einen dritten Staat abgeschoben werden wird und

3.
den ersuchenden Staat nach dem endgültigen Abschluß des Verfahrens, dessentwegen seine Auslieferung bewilligt worden ist, verlassen darf.

(2) Die Bindung des ersuchenden Staates an die Spezialität darf nur entfallen, wenn

1.
die deutsche Zustimmung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion hinsichtlich einer weiteren Tat (§ 35) oder zur Weiterlieferung, Überstellung oder Abschiebung an einen anderen ausländischen Staat (§ 36) erteilt worden ist,

2.
der Verfolgte den ersuchenden Staat innerhalb eines Monats nach dem endgültigen Abschluß des Verfahrens, dessentwegen seine Auslieferung bewilligt worden ist, nicht verlassen hat, obwohl er dazu das Recht und die Möglichkeit hatte, oder

3.
1der Verfolgte, nachdem er den ersuchenden Staat verlassen hatte, dorthin zurückgekehrt ist oder von einem dritten Staat zurücküberstellt worden ist. 2Das Recht des ersuchenden Staates, den Verfolgten zur Vorbereitung eines Ersuchens nach § 35 zu vernehmen, bleibt unberührt.

(3) Eine bedingte Freilassung ohne eine die Bewegungsfreiheit des Verfolgten einschränkende Anordnung steht dem endgültigen Abschluß des Verfahrens nach Absatz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 gleich.


§ 12 Bewilligung der Auslieferung



Die Auslieferung darf, außer im Fall des § 41, nur bewilligt werden, wenn das Gericht sie für zulässig erklärt hat.


§ 13 Sachliche Zuständigkeit



(1) 1Die gerichtlichen Entscheidungen erläßt vorbehaltlich der §§ 21, 22 und 39 Abs. 2 das Oberlandesgericht. 2Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts sind unanfechtbar.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht bereitet die Entscheidung über die Auslieferung vor und führt die bewilligte Auslieferung durch.


§ 14 Örtliche Zuständigkeit



(1) Örtlich zuständig sind das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, in deren Bezirk der Verfolgte zum Zweck der Auslieferung ergriffen oder, falls eine Ergreifung nicht erfolgt, zuerst ermittelt wird.

(2) Werden mehrere Verfolgte, die wegen Beteiligung an derselben Tat oder im Zusammenhang damit wegen Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei ausgeliefert werden sollen, in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte zum Zweck der Auslieferung ergriffen oder ermittelt, so richtet sich die Zuständigkeit danach, welches Oberlandesgericht oder, solange noch kein Oberlandesgericht befaßt ist, welche Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht zuerst mit der Sache befaßt wurde.

(3) Ist der Aufenthalt des Verfolgten nicht bekannt, so bestimmt der Bundesgerichtshof das zuständige Oberlandesgericht.


§ 15 Auslieferungshaft



(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn

1.
die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder

2.
auf Grund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht begründet ist, daß der Verfolgte die Ermittlung der Wahrheit in dem ausländischen Verfahren oder im Auslieferungsverfahren erschweren werde.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.


§ 16 Vorläufige Auslieferungshaft



(1) Die Auslieferungshaft kann unter den Voraussetzungen des § 15 schon vor dem Eingang des Auslieferungsersuchens angeordnet werden, wenn

1.
eine zuständige Stelle des ersuchenden Staates darum ersucht oder

2.
ein Ausländer einer Tat, die zu seiner Auslieferung Anlaß geben kann, auf Grund bestimmter Tatsachen dringend verdächtig ist.

(2) 1Der Auslieferungshaftbefehl ist aufzuheben, wenn der Verfolgte seit dem Tag der Ergreifung oder der vorläufigen Festnahme insgesamt zwei Monate zum Zweck der Auslieferung in Haft ist, ohne daß das Auslieferungsersuchen und die Auslieferungsunterlagen bei der in § 74 bezeichneten Behörde oder bei einer sonst zu ihrer Entgegennahme zuständigen Stelle eingegangen sind. 2Hat ein außereuropäischer Staat um Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft ersucht, so beträgt die Frist drei Monate.

(3) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens und der Auslieferungsunterlagen entscheidet das Oberlandesgericht unverzüglich über die Fortdauer der Haft.


§ 17 Auslieferungshaftbefehl



(1) Die vorläufige Auslieferungshaft und die Auslieferungshaft werden durch schriftlichen Haftbefehl (Auslieferungshaftbefehl) des Oberlandesgerichts angeordnet.

