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Dritter Teil - Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)

G. v. 01.08.1959 BGBl. I S. 565; zuletzt geändert durch Artikel 13 G. v. 23.10.2024 BGBl. 2024 I Nr. 323
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 303-8 Notare, Rechtsanwälte, Rechtsberater; Beurkundung
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Dritter Teil Rechte und Pflichten des Rechtsanwalts und berufliche Zusammenarbeit der Rechtsanwälte

Erster Abschnitt Allgemeines

§ 43 Allgemeine Berufspflicht



1Der Rechtsanwalt hat seinen Beruf gewissenhaft auszuüben. 2Er hat sich innerhalb und außerhalb des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen.


§ 43a Grundpflichten



(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.

(2) 1Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. 2Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. 3Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. 4Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. 5Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. 6Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. 7Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. 8Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.

(3) 1Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. 2Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.

(4) 1Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. 2Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. 3Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. 4Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. 5Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. 6Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.

(5) 1Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. 2Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.

(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.

(7) 1Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. 2Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.

(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.




§ 43b Werbung



Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist.


§ 43c Fachanwaltschaft



(1) 1Dem Rechtsanwalt, der besondere Kenntnisse und Erfahrungen in einem Rechtsgebiet erworben hat, kann die Befugnis verliehen werden, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen. 2Fachanwaltsbezeichnungen gibt es für das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht, das Arbeitsrecht und das Sozialrecht sowie für die Rechtsgebiete, die durch Satzung in einer Berufsordnung nach § 59a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a bestimmt sind. 3Die Befugnis darf für höchstens drei Rechtsgebiete erteilt werden.

(2) Über den Antrag des Rechtsanwalts auf Erteilung der Erlaubnis entscheidet der Vorstand der Rechtsanwaltskammer, nachdem ein Ausschuß der Kammer die von dem Rechtsanwalt vorzulegenden Nachweise über den Erwerb der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen geprüft hat.

(3) 1Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer bildet für jedes Fachgebiet einen Ausschuß und bestellt dessen Mitglieder. 2Einem Ausschuß gehören mindestens drei Rechtsanwälte an; diese können Mitglieder mehrerer Ausschüsse sein. 3Die §§ 75 und 76 Absatz 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden. 4Mehrere Rechtsanwaltskammern können gemeinsame Ausschüsse bilden.

(4) 1Die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung kann mit Wirkung für die Zukunft von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer zurückgenommen werden, wenn Tatsachen nachträglich bekanntwerden, bei deren Kenntnis die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. 2Sie kann widerrufen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Fortbildung unterlassen wird.




§ 43d Darlegungs- und Informationspflichten bei Inkassodienstleistungen



(1) Der Rechtsanwalt, der Inkassodienstleistungen erbringt, muss mit der ersten Geltendmachung einer Forderung gegenüber einer Privatperson folgende Informationen klar und verständlich in Textform übermitteln:

1.
den Namen oder die Firma des Auftraggebers sowie dessen Anschrift, sofern nicht dargelegt wird, dass durch die Angabe der Anschrift überwiegende schutzwürdige Interessen des Auftraggebers beeinträchtigt würden,

2.
den Forderungsgrund, bei Verträgen unter konkreter Darlegung des Vertragsgegenstands und des Datums des Vertragsschlusses, bei unerlaubten Handlungen unter Darlegung der Art und des Datums der Handlung,

3.
wenn Zinsen geltend gemacht werden, eine Zinsberechnung unter Darlegung der zu verzinsenden Forderung, des Zinssatzes und des Zeitraums, für den die Zinsen berechnet werden,

4.
wenn ein Zinssatz über dem gesetzlichen Verzugszinssatz geltend gemacht wird, einen gesonderten Hinweis hierauf und die Angabe, auf Grund welcher Umstände der erhöhte Zinssatz gefordert wird,

5.
wenn Inkassokosten geltend gemacht werden, Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund,

6.
wenn mit den Inkassokosten Umsatzsteuerbeträge geltend gemacht werden, eine Erklärung, dass der Auftraggeber diese Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann,

7.
wenn die Anschrift der Privatperson nicht vom Gläubiger mitgeteilt, sondern anderweitig ermittelt wurde, einen Hinweis hierauf sowie darauf, wie eventuell aufgetretene Fehler geltend gemacht werden können,

8.
Bezeichnung, Anschrift und elektronische Erreichbarkeit der für ihn zuständigen Rechtsanwaltskammer.

(2) Auf eine entsprechende Anfrage einer Privatperson hat der Inkassodienstleistungen erbringende Rechtsanwalt die folgenden ergänzenden Informationen unverzüglich in Textform mitzuteilen:

1.
den Namen oder die Firma desjenigen, in dessen Person die Forderung entstanden ist,

2.
bei Verträgen die wesentlichen Umstände des Vertragsschlusses.

(3) Beabsichtigt der Inkassodienstleistungen erbringende Rechtsanwalt, mit einer Privatperson eine Stundungs- oder Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen, so hat er sie zuvor in Textform auf die dadurch entstehenden Kosten hinzuweisen.

(4) 1Fordert der Inkassodienstleistungen erbringende Rechtsanwalt eine Privatperson zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses auf, so hat er sie mit der Aufforderung nach Maßgabe des Satzes 2 in Textform darauf hinzuweisen, dass sie durch das Schuldanerkenntnis in der Regel die Möglichkeit verliert, solche Einwendungen und Einreden gegen die anerkannte Forderung geltend zu machen, die zum Zeitpunkt der Abgabe des Schuldanerkenntnisses begründet waren. 2Der Hinweis muss

1.
deutlich machen, welche Teile der Forderung vom Schuldanerkenntnis erfasst werden, und

2.
typische Beispiele von Einwendungen und Einreden benennen, die nicht mehr geltend gemacht werden können, wie das Nichtbestehen oder die Erfüllung oder die Verjährung der anerkannten Forderung.

(5) Privatperson im Sinne dieser Vorschrift ist jede natürliche Person, gegen die eine Forderung geltend gemacht wird, die nicht im Zusammenhang mit ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit steht.




§ 43e Inanspruchnahme von Dienstleistungen



(1) 1Der Rechtsanwalt darf Dienstleistern den Zugang zu Tatsachen eröffnen, auf die sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 43a Absatz 2 Satz 1 bezieht, soweit dies für die Inanspruchnahme der Dienstleistung erforderlich ist. 2Dienstleister ist eine andere Person oder Stelle, die vom Rechtsanwalt im Rahmen seiner Berufsausübung mit Dienstleistungen beauftragt wird.

(2) 1Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, den Dienstleister sorgfältig auszuwählen. 2Er hat die Zusammenarbeit unverzüglich zu beenden, wenn die Einhaltung der dem Dienstleister gemäß Absatz 3 zu machenden Vorgaben nicht gewährleistet ist.

(3) 1Der Vertrag mit dem Dienstleister bedarf der Textform. 2In ihm ist

1.
der Dienstleister unter Belehrung über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zur Verschwiegenheit zu verpflichten,

2.
der Dienstleister zu verpflichten, sich nur insoweit Kenntnis von fremden Geheimnissen zu verschaffen, als dies zur Vertragserfüllung erforderlich ist, und

3.
festzulegen, ob der Dienstleister befugt ist, weitere Personen zur Erfüllung des Vertrags heranzuziehen; für diesen Fall ist dem Dienstleister aufzuerlegen, diese Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten.

(4) Bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die im Ausland erbracht werden, darf der Rechtsanwalt dem Dienstleister den Zugang zu fremden Geheimnissen unbeschadet der übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift nur dann eröffnen, wenn der dort bestehende Schutz der Geheimnisse dem Schutz im Inland vergleichbar ist, es sei denn, dass der Schutz der Geheimnisse dies nicht gebietet.

(5) Bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die unmittelbar einem einzelnen Mandat dienen, darf der Rechtsanwalt dem Dienstleister den Zugang zu fremden Geheimnissen nur dann eröffnen, wenn der Mandant darin eingewilligt hat.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten auch im Fall der Inanspruchnahme von Dienstleistungen, in die der Mandant eingewilligt hat, sofern der Mandant nicht ausdrücklich auf die Einhaltung der in den Absätzen 2 und 3 genannten Anforderungen verzichtet hat.

(7) 1Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht, soweit Dienstleistungen auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften in Anspruch genommen werden. 2Absatz 3 Satz 2 gilt nicht, soweit der Dienstleister hinsichtlich der zu erbringenden Dienstleistung gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.

(8) Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.




