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Kapitel 2 - Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG)

neugefasst durch B. v. 15.04.1997 BGBl. I S. 766; aufgehoben durch Artikel 3 Abs. 2 G. v. 29.08.2016 BGBl. I S. 2065
Geltung ab 22.01.1991; FNA: 51-3 Rechtsstellung der Soldaten
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Kapitel 2 Beteiligung der Soldaten durch Vertrauenspersonen

Abschnitt 1 Wahl der Vertrauenspersonen

§ 2 Wählergruppen



(1) Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften (Wählergruppen) wählen in geheimer und unmittelbarer Wahl jeweils eine Vertrauensperson und zwei Stellvertreter, soweit diese Wählergruppen jeweils mindestens fünf Soldaten umfassen, in folgenden Wahlbereichen:

1.
in Einheiten,

2.
auf Schiffen und Booten der Marine,

3.
in Stäben der Verbände sowie vergleichbarer Dienststellen und Einrichtungen,

4.
in integrierten Dienststellen und Einrichtungen,

5.
regelmäßig in multinationalen Dienststellen und Einrichtungen,

6.
als Teilnehmer an Lehrgängen, die länger als 30 Kalendertage dauern, an Schulen oder vergleichbaren Einrichtungen der Streitkräfte sowie

7.
als Studenten der Universitäten in dem Wahlbereich, der ihrem nächsten Disziplinarvorgesetzten zugeordnet ist, oder

8.
als Soldaten, die zu einer Dienststelle oder Einrichtung außerhalb der Streitkräfte kommandiert oder unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge beurlaubt sind, in dem Wahlbereich, der ihrem nächsten Disziplinarvorgesetzten zugeordnet ist.

(2) Liegt die Zahl der Offiziere in Einheiten unter fünf Wahlberechtigten, wählen sie abweichend von Absatz 1 in dem Stab des Verbandes oder Großverbandes, welcher der Einheit unmittelbar übergeordnet ist, gemeinsam mit den wahlberechtigten Offizieren dieses Stabes.

(3) Unteroffiziere mit und ohne Portepee auf Schiffen und Booten der Marine wählen abweichend von Absatz 1 jeweils eine Vertrauensperson und zwei Stellvertreter, soweit diese Wählergruppen jeweils mindestens fünf Soldaten umfassen.

(4) Sind mindestens fünf Angehörige einer Wählergruppe nicht nur vorübergehend an einem Ort eingesetzt, der weiter als 100 km vom Dienstort des zuständigen Disziplinarvorgesetzten entfernt ist, wählen diese abweichend von Absatz 1 eine Vertrauensperson und zwei Stellvertreter.

(5) Liegt die Zahl der Soldaten einer Wählergruppe unter fünf Wahlberechtigten, sind diese, ausgenommen im Falle des Absatzes 2, von einer dem Bundesministerium der Verteidigung unmittelbar nachgeordneten, zuständigen Kommandobehörde einer benachbarten Einheit oder Dienststelle oder dem Stab des Verbandes zuzuteilen, welche der Einheit oder Dienststelle unmittelbar übergeordnet ist. Ist die Zuständigkeit weiterer Kommandobehörden berührt, bedarf die zuteilende Kommandobehörde deren Zustimmung. Mehrere benachbarte Dienststellen können unabhängig von ihrer organisatorischen Zugehörigkeit zu einem Wahlbereich zusammengefaßt werden. Werden nach diesem Absatz eine Vertrauensperson und jeweils zwei Stellvertreter gewählt, entfällt die Wahlberechtigung nach Absatz 1.

(6) Für die Dauer einer besonderen Auslandsverwendung (§ 62 Abs. 1 des Soldatengesetzes) von Einheiten, Schiffen und Booten der Marine und Stäben der Verbände werden von Soldaten, die an diesem Einsatz teilnehmen, in geheimer und unmittelbarer Wahl Vertrauenspersonen für die Wählergruppen der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften gewählt, soweit die nach Absatz 1 gewählten Vertrauenspersonen der jeweiligen Wählergruppe nicht an dem Einsatz teilnehmen.