(2) In dem Auslieferungshaftbefehl sind anzuführen

1.
der Verfolgte,

2.
der Staat, an den die Auslieferung nach den Umständen des Falles in Betracht kommt,

3.
die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat,

4.
das Ersuchen oder im Fall des § 16 Abs. 1 Nr. 2 die Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß der Verfolgte einer Tat, die zu seiner Auslieferung Anlaß geben kann, dringend verdächtig ist, sowie

5.
der Haftgrund und die Tatsachen, aus denen er sich ergibt.


§ 18 Fahndungsmaßnahmen



1Liegt ein Auslieferungsersuchen vor und ist der Aufenthalt des Verfolgten nicht bekannt, so können die erforderlichen Maßnahmen zur Feststellung des Aufenthaltes und zur Festnahme des Verfolgten ergriffen werden. 2Zur Anordnung einzelner Fahndungsmaßnahmen bedarf es keines gesonderten Ersuchens. 3Zuständig für die Ausschreibung zur Festnahme ist die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht. 4Die Vorschriften des Abschnitts 9a der Strafprozessordnung sind entsprechend anwendbar.


§ 19 Vorläufige Festnahme



1Liegen die Voraussetzungen eines Auslieferungshaftbefehls vor, so sind die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes zur vorläufigen Festnahme befugt. 2Unter den Voraussetzungen des § 127 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung ist jedermann zur vorläufigen Festnahme berechtigt.


§ 20 Bekanntgabe



(1) Wird der Verfolgte festgenommen, so ist ihm der Grund der Festnahme mitzuteilen.

(2) 1Liegt ein Auslieferungshaftbefehl vor, so ist er dem Verfolgten unverzüglich bekanntzugeben. 2Der Verfolgte erhält eine Abschrift.


§ 21 Verfahren nach Ergreifung auf Grund eines Auslieferungshaftbefehls



(1) Wird der Verfolgte auf Grund eines Auslieferungshaftbefehls ergriffen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Ergreifung, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

(2) 1Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. 2Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. 3Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung, gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug erheben will. 4Im Fall des § 16 Abs. 1 Nr. 2 erstreckt sich die Vernehmung auch auf den Gegenstand der Beschuldigung; in den übrigen Fällen sind die Angaben, die der Verfolgte von sich aus hierzu macht, in das Protokoll aufzunehmen.

(3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß

1.
der Ergriffene nicht die in dem Auslieferungshaftbefehl bezeichnete Person ist,

2.
der Auslieferungshaftbefehl aufgehoben ist oder

3.
der Vollzug des Auslieferungshaftbefehls ausgesetzt ist,

so ordnet der Richter beim Amtsgericht die Freilassung an.

(4) 1Ist der Auslieferungshaftbefehl aufgehoben oder der Vollzug ausgesetzt, so ordnet der Richter beim Amtsgericht an, daß der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist, wenn

1.
die Voraussetzungen eines neuen Auslieferungshaftbefehls wegen der Tat vorliegen oder

2.
Gründe dafür vorliegen, den Vollzug des Auslieferungshaftbefehls anzuordnen.

2Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht führt unverzüglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbei.

(5) 1Erhebt der Verfolgte gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug sonstige Einwendungen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder hat der Richter beim Amtsgericht Bedenken gegen die Aufrechterhaltung der Haft, so teilt er dies der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich und auf dem schnellsten Weg mit. 2Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht führt unverzüglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbei.

(6) Erhebt der Verfolgte gegen die Auslieferung keine Einwendungen, so belehrt ihn der Richter beim Amtsgericht über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (§ 41) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll.

(7) 1Die Entscheidung des Richters beim Amtsgericht ist unanfechtbar. 2Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Freilassung des Verfolgten anordnen.




§ 22 Verfahren nach vorläufiger Festnahme



(1) Wird der Verfolgte vorläufig festgenommen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

(2) 1Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. 2Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. 3Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung oder gegen seine vorläufige Festnahme erheben will. 4§ 21 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend.

(3) 1Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Ergriffene nicht die Person ist, auf die sich das Ersuchen oder die Tatsachen im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 4 beziehen, so ordnet der Richter beim Amtsgericht seine Freilassung an. 2Andernfalls ordnet der Richter beim Amtsgericht an, daß der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist. 3§ 21 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 und 7 gilt entsprechend.




§ 23 Entscheidung über Einwendungen des Verfolgten



Über Einwendungen des Verfolgten gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug entscheidet das Oberlandesgericht.