§ 43f Kenntnisse im Berufsrecht



(1) 1Der Rechtsanwalt hat innerhalb des ersten Jahres nach seiner erstmaligen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft an einer Lehrveranstaltung über das rechtsanwaltliche Berufsrecht teilzunehmen. 2Die Lehrveranstaltung muss mindestens zehn Zeitstunden dauern und die wesentlichen Bereiche des anwaltlichen Berufsrechts umfassen.

(2) Die Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 besteht nicht, wenn der Rechtsanwalt vor dem 1. August 2022 erstmalig zugelassen wurde oder wenn er nachweist, dass er innerhalb von sieben Jahren vor seiner erstmaligen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft an einer Lehrveranstaltung nach Absatz 1 teilgenommen hat.




§ 44 Mitteilung der Ablehnung eines Auftrags



1Der Rechtsanwalt, der in seinem Beruf in Anspruch genommen wird und den Auftrag nicht annehmen will, muß die Ablehnung unverzüglich erklären. 2Er hat den Schaden zu ersetzen, der aus einer schuldhaften Verzögerung dieser Erklärung entsteht.


§ 45 Tätigkeitsverbote bei nichtanwaltlicher Vorbefassung



(1) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er

1.
in derselben Rechtssache bereits tätig geworden ist als

a)
Richter, Staatsanwalt, Angehöriger des öffentlichen Dienstes oder als im Vorbereitungsdienst bei diesen Personen tätiger Referendar,

b)
Schiedsrichter, Schlichter oder Mediator oder

c)
Notar, Notarvertretung, Notariatsverwalter, Notarassessor oder als im Vorbereitungsdienst bei einem Notar tätiger Referendar,

2.
in derselben Angelegenheit, mit der er bereits als Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker oder Betreuer oder in ähnlicher Funktion befasst war, gegen den Träger des von ihm verwalteten Vermögens vorgehen soll, oder

3.
in derselben Angelegenheit bereits außerhalb seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt für eine andere Partei im widerstreitenden Interesse beruflich tätig geworden ist.

(2) 1Ein Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich ausüben

1.
mit einem Rechtsanwalt, der nach Absatz 1 nicht tätig werden darf, oder

2.
mit einem Angehörigen eines anderen Berufs nach § 59c Absatz 1 Satz 1, dem ein Tätigwerden bei entsprechender Anwendung des Absatzes 1 untersagt wäre.

2Satz 1 ist nicht anzuwenden, soweit dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 1 eine Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder c oder als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einem Rechtsanwalt oder in einer Berufsausübungsgesellschaft nach Absatz 1 Nummer 3 zugrunde liegt. 3Die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nach Satz 2 umfasst berufliche Tätigkeiten während des rechtswissenschaftlichen Studiums und in der Zeit nach dem Bestehen der ersten Prüfung bis zum Bestehen der zweiten Staatsprüfung.

(3) 1Ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 2 Satz 1 bleibt bestehen, wenn der nach Absatz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. 2Absatz 2 Satz 1 findet in den Fällen, in denen das Tätigkeitsverbot auf Absatz 1 Nummer 3 beruht, keine Anwendung, wenn die betroffenen Personen der Tätigkeit nach umfassender Information in Textform durch den Rechtsanwalt zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Verhinderung einer Offenbarung vertraulicher Informationen sicherstellen. 3Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheit unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung der betroffenen Person offenbart werden.




§ 46 Angestellte Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte



(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.

(2) 1Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). 2Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.

(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:

1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,

2.
die Erteilung von Rechtsrat,

3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und

4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

(4) 1Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. 2Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

(5) 1Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. 2Diese umfassen auch

1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes,

2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und

3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.

(6) 1Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. 2Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. 3Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.




§ 46a Zulassung als Syndikusrechtsanwalt



(1) 1Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt ist auf Antrag zu erteilen, wenn

1.
die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 4 erfüllt sind,

2.
kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 vorliegt und

3.
die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Absatz 2 bis 5 entspricht.

2Die Zulassung nach Satz 1 kann für mehrere Arbeitsverhältnisse erteilt werden.

(2) 1Über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entscheidet die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer nach Anhörung des Trägers der Rentenversicherung. 2Die Entscheidung ist zu begründen und dem Antragsteller sowie dem Träger der Rentenversicherung zuzustellen. 3Wie dem Antragsteller steht auch dem Träger der Rentenversicherung gegen die Entscheidung nach Satz 1 Rechtsschutz gemäß § 112a Absatz 1 und 2 zu. 4Der Träger der Rentenversicherung ist bei seiner Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch an die bestandskräftige Entscheidung der Rechtsanwaltskammer nach Satz 1 gebunden.

(3) 1Dem Antrag auf Zulassung ist eine Ausfertigung oder eine amtlich beglaubigte Abschrift des Arbeitsvertrags oder der Arbeitsverträge beizufügen. 2Die Rechtsanwaltskammer kann die Vorlage weiterer Nachweise verlangen.

(4) Das Zulassungsverfahren richtet sich nach den §§ 10 bis 12a mit der Maßgabe, dass

1.
abweichend von § 12 Absatz 2 der Nachweis des Abschlusses einer Berufshaftpflichtversicherung oder die Vorlage einer vorläufigen Deckungszusage nicht erforderlich ist;

2.
abweichend von § 12 Absatz 3 der Syndikusrechtsanwalt unbeschadet des § 12 Absatz 1, 2 Nummer 1 und Absatz 4 mit der Zulassung rückwirkend zu dem Zeitpunkt Mitglied der Rechtsanwaltskammer wird, zu dem der Antrag auf Zulassung dort eingegangen ist, sofern nicht die Tätigkeit, für die die Zulassung erfolgt, erst nach der Antragstellung begonnen hat; in diesem Fall wird die Mitgliedschaft erst mit dem Zeitpunkt des Beginns der Tätigkeit begründet;

3.
abweichend von § 12 Absatz 4 die Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)" oder „Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)" auszuüben ist.




§ 46b Erlöschen und Änderung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt



(1) Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erlischt nach Maßgabe des § 13.

(2) 1Für die Rücknahme und den Widerruf der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gelten die §§ 14 und 15 mit Ausnahme des § 14 Absatz 2 Nummer 9. 2Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist ferner ganz oder teilweise zu widerrufen, soweit die arbeitsvertragliche Gestaltung eines Arbeitsverhältnisses oder die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit nicht mehr den Anforderungen des § 46 Absatz 2 bis 5 entspricht. 3§ 46a Absatz 2 gilt entsprechend. 4Entgegen Satz 2 ist die Zulassung nicht zu widerrufen, wenn die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt unterbrochen wird, die Unterbrechung infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und das der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zugrundeliegende Arbeitsverhältnis fortbesteht.

(3) Werden nach einer Zulassung nach § 46a weitere Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt aufgenommen oder tritt innerhalb bereits bestehender Arbeitsverhältnisse eine wesentliche Änderung der Tätigkeit ein, ist auf Antrag die Zulassung nach Maßgabe des § 46a unter den dort genannten Voraussetzungen auf die weiteren Arbeitsverhältnisse oder auf die geänderte Tätigkeit zu erstrecken.

(4) 1Der Syndikusrechtsanwalt hat der nach § 56 Absatz 3 zuständigen Stelle unbeschadet seiner Anzeige- und Vorlagepflichten nach § 56 Absatz 3 auch jede der folgenden tätigkeitsbezogenen Änderungen des Arbeitsverhältnisses unverzüglich anzuzeigen:

1.
jede tätigkeitsbezogene Änderung des Arbeitsvertrags, dazu gehört auch die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses,

2.
jede wesentliche Änderung der Tätigkeit innerhalb des Arbeitsverhältnisses.

2Im Fall des Satzes 1 Nummer 1 ist der Anzeige eine Ausfertigung oder eine amtlich beglaubigte Abschrift des geänderten Arbeitsvertrags beizufügen. 3§ 57 gilt entsprechend.




§ 46c Besondere Vorschriften für Syndikusrechtsanwälte



(1) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, gelten für Syndikusrechtsanwälte die Vorschriften über Rechtsanwälte.

(2) 1Syndikusrechtsanwälte dürfen ihren Arbeitgeber nicht vertreten

1.
vor den Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof in zivilrechtlichen Verfahren und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sofern die Parteien oder die Beteiligten sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen oder vorgesehen ist, dass ein Schriftsatz von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein muss, und

2.
vor den in § 11 Absatz 4 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes genannten Gerichten, es sei denn, der Arbeitgeber ist ein vertretungsbefugter Bevollmächtigter im Sinne des § 11 Absatz 4 Satz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes.