§ 3 Wahlberechtigung



(1) Wahlberechtigt sind alle Soldaten, die am Wahltage der Wählergruppe des Bereichs angehören, für den die Vertrauensperson zu wählen ist, sowie alle Soldaten, die dem für den Wahlbereich zuständigen Disziplinarvorgesetzten durch Organisationsbefehl truppendienstlich unterstellt sind. Kommandierte Soldaten sind in dem Bereich wahlberechtigt, zu dem sie kommandiert sind, wenn ihre Kommandierung voraussichtlich länger als drei Monate dauert. Dies gilt nicht für die Kommandierung eines Soldaten zum Zwecke der Freistellung für die Geschäftsführung eines Gremiums der Vertrauenspersonen. Lehrgangsteilnehmer bleiben unbeschadet ihrer Wahlberechtigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 im bisherigen Wahlbereich wahlberechtigt.

(2) Soldaten, die für eine besondere Auslandsverwendung zu den in § 2 Abs. 6 genannten Einheiten, Schiffen und Booten der Marine oder Stäben der Verbände kommandiert werden, sind abweichend von Absatz 1 vom Tage ihrer Kommandierung an wahlberechtigt. Das gleiche gilt für Soldaten von Teileinheiten, die für die Dauer der besonderen Auslandsverwendung einer anderen Einheit in jeder Hinsicht unterstellt werden.


§ 4 Wählbarkeit, Grundsätze der Wahl



(1) Wählbar sind vorbehaltlich des Absatzes 2 alle Wahlberechtigten nach § 3.

(2) Nicht wählbar sind

1.
die Kommandeure, die Stellvertretenden Kommandeure und die Chefs der Stäbe,

2.
die Kompaniechefs und Offiziere in vergleichbarer Dienststellung, die örtliche Vorgesetzte der Wählergruppe der Offiziere im Sinne des § 2 Abs. 1 sind,

3.
die Kompaniefeldwebel und die Inhaber entsprechender Dienststellungen,

4.
Soldaten, die infolge Richterspruchs die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht besitzen, und

5.
Soldaten, die innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Tag der Stimmabgabe durch Entscheidung des Truppendienstgerichts als Vertrauensperson abberufen worden sind.

(3) Die Wahl wird nach den Grundsätzen der Personenwahl durchgeführt.

(4) Der Disziplinarvorgesetzte bestellt spätestens zwei Monate vor Ablauf der Amtszeit der Vertrauensperson auf deren Vorschlag drei Wahlberechtigte als Wahlvorstand und einen von ihnen als Vorsitzenden. Ist eine Vertrauensperson erstmals zu wählen oder nicht vorhanden, beruft er eine Versammlung der Wahlberechtigten zur Wahl eines Wahlvorstandes ein.

(5) Die Dienststelle trägt die Kosten der Wahl.

(6) Der Wahlvorstand hat die Wahl unverzüglich einzuleiten und durchzuführen. Er stellt unverzüglich nach Abschluß der Wahl das Wahlergebnis durch öffentliche Auszählung der Stimmen fest, fertigt hierüber eine Niederschrift und gibt das Wahlergebnis durch Aushang bekannt.

(7) Niemand darf die Wahl behindern, insbesondere darf kein Wahlberechtigter in der Ausübung des aktiven oder passiven Wahlrechts beschränkt werden. Die Wahl darf nicht durch Versprechen von Vorteilen oder durch Androhung von Nachteilen beeinflußt werden.


§ 5 Anfechtung der Wahl



(1) Drei Wahlberechtigte oder der Disziplinarvorgesetzte können die Wahl innerhalb von vierzehn Tagen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, beim Truppendienstgericht mit dem Antrag anfechten, die Wahl für ungültig zu erklären, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht verändert oder beeinflußt werden konnte.

(2) Das Truppendienstgericht entscheidet unter entsprechender Anwendung der Verfahrensvorschriften der Wehrbeschwerdeordnung. Die Auswahl der militärischen Beisitzer des Gerichts bestimmt sich nach dem Dienstgrad der Vertrauenspersonen. Auf Antrag kann der Vorsitzende den Beginn der Amtszeit der Vertrauenspersonen bis zur Entscheidung des Truppendienstgerichts aussetzen.


