Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Vierter Teil - Patentanwaltsordnung (PAO)

G. v. 07.09.1966 BGBl. I S. 557; zuletzt geändert durch Artikel 27 G. v. 23.10.2024 BGBl. 2024 I Nr. 323
Geltung ab 01.01.1967; FNA: 424-5-1 Gemeinsame Rechtsvorschriften
|

Vierter Teil Die Patentanwaltskammer

Erster Abschnitt Allgemeines

§ 53 Bildung und Zusammensetzung der Patentanwaltskammer



(1) 1Es wird eine Patentanwaltskammer gebildet. 2Ihr Sitz wird durch ihre Satzung bestimmt.

(2) Mitglieder der Patentanwaltskammer sind

1.
Personen, die von ihr zur Patentanwaltschaft zugelassen oder von ihr aufgenommen wurden,

2.
Berufsausübungsgesellschaften, die von ihr zugelassen wurden, und

3.
Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften nach Nummer 2, die nicht schon nach Nummer 1 Mitglied der Patentanwaltskammer sind.

(3) Die Mitgliedschaft in der Patentanwaltskammer erlischt

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, wenn die Voraussetzungen des § 20 vorliegen,

2.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2, wenn die Voraussetzungen des § 52h Absatz 1 bis 3 vorliegen,

3.
in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 3, wenn bei der Berufsausübungsgesellschaft

a)
die Voraussetzungen der Nummer 2 vorliegen,

b)
gegen das Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans eine bestandskräftige Entscheidung im Sinne des § 52j Absatz 5 Satz 3 ergangen ist oder

c)
die Geschäftsführungstätigkeit für die Berufsausübungsgesellschaft oder die Mitgliedschaft im Aufsichtsorgan beendet ist.




§ 54 Aufgaben der Patentanwaltskammer



Die Patentanwaltskammer hat die Aufgabe, die Belange des Berufsstands zu wahren und zu fördern sowie die Einhaltung der Berufspflichten zu überwachen.


§ 55 Organe der Patentanwaltskammer



Organe der Patentanwaltskammer sind:

1.
der Vorstand,

2.
die Kammerversammlung.




§ 56 Satzung der Patentanwaltskammer



Die Organisation und Verwaltung der Patentanwaltskammer werden, soweit dieses Gesetz keine Vorschriften enthält, durch die Satzung geregelt.




§ 57 Stellung der Patentanwaltskammer



(1) Die Patentanwaltskammer ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) 1Der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts führt die Staatsaufsicht über die Patentanwaltskammer. 2Die Aufsicht beschränkt sich darauf, dass Gesetz und Satzung beachtet und insbesondere die der Patentanwaltskammer übertragenen Aufgaben erfüllt werden.




Zweiter Abschnitt Organe der Patentanwaltskammer

Erster Unterabschnitt Vorstand

§ 58 Zusammensetzung des Vorstands



(1) 1Der Vorstand der Patentanwaltskammer besteht aus sieben Mitgliedern. 2Die Satzung kann eine höhere Zahl festsetzen.

(2) 1Die Mitglieder des Vorstands werden von den Mitgliedern der Kammer in geheimer und unmittelbarer Wahl durch Briefwahl gewählt. 2Hierbei kann vorgesehen werden, dass die Stimmen auch in der Kammerversammlung abgegeben werden können. 3Die Wahl kann auch als elektronische Wahl durchgeführt werden. 4Gewählt sind die Bewerberinnen oder Bewerber, die die meisten Stimmen auf sich vereinigen.

(3) Der Vorstand gibt sich eine Geschäftsordnung.




§ 59 Voraussetzungen der Wählbarkeit



Zum Mitglied des Vorstands kann nur gewählt werden, wer

1.
Mitglied der Patentanwaltskammer ist und

2.
den Beruf eines Patentanwalts seit mindestens fünf Jahren ohne Unterbrechung ausübt.