§ 24 Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls



(1) Der Auslieferungshaftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der vorläufigen Auslieferungshaft oder der Auslieferungshaft nicht mehr vorliegen oder die Auslieferung für unzulässig erklärt wird.

(2) 1Der Auslieferungshaftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht dies beantragt. 2Gleichzeitig mit dem Antrag ordnet sie die Freilassung des Verfolgten an.


§ 25 Aussetzung des Vollzugs des Auslieferungshaftbefehls



(1) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Auslieferungshaftbefehls aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Gewähr bieten, daß der Zweck der vorläufigen Auslieferungshaft oder der Auslieferungshaft auch durch sie erreicht wird.

(2) § 116 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, §§ 116a, 123 und 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 der Strafprozeßordnung sowie § 72 Abs. 1, 4 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes gelten entsprechend.


§ 26 Haftprüfung



(1) 1Befindet sich der Verfolgte in Auslieferungshaft, so entscheidet das Oberlandesgericht über deren Fortdauer, wenn der Verfolgte seit dem Tag der Ergreifung, der vorläufigen Festnahme oder der letzten Entscheidung über die Fortdauer der Haft insgesamt zwei Monate zum Zweck der Auslieferung in Haft ist. 2Die Haftprüfung wird jeweils nach zwei Monaten wiederholt. 3Das Oberlandesgericht kann anordnen, daß die Haftprüfung innerhalb einer kürzeren Frist vorgenommen wird.

(2) Befindet sich der Verfolgte in vorläufiger Auslieferungshaft oder in einstweiliger Unterbringung in einem Erziehungsheim (§ 71 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes), so gilt Absatz 1 entsprechend.


§ 27 Vollzug der Haft



(1) Für den Vollzug der vorläufigen Auslieferungshaft, der Auslieferungshaft und der Haft auf Grund einer Anordnung des Richters beim Amtsgericht gelten die Vorschriften über den Vollzug der Untersuchungshaft sowie § 119 der Strafprozessordnung entsprechend.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht bestimmt die Anstalt, in welcher der Verfolgte zu verwahren ist.

(3) Die richterlichen Verfügungen trifft der Vorsitzende des zuständigen Senats des Oberlandesgerichts.




§ 28 Vernehmung des Verfolgten



(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Vernehmung des Verfolgten bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er sich befindet.

(2) 1Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. 2Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. 3Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung erheben will. 4Zu dem Gegenstand der Beschuldigung ist der Verfolgte nur zu vernehmen, wenn die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht dies beantragt; in den übrigen Fällen sind die Angaben, die der Verfolgte von sich aus hierzu macht, in das Protokoll aufzunehmen.

(3) Erhebt der Verfolgte gegen die Auslieferung keine Einwendungen, so belehrt ihn der Richter beim Amtsgericht über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (§ 41) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll.




§ 29 Antrag auf Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung



(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts auch dann beantragen, wenn sich der Verfolgte mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.


§ 30 Vorbereitung der Entscheidung



(1) 1Reichen die Auslieferungsunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung nicht aus, so entscheidet das Oberlandesgericht erst, wenn dem ersuchenden Staat Gelegenheit gegeben worden ist, ergänzende Unterlagen beizubringen. 2Für ihre Beibringung kann eine Frist gesetzt werden.

(2) 1Das Oberlandesgericht kann den Verfolgten vernehmen. 2Es kann sonstige Beweise über die Zulässigkeit der Auslieferung erheben. 3Im Fall des § 10 Abs. 2 erstreckt sich die Beweiserhebung über die Zulässigkeit der Auslieferung auch darauf, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint. 4Art und Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Oberlandesgericht, ohne durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.

(3) Das Oberlandesgericht kann eine mündliche Verhandlung durchführen.


§ 31 Durchführung der mündlichen Verhandlung



(1) 1Von Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung sind die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, der Verfolgte und sein Rechtsbeistand (§ 40) zu benachrichtigen. 2Bei der mündlichen Verhandlung muß ein Vertreter der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht anwesend sein.

(2) 1Befindet sich der Verfolgte in Haft, so ist er vorzuführen, es sei denn, daß er auf die Anwesenheit in der Verhandlung verzichtet hat oder daß der Vorführung weite Entfernung, Krankheit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen. 2Wird der Verfolgte zur mündlichen Verhandlung nicht vorgeführt, so muß ein Rechtsbeistand (§ 40) seine Rechte in der Verhandlung wahrnehmen. 3In diesem Fall ist ihm für die mündliche Verhandlung ein Rechtsanwalt als Rechtsbeistand zu bestellen, wenn er noch keinen Rechtsbeistand hat.