Abschnitt 2 Geschäftsführung und Rechtsstellung

§ 6 Geschäftsführung



(1) Die Vertrauensperson führt ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Sie übt ihr Amt regelmäßig während der Dienstzeit aus. Die Vertrauensperson ist von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen, wenn und soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Wird sie durch die Erfüllung ihrer Aufgaben über die Dienstzeit hinaus beansprucht, ist ihr in entsprechender Anwendung einer auf der Grundlage des § 50a des Bundesbesoldungsgesetzes ergangenen Rechtsverordnung ein Ausgleich zu gewähren.

(3) Ihr ist während des Dienstes Gelegenheit zu geben, Sprechstunden innerhalb dienstlicher Unterkünfte oder Anlagen abzuhalten, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist und zwingende dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.

(4) Die durch die Tätigkeit der Vertrauensperson entstehenden Kosten trägt die Dienststelle. Sie erhält bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Reisekostenvergütung nach dem Bundesreisekostengesetz. Für Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung werden ihr im erforderlichen Umfang Räume, Geschäftsbedarf sowie geeignete Aushangmöglichkeiten für Bekanntmachungen zur Verfügung gestellt.


§ 7 Beurteilung



(1) Die Vertrauensperson und die eingetretenen Vertreter werden regelmäßig durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten beurteilt, es sei denn, sie beantragen zu Beginn ihrer Amtszeit oder bei Wechsel des nächsten Disziplinarvorgesetzten, durch den nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten beurteilt zu werden. Ist die Vertrauensperson für den Bereich ihres nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten gewählt worden, geht auf ihren Antrag die Zuständigkeit für die Beurteilung auf dessen nächsten Disziplinarvorgesetzten über.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Soldaten, die für mindestens ein Viertel des Beurteilungszeitraumes als Vertrauensperson oder als eingetretener Vertreter tätig gewesen sind.


§ 8 Schweigepflicht



(1) Die Vertrauensperson hat über die ihr in Ausübung ihrer Tätigkeit nach diesem Gesetz bekanntgewordenen Angelegenheiten und Tatsachen gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren.

(2) Die Schweigepflicht besteht nicht für Angelegenheiten oder Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.


§ 9 Amtszeit



(1) Die regelmäßige Amtszeit der Vertrauensperson beträgt zwei Jahre. Sie beginnt mit dem Tage der Wahl oder, wenn zu diesem Zeitpunkt noch eine Vertrauensperson im Amt ist, mit dem Ablauf des Tages, an dem die Amtszeit dieser Vertrauensperson endet. Schließt sich die Amtszeit der neuzuwählenden Vertrauensperson nicht unmittelbar an, so verlängert sich die Amtszeit der bisherigen Vertrauenspersonen bis zur Neuwahl, jedoch höchstens um zwei Monate.

(2) Das Amt der Vertrauensperson endet durch:

1.
Ablauf der Amtszeit,

2.
Niederlegung des Amtes,

3.
Beendigung des Wehrdienstverhältnisses,

4.
Ausscheiden aus dem Wahlbereich,

5.
Verlust der Wählbarkeit,

6.
Entscheidung des Truppendienstgerichts,

7.
Auflösung des Verbandes, der Einheit oder Dienststelle.


§ 10 Niederlegung des Amtes



Die Vertrauensperson kann durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Disziplinarvorgesetzten ihr Amt niederlegen. Dieser gibt die Niederlegung des Amtes dienstlich bekannt.


§ 11 Abberufung der Vertrauensperson



(1) Mindestens ein Viertel der Angehörigen der Wählergruppe, der Disziplinarvorgesetzte oder dessen nächster Disziplinarvorgesetzter können beim Truppendienstgericht beantragen, die Vertrauenspersonen wegen grober Vernachlässigung ihrer gesetzlichen Befugnisse oder wegen grober Verletzung ihrer gesetzlichen Pflichten abzuberufen. Der Antrag auf Abberufung kann auch wegen eines sonstigen Verhaltens der Vertrauenspersonen gestellt werden, das geeignet ist, die verantwortungsvolle Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Untergebenen oder das kameradschaftliche Vertrauen innerhalb des Bereichs, für den sie gewählt sind, ernsthaft zu beeinträchtigen.