§ 60 Verlust der Wählbarkeit



(1) Zum Mitglied des Vorstands kann nicht gewählt werden,

1.
gegen wen ein Berufs- oder Vertretungsverbot verhängt ist,

2.
gegen wen die sofortige Vollziehung der Rücknahme oder des Widerrufs der Zulassung angeordnet ist,

3.
gegen wen in den letzten fünf Jahren ein Verweis (§ 96 Absatz 1 Nummer 2) oder eine Geldbuße (§ 96 Absatz 1 Nummer 3) verhängt wurde,

4.
wer in den letzten 15 Jahren aus der Patentanwaltschaft ausgeschlossen wurde (§ 96 Absatz 1 Nummer 4) oder

5.
bei wem in den letzten fünf Jahren nach § 97b von einer berufsgerichtlichen Ahndung abgesehen wurde, sofern ohne die anderweitige Ahndung voraussichtlich ein Verweis oder eine Geldbuße verhängt worden wäre.

(2) Die Geschäftsordnung der Kammer kann weitere Ausschlussgründe vorsehen.




§ 61 Recht zur Ablehnung der Wahl



Die Wahl zum Mitglied des Vorstands kann ablehnen,

1.
wer das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat;

2.
wer in den letzten vier Jahren Mitglied des Vorstands gewesen ist;

3.
wer aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend die Tätigkeit im Vorstand nicht ordnungsgemäß ausüben kann.


§ 62 Wahlperiode



(1) 1Die Mitglieder des Vorstands werden auf vier Jahre gewählt. 2Die Wiederwahl ist zulässig.

(2) 1Alle zwei Jahre scheidet die Hälfte der Mitglieder aus, bei ungerader Zahl zum ersten Mal die größere Zahl. 2Die zum ersten Mal ausscheidenden Mitglieder werden durch das Los bestimmt.

(3) Wird die Zahl der Mitglieder des Vorstands erhöht, so ist für die neu eintretenden Mitglieder, die mit dem Ablauf des zweiten Jahres ausscheiden, Absatz 2 Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Findet die Wahl, die auf Grund der Erhöhung der Zahl der Mitglieder des Vorstands erforderlich wird, gleichzeitig mit einer Neuwahl statt, so sind beide Wahlen getrennt vorzunehmen.


§ 63 Vorzeitiges Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds



(1) Ein Patentanwalt scheidet als Mitglied des Vorstands aus,

1.
wenn er nicht mehr Mitglied der Patentanwaltskammer ist oder seine Wählbarkeit aus den in § 60 Absatz 1 Nummer 3 und 5 angegebenen Gründen verliert;

2.
wenn er sein Amt niederlegt.

(2) 1Der Patentanwalt hat die Erklärung, daß er das Amt niederlege, dem Vorstand gegenüber schriftlich abzugeben. 2Die Erklärung kann nicht widerrufen werden.

(3) 1Scheidet ein Mitglied des Vorstands vorzeitig aus, so ist es für den Rest seiner Amtszeit durch ein neues Mitglied zu ersetzen. 2Davon kann abgesehen werden, wenn die Zahl der Mitglieder des Vorstands nicht unter sieben sinkt. 3Die Ersetzung kann durch das Nachrücken einer bei der letzten Wahl nicht gewählten Person oder durch eine Nachwahl erfolgen. 4Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung der Kammer.

(4) 1Wird gegen ein Mitglied des Vorstands eine der in § 60 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 genannten Maßnahmen verhängt oder angeordnet, ruht seine Mitgliedschaft für die Dauer der Maßnahme. 2Besteht gegen ein Mitglied des Vorstands der Verdacht einer schuldhaften Verletzung seiner beruflichen Pflichten, so ist es von einer Tätigkeit der Patentanwaltskammer in dieser Angelegenheit ausgeschlossen.

(5) Die Geschäftsordnung der Kammer kann weitere Gründe vorsehen, die zum Ausscheiden aus dem Vorstand oder zum Ruhen der dortigen Mitgliedschaft führen.




§ 64 Wahl des Präsidenten, des Schriftführers und des Schatzmeisters



(1) Der Vorstand wählt aus seiner Mitte einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten sowie einen Schriftführer und dessen Vertretung; er kann auch einen Schatzmeister und dessen Vertretung wählen.