(3) 1Befindet sich der Verfolgte auf freiem Fuß, so kann das Oberlandesgericht sein persönliches Erscheinen anordnen. 2Erscheint der ordnungsgemäß geladene Verfolgte nicht und ist sein Fernbleiben nicht genügend entschuldigt, so kann das Oberlandesgericht die Vorführung anordnen.

(4) 1In der mündlichen Verhandlung sind die anwesenden Beteiligten zu hören. 2Über die Verhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen.




§ 32 Entscheidung über die Zulässigkeit



1Der Beschluß über die Zulässigkeit der Auslieferung ist zu begründen. 2Er wird der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, dem Verfolgten und seinem Rechtsbeistand (§ 40) bekanntgemacht. 3Der Verfolgte erhält eine Abschrift.




§ 33 Erneute Entscheidung über die Zulässigkeit



(1) Treten nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung Umstände ein, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so entscheidet das Oberlandesgericht von Amts wegen, auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder auf Antrag des Verfolgten erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung.

(2) Werden nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Umstände bekannt, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so kann das Oberlandesgericht erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheiden.

(3) § 30 Abs. 2 und 3, §§ 31, 32 gelten entsprechend.

(4) Das Oberlandesgericht kann den Aufschub der Auslieferung anordnen.


§ 34 Haft zur Durchführung der Auslieferung



(1) Befindet sich der Verfolgte nach der Bewilligung der Auslieferung auf freiem Fuß und ist die Durchführung der Auslieferung nicht auf andere Weise gewährleistet, so ordnet das Oberlandesgericht durch schriftlichen Haftbefehl die Haft zur Durchführung der Auslieferung an, sofern nicht der Vollzug eines bestehenden Auslieferungshaftbefehls (§ 17) angeordnet werden kann.

(2) In dem Haftbefehl sind anzuführen

1.
der Verfolgte,

2.
die Entscheidung, durch welche die Auslieferung bewilligt worden ist, sowie

3.
der Haftgrund und die Tatsachen, aus denen er sich ergibt.

(3) Die §§ 18 bis 20 und 23 bis 27 gelten entsprechend.


§ 35 Erweiterung der Auslieferungsbewilligung



(1) 1Ist die Auslieferung durchgeführt und ersucht der Staat, an den der Verfolgte ausgeliefert worden ist, wegen einer weiteren Tat um Zustimmung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion, so kann die Zustimmung erteilt werden, wenn

1.
nachgewiesen worden ist, daß der Ausgelieferte Gelegenheit hatte, sich zu dem Ersuchen zu äußern, und das Oberlandesgericht entschieden hat, daß wegen der Tat die Auslieferung zulässig wäre, oder

2.
nachgewiesen worden ist, daß der Ausgelieferte sich zu Protokoll eines Richters des ersuchenden Staates mit der Verfolgung oder mit der Vollstreckung der Strafe oder der sonstigen Sanktion einverstanden erklärt hat, und wegen der Tat die Auslieferung zulässig wäre.

2Wird um Zustimmung zur Verfolgung ersucht, so genügt anstelle eines Haftbefehls oder einer Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung (§ 10 Abs. 1 Satz 1) die Urkunde einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates, aus der sich die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ergibt.

(2) 1Für das Verfahren gelten § 29 mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Einverständnisses des Verfolgten mit der vereinfachten Auslieferung sein Einverständnis im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 tritt, sowie § 30 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 bis 4, Abs. 3, § 31 Abs. 1 und 4, §§ 32, 33 Abs. 1 und 2 entsprechend. 2Zuständig für die gerichtliche Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist das Oberlandesgericht, das im Auslieferungsverfahren zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zuständig war.


§ 36 Weiterlieferung



(1) Ist die Auslieferung durchgeführt und ersucht eine zuständige Stelle eines ausländischen Staates wegen der Tat, derentwegen die Auslieferung bewilligt worden ist, oder wegen einer weiteren Tat um Zustimmung zur Weiterlieferung, zur Überstellung des Ausgelieferten zum Zweck der Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion oder zur Abschiebung, so gilt § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 entsprechend mit der Maßgabe, daß wegen der Tat die Auslieferung an den Staat, an den der Ausgelieferte weitergeliefert oder überstellt werden soll, zulässig sein müßte.