(2) Das Truppendienstgericht entscheidet auf Grund mündlicher Verhandlung unter entsprechender Anwendung der Verfahrensvorschriften der Wehrbeschwerdeordnung.


§ 12 Ruhen des Amtes



(1) Das Amt der Vertrauensperson ruht, solange ihr die Ausübung des Dienstes verboten oder sie vorläufig des Dienstes enthoben ist. Auf Antrag kann das Truppendienstgericht bis zur Entscheidung über einen Abberufungsantrag nach § 11 Abs. 1 das Ruhen des Amtes anordnen.

(2) Das Amt der Vertrauensperson ruht, wenn über ihren Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer noch nicht unanfechtbar entschieden worden ist.


§ 13 Eintritt des Stellvertreters



(1) Ruht das Amt der Vertrauensperson (§ 12) oder endet es vorzeitig (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 bis 6), so tritt der nächste Stellvertreter ein. Ist kein Stellvertreter vorhanden, ist neu zu wählen.

(2) Ein Stellvertreter tritt auch ein, wenn die Vertrauensperson an der Ausübung ihres Amtes verhindert ist.

(3) Sind die Vertrauensperson und ihre beiden Stellvertreter durch eine besondere Auslandsverwendung an der Ausübung ihres Amtes verhindert, tritt eine Vertrauensperson mit befristeter Amtszeit ein. Diese Vertrauensperson wird im vereinfachten Wahlverfahren gewählt. Die Amtszeit der Vertrauensperson mit befristeter Amtszeit endet mit Ablauf des Tages, an dem die Verhinderung der Vertrauensperson oder eines ihrer Stellvertreter entfällt.


§ 14 Schutz der Vertrauensperson, Unfallschutz



(1) Die Vertrauensperson darf in der Ausübung ihrer Befugnisse nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden.

(2) Für die disziplinare Ahndung von Dienstvergehen der Vertrauensperson oder des nach § 13 eingetretenen Vertreters ist der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte zuständig. Ist die Vertrauensperson für den Bereich des nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten gewählt worden, geht die Zuständigkeit auf dessen nächsten Disziplinarvorgesetzten über.

(3) Erleidet ein Soldat anläßlich der Wahrnehmung von Rechten oder in Erfüllung von Pflichten nach diesem Gesetz durch einen Unfall eine gesundheitliche Schädigung, die im Sinne der Vorschriften des Soldatenversorgungsgesetzes ein Dienstunfall oder eine Wehrdienstbeschädigung wäre, finden die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Anwendung.


§ 15 Versetzung der Vertrauensperson



(1) Die Vertrauensperson darf während der Dauer ihres Amtes gegen ihren Willen nur versetzt oder für mehr als drei Monate kommandiert werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung ihrer Stellung als Vertrauensperson aus dienstlichen Gründen unvermeidbar ist. Dasselbe gilt für die zur Wahl vorgeschlagenen Soldaten bis zum Wahltag.

(2) Absatz 1 gilt nicht bei Versetzungen aus dem Ausland.


§ 16 Beschwerderecht der Vertrauensperson



Die Vertrauensperson kann sich entsprechend § 1 Abs. 1 der Wehrbeschwerdeordnung auch dann beschweren, wenn sie glaubt, in der Ausübung ihrer Befugnisse behindert oder wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt zu werden.


§ 17 Beschwerden gegen die Vertrauensperson



Über Beschwerden nach der Wehrbeschwerdeordnung gegen die Vertrauensperson oder den nach § 13 eingetretenen Stellvertreter entscheidet deren nächsthöherer Disziplinarvorgesetzter.


Abschnitt 3 Beteiligung der Vertrauensperson

Unterabschnitt 1 Allgemeines

§ 18 Grundsätze für die Zusammenarbeit



(1) Die Vertrauensperson soll zur verantwortungsvollen Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Untergebenen sowie zur Festigung des kameradschaftlichen Vertrauens innerhalb des Bereiches beitragen, für den sie gewählt ist.