(2) 1Die Wahl findet alsbald nach jeder ordentlichen Wahl des Vorstands statt. 2Scheidet ein Mitglied des Vorstands aus einem in Absatz 1 genannten Amt vorzeitig aus, so wird für den Rest seiner Amtszeit innerhalb von drei Monaten ein anderes Vorstandsmitglied in dieses Amt gewählt.




§ 65 Sitzungen des Vorstands



(1) Der Vorstand wird durch den Präsidenten einberufen.

(2) Der Präsident muß eine Sitzung anberaumen, wenn drei Mitglieder des Vorstands es in Textform beantragen und hierbei den Gegenstand angeben, der behandelt werden soll.

(3) Das Nähere regelt die Geschäftsordnung des Vorstands.




§ 66 Beschlussfähigkeit des Vorstands



Der Vorstand ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist.




§ 67 Beschlüsse des Vorstands



(1) 1Die Beschlüsse des Vorstands werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. 2Das gleiche gilt für die von dem Vorstand vorzunehmenden Wahlen. 3Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag, bei Wahlen entscheidet das Los.

(2) 1Ein Mitglied darf in eigenen Angelegenheiten nicht mitstimmen. 2Dies gilt jedoch nicht für Wahlen.

(3) Über Beschlüsse des Vorstands und über die Ergebnisse von Wahlen ist ein Protokoll aufzunehmen, das von dem Vorsitzenden und dem Schriftführer zu unterzeichnen ist.

(4) 1Beschlüsse des Vorstandes können auch ohne Sitzung gefasst werden, wenn kein Vorstandsmitglied widerspricht und sich mindestens die Hälfte der Vorstandsmitglieder an der Abstimmung beteiligt. 2Die Abstimmung außerhalb von Sitzungen *) ist in Textform durchzuführen.


---
*)
Anm. d. Red.: Die nicht durchführbare Änderung in Artikel 4 Nummer 13 Buchstabe b G. v. 22. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 320) wurde sinngemäß konsolidiert.




§ 68 Abteilungen des Vorstands



(1) 1Der Vorstand kann mehrere Abteilungen bilden, wenn die Satzung es zuläßt. 2Er überträgt den Abteilungen die Geschäfte, die sie selbständig führen.

(2) 1Jede Abteilung muß aus mindestens drei Mitgliedern des Vorstands bestehen. 2Die Mitglieder der Abteilung wählen aus ihren Reihen je eine Person, die den Abteilungsvorsitz führt, eine Person, die den Schriftverkehr der Abteilung führt, sowie je eine Person als deren jeweilige Vertretung.

(3) 1Vor Beginn des Kalenderjahres setzt der Vorstand die Zahl der Abteilungen und ihre Mitglieder fest, überträgt den Abteilungen die Geschäfte und bestimmt die Mitglieder der einzelnen Abteilungen. 2Jedes Mitglied des Vorstands kann mehreren Abteilungen angehören. 3Die Anordnungen können im Laufe des Jahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung der Abteilung oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder der Abteilung erforderlich wird.

(4) Die Abteilungen haben innerhalb ihrer Zuständigkeit die Rechte und Pflichten des Vorstands.

(5) An Stelle der Abteilung entscheidet der Vorstand, wenn er es für angemessen hält oder wenn die Abteilung oder ihr Vorsitzender es beantragt.




§ 69 Aufgaben des Vorstands



(1) 1Der Vorstand hat die ihm durch Gesetz und Satzung zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. 2Ihm obliegen auch die der Patentanwaltskammer in diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse. 3Er hat die Belange des Berufsstands zu wahren und zu fördern.