2In Straf- oder Bußgeldverfahren, die sich gegen den Arbeitgeber oder dessen Mitarbeiter richten, dürfen Syndikusrechtsanwälte nicht als deren Verteidiger oder Vertreter tätig werden; dies gilt, wenn Gegenstand des Straf- oder Bußgeldverfahrens ein unternehmensbezogener Tatvorwurf ist, auch in Bezug auf eine Tätigkeit als Rechtsanwalt im Sinne des § 4.

(3) Auf die Tätigkeit von Syndikusrechtsanwälten finden die §§ 44, 48 bis 49a und 50 Absatz 2 und 3 sowie die §§ 51 bis 55 keine Anwendung.

(4) 1§ 27 findet auf Syndikusrechtsanwälte mit der Maßgabe Anwendung, dass die regelmäßige Arbeitsstätte als Kanzlei gilt. 2Ist der Syndikusrechtsanwalt zugleich als Rechtsanwalt gemäß § 4 zugelassen oder ist er im Rahmen mehrerer Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt tätig, ist für jede Tätigkeit eine weitere Kanzlei zu errichten und zu unterhalten, wovon nur eine im Bezirk der Rechtsanwaltskammer belegen sein muss, deren Mitglied er ist.

(5) 1In die Verzeichnisse nach § 31 ist ergänzend zu den in § 31 Absatz 3 genannten Angaben aufzunehmen, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt erfolgt ist. 2Ist der Syndikusrechtsanwalt zugleich als Rechtsanwalt gemäß § 4 zugelassen oder ist er im Rahmen mehrerer Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt tätig, hat eine gesonderte Eintragung für jede der Tätigkeiten zu erfolgen.

(6) 1Der Syndikusrechtsanwalt hat einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, wenn er länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben. 2§ 30 gilt entsprechend.




§ 47 Rechtsanwälte im öffentlichen Dienst



(1) 1Rechtsanwälte, die als Richter oder Beamte verwendet werden, ohne auf Lebenszeit ernannt zu sein, die in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen werden oder die vorübergehend als Angestellte im öffentlichen Dienst tätig sind, dürfen ihren Beruf als Rechtsanwalt nicht ausüben, es sei denn, daß sie die ihnen übertragenen Aufgaben ehrenamtlich wahrnehmen. 2Die Rechtsanwaltskammer kann jedoch dem Rechtsanwalt auf seinen Antrag eine Vertretung bestellen oder ihm gestatten, seinen Beruf selbst auszuüben, wenn die Interessen der Rechtspflege dadurch nicht gefährdet werden.

(2) Bekleidet ein Rechtsanwalt ein öffentliches Amt, ohne in das Beamtenverhältnis berufen zu sein, und darf er nach den für das Amt maßgebenden Vorschriften den Beruf als Rechtsanwalt nicht selbst ausüben, so kann die Rechtsanwaltskammer ihm auf seinen Antrag eine Vertretung bestellen.




§ 48 Pflicht zur Übernahme der Prozessvertretung



(1) Der Rechtsanwalt muß im gerichtlichen Verfahren die Vertretung einer Partei oder die Beistandschaft übernehmen,

1.
wenn er der Partei auf Grund des § 121 der Zivilprozeßordnung, des § 4a Abs. 2 der Insolvenzordnung oder auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte beigeordnet ist;

2.
wenn er der Partei auf Grund der §§ 78b, 78c der Zivilprozeßordnung beigeordnet ist;

3.
wenn er dem Antragsgegner auf Grund des § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit als Beistand beigeordnet ist.

(2) Der Rechtsanwalt kann beantragen, die Beiordnung aufzuheben, wenn hierfür wichtige Gründe vorliegen.




§ 49 Pflichtverteidigung und Beistandsleistung



(1) Der Rechtsanwalt muss eine Verteidigung oder Beistandsleistung übernehmen, wenn er nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen oder des IStGH-Gesetzes zum Verteidiger oder Beistand bestellt ist.

(2) § 48 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.




§ 49a Pflicht zur Übernahme der Beratungshilfe



(1) 1Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die in dem Beratungshilfegesetz vorgesehene Beratungshilfe zu übernehmen. 2Er kann die Beratungshilfe im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen.

(2) 1Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, bei Einrichtungen der Rechtsanwaltschaft für die Beratung von Rechtsuchenden mit geringem Einkommen mitzuwirken. 2Er kann die Mitwirkung im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen.


§ 49b Vergütung



(1) 1Es ist unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorsieht, soweit dieses nichts anderes bestimmt. 2Im Einzelfall darf der Rechtsanwalt besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers, insbesondere dessen Bedürftigkeit, Rechnung tragen durch Ermäßigung oder Erlaß von Gebühren oder Auslagen nach Erledigung des Auftrags.

(2) 1Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (Erfolgshonorar), sind unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt. 2Vereinbarungen, durch die sich der Rechtsanwalt verpflichtet, Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter zu tragen, sind nur zulässig, soweit in der Angelegenheit ein Erfolgshonorar nach § 4a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vereinbart wird. 3Ein Erfolgshonorar im Sinne des Satzes 1 liegt nicht vor, wenn lediglich vereinbart wird, dass sich die gesetzlichen Gebühren ohne weitere Bedingungen erhöhen.

(3) 1Die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art, ist unzulässig. 2Zulässig ist es jedoch, eine über den Rahmen der Nummer 3400 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz hinausgehende Tätigkeit eines anderen Rechtsanwalts angemessen zu honorieren. 3Die Honorierung der Leistungen hat der Verantwortlichkeit sowie dem Haftungsrisiko der beteiligten Rechtsanwälte und den sonstigen Umständen Rechnung zu tragen. 4Die Vereinbarung einer solchen Honorierung darf nicht zur Voraussetzung einer Mandatserteilung gemacht werden. 5Mehrere beauftragte Rechtsanwälte dürfen einen Auftrag gemeinsam bearbeiten und die Gebühren in einem den Leistungen, der Verantwortlichkeit und dem Haftungsrisiko entsprechenden angemessenen Verhältnis untereinander teilen. 6Die Sätze 2 und 3 gelten nicht für beim Bundesgerichtshof zugelassene Prozeßbevollmächtigte.

(4) 1Die Abtretung von Vergütungsforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Rechtsanwälte oder Berufsausübungsgesellschaften nach § 59b ist zulässig. 2Im Übrigen sind Abtretung oder Übertragung nur zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. 3Vor der Einwilligung ist der Mandant über die Informationspflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten aufzuklären. 4Der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte ist in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte Rechtsanwalt.

(5) Richten sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert, hat der Rechtsanwalt vor Übernahme des Auftrags hierauf hinzuweisen.




§ 49c Einreichung von Schutzschriften



Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, Schutzschriften ausschließlich zum Schutzschriftenregister nach § 945a der Zivilprozessordnung einzureichen.




§ 50 Handakten



(1) 1Der Rechtsanwalt muss durch das Führen von Handakten ein geordnetes und zutreffendes Bild über die Bearbeitung seiner Aufträge geben können. 2Er hat die Handakten für die Dauer von sechs Jahren aufzubewahren. 3Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Auftrag beendet wurde.

(2) 1Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, hat der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben. 2Macht der Auftraggeber kein Herausgabeverlangen geltend, hat der Rechtsanwalt die Dokumente für die Dauer der Frist nach Absatz 1 Satz 2 und 3 aufzubewahren. 3Diese Aufbewahrungspflicht gilt nicht, wenn der Rechtsanwalt den Auftraggeber aufgefordert hat, die Dokumente in Empfang zu nehmen, und der Auftraggeber dieser Aufforderung binnen sechs Monaten nach Zugang nicht nachgekommen ist. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für die Korrespondenz zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber sowie für die Dokumente, die der Auftraggeber bereits in Urschrift oder Abschrift erhalten hat.

(3) 1Der Rechtsanwalt kann seinem Auftraggeber die Herausgabe der Dokumente nach Absatz 2 Satz 1 so lange verweigern, bis er wegen der ihm vom Auftraggeber geschuldeten Gebühren und Auslagen befriedigt ist. 2Dies gilt nicht, soweit das Vorenthalten nach den Umständen unangemessen wäre.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, sofern sich der Rechtsanwalt zum Führen von Handakten oder zur Verwahrung von Dokumenten der elektronischen Datenverarbeitung bedient.

(5) In anderen Vorschriften getroffene Regelungen zu Aufbewahrungs- und Herausgabepflichten bleiben unberührt.




§ 51 Berufshaftpflichtversicherung



(1) 1Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer seiner Zulassung aufrechtzuerhalten. 2Die Versicherung muß bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen zu den nach Maßgabe des Versicherungsaufsichtsgesetzes eingereichten Allgemeinen Versicherungsbedingungen genommen werden und sich auch auf solche Vermögensschäden erstrecken, für die der Rechtsanwalt nach § 278 oder § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzustehen hat.

(2) Der Versicherungsvertrag hat Versicherungsschutz für jede einzelne Pflichtverletzung zu gewähren, die gesetzliche Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts gegen den Rechtsanwalt zur Folge haben könnte; dabei kann vereinbart werden, daß sämtliche Pflichtverletzungen bei Erledigung eines einheitlichen Auftrags, mögen diese auf dem Verhalten des Rechtsanwalts oder einer von ihm herangezogenen Hilfsperson beruhen, als ein Versicherungsfall gelten.

(3) Von der Versicherung kann die Haftung ausgeschlossen werden:

1.
für Ersatzansprüche wegen wissentlicher Pflichtverletzung,

2.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten über in anderen Staaten eingerichtete oder unterhaltene Kanzleien oder Büros,

3.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beratung und Beschäftigung mit außereuropäischem Recht,

4.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten des Rechtsanwalts vor außereuropäischen Gerichten,

5.
für Ersatzansprüche wegen Veruntreuung durch Personal, Angehörige oder Mitgesellschafter des Rechtsanwalts.

(4) 1Die Mindestversicherungssumme beträgt 250.000 Euro für jeden Versicherungsfall. 2Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden können auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden.

(5) Die Vereinbarung eines Selbstbehalts bis zu einem Prozent der Mindestversicherungssumme ist zulässig.

(6) 1Im Versicherungsvertrag ist der Versicherer zu verpflichten, der zuständigen Rechtsanwaltskammer, bei Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof auch dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, den Beginn und die Beendigung oder Kündigung des Versicherungsvertrages sowie jede Änderung des Versicherungsvertrages, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigt, unverzüglich mitzuteilen. 2Die Rechtsanwaltskammer erteilt Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über den Namen und die Adresse der Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts sowie die Versicherungsnummer, soweit der Rechtsanwalt kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat; dies gilt auch, wenn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen ist.

(7) Zuständige Stelle im Sinne des § 117 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes ist die Rechtsanwaltskammer.




§ 51a (aufgehoben)







§ 52 Vertragliche Begrenzung von Ersatzansprüchen



(1) 1Der Anspruch des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens kann beschränkt werden:

1.
durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme;

2.
durch vorformulierte Vertragsbedingungen für Fälle einfacher Fahrlässigkeit auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht.

2Für Berufsausübungsgesellschaften gilt Satz 1 entsprechend.

(2) 1Die Mitglieder einer Berufsausübungsgesellschaft ohne Haftungsbeschränkung haften aus dem zwischen ihr und dem Auftraggeber bestehenden Vertragsverhältnis als Gesamtschuldner. 2Die persönliche Haftung auf Schadensersatz kann auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen beschränkt werden auf einzelne Mitglieder einer Berufsausübungsgesellschaft ohne Haftungsbeschränkung, die das Mandat im Rahmen ihrer eigenen beruflichen Befugnisse bearbeiten und namentlich bezeichnet sind. 3Die Zustimmungserklärung zu einer solchen Beschränkung darf keine anderen Erklärungen enthalten und muß vom Auftraggeber unterschrieben sein.




§ 53 Bestellung einer Vertretung



(1) Der Rechtsanwalt muss für seine Vertretung sorgen, wenn er

1.
länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben, oder

2.
sich länger als zwei Wochen von seiner Kanzlei entfernen will.

(2) 1Die Vertretung soll einem anderen Rechtsanwalt übertragen werden. 2Sie kann auch durch Personen erfolgen, die die Befähigung zum Richteramt erworben oder mindestens zwölf Monate des Vorbereitungsdienstes nach § 5b des Deutschen Richtergesetzes absolviert haben. 3In den Fällen des Satzes 2 gilt § 7 entsprechend.

(3) 1Soll die Vertretung einem anderen Rechtsanwalt übertragen werden, so soll der Rechtsanwalt diesen selbst bestellen. 2Soll die Vertretung durch eine andere Person erfolgen oder findet der Rechtsanwalt keine Vertretung, so ist die Vertretung auf Antrag des Rechtsanwalts von der Rechtsanwaltskammer zu bestellen.

(4) 1Hat es ein Rechtsanwalt in den Fällen des Absatzes 1 unterlassen, eine Vertretung zu bestellen oder deren Bestellung zu beantragen, so soll die Rechtsanwaltskammer eine Vertretung von Amts wegen bestellen. 2Zuvor soll sie den Rechtsanwalt auffordern, die Vertretung selbst zu bestellen oder deren Bestellung zu beantragen. 3Ein Rechtsanwalt, der von Amts wegen als Vertretung bestellt wird, kann die Vertretung nur aus wichtigem Grund ablehnen.

(5) Die Bestellung kann jederzeit widerrufen werden.




§ 54 Befugnisse der Vertretung



(1) 1Der Vertretung stehen die anwaltlichen Befugnisse des Rechtsanwalts zu, den sie vertritt. 2Sie wird in eigener Verantwortung, jedoch im Interesse, für Rechnung und auf Kosten des Vertretenen tätig. 3Die §§ 666, 667 und 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.

(2) 1Der Vertretene hat der von ihm selbst bestellten Vertretung einen Zugang zu seinem besonderen elektronischen Anwaltspostfach einzuräumen. 2Die Vertretung muss zumindest befugt sein, Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen und elektronische Empfangsbekenntnisse abzugeben.

(3) 1Die von Amts wegen bestellte Vertretung ist berechtigt, die Kanzleiräume des Vertretenen zu betreten und die zur Kanzlei gehörenden Gegenstände einschließlich des der anwaltlichen Verwahrung unterliegenden Treugutes in Besitz zu nehmen, herauszuverlangen und hierüber zu verfügen. 2An Weisungen des Vertretenen ist sie nicht gebunden. 3Der Vertretene darf die Tätigkeit der Vertretung nicht beeinträchtigen.

(4) 1Der Vertretene hat der von Amts wegen bestellten Vertretung eine angemessene Vergütung zu zahlen, für die Sicherheit zu leisten ist, wenn die Umstände es erfordern. 2Können sich die Beteiligten über die Höhe der Vergütung oder über die Sicherheit nicht einigen oder wird die geschuldete Sicherheit nicht geleistet, so setzt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer auf Antrag eines Beteiligten die Vergütung fest. 3Die Vertretung ist befugt, Vorschüsse auf die vereinbarte oder festgesetzte Vergütung zu entnehmen. 4Für die festgesetzte Vergütung haftet die Rechtsanwaltskammer wie ein Bürge.




§ 55 Bestellung eines Abwicklers der Kanzlei



(1) 1Ist ein Rechtsanwalt gestorben, so kann die Rechtsanwaltskammer einen Rechtsanwalt oder eine andere Person, welche die Befähigung zum Richteramt erlangt hat, zum Abwickler der Kanzlei bestellen. 2Für weitere Kanzleien kann derselbe oder ein anderer Abwickler bestellt werden. 3§ 7 gilt entsprechend. 4Der Abwickler ist in der Regel nicht länger als für die Dauer eines Jahres zu bestellen. 5Auf Antrag des Abwicklers ist die Bestellung, höchstens jeweils um ein Jahr, zu verlängern, wenn er glaubhaft macht, daß schwebende Angelegenheiten noch nicht zu Ende geführt werden konnten.

(2) 1Dem Abwickler obliegt es, die schwebenden Angelegenheiten abzuwickeln. 2Er führt die laufenden Aufträge fort; innerhalb der ersten sechs Monate ist er auch berechtigt, neue Aufträge anzunehmen. 3Ihm stehen die anwaltlichen Befugnisse zu, die der verstorbene Rechtsanwalt hatte. 4Der Abwickler gilt für die schwebenden Angelegenheiten als von der Partei bevollmächtigt, sofern diese nicht für die Wahrnehmung ihrer Rechte in anderer Weise gesorgt hat.

(3) 1§ 53 Absatz 4 Satz 3 und § 54 Absatz 1 Satz 2 und 3, Absatz 3 und 4 gelten entsprechend. 2Der Abwickler ist berechtigt, jedoch außer im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens nicht verpflichtet, Kostenforderungen des verstorbenen Rechtsanwalts im eigenen Namen für Rechnung der Erben geltend zu machen.

(4) Die Bestellung kann widerrufen werden.

(5) Abwickler können auch für die Kanzlei und weitere Kanzleien eines früheren Rechtsanwalts bestellt werden, dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen ist.




§ 56 Besondere Pflichten gegenüber dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer



(1) 1In Aufsichts- und Beschwerdesachen hat der Rechtsanwalt dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer oder einem beauftragten Mitglied des Vorstandes Auskunft zu geben sowie auf Verlangen seine Handakten vorzulegen oder vor dem Vorstand oder dem beauftragten Mitglied zu erscheinen. 2Das gilt nicht, wenn und soweit der Rechtsanwalt dadurch seine Verpflichtung zur Verschwiegenheit verletzen oder sich durch wahrheitsgemäße Beantwortung oder Vorlage seiner Handakten die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat, einer Ordnungswidrigkeit oder einer Berufspflichtverletzung verfolgt zu werden und er sich hierauf beruft. 3Der Rechtsanwalt ist auf das Recht zur Auskunftsverweigerung hinzuweisen.

(2) 1In Vermittlungsverfahren der Rechtsanwaltskammer hat der Rechtsanwalt auf Verlangen vor dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer oder einem beauftragten Mitglied des Vorstandes zu erscheinen. 2Das Erscheinen soll angeordnet werden, wenn der Vorstand oder das beauftragte Vorstandsmitglied nach Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass hierdurch eine Einigung gefördert werden kann.

(3) 1Der Rechtsanwalt hat dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer unverzüglich anzuzeigen,

1.
daß er ein Beschäftigungsverhältnis eingeht oder daß eine wesentliche Änderung eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eintritt,

2.
daß er dauernd oder zeitweilig als Richter, Beamter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit verwendet wird,

3.
daß er ein öffentliches Amt im Sinne des § 47 Abs. 2 bekleidet.

2Dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer sind auf Verlangen die Unterlagen über ein Beschäftigungsverhältnis vorzulegen.




§ 57 Zwangsgeld bei Verletzung der besonderen Pflichten



(1) 1Um einen Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner Pflichten nach § 56 anzuhalten, kann der Vorstand der Rechtsanwaltskammer gegen ihn, auch zu wiederholten Malen, Zwangsgeld festsetzen. 2Das einzelne Zwangsgeld darf eintausend Euro nicht übersteigen.

(2) 1Das Zwangsgeld muß vorher durch den Vorstand oder den Präsidenten schriftlich angedroht werden. 2Die Androhung und die Festsetzung des Zwangsgelds sind dem Rechtsanwalt zuzustellen.

(3) 1Gegen die Androhung und gegen die Festsetzung des Zwangsgeldes kann der Rechtsanwalt innerhalb eines Monats nach der Zustellung die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofes beantragen. 2Der Antrag ist bei dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer schriftlich einzureichen. 3Erachtet der Vorstand den Antrag für begründet, so hat er ihm abzuhelfen; andernfalls ist der Antrag unverzüglich dem Anwaltsgerichtshof vorzulegen. 4Zuständig ist der Anwaltsgerichtshof bei dem Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Rechtsanwaltskammer ihren Sitz hat. 5Auf das Verfahren sind die §§ 307 bis 309 und 311a der Strafprozessordnung sinngemäß anzuwenden. 6Die Gegenerklärung (§ 308 Abs. 1 der Strafprozeßordnung) wird vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer abgegeben. 7Die Staatsanwaltschaft ist an dem Verfahren nicht beteiligt. 8Der Beschluß des Anwaltsgerichtshofes kann nicht angefochten werden. 9§ 116 Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) 1Das Zwangsgeld fließt der Rechtsanwaltskammer zu. 2Es wird auf Grund einer von dem Schatzmeister erteilten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen beglaubigten Abschrift des Festsetzungsbescheides nach den Vorschriften beigetrieben, die für die Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten. 3§ 767 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass Einwendungen, die den Anspruch selbst betreffen, nur insoweit zulässig sind, als sie nicht in dem Verfahren nach Absatz 3 geltend gemacht werden konnten. 4Solche Einwendungen sind im Wege der Klage bei dem in § 797 Absatz 5 der Zivilprozessordnung bezeichneten Gericht geltend zu machen.




§ 58 Mitgliederakten



(1) 1Die Rechtsanwaltskammern führen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Akten über ihre Mitglieder (§ 60 Absatz 2). 2Mitgliederakten können teilweise oder vollständig elektronisch geführt werden. 3Zu den Mitgliederakten sind insbesondere die Dokumente zu nehmen, die im Zusammenhang mit der Zulassung, der Mitgliedschaft oder der Qualifikation des Mitglieds stehen oder die in Bezug auf das Mitglied geführte berufsaufsichtliche Verfahren betreffen.

(2) 1Die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern haben das Recht, die über sie geführten Akten einzusehen. 2Bei einer Einsichtnahme dürfen Aufzeichnungen über den Inhalt der Akten oder Kopien der Dokumente gefertigt werden. 3Bei einer elektronischen Aktenführung hat die Rechtsanwaltskammer den Inhalt elektronisch oder durch Ausdrucke zugänglich zu machen. 4Die Akteneinsicht kann verweigert werden, solange die in § 29 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und § 147 Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung genannten Gründe vorliegen.

(3) 1Beantragt ein Mitglied die Aufnahme in eine andere Rechtsanwaltskammer, übersendet die abgebende Kammer der anderen Kammer dessen Mitgliederakte. 2Ist die Aufnahme in die andere Kammer erfolgt, löscht die abgebende Kammer alle personenbezogenen Daten des Mitglieds mit Ausnahme des Hinweises auf den Wechsel und eventueller weiterer zu ihrer Aufgabenerfüllung noch erforderlicher Daten.

(4) 1Mitgliederakten sind dreißig Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem die Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer erloschen war, zu vernichten. 2Davon abweichende Pflichten, Aktenbestandteile früher zu vernichten, bleiben unberührt. 3Satz 1 gilt nicht, wenn das Mitglied in eine längere Aufbewahrung eingewilligt hat oder die Akte einem öffentlichen Archiv angeboten wird. 4Wurde die Zulassung des Mitglieds wegen Unzuverlässigkeit, Ungeeignetheit oder Unwürdigkeit zurückgenommen oder widerrufen oder wurde das Mitglied aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen, darf die Akte nicht vernichtet werden, bevor die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister entfernt wurde. 5Satz 4 gilt auch, wenn das Mitglied während eines Rücknahme- oder Widerrufsverfahrens wegen Unzuverlässigkeit, Ungeeignetheit oder Unwürdigkeit auf die Zulassung verzichtet hat. 6Bei einer elektronischen Aktenführung tritt an die Stelle der Vernichtung der Akten die Löschung der Daten.

(5) Nach dem Tod eines Mitglieds kann die Rechtsanwaltskammer zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung Einsicht in die Mitgliederakte gewähren, soweit das wissenschaftliche Interesse die Persönlichkeitsrechte und Interessen der von einer Einsicht betroffenen Personen überwiegt und der Zweck der Forschung auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann.

(6) 1Auf Personen, die einen Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder als Berufsausübungsgesellschaft gestellt haben, sind die Absätze 1, 2, 4 und 5 entsprechend anzuwenden. 2Absatz 2 gilt auch für frühere Mitglieder.




§ 59 Ausbildung von Referendaren



1Der Rechtsanwalt soll in angemessenem Umfang an der Ausbildung der Referendare mitwirken. 2Er hat den Referendar, der im Vorbereitungsdienst bei ihm beschäftigt ist, in den Aufgaben eines Rechtsanwalts zu unterweisen, ihn anzuleiten und ihm Gelegenheit zu praktischen Arbeiten zu geben. 3Gegenstand der Ausbildung soll insbesondere sein die gerichtliche und außergerichtliche Anwaltstätigkeit, der Umgang mit Mandanten, das anwaltliche Berufsrecht und die Organisation einer Anwaltskanzlei.




§ 59a Satzungskompetenz



(1) Das Nähere zu den beruflichen Rechten und Pflichten wird durch Satzung in einer Berufsordnung bestimmt.

(2) Die Berufsordnung kann im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes näher regeln:

1.
die allgemeinen Berufspflichten und Grundpflichten:

a)
Gewissenhaftigkeit,

b)
Wahrung der Unabhängigkeit,

c)
Verschwiegenheit,

d)
Sachlichkeit,

e)
Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen,

f)
sorgfältiger Umgang mit fremden Vermögenswerten,

g)
Kanzleipflicht und Pflichten bei der Einrichtung und Unterhaltung von weiteren Kanzleien und Zweigstellen,

h)
Kenntnisse im Berufsrecht;

2.
die besonderen Berufspflichten im Zusammenhang mit dem Führen der Fachanwaltsbezeichnung; hierbei betrifft die Regelungsbefugnis

a)
die Bestimmung der Rechtsgebiete, in denen weitere Fachanwaltsbezeichnungen verliehen werden können,

b)
die Regelung der Voraussetzungen für die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung und des Verfahrens der Erteilung, der Rücknahme und des Widerrufs der Erlaubnis;

3.
die besonderen Berufspflichten im Zusammenhang mit der Werbung und Angaben über selbst benannte Interessenschwerpunkte;

4.
die besonderen Berufspflichten im Zusammenhang mit der Versagung der Berufstätigkeit;

5.
die besonderen Berufspflichten

a)
im Zusammenhang mit der Annahme, Wahrnehmung und Beendigung eines Auftrags,

b)
gegenüber Rechtsuchenden im Rahmen von Beratungs-, Verfahrenskosten- und Prozesskostenhilfe,

c)
bei der Beratung von Rechtsuchenden mit geringem Einkommen,

d)
bei der Führung der Handakten;

6.
die besonderen Berufspflichten gegenüber Gerichten und Behörden:

a)
Pflichten bei der Verwendung von zur Einsicht überlassenen Akten sowie der hieraus erlangten Kenntnisse,

b)
Pflichten bei Zustellungen,

c)
Tragen der Berufstracht;

7.
die besonderen Berufspflichten bei der Vereinbarung und Abrechnung der anwaltlichen Gebühren und bei deren Beitreibung;

8.
die besonderen Berufspflichten gegenüber der Rechtsanwaltskammer in Fragen der Aufsicht, das berufliche Verhalten gegenüber anderen Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer, die Pflichten bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt, die Pflichten bei beruflicher Zusammenarbeit, die Pflichten im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Rechtsanwälten und der Ausbildung sowie Beschäftigung anderer Personen;

9.
die besonderen Berufspflichten im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr.

(3) 1Die Berufsordnung muss im Einklang mit den Vorgaben des auf sie anzuwendenden europäischen Rechts stehen. 2Insbesondere sind bei neuen oder zu ändernden Vorschriften, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22; L 271 vom 16.10.2007, S. 18; L 93 vom 4.4.2008, S. 28; L 33 vom 3.2.2009, S. 49; L 305 vom 24.10.2014, S. 115), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/55/EU (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 132; L 268 vom 15.10.2015, S. 35; L 95 vom 9.4.2016, S. 20) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung unterfallen, die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 25) in der jeweils geltenden Fassung einzuhalten.

(4) 1Eine Vorschrift im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 ist anhand der in der Anlage 1 zu diesem Gesetz festgelegten Kriterien auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. 2Der Umfang der Prüfung muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift stehen. 3Die Vorschrift ist so ausführlich zu erläutern, dass ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bewertet werden kann. 4Die Gründe, aus denen sich ergibt, dass sie gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, sind durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente zu substantiieren. 5Mindestens zwei Wochen vor der Beschlussfassung der Satzungsversammlung über die Vorschrift ist auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer ein Entwurf mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zu veröffentlichen. 6Nach dem Erlass der Vorschrift ist ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu überwachen und bei einer Änderung der Umstände zu prüfen, ob die Vorschrift anzupassen ist.




Zweiter Abschnitt Berufliche Zusammenarbeit

§ 59b Berufsausübungsgesellschaften



(1) 1Rechtsanwälte dürfen sich zur gemeinschaftlichen Ausübung ihres Berufs zu Berufsausübungsgesellschaften verbinden. 2Sie dürfen sich zur Ausübung ihres Berufs auch in Berufsausübungsgesellschaften organisieren, deren einziger Gesellschafter sie sind.

(2) 1Berufsausübungsgesellschaften zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in der Bundesrepublik Deutschland können die folgenden Rechtsformen haben:

1.
Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften,

2.
Europäische Gesellschaften und

3.
Gesellschaften, die zulässig sind nach dem Recht

a)
eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder

b)
eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

2Für Berufsausübungsgesellschaften nach dem Gesellschaftsrecht eines Staates, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, gilt § 207a.




§ 59c Berufsausübungsgesellschaften mit Angehörigen anderer Berufe



(1) 1Die Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Berufsausübungsgesellschaft nach § 59b ist Rechtsanwälten auch gestattet

1.
mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer, Mitgliedern der Patentanwaltskammer, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern,

2.
mit Angehörigen von Rechtsanwaltsberufen aus anderen Staaten, die nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland oder nach § 206 berechtigt wären, sich in der Bundesrepublik Deutschland niederzulassen, und mit Angehörigen von Patentanwaltsberufen aus anderen Staaten, die nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Patentanwälte in Deutschland oder nach § 157 der Patentanwaltsordnung berechtigt wären, sich in der Bundesrepublik Deutschland niederzulassen,

3.
mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern anderer Staaten, die nach dem Steuerberatungsgesetz oder der Wirtschaftsprüferordnung ihren Beruf mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern oder vereidigten Buchprüfern in der Bundesrepublik Deutschland gemeinschaftlich ausüben dürfen,

4.
mit Personen, die in der Berufsausübungsgesellschaft einen freien Beruf nach § 1 Absatz 2 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes ausüben, es sei denn, dass die Verbindung mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängigem Organ der Rechtspflege, nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann.

2Eine Verbindung nach Satz 1 Nummer 4 kann insbesondere dann ausgeschlossen sein, wenn in der anderen Person ein Grund vorliegt, der bei einem Rechtsanwalt nach § 7 zur Versagung der Zulassung führen würde.

(2) 1Unternehmensgegenstand der Berufsausübungsgesellschaft nach Absatz 1 ist die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten. 2Daneben kann die Ausübung des jeweiligen nichtanwaltlichen Berufs treten. 3Die §§ 59d bis 59q gelten nur für Berufsausübungsgesellschaften, die der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs dienen.




§ 59d Berufspflichten bei beruflicher Zusammenarbeit



(1) 1Gesellschafter, die Angehörige eines in § 59c Absatz 1 Satz 1 genannten Berufs sind, haben bei ihrer Tätigkeit für die Berufsausübungsgesellschaft die in diesem Gesetz und die in der Berufsordnung nach § 59a bestimmten Pflichten der in der Berufsausübungsgesellschaft tätigen Rechtsanwälte sowie der Berufsausübungsgesellschaft zu beachten. 2Sie sind insbesondere verpflichtet, die anwaltliche Unabhängigkeit der in der Berufsausübungsgesellschaft tätigen Rechtsanwälte sowie der Berufsausübungsgesellschaft zu wahren.

(2) 1Gesellschafter, die Angehörige eines in § 59c Absatz 1 Satz 1 genannten Berufs sind, sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. 2Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihnen bei ihrer Tätigkeit für die Berufsausübungsgesellschaft im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten bekannt geworden ist. 3§ 43a Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Die Vorschriften über Tätigkeitsverbote nach § 43a Absatz 4 Satz 2 bis 6 gelten für Gesellschafter, die Angehörige eines in § 59c Absatz 1 Satz 1 genannten Berufs sind, entsprechend.

(4) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf nicht mit anderen Personen ausüben, wenn diese in schwerwiegender Weise oder wiederholt gegen Pflichten, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 59a bestimmt sind, verstoßen.

(5) Im Gesellschaftsvertrag ist der Ausschluss von Gesellschaftern vorzusehen, die in schwerwiegender Weise oder wiederholt gegen Pflichten, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 59a bestimmt sind, verstoßen.

(6) Beteiligt sich ein Rechtsanwalt an einer Mandatsgesellschaft (§ 59f Absatz 1 Satz 2 Nummer 2), so hat er für die Einhaltung der Berufspflichten nach § 59e Absatz 1 bis 3 durch die Mandatsgesellschaft Sorge zu tragen.




§ 59e Berufspflichten der Berufsausübungsgesellschaft



(1) Die §§ 43 bis 43b, 43d, 43e, 44, 45 Absatz 1 Nummer 2 und 3, die §§ 48, 49a bis 50, 53, 54, 56 Absatz 1 und 2 und die §§ 57 bis 59a gelten für Berufsausübungsgesellschaften sinngemäß.

(2) 1Die Berufsausübungsgesellschaft hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass berufsrechtliche Verstöße frühzeitig erkannt und abgestellt werden. 2Wenn an der Berufsausübungsgesellschaft Personen beteiligt sind, die Angehörige eines in § 59c Absatz 1 Satz 1 genannten Berufs sind, ist durch geeignete gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sicherzustellen, dass die Berufsausübungsgesellschaft für die Erfüllung der Berufspflichten sorgen kann.

(3) Werden in der Berufsausübungsgesellschaft auch nichtanwaltliche Berufe ausgeübt, so gelten die Absätze 1 und 2 nur, soweit ein Bezug zur Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten besteht.

(4) Die persönliche berufsrechtliche Verantwortlichkeit der Gesellschafter, Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter der Berufsausübungsgesellschaft bleibt unberührt.

(5) 1Beteiligt sich eine Berufsausübungsgesellschaft an einer Mandatsgesellschaft (§ 59f Absatz 1 Satz 2 Nummer 2), so hat sie für die Einhaltung der Berufspflichten nach den Absätzen 1 bis 3 durch die Mandatsgesellschaft Sorge zu tragen. 2Absatz 4 gilt entsprechend.




§ 59f Zulassung



(1) 1Berufsausübungsgesellschaften bedürfen der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer. 2Keiner Zulassung nach Satz 1 bedürfen

1.
Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt und denen ausschließlich Rechtsanwälte oder Angehörige eines in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Berufs als Gesellschafter und als Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane angehören, und

2.
Berufsausübungsgesellschaften, die als Personengesellschaften von

a)
mehreren zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften nach diesem Gesetz oder

b)
einer oder mehreren zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften nach diesem Gesetz und einem oder mehreren Rechtsanwälten

für die Bearbeitung eines einzelnen Mandats gegründet wurden (Mandatsgesellschaft).

3Die Gründung einer Mandatsgesellschaft ist durch die an ihr beteiligten Berufsausübungsgesellschaften und Rechtsanwälte denjenigen Rechtsanwaltskammern anzuzeigen, bei denen die beteiligten Berufsausübungsgesellschaften und Rechtsanwälte zugelassen sind. 4Unberührt von Satz 2 bleibt der freiwillige Antrag auf eine Zulassung.

(2) 1Die Zulassung ist zu erteilen, wenn

1.
die Berufsausübungsgesellschaft, ihre Gesellschafter und die Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane die Voraussetzungen der §§ 59b, 59c, des § 59d Absatz 5, der §§ 59i und 59j erfüllen,

2.
die Berufsausübungsgesellschaft sich nicht in Vermögensverfall befindet und

3.
der Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung nachgewiesen ist oder eine vorläufige Deckungszusage vorliegt.

2Ein Vermögensverfall nach Satz 1 Nummer 2 wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Berufsausübungsgesellschaft eröffnet ist oder die Berufsausübungsgesellschaft in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist.

(3) Mit der Zulassung wird die Berufsausübungsgesellschaft Mitglied der zulassenden Rechtsanwaltskammer.




§ 59g Zulassungsverfahren; Anzeigepflicht



(1) 1Der Antrag auf Zulassung muss folgende Angaben enthalten:

1.
Rechtsform, Name, Sitz und Gegenstand der Berufsausübungsgesellschaft,

2.
die Geschäftsanschriften der Niederlassungen der Berufsausübungsgesellschaft sowie

3.
Name und Beruf der Gesellschafter, der Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane sowie aller mittelbar beteiligten Personen.

2Die zuständige Rechtsanwaltskammer kann zur Prüfung der Voraussetzungen des § 59f Absatz 2 die Vorlage geeigneter Nachweise einschließlich des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung verlangen. 3§ 57 gilt entsprechend.

(2) Die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung kann ausgesetzt werden, wenn gegen einen Gesellschafter oder ein Mitglied eines Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans ein auf Rücknahme oder Widerruf seiner Zulassung oder Bestellung gerichtetes Verfahren betrieben wird oder ein vorläufiges Berufs- oder Vertretungsverbot erlassen worden ist.

(3) Die Zulassung wird wirksam mit der Aushändigung einer von der Rechtsanwaltskammer ausgestellten Urkunde.

(4) 1Die zugelassene Berufsausübungsgesellschaft hat der Rechtsanwaltskammer jede Änderung der nach Absatz 1 Satz 1 anzugebenden Verhältnisse unverzüglich anzuzeigen. 2Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.




§ 59h Erlöschen, Rücknahme und Widerruf der Zulassung; Abwickler



(1) 1Die Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft erlischt durch ihre Auflösung. 2Im Übrigen gilt § 13 entsprechend.

(2) 1Die Zulassung ist mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn sich ergibt, dass die Zulassung hätte versagt werden müssen. 2§ 14 Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(3) 1Die Zulassung ist zu widerrufen, wenn die Berufsausübungsgesellschaft

1.
die Voraussetzungen der §§ 59b, 59c Absatz 1, des § 59d Absatz 5, der §§ 59i, 59j, 59n oder des § 59o nicht mehr erfüllt, es sei denn, dass sie innerhalb einer von der Rechtsanwaltskammer zu bestimmenden angemessenen Frist einen den genannten Vorschriften entsprechenden Zustand herbeiführt,

2.
in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind, oder

3.
der Rechtsanwaltskammer gegenüber schriftlich auf die Rechte aus der Zulassung verzichtet hat.

2Ein Vermögensverfall nach Satz 1 Nummer 2 wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Berufsausübungsgesellschaft eröffnet ist oder die Berufsausübungsgesellschaft in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist.

(4) Die Zulassung kann widerrufen werden, wenn die Berufsausübungsgesellschaft

1.
nicht innerhalb von drei Monaten nach der Zulassung im Bezirk der Rechtsanwaltskammer nach § 59m Absatz 1 eine Kanzlei einrichtet,

2.
nicht innerhalb von drei Monaten eine ihr bei einer Befreiung nach § 59m Absatz 4 in Verbindung mit § 29a Absatz 2 erteilte Auflage erfüllt,

3.
nicht innerhalb von drei Monaten einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt, nachdem

a)
sie nach § 59m Absatz 4 in Verbindung mit § 29a Absatz 2 von der Pflicht, eine Kanzlei zu unterhalten, befreit worden ist oder

b)
ein bisheriger Zustellungsbevollmächtigter weggefallen ist, oder

4.
ihre Kanzlei aufgibt, ohne dass sie von der Pflicht des § 59m befreit worden ist.

(5) 1Ordnet die Rechtsanwaltskammer die sofortige Vollziehung an, sind § 155 Absatz 2, 4 und 5, § 156 Absatz 2 und § 161 entsprechend anzuwenden. 2Wird die Zulassung widerrufen, weil die Berufsausübungsgesellschaft die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung nicht unterhält, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung in der Regel zu treffen.

(6) 1Hat die Berufsausübungsgesellschaft die Zulassung verloren, kann für sie ein Abwickler bestellt werden, wenn die zur gesetzlichen Vertretung bestellten Personen keine hinreichende Gewähr zur ordnungsgemäßen Abwicklung der schwebenden Angelegenheiten bieten. 2§ 55 ist entsprechend anzuwenden. 3Für die festgesetzte Vergütung des Abwicklers haften die Gesellschafter als Gesamtschuldner. 4§ 54 Absatz 4 Satz 4 bleibt unberührt.




§ 59i Gesellschafter- und Kapitalstruktur von Berufsausübungsgesellschaften



(1) 1Zugelassene Berufsausübungsgesellschaften nach diesem Gesetz können Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft sein. 2Bei gesetzlichen Voraussetzungen, die in der Person der Gesellschafter oder der Mitglieder der Geschäftsführung erfüllt sein müssen, kommt es in den Fällen des Satzes 1 auf die Gesellschafter und die Geschäftsführung der beteiligten Berufsausübungsgesellschaft an. 3Haben sich Rechtsanwälte, Angehörige eines der in § 59c Absatz 1 Satz 1 genannten Berufe sowie Berufsausübungsgesellschaften, die die Voraussetzungen dieses Abschnitts erfüllen, zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen, deren Zweck ausschließlich das Halten von Anteilen an einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft ist, so werden ihnen die Anteile an der Berufsausübungsgesellschaft im Verhältnis ihrer Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugerechnet.

(2) 1Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen muss an die Zustimmung der Gesellschafterversammlung gebunden sein. 2Bei Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien müssen die Aktien auf Namen lauten.

(3) 1Anteile an der Berufsausübungsgesellschaft dürfen nicht für Rechnung Dritter gehalten werden. 2Dritte dürfen nicht am Gewinn der Berufsausübungsgesellschaft beteiligt werden.

(4) Sofern Gesellschafter die Voraussetzungen des § 59c Absatz 1 nicht erfüllen, haben sie kein Stimmrecht.

(5) Gesellschafter können nur stimmberechtigte Gesellschafter zur Ausübung von Gesellschafterrechten bevollmächtigen.




§ 59j Geschäftsführungsorgane; Aufsichtsorgane



(1) 1Nur Rechtsanwälte oder Angehörige eines der in § 59c Absatz 1 Satz 1 genannten Berufe können Mitglieder des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft sein. 2Mitbestimmungsrechtliche Regelungen bleiben unberührt. 3Bei der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten sind Weisungen von Personen, die keine Rechtsanwälte sind, gegenüber Rechtsanwälten unzulässig.

(2) Von der Mitgliedschaft in einem Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgan ist ausgeschlossen, wer einen der Versagungstatbestände des § 7 erfüllt oder gegen wen eine der in Absatz 5 Satz 3 genannten Maßnahmen verhängt wurde.

(3) Dem Geschäftsführungsorgan der Berufsausübungsgesellschaft müssen Rechtsanwälte in vertretungsberechtigter Zahl angehören.

(4) Die Mitglieder des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans sind verpflichtet, für die Einhaltung des Berufsrechts in der Berufsausübungsgesellschaft zu sorgen.

(5) 1Für diejenigen Mitglieder des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans der Berufsausübungsgesellschaft, die keine Gesellschafter sind, gelten die Berufspflichten nach § 59d Absatz 1 bis 3 entsprechend. 2Die §§ 74 und 74a, die Vorschriften des Sechsten und Siebenten Teils, die §§ 195 bis 199 sowie die Vorschriften des Elften Teils sind auf nichtanwaltliche Mitglieder des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans entsprechend anzuwenden. 3An die Stelle der Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Absatz 1 Nummer 5) tritt

1.
bei nichtanwaltlichen Mitgliedern von Geschäftsführungsorganen die Aberkennung der Eignung, eine Berufsausübungsgesellschaft zu vertreten und ihre Geschäfte zu führen, und

2.
bei nichtanwaltlichen Mitgliedern eines Aufsichtsorgans die Aberkennung der Eignung, Aufsichtsfunktionen einer Berufsausübungsgesellschaft wahrzunehmen.

(6) 1Die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte, die dem Geschäftsführungsorgan der Berufsausübungsgesellschaften angehören oder in sonstiger Weise die Vertretung der Berufsausübungsgesellschaft wahrnehmen, bei der Ausübung ihres Rechtsanwaltsberufs ist zu gewährleisten. 2Einflussnahmen durch die Gesellschafter, insbesondere durch Weisungen oder vertragliche Bindungen, sind unzulässig.

(7) Auf Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte zum gesamten Geschäftsbetrieb sind die Absätze 1, 5 und 6 entsprechend anzuwenden.




§ 59k Rechtsdienstleistungsbefugnis



1Berufsausübungsgesellschaften sind befugt, Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes zu erbringen. 2Sie handeln durch ihre Gesellschafter und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen.




§ 59l Vertretung vor Gerichten und Behörden



(1) 1Berufsausübungsgesellschaften können als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden. 2Sie haben in diesem Fall die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts.

(2) Berufsausübungsgesellschaften handeln durch ihre Gesellschafter und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen.

(3) Eine Berufsausübungsgesellschaft kann nicht als Verteidiger im Sinne der §§ 137 bis 149 der Strafprozessordnung gewählt oder bestellt werden.




§ 59m Kanzlei der Berufsausübungsgesellschaft



(1) Die Berufsausübungsgesellschaft muss an ihrem Sitz eine Kanzlei unterhalten, in der zumindest ein geschäftsführender Rechtsanwalt tätig ist.

(2) § 27 Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Verlegt eine zugelassene Berufsausübungsgesellschaft ihren Sitz in den Bezirk einer anderen Rechtsanwaltskammer, gilt § 27 Absatz 3 entsprechend.

(4) Die §§ 29a und 30 sind entsprechend anzuwenden.

(5) 1Berufsausübungsgesellschaften, die keinen Sitz im Inland haben, sind verpflichtet, eine Zweigniederlassung im Inland einzurichten und zu unterhalten, in der zumindest ein geschäftsführender Rechtsanwalt tätig ist. 2Für die Befreiung von der Pflicht nach Satz 1 gelten § 29a Absatz 2 und 3 sowie § 30 entsprechend.




§ 59n Berufshaftpflichtversicherung



(1) Berufsausübungsgesellschaften sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer ihrer Betätigung aufrechtzuerhalten.

(2) 1Die Berufshaftpflichtversicherung muss die Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden decken, die sich aus der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ergeben. 2§ 51 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, 3 Nummer 2 bis 5 und Absatz 5 bis 7 ist entsprechend anzuwenden. 3Ist die Haftung der Gesellschaft nicht rechtsformbedingt beschränkt und liegt keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vor, so ist auch § 51 Absatz 3 Nummer 1 entsprechend anzuwenden.

(3) Wird die Berufshaftpflichtversicherung nicht oder nicht in dem vorgeschriebenen Umfang unterhalten, so haften neben der Berufsausübungsgesellschaft die Gesellschafter und die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans persönlich in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes.




§ 59o Mindestversicherungssumme und Jahreshöchstleistung



(1) Für Berufsausübungsgesellschaften, bei denen für Verbindlichkeiten der Berufsausübungsgesellschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung rechtsformbedingt keine natürliche Person haftet oder bei denen die Haftung der natürlichen Personen beschränkt wird, beträgt die Mindestversicherungssumme der Berufshaftpflichtversicherung nach § 59n vorbehaltlich des Absatzes 2 für jeden Versicherungsfall 2.500.000 Euro.

(2) Für Berufsausübungsgesellschaften nach Absatz 1, in denen nicht mehr als zehn Personen anwaltlich oder in einem Beruf nach § 59c Absatz 1 Satz 1 tätig sind, beträgt die Mindestversicherungssumme 1.000.000 Euro.

(3) Für alle Berufsausübungsgesellschaften, die keinen rechtsformbedingten Ausschluss der Haftung und keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorsehen, beträgt die Mindestversicherungssumme 500.000 Euro für jeden Versicherungsfall.

(4) 1Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden können auf den Betrag der jeweiligen Mindestversicherungssumme, vervielfacht mit der Zahl der anwaltlichen Gesellschafter, die in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen oder niedergelassen sind, und der anwaltlichen Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, begrenzt werden. 2Ist eine Berufsausübungsgesellschaft Gesellschafter, so ist bei der Berechnung der Jahreshöchstleistung nicht die beteiligte Berufsausübungsgesellschaft, sondern die Zahl ihrer anwaltlichen Gesellschafter, die in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen oder niedergelassen sind, und der anwaltlichen Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, maßgeblich. 3Handelt es sich bei der Berufsausübungsgesellschaft um eine Mandatsgesellschaft, so ist Satz 2 nicht anzuwenden und die Zahl ihrer Gesellschafter ist für die Berechnung der Jahreshöchstleistung maßgeblich. 4Die Jahreshöchstleistung muss sich jedoch in jedem Fall mindestens auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme belaufen.




§ 59p Rechtsanwaltsgesellschaft



Berufsausübungsgesellschaften, bei denen Rechtsanwälte die Mehrheit der Stimmrechte innehaben und bei denen die Mehrheit der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans Rechtsanwälte sind, dürfen die Bezeichnung „Rechtsanwaltsgesellschaft" führen.




§ 59q Bürogemeinschaft



(1) Rechtsanwälte können sich zu einer Gesellschaft verbinden, die der gemeinschaftlichen Organisation der Berufstätigkeit der Gesellschafter unter gemeinschaftlicher Nutzung von Betriebsmitteln dient, jedoch nicht selbst als Vertragspartner von rechtsanwaltlichen Mandatsverträgen auftreten soll (Bürogemeinschaft).

(2) 1Eine Bürogemeinschaft können Rechtsanwälte auch mit Personen eingehen, die nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind, es sei denn, die Verbindung ist mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängigem Organ der Rechtspflege, nicht vereinbar und kann das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden. 2Eine Bürogemeinschaft nach Satz 1 kann insbesondere dann ausgeschlossen sein, wenn in der anderen Person ein Grund vorliegt, der bei einem Rechtsanwalt nach § 7 Nummer 1, 2 oder 6 zur Versagung der Zulassung führen würde.

(3) Die in der Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwälte sind verpflichtet, angemessene organisatorische, personelle und technische Maßnahmen zu treffen, die die Einhaltung ihrer Berufspflichten gewährleisten.

(4) § 59d Absatz 1, 2, 4 und 5 gilt für die Gesellschafter einer Bürogemeinschaft nach Absatz 2 entsprechend.