(2) Vertrauensperson und Disziplinarvorgesetzter arbeiten im Interesse der Soldaten des Wahlbereiches und zur Erfüllung des Auftrages der Streitkräfte mit dem Ziel der Verständigung eng zusammen.

(3) Der Disziplinarvorgesetzte hat die Vertrauensperson bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Die Vertrauensperson ist über Angelegenheiten, die ihre Aufgaben betreffen, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Hierzu ist ihr auch die Möglichkeit der Einsichtnahme in die erforderlichen Unterlagen zu eröffnen, in Personalakten jedoch nur mit Einwilligung des Betroffenen.


§ 19 Besondere Pflichten des Disziplinarvorgesetzten



(1) Der Disziplinarvorgesetzte hat alle Soldaten alsbald nach Diensteintritt über die Rechte und Pflichten der Vertrauensperson zu unterrichten.

(2) Der Disziplinarvorgesetzte hat die Vertrauenspersonen und ihre Stellvertreter unverzüglich nach ihrer Wahl in ihr Amt einzuweisen.

(3) Bataillonskommandeure und Disziplinarvorgesetzte in entsprechenden Dienststellungen führen mindestens einmal im Kalendervierteljahr mit den Disziplinarvorgesetzten und Vertrauenspersonen ihres Bereiches eine Besprechung über Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse aus dem Aufgabenbereich der Vertrauenspersonen durch.

(4) Vertrauenspersonen und ihre Stellvertreter, die erstmalig in ihr Amt gewählt sind, mit Ausnahme der Vertrauenspersonen der Lehrgangsteilnehmer an Schulen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6) und der bei besonderen Auslandsverwendungen gewählten (§ 2 Abs. 6), sind alsbald nach ihrer Wahl für ihre Aufgaben auszubilden. Diese Ausbildung soll auf Brigade- oder vergleichbarer Ebene in Seminarform stattfinden.


Unterabschnitt 2 Formen der Beteiligung

§ 20 Anhörung



Die Vertrauensperson ist über beabsichtigte Maßnahmen und Entscheidungen, zu denen sie anzuhören ist, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Der Vertrauensperson ist zu den beabsichtigten Maßnahmen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese ist mit ihr zu erörtern.


§ 21 Vorschlagsrecht



(1) Soweit der Vertrauensperson ein Vorschlagsrecht zusteht, hat der Disziplinarvorgesetzte die Vorschläge mit ihr zu erörtern. Dies gilt auch dann, wenn sich der Vorschlag auf die Auswirkung von Befehlen oder sonstiger Maßnahmen vorgesetzter Kommandobehörden oder der Standortältesten bezieht, die der Disziplinarvorgesetzte umzusetzen beabsichtigt.

(2) Entspricht der zuständige Disziplinarvorgesetzte einem Vorschlag nicht oder nicht in vollem Umfang, teilt er der Vertrauensperson seine Entscheidung unter Angabe der Gründe mit.

(3) Im Falle der Ablehnung eines Vorschlags kann die Vertrauensperson ihr Anliegen dem nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten vortragen. Dieser kann die Ausführung eines Befehls oder einer sonstigen Maßnahme bis zu seiner Entscheidung aussetzen, wenn dem nicht dienstliche Gründe entgegenstehen.

(4) Geht ein Vorschlag der Vertrauensperson über den Bereich hinaus, für den sie gewählt ist, hat der Disziplinarvorgesetzte den Vorschlag mit einer Stellungnahme seinem nächsten Disziplinarvorgesetzten vorzulegen.

(5) Bezieht sich ein Vorschlag auf eine Maßnahme, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub duldet, kann der nächste Disziplinarvorgesetzte bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen. Er teilt dem nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten und der Vertrauensperson die vorläufige Regelung unter Angabe der Gründe mit.