(2) 1Ist die Auslieferung noch nicht durchgeführt, so kann auf ein Ersuchen der in Absatz 1 bezeichneten Art die Zustimmung erteilt werden, wenn wegen der Tat die Auslieferung an den Staat, an den der Ausgelieferte weitergeliefert oder überstellt werden soll, zulässig wäre. 2Für das Verfahren gelten die §§ 28 bis 33 entsprechend.


§ 37 Vorübergehende Auslieferung



(1) Wird die bewilligte Auslieferung aufgeschoben, weil im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen den Verfolgten ein Strafverfahren geführt wird oder eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist, so kann der Verfolgte vorübergehend ausgeliefert werden, wenn eine zuständige Stelle des ersuchenden Staates hierum ersucht und zusichert, ihn bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder auf Anforderung zurückzuliefern.

(2) Auf die Rücklieferung des Verfolgten kann verzichtet werden.

(3) 1Wird in dem Verfahren, dessentwegen die Auslieferung aufgeschoben wurde, zeitige Freiheitsstrafe oder Geldstrafe verhängt, so wird die in dem ersuchenden Staat bis zur Rücklieferung oder bis zum Verzicht auf die Rücklieferung erlittene Freiheitsentziehung darauf angerechnet. 2Ist die Auslieferung aufgeschoben worden, weil gegen den Verfolgten zeitige Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) 1Die für die Anrechnung nach Absatz 3 zuständige Stelle bestimmt nach Anhörung der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht den Maßstab nach ihrem Ermessen. 2Sie kann anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn

1.
die in dem ersuchenden Staat erlittene Freiheitsentziehung ganz oder zum Teil auf eine dort verhängte oder zu vollstreckende Strafe oder sonstige Sanktion angerechnet worden ist oder

2.
die Anrechnung im Hinblick auf das Verhalten des Verfolgten nach der Übergabe nicht gerechtfertigt ist.


§ 38 Herausgabe von Gegenständen im Auslieferungsverfahren



(1) Im Zusammenhang mit einer Auslieferung können an den ersuchenden Staat ohne besonderes Ersuchen Gegenstände herausgegeben werden,

1.
die als Beweismittel für das ausländische Verfahren dienen können oder

2.
die der Verfolgte oder ein Beteiligter durch die Tat, derentwegen die Auslieferung bewilligt worden ist, für sie oder als Entgelt für solche Gegenstände erlangt hat.

(2) Die Herausgabe ist nur zulässig, wenn gewährleistet ist, daß Rechte Dritter unberührt bleiben und unter Vorbehalt herausgegebene Gegenstände auf Verlangen unverzüglich zurückgegeben werden.

(3) Unter den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 können Gegenstände auch dann herausgegeben werden, wenn die bewilligte Auslieferung aus tatsächlichen Gründen nicht vollzogen werden kann.

(4) 1Über die Zulässigkeit der Herausgabe entscheidet auf Einwendungen des Verfolgten, auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder auf Antrag desjenigen, der geltend macht, er würde durch die Herausgabe in seinen Rechten verletzt werden, das Oberlandesgericht. 2Erklärt das Oberlandesgericht die Herausgabe für zulässig, so kann es demjenigen, der seine Entscheidung beantragt hat, die der Staatskasse erwachsenen Kosten auferlegen. 3Die Herausgabe darf nicht bewilligt werden, wenn das Oberlandesgericht sie für unzulässig erklärt hat.




§ 39 Beschlagnahme und Durchsuchung



(1) 1Gegenstände, deren Herausgabe an einen ausländischen Staat in Betracht kommt, können, auch schon vor Eingang des Auslieferungsersuchens, beschlagnahmt oder sonst sichergestellt werden. 2Zu diesem Zweck kann auch eine Durchsuchung vorgenommen werden.

(2) Ist noch kein Oberlandesgericht mit dem Auslieferungsverfahren befaßt, so werden die Beschlagnahme und die Durchsuchung zunächst von dem Amtsgericht angeordnet, in dessen Bezirk die Handlungen vorzunehmen sind.

(3) Bei Gefahr im Verzug sind die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) befugt, die Beschlagnahme und die Durchsuchung anzuordnen.


§ 40 Rechtsbeistand



(1) Die verfolgte Person kann sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands bedienen.

(2) Die Auslieferung ist ein Fall der notwendigen Rechtsbeistandschaft, wenn eine Festnahme der verfolgten Person erfolgt.