(2) Dem Vorstand obliegt insbesondere,

1.
die Mitglieder der Kammer in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren;

2.
auf Antrag bei Streitigkeiten unter den Mitgliedern der Kammer zu vermitteln; dies umfasst die Befugnis, Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten;

3.
auf Antrag bei Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern der Kammer und ihren Auftraggebern zu vermitteln; dies umfasst die Befugnis, Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten;

4.
die Erfüllung der den Mitgliedern der Kammer obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben;

5.
Patentanwälte für die Ernennung zu Mitgliedern der Kammer und des Senats für Patentanwaltssachen (§ 87) und für die Berufung zu Beisitzern (§ 91) vorzuschlagen;

6.
der Kammerversammlung über die Verwaltung des Vermögens jährlich Rechnung zu legen;

7.
Gutachten zu erstatten, die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde anfordert;

8.
bei der Ausbildung der Bewerberinnen und Bewerber für die Patentanwaltschaft mitzuwirken, Studiengänge zur Ausbildung von Bewerberinnen und Bewerbern im allgemeinen Recht mit Universitäten abzustimmen und für die erforderliche Zahl von *) Ausbildungsplätzen bei den Patentanwälten Sorge zu tragen;

9.
die patentanwaltlichen Mitglieder der Prüfungskommission (§ 9) vorzuschlagen.

(3) 1In Beschwerdeverfahren setzt der Vorstand die Person, die die Beschwerde erhoben hatte von seiner Entscheidung in Kenntnis. 2Die Mitteilung erfolgt nach Abschluss des Verfahrens einschließlich des Einspruchsverfahrens und ist mit einer kurzen Darstellung der wesentlichen Gründe für die Entscheidung zu versehen. 3§ 71 Absatz 1 bleibt unberührt. 4Die Mitteilung ist nicht anfechtbar.

(4) Der Vorstand kann die in Absatz 2 Nr. 1 bis 3 und Absatz 3 bezeichneten Aufgaben einzelnen Mitgliedern des Vorstands übertragen.

(5) 1Beantragt bei Streitigkeiten zwischen einem Mitglied der Patentanwaltskammer und seinem Auftraggeber der Auftraggeber ein Vermittlungsverfahren, so wird dieses eingeleitet, ohne dass es der Zustimmung des Mitglieds bedarf. 2Ein Schlichtungsvorschlag ist nur verbindlich, wenn er von beiden Seiten angenommen wird.


---
*)
Anm. d. Red.: Die offensichtlich fehlerhafte Änderungsanweisung in Artikel 4 Nr. 34 Buchstabe b G. v. 12. Mai 2017 (BGBl. I S. 1121) wurde sinngemäß konsolidiert.




§ 69a Verwaltungsbehörde für Ordnungswidrigkeiten



(1) Die Patentanwaltskammer ist im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten Verwaltungsbehörde für Ordnungswidrigkeiten nach § 6 der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung und nach § 56 des Geldwäschegesetzes, die durch ihre Mitglieder begangen werden.

(2) Die Geldbußen aus der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 fließen in die Kasse der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat.

(3) 1Die nach Absatz 2 zuständige Kasse trägt abweichend von § 105 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten die notwendigen Auslagen. 2Sie ist auch ersatzpflichtig im Sinne des § 110 Absatz 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.




§ 70 Rügerecht des Vorstands



(1) 1Der Vorstand kann das Verhalten eines Patentanwalts, durch das dieser ihm obliegende Pflichten verletzt hat, rügen, wenn die Schuld des Patentanwalts gering ist und ein Antrag auf Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint. 2§ 95 Absatz 2 und 4, § 102 Absatz 1 und 2 sowie die §§ 97b, 102a und 102b gelten entsprechend. 3Für die Verjährung und deren Ruhen gilt § 97 Absatz 1 Satz 1 und 3 sowie Absatz 2. 4Die erste Anhörung des Patentanwalts unterbricht die Verjährung ebenso wie die erste Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft im berufsgerichtlichen Verfahren.

(2) Eine Rüge darf nicht erteilt werden,

1.
wenn gegen den Patentanwalt eine berufsgerichtliches Verfahren eingeleitet wurde oder

2.
während ein Verfahren nach § 108 anhängig ist.

(3) Bevor die Rüge erteilt wird, ist der Patentanwalt zu hören.

(4) 1Der Bescheid des Vorstands, durch den das Verhalten des Patentanwalts gerügt wird, ist zu begründen. 2Er ist dem Patentanwalt zuzustellen. 3Eine Abschrift des Bescheids ist der Staatsanwaltschaft (§ 105) zu übersenden.

(5) 1Gegen den Bescheid kann der Patentanwalt binnen eines Monats nach der Zustellung bei dem Vorstand Einspruch erheben. 2Über den Einspruch entscheidet der Vorstand; Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden.

(6) 1Die Absätze 1 bis 5 sind auf zugelassene Berufsausübungsgesellschaften entsprechend anzuwenden, wenn in den Fällen des § 95 Absatz 3 die Bedeutung der Pflichtverletzung gering ist und ein Antrag auf Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich scheint. 2§ 95 Absatz 5, die §§ 95b und 103 Absatz 2 sowie die §§ 103a bis 103c sind entsprechend anzuwenden.




§ 70a Antrag auf Entscheidung des Landgerichts



(1) Wird der Einspruch gegen den Rügebescheid durch den Vorstand der Patentanwaltskammer zurückgewiesen, so kann der Patentanwalt innerhalb eines Monats nach der Zustellung die Entscheidung des Landgerichts (§ 85) beantragen.

(2) 1Der Antrag ist bei dem Landgericht schriftlich einzureichen. 2Auf das Verfahren sind die §§ 308, 309 und 311a der Strafprozessordnung sinngemäß anzuwenden. 3Die Gegenerklärung (§ 308 Abs. 1 der Strafprozeßordnung) wird von dem Vorstand der Patentanwaltskammer abgegeben. 4Die Staatsanwaltschaft ist an dem Verfahren nicht beteiligt. 5Eine mündliche Verhandlung findet statt, wenn sie der Patentanwalt beantragt oder das Landgericht für erforderlich hält. 6Von Zeit und Ort der mündlichen Verhandlung sind der Vorstand der Patentanwaltskammer, der Patentanwalt und sein Verteidiger zu benachrichtigen. 7Art und Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht. 8Es hat jedoch zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) § 100 Abs. 1 ist entsprechend anzuwenden.

(4) 1Der Rügebescheid kann nicht deshalb aufgehoben werden, weil der Vorstand der Patentanwaltskammer zu Unrecht angenommen hat, die Schuld des Patentanwalts sei gering und der Antrag auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich. 2Treten die Voraussetzungen, unter denen nach § 102 Abs. 2 ein berufsgerichtliches Verfahren nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden darf oder nach § 97b von einer berufsgerichtlichen Ahndung abzusehen ist, erst ein, nachdem der Vorstand die Rüge erteilt hat, so hebt das Landgericht den Rügebescheid auf. 3Der Beschluß ist mit Gründen zu versehen. 4Er kann nicht angefochten werden.

(5) 1Das Landgericht teilt unverzüglich der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht (§ 105) eine Abschrift des Antrags mit. 2Der Staatsanwaltschaft ist auch eine Abschrift des Beschlusses mitzuteilen, mit dem über den Antrag entschieden wird.

(6) 1Leitet die Staatsanwaltschaft wegen desselben Verhaltens, das der Vorstand der Patentanwaltskammer gerügt hat, ein berufsgerichtliches Verfahren gegen den Patentanwalt ein, bevor die Entscheidung über den Antrag nach Absatz 1 ergangen ist, so wird das Verfahren über den Antrag bis zum rechtskräftigen Abschluß des berufsgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt. 2In den Fällen des § § 97a Absatz 2 stellt das Landgericht nach Beendigung der Aussetzung fest, daß die Rüge unwirksam ist.

(7) 1Die Absätze 1 bis 6 sind auf zugelassene Berufsausübungsgesellschaften entsprechend anzuwenden. 2Die §§ 95b und 103 Absatz 2 sowie die §§ 103a bis 103c sind entsprechend anzuwenden.

(8) § 98 Absatz 2 gilt entsprechend.




§ 71 Verschwiegenheitspflicht; Inanspruchnahme von Dienstleistungen



(1) 1Die Mitglieder des Vorstands haben über die Angelegenheiten, die ihnen bei ihrer Tätigkeit im Vorstand über Patentanwälte und andere Personen bekannt werden, Verschwiegenheit zu bewahren. 2Dies gilt auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand. 3Die Verschwiegenheitspflicht gilt nicht für Tatsachen,

1.
deren Weitergabe zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist,

2.
in deren Weitergabe die Betroffenen eingewilligt haben,

3.
die offenkundig sind oder

4.
die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

4Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für Angestellte der Patentanwaltskammer und für Personen, die von der Patentanwaltskammer oder den Mitgliedern ihres Vorstands zur Mitarbeit herangezogen werden. 5Die in Satz 4 genannten Personen sind in Textform über ihre Verschwiegenheitspflicht zu belehren.

(2) 1In Verfahren vor Gerichten und Behörden dürfen die in Absatz 1 genannten Personen über Angelegenheiten, die ihrer Verschwiegenheitspflicht unterliegen, ohne Genehmigung nicht aussagen. 2Die Genehmigung zur Aussage erteilt der Vorstand der Patentanwaltskammer nach pflichtgemäßem Ermessen. 3Die Genehmigung soll nur versagt werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Stellung oder die Aufgaben der Patentanwaltskammer oder berechtigte Belange der Personen, über welche die Tatsachen bekannt geworden sind, unabweisbar erforderlich ist. 4§ 28 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes bleibt unberührt.

(3) Für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen durch die Patentanwaltskammer gilt in Bezug auf Angelegenheiten, die der Verschwiegenheitspflicht des Patentanwalts nach § 39a Absatz 2 unterliegen, § 39c Absatz 1 bis 4, 7 und 8 sinngemäß.




§ 72 Ehrenamtliche Tätigkeit des Vorstands



1Die Mitglieder des Vorstands üben ihre Tätigkeit unentgeltlich aus. 2Sie erhalten jedoch eine angemessene Entschädigung für den mit ihrer Tätigkeit verbundenen Aufwand sowie eine Reisekostenvergütung.


§ 73 Aufgaben des Präsidenten



(1) Der Präsident vertritt die Kammer gerichtlich und außergerichtlich.

(2) 1Der Präsident vermittelt den geschäftlichen Verkehr der Kammer. 2Er führt die Beschlüsse des Vorstands und der Kammerversammlung aus.

(3) Der Präsident führt in den Sitzungen des Vorstands und in der Kammerversammlung den Vorsitz.

(4) Dem Präsidenten können durch die Satzung sowie durch die Geschäftsordnungen des Vorstands und der Kammer weitere Aufgaben übertragen werden.




§ 74 Berichte über die Tätigkeit der Kammer und über Wahlergebnisse



(1) Der Präsident erstattet dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Deutschen Patent- und Markenamt jährlich Bericht über die Tätigkeit der Kammer.

(2) 1Der Präsident zeigt das Ergebnis der Wahlen zum Vorstand, zum Präsidenten und zum Vizepräsidenten, zum Schriftführer, zum Schatzmeister und zu deren Vertretungen alsbald dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Deutschen Patent- und Markenamt an. 2Die Patentanwaltskammer macht das Ergebnis der Wahlen auf ihrer Internetseite und im Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen bekannt.




§ 75 Aufgaben des Schriftführers



1Der Schriftführer führt das Protokoll über die Sitzungen des Vorstands und der Kammerversammlung. 2Er führt den Schriftwechsel des Vorstands. 3Der Präsident kann Abweichendes bestimmen.




§ 76 Aufgaben des Schatzmeisters



(1) 1Der Schatzmeister verwaltet das Vermögen der Kammer nach den Weisungen des Vorstands. 2Er ist berechtigt, Zahlungen entgegenzunehmen.

(2) Der Schatzmeister überwacht den Eingang der Beiträge.

(3) Ist ein Schatzmeister nicht gewählt, so hat der Schriftführer die Rechte und Pflichten aus den Absätzen 1 und 2 sowie aus § 50 Abs. 4 und § 77 Abs. 1.


§ 77 Einziehung rückständiger Beiträge



(1) Rückständige Beiträge, Umlagen, Gebühren und Auslagen werden auf Grund der von dem Schatzmeister ausgestellten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen Zahlungsaufforderung nach den Vorschriften beigetrieben, die für die Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten.

(2) Die Zwangsvollstreckung darf erst zwei Wochen nach Zustellung der vollstreckbaren Zahlungsaufforderung beginnen.

(3) 1§ 767 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass Einwendungen, die den Anspruch selbst betreffen, nur insoweit zulässig sind, als sie nicht im Wege der Anfechtung der vollstreckbaren Zahlungsaufforderung in dem Verfahren nach § 94a Absatz 1 geltend gemacht werden konnten. 2Solche Einwendungen sind im Wege der Klage bei dem in § 797 Absatz 5 der Zivilprozessordnung bezeichneten Gericht geltend zu machen.




Zweiter Unterabschnitt Kammerversammlung

§ 78 Einberufung der Kammerversammlung



(1) Die Kammerversammlung wird durch den Präsidenten einberufen.

(2) Der Präsident muß die Kammerversammlung einberufen, wenn ein Zehntel der Mitglieder es schriftlich beantragt und hierbei den Gegenstand angibt, der in der Kammerversammlung behandelt werden soll.

(3) Wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, soll die Kammerversammlung am Sitz der Kammer zusammentreten.




§ 79 Einladung und Einberufungsfrist



1Die Kammerversammlung ist mindestens zwei Wochen vorher einzuberufen. 2Die Einberufung hat schriftlich oder öffentlich in den dazu von der Satzung bestimmten Blättern zu erfolgen. 3Bei der Fristberechnung sind der Tag der Versendung und der Tag der Versammlung nicht mitzuzählen. 4In dringenden Fällen kann die Kammerversammlung mit kürzerer Frist einberufen werden.




§ 79a Durchführung der Kammerversammlung



(1) Die Kammerversammlung findet vorbehaltlich des Absatzes 2 in Präsenz aller Beteiligten am Ort der Versammlung statt.

(2) 1Die Satzung der Kammer kann vorsehen, dass die Kammerversammlung auch wie folgt stattfinden kann:

1.
in Präsenz und gleichzeitig online (hybride Kammerversammlung) oder

2.
ausschließlich online (virtuelle Kammerversammlung).

2Das Nähere zu hybriden und virtuellen Kammerversammlungen bestimmt die Satzung. 3Die Satzung kann dabei vorsehen, dass bestimmte Gegenstände nicht in hybriden oder virtuellen Kammerversammlungen behandelt werden dürfen. 4In der Satzung soll insbesondere geregelt werden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Aufzeichnung der Versammlung zulässig ist. 5Sofern die Satzung keine abweichende Regelung trifft, bestimmt der Präsident die Form der Kammerversammlung bei deren Einberufung.

(3) 1Sieht die Satzung der Kammer hybride oder virtuelle Kammerversammlungen vor, so dürfen diese nur abgehalten werden, wenn die folgenden Bedingungen eingehalten werden:

1.
in der Einberufung muss angegeben werden, wie sich die Mitglieder online zur Versammlung zuschalten können,

2.
die gesamte Versammlung muss in Bild und Ton übertragen werden,

3.
die online teilnehmenden Mitglieder müssen ihr Stimmrecht entweder während der Versammlung elektronisch oder im Anschluss an die Versammlung durch schriftliche Stimmabgabe ausüben können und

4.
die Rechte der Mitglieder nach diesem Gesetz und nach der Satzung der Kammer müssen gewahrt werden.

2Bei einer virtuellen Kammerversammlung muss in der Einberufung darauf hingewiesen werden, dass die Versammlung ausschließlich online stattfindet. 3§ 78 Absatz 3 ist im Falle der virtuellen Kammerversammlung nicht anzuwenden.




§ 80 Ankündigung der Tagesordnung



(1) Bei der Einberufung der Kammerversammlung ist der Gegenstand, über den Beschluß gefaßt werden soll, anzugeben.

(2) Über Gegenstände, deren Verhandlung nicht ordnungsmäßig angekündigt ist, dürfen keine Beschlüsse gefaßt werden.




§ 81 Wahlen und Beschlüsse der Kammerversammlung



(1) Die Voraussetzungen, unter denen die Kammerversammlung beschlußfähig ist, werden durch die Satzung geregelt.

(2) Die Mitglieder können ihr Wahl- oder Stimmrecht nur persönlich ausüben.

(3) 1Die Beschlüsse der Kammerversammlung werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. 2Das gleiche gilt für Wahlen. 3Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag, bei Wahlen entscheidet das Los.

(4) 1Ein Mitglied darf in eigenen Angelegenheiten nicht mitstimmen. 2Dies gilt jedoch nicht für Wahlen.

(5) Über die Beschlüsse und über die Ergebnisse von Wahlen ist ein Protokoll aufzunehmen, das von dem Vorsitzenden und dem Schriftführer zu unterzeichnen ist.




§ 82 Aufgaben der Kammerversammlung



(1) 1Die Kammerversammlung hat die ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. 2Sie hat berufliche Angelegenheiten, die von allgemeiner Bedeutung für die Patentanwaltschaft sind, zu erörtern.

(2) Der Kammerversammlung obliegt insbesondere,

1.
die Berufsordnung (§ 52a Absatz 1) und die Satzung der Kammer (§ 56) zu beschließen;

2.
die Geschäftsordnung der Kammer zu beschließen;

3.
die Ausbildung der Bewerberinnen und Bewerber und die berufliche Fortbildung der Patentanwälte zu fördern;

4.
die Höhe und die Fälligkeit des Beitrags, der Umlagen, Gebühren und Auslagen zu bestimmen;

5.
Unterstützungseinrichtungen für Patentanwälte und deren Hinterbliebene zu schaffen;

6.
die Mittel zu bewilligen, die erforderlich sind, um den Aufwand für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten zu bestreiten;

7.
Richtlinien für die Aufwandsentschädigung und die Reisekostenvergütung der Mitglieder des Vorstands aufzustellen;

8.
die Abrechnung des Vorstands über die Einnahmen und Ausgaben der Kammer sowie über die Verwaltung des Vermögens zu prüfen und über die Entlastung zu beschließen.




§ 82a Prüfung der Berufsordnung und der Satzung der Kammer



(1) 1Die Berufsordnung bedarf der Genehmigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. 2Diese gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die Berufsordnung nicht innerhalb von drei Monaten nach Zugang teilweise oder vollständig aufgehoben hat. 3Beabsichtigt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine Aufhebung, soll es der Patentanwaltskammer zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

(2) 1Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat zu prüfen, ob die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 eingehalten wurden. 2Zu diesem Zweck hat ihm die Patentanwaltskammer die Unterlagen zuzuleiten, aus denen sich die Einhaltung der Vorgaben ergibt. 3Insbesondere sind die Gründe zu übermitteln, auf Grund derer die Kammerversammlung die Berufsordnung als gerechtfertigt, notwendig und verhältnismäßig beurteilt hat.

(3) 1Nach ihrer Genehmigung ist die Berufsordnung unter Angabe des Datums ihres Inkrafttretens dauerhaft auf der Internetseite der Patentanwaltskammer zu veröffentlichen. 2Sofern die Berufsordnung nichts anderes bestimmt, tritt sie am ersten Tag des dritten auf die Veröffentlichung folgenden Monats in Kraft.

(4) 1Für Änderungen an der Berufsordnung gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. 2Für die Satzung der Kammer und Änderungen an dieser gilt Absatz 1 entsprechend.




§§ 83 und 84 (aufgehoben)


§§ 83 und 84 hat 2 frühere Fassungen und wird in 1 Vorschrift zitiert