§ 22 Mitbestimmung



(1) Unterliegt eine Maßnahme oder Entscheidung der Mitbestimmung, ist die Vertrauensperson rechtzeitig durch den für die Maßnahme oder Entscheidung zuständigen Vorgesetzten zu unterrichten und ihr Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Diese ist mit ihr zu erörtern. Die Vertrauensperson kann in diesen Fällen auch Maßnahmen vorschlagen.

(2) Kommt eine Einigung nicht zustande, ist die Maßnahme oder Entscheidung auszusetzen und der nächsthöhere Vorgesetzte anzurufen. Wenn eine Einigung erneut nicht zu erzielen ist, entscheidet ein vom Vorsitzenden Richter des zuständigen Truppendienstgerichts einzuberufender Schlichtungsausschuß mit Stimmenmehrheit. Der Schlichtungsausschuß besteht neben dem Vorsitzenden Richter des zuständigen Truppendienstgerichts aus dem Vorgesetzten, dem nächsthöheren Vorgesetzten sowie der Vertrauensperson und einem der Stellvertreter. Sind die Stellvertreter an der Teilnahme verhindert, so bestimmt die Vertrauensperson eine weitere Vertrauensperson des Verbandes zum Mitglied des Schlichtungsausschusses. Kommt in den Fällen des § 24 Abs. 5 eine Einigung nicht zustande, gibt der Schlichtungsausschuß eine Empfehlung ab. Will der zuständige Vorgesetzte von dieser Empfehlung abweichen, hat er die Angelegenheit dem zuständigen Inspekteur binnen zwei Wochen auf dem Dienstweg zur Entscheidung vorzulegen. In den Fällen des § 24 Abs. 6 gilt § 104 Satz 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes entsprechend.

(3) Der zuständige Vorgesetzte kann bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen. Er hat der Vertrauensperson die vorläufige Regelung mitzuteilen und zu begründen und unverzüglich das Verfahren nach Absatz 2 einzuleiten.


Unterabschnitt 3 Aufgabengebiete

§ 23 Personalangelegenheiten



(1) Die Vertrauensperson soll durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten bei folgenden Personalmaßnahmen oder deren Ablehnung auf Antrag des betroffenen Soldaten angehört werden:

1.
Versetzungen mit Ausnahme der Versetzung im Anschluß an die Grundausbildung und im Rahmen festgelegter Ausbildungsgänge,

2.
Kommandierungen mit einer Dauer von mehr als drei Monaten, ausgenommen Lehrgänge,

3.
Anträgen auf Statuswechsel in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit oder Berufssoldaten,

4.
Wechsel auf einen anderen Dienstposten,

5.
Maßnahmen, die ohne qualifizierten Abschluß der Erweiterung der persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten dienen,

6.
vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses, sofern das Soldaten- oder Wehrpflichtgesetz einen Ermessensspielraum einräumt,

7.
Verbleiben im Dienst über die besonderen Altersgrenzen des § 44 Abs. 2 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 des Soldatengesetzes,

8.
Anträgen auf Sonderurlaub, Laufbahnwechsel, Genehmigung von Nebentätigkeit oder bei Widerruf der Genehmigung und

9.
Anträgen auf Teilzeitbeschäftigung nach § 30a des Soldatengesetzes und Anträgen auf Betreuungsurlaub nach § 28 Abs. 5 des Soldatengesetzes.

Der Soldat ist über die Möglichkeit der Beteiligung der Vertrauensperson schriftlich zu belehren.

(2) Der Disziplinarvorgesetzte teilt die Äußerung der Vertrauensperson zu der beabsichtigten Personalmaßnahme der personalbearbeitenden Stelle mit. Das Ergebnis der Anhörung ist in die Personalentscheidung einzubeziehen.

(3) Die Vertrauensperson soll stets gehört werden bei der Auswahl von Soldaten ihres Wahlbereichs für Beförderungen, bei denen der nächste Disziplinarvorgesetzte ein Auswahlermessen hat. Dies gilt nicht bei Beförderungen von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts.

(4) Über die Anhörung ist eine Niederschrift anzufertigen, die zu den Akten zu nehmen ist.


§ 24 Dienstbetrieb



(1) Der nächste Disziplinarvorgesetzte hat die Vertrauensperson zur Gestaltung des Dienstbetriebes anzuhören. Die Anhörung soll vor Festlegung des Dienstplanes erfolgen. Zum Dienstbetrieb gehören alle Maßnahmen, die im Dienstplan festgelegt werden und den Innendienst, den Ausbildungsdienst sowie Wach- und Bereitschaftsdienste betreffen. Darüber hinaus ist die Vertrauensperson zu den lang- und mittelfristigen Planungen in Jahres- und Quartalsausbildungsbefehlen sowie zu den allgemeinen Regelungen für Rahmendienstpläne anzuhören.

(2) Die Vertrauensperson kann zur Gestaltung des Dienstbetriebes Vorschläge unterbreiten. Darüber hinaus hat sie ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht bei der Gewährung von Freistellung vom Dienst für die Einheit oder Teileinheiten, bei der Festlegung der dienstfreien Werktage sowie bei der Einteilung von Soldaten zu Sonder- und Zusatzdiensten. § 21 Abs. 3 und 4 gilt nicht bei Verhängung Erzieherischer Maßnahmen.

(3) Beteiligung nach den Absätzen 1 und 2 unterbleibt bei

1.
Anordnungen, durch die in Ausführung eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Einsätze oder Einsatzübungen geregelt werden,

2.
Festlegung von Zielen und Inhalten der Ausbildung mit Ausnahme der politischen Bildung,

3.
Anordnungen zur Durchführung von Katastrophen- und Nothilfe.

(4) Auf Antrag des betroffenen Soldaten soll die Vertrauensperson bei der individuellen Gewährung von Freistellung vom Dienst angehört werden.

(5) Die Vertrauensperson hat, soweit eine gesetzliche Regelung, eine Regelung durch Rechtsverordnung, Dienstvorschrift oder Erlaß nicht besteht oder ein Gremium der Vertrauenspersonen nicht beteiligt wurde, mitzubestimmen bei

1.
der Auswahl der Teilnehmer an Weiterbildungsveranstaltungen für Soldaten, mit Ausnahme der durch Berufsordnungen geregelten Weiterbildungen,

2.
Bestellung von Vertrauens- und Betriebsärzten,

3.
Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Soldaten zu überwachen, ausgenommen, wenn technische Einrichtungen zum Zwecke der Ausbildung der Soldaten eingesetzt werden,

4.
Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung und Erleichterung des Dienstablaufs.

(6) Die Vertrauensperson hat, soweit eine gesetzliche Regelung, eine Regelung durch Rechtsverordnung, Dienstvorschrift oder Erlaß nicht besteht oder ein Gremium der Vertrauenspersonen nicht beteiligt wurde, ferner mitzubestimmen bei

1.
Inhalten von Fragebögen für Soldaten,

2.
Aufstellung des Urlaubsplanes, Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einzelne Soldaten, wenn zwischen dem nächsten Disziplinarvorgesetzten und den beteiligten Soldaten kein Einverständnis erzielt werden kann,

3.
Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen.


§ 25 Betreuung und Fürsorge



(1) Der Disziplinarvorgesetzte beruft die Vertrauensperson oder einen von ihr oder der Versammlung der Vertrauenspersonen benannten Soldaten zum ständigen Mitglied solcher Ausschüsse, die der Dienstherr zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht gemäß § 31 des Soldatengesetzes eingerichtet hat.

(2) Für die Besetzung anderer Ausschüsse hat die Vertrauensperson ein Vorschlagsrecht.

(3) Die Vertrauensperson hat, soweit eine gesetzliche Regelung oder Regelung durch Rechtsverordnung oder Dienstvorschrift nicht besteht oder ein Gremium der Vertrauenspersonen nicht beteiligt wurde, ein Mitbestimmungsrecht bei

1.
Entscheidungen über die Verwendung von Mitteln aus Gemeinschaftskassen,

2.
Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Betreuungseinrichtungen eines Standortes oder Betreuungseinrichtungen einer Truppenunterkunft,

3.
Maßnahmen der außerdienstlichen Betreuung und der Freizeitgestaltung für Soldaten sowie dienstlichen Veranstaltungen geselliger Art.

(4) In anderen Fragen der Betreuung und Fürsorge ist die Vertrauensperson anzuhören. Sie kann auch Vorschläge machen.


§ 26 Berufsförderung



(1) Die Vertrauensperson kann dem Disziplinarvorgesetzten Vorschläge zur Berufsförderung machen, insbesondere

1.
in Fragen der Zusammenarbeit mit dem Berufsförderungsdienst, vor allem zur Planung und zur Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung der Berufsverbundenheit,

2.
zur Beschaffung berufsbildender und berufsfördernder Literatur,

3.
zur Teilnahme an Kursen und Bildungsveranstaltungen außerhalb des Dienstes und

4.
zur Besichtigung von Betrieben in der gewerblichen Wirtschaft.

(2) Berufsförderung im Sinne des Absatzes 1 umfaßt berufsbildende Förderungsmaßnahmen insbesondere nach dem Soldatenversorgungsgesetz und sonstige berufsfördernde und berufsbildende Maßnahmen.


§ 27 Ahndung von Dienstvergehen



(1) Will der Disziplinarvorgesetzte Disziplinarmaßnahmen verhängen, ist die Vertrauensperson vor der Entscheidung zur Person des Soldaten, zum Sachverhalt und zum Disziplinarmaß anzuhören, sofern der Soldat nicht widerspricht.

(2) Beabsichtigt die Einleitungsbehörde, gegen einen Soldaten ein disziplinargerichtliches Verfahren einzuleiten, ist die Vertrauensperson zur Person des Soldaten und zum Sachverhalt anzuhören, sofern der Soldat nicht widerspricht.

(3) Der Sachverhalt ist der Vertrauensperson vor Beginn der Anhörung bekanntzugeben. Ein Recht auf Einsicht in Unterlagen und Akten besteht nur mit Einwilligung der Betroffenen.

(4) Über die Anhörung der Vertrauensperson ist eine Niederschrift anzufertigen, die zu den Akten zu nehmen ist.


§ 28 Förmliche Anerkennungen



(1) Die Vertrauensperson hat das Recht, Soldaten ihrer Wählergruppe für eine förmliche Anerkennung gemäß § 11 Abs. 1 der Wehrdisziplinarordnung vorzuschlagen.

(2) Der Disziplinarvorgesetzte hat die Vertrauensperson vor der Erteilung einer förmlichen Anerkennung anzuhören.

(3) Vor der Rücknahme einer förmlichen Anerkennung gemäß § 14 der Wehrdisziplinarordnung ist die Vertrauensperson anzuhören.


§ 29 Auszeichnungen



Die Vertrauensperson soll angehört werden, wenn ein Soldat ihrer Wählergruppe für einen Bestpreis, die Verleihung des Ehrenzeichens der Bundeswehr oder einen Orden vorgeschlagen werden soll. Die Anhörung erfolgt regelmäßig durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten des Soldaten, dem eine Auszeichnung verliehen werden soll.


§ 30 Beschwerdeverfahren



Betrifft eine Beschwerde nach den Bestimmungen der Wehrbeschwerdeordnung Fragen des Dienstbetriebes, der Fürsorge, der Berufsförderung oder der außerdienstlichen Betreuung und Freizeitgestaltung für Soldaten sowie dienstlicher Veranstaltungen geselliger Art, soll die Vertrauensperson des Beschwerdeführers angehört werden. Betrifft die Beschwerde persönliche Kränkungen, soll die Vertrauensperson des Beschwerdeführers und des Betroffenen angehört werden. Bei Beschwerden in Personalangelegenheiten im Sinne des § 23 Abs. 1 ist die Vertrauensperson auf Antrag des Beschwerdeführers anzuhören.


§ 31 Vertrauensperson als Vermittler



(1) Die Vertrauensperson kann im Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung vom Beschwerdeführer als Vermittler gewählt werden.

(2) Ist die Vertrauensperson in einer Sache als Vermittler nach der Wehrbeschwerdeordnung tätig geworden, gilt sie für das Anhörungsverfahren nach § 30 Satz 2 als verhindert.