(3) Erfolgt keine Festnahme der verfolgten Person, liegt ein Fall der notwendigen Rechtsbeistandschaft vor, wenn

1.
wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsbeistands geboten erscheint, bei Verfahren nach Abschnitt 2 des Achten Teils insbesondere bei Zweifeln, ob die Voraussetzungen der §§ 80 und 81 Nummer 4 vorliegen,

2.
ersichtlich ist, dass die verfolgte Person ihre Rechte nicht selbst hinreichend wahrnehmen kann oder

3.
die verfolgte Person noch nicht 18 Jahre alt ist.

(4) 1Liegt ein Fall der notwendigen Rechtsbeistandschaft vor und hat die verfolgte Person noch keinen Rechtsbeistand, so ist ihr auf Antrag oder von Amts wegen ein Rechtsbeistand zu bestellen. 2Hat die verfolgte Person keinen Rechtsbeistand, ist sie in den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 bei Bekanntgabe des Ersuchens darauf hinzuweisen, dass sie die Bestellung eines Rechtsbeistands beantragen kann.

(5) Die Bestellung eines Rechtsbeistands erfolgt von Amts wegen

1.
im Fall des Absatzes 2 unverzüglich nach Festnahme,

2.
im Fall des Absatzes 3 Nummer 3 unverzüglich nach Bekanntgabe des Auslieferungsersuchens,

3.
in den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 nach Bekanntgabe des Auslieferungsersuchens, sobald die dort genannten Voraussetzungen vorliegen.

(6) 1Über die Bestellung entscheidet das Gericht, dem die verfolgte Person vorzuführen ist oder dem sie vorzuführen wäre. 2Nach einer Antragstellung gemäß § 29 Absatz 1 entscheidet das zuständige Oberlandesgericht.

(7) 1Die Bestellung endet mit der Übergabe der verfolgten Person oder mit der abschließenden Entscheidung, die verfolgte Person nicht zu übergeben. 2Die Bestellung umfasst Verfahren nach § 33. 3Falls keine gerichtliche Entscheidung ergeht, die die Auslieferung für unzulässig erklärt, und die Person nicht übergeben wird, endet die Bestellung mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht, die verfolgte Person nicht zu übergeben. 4Die Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 aufgehoben werden, wenn kein Fall der notwendigen Rechtsbeistandschaft mehr vorliegt.

(8) 1Die Vorschriften des Elften Abschnittes des Ersten Buches der Strafprozessordnung mit Ausnahme der §§ 139, 140, 141, 141a, 142 Absatz 2 und 3, von § 143 Absatz 1 und 2 Satz 2 bis 4 sowie § 143a Absatz 3 gelten entsprechend. 2§ 142 Absatz 7, § 143 Absatz 3 und § 143a Absatz 4 der Strafprozessordnung gelten mit der Maßgabe entsprechend, dass über die sofortige Beschwerde das Gericht entscheidet, das für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zuständig ist. 3Entscheidungen des Oberlandesgerichts nach Absatz 6 Satz 2 und Absatz 7 Satz 4 sind unanfechtbar.




§ 41 Vereinfachte Auslieferung



(1) Die Auslieferung eines Verfolgten, gegen den ein Auslieferungshaftbefehl besteht, kann auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates um Auslieferung oder um vorläufige Festnahme zum Zweck der Auslieferung ohne Durchführung des förmlichen Auslieferungsverfahrens bewilligt werden, wenn sich der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll mit dieser vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.

(2) Im Fall des Absatzes 1 kann auf die Beachtung der Voraussetzungen des § 11 verzichtet werden, wenn sich der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll damit einverstanden erklärt hat.

(3) Das Einverständnis kann nicht widerrufen werden.

(4) 1Auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht belehrt der Richter beim Amtsgericht den Verfolgten über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (Absätze 1 bis 3) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll. 2Zuständig ist der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der Verfolgte befindet.




§ 42 Anrufung des Bundesgerichtshofes



(1) Hält das Oberlandesgericht eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes für geboten, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, oder will es von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder einer nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts über eine Rechtsfrage in Auslieferungssachen abweichen, so begründet es seine Auffassung und holt die Entscheidung des Bundesgerichtshofes über die Rechtsfrage ein.

(2) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird auch eingeholt, wenn der Generalbundesanwalt oder die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht dies zur Klärung einer Rechtsfrage beantragt.

(3) 1Der Bundesgerichtshof gibt dem Verfolgten Gelegenheit zur Äußerung. 2Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung.