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Kapitel 2 - Wehrdisziplinarordnung (WDO)


Teil 3 Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen

Kapitel 2 Die Disziplinarbefugnis der Disziplinarvorgesetzten und ihre Ausübung

Abschnitt 1 Einfache Disziplinarmaßnahmen

§ 22 Arten der einfachen Disziplinarmaßnahmen



(1) Die Disziplinarmaßnahmen, die von den Disziplinarvorgesetzten verhängt werden können (einfache Disziplinarmaßnahmen), sind:

1.
Verweis,

2.
strenger Verweis,

3.
Disziplinarbuße,

4.
strenge Disziplinarbuße,

5.
Ausgangsbeschränkung,

6.
strenge Ausgangsbeschränkung,

7.
Disziplinararrest,

8.
strenger Disziplinararrest.

(2) 1Nebeneinander können verhängt werden:

1.
Disziplinararrest und Ausgangsbeschränkung oder strenger Disziplinararrest und strenge Ausgangsbeschränkung,

2.
bei unerlaubter Abwesenheit von mehr als einem Tag

a)
Ausgangsbeschränkung und Disziplinarbuße,

b)
strenge Ausgangsbeschränkung und strenge Disziplinarbuße,

c)
Disziplinararrest und Disziplinarbuße oder

d)
strenger Disziplinararrest und strenge Disziplinarbuße.

2Im Übrigen ist wegen desselben Dienstvergehens nur eine Disziplinarmaßnahme zulässig.

(3) Eine einfache Disziplinarmaßnahme steht der Beförderung nicht entgegen, wenn die Soldatin oder der Soldat sich im Übrigen bewährt hat.

(4) Gegen diejenigen, die in einem Wehrdienstverhältnis nach dem Reservistengesetz stehen, kann außerhalb einer Aktivierung nach § 8 des Reservistengesetzes oder einer Zuziehung nach § 9 des Reservistengesetzes nur ein Verweis verhängt werden.


§ 23 Verweis, strenger Verweis



(1) Der Verweis ist der förmliche Tadel eines bestimmten pflichtwidrigen Verhaltens.

(2) Der strenge Verweis ist der Verweis, der vor der Truppe bekannt gemacht wird.

(3) 1Missbilligende Äußerungen von Disziplinarvorgesetzten, die nicht ausdrücklich als Verweis oder strenger Verweis bezeichnet werden, wie Belehrungen, Warnungen, Zurechtweisungen oder ähnliche Maßnahmen, sind keine Disziplinarmaßnahmen. 2Dies gilt auch dann, wenn sie mit einer Entscheidung verbunden werden, mit welcher die oder der Disziplinarvorgesetzte oder die Einleitungsbehörde ein Dienstvergehen feststellt, von der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme oder der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens aber absieht.


§ 24 Disziplinarbuße, strenge Disziplinarbuße



(1) 1Die Disziplinarbuße darf den einmonatigen Betrag der Dienstbezüge oder des Wehrsoldes nicht überschreiten. 2Bei denjenigen, deren Wehrdienstverhältnis weniger als einen Monat dauert, darf die Disziplinarbuße den Betrag nicht übersteigen, der ihnen für die Dauer des Wehrdienstverhältnisses zusteht.

(2) Bei der Bemessung der Disziplinarbuße sind auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Soldatin oder des Soldaten zu berücksichtigen.

(3) Die strenge Disziplinarbuße ist die Disziplinarbuße, die vor der Truppe bekannt gemacht wird.


§ 25 Ausgangsbeschränkung, strenge Ausgangsbeschränkung



(1) 1Die Ausgangsbeschränkung besteht in dem Verbot, die dienstliche Unterkunft ohne Erlaubnis zu verlassen. 2Sie kann beim Verhängen durch das Verbot verschärft werden, für die ganze Dauer oder an bestimmten Tagen Gemeinschaftsräume zu betreten und Besuch zu empfangen (verschärfte Ausgangsbeschränkung). 3Die Verschärfungen nach Satz 2 können auch einzeln angeordnet werden.

(2) 1Die Ausgangsbeschränkung dauert mindestens einen Tag und höchstens drei Wochen. 2Sie darf nur gegen diejenigen verhängt werden, die aufgrund dienstlicher Anordnung nach § 18 des Soldatengesetzes verpflichtet sind, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen.

(3) 1Die strenge Ausgangsbeschränkung ist die Ausgangsbeschränkung, die vor der Truppe bekannt gemacht wird. 2Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.


§ 26 Disziplinararrest, strenger Disziplinararrest



(1) 1Der Disziplinararrest besteht in einfacher Freiheitsentziehung. 2Er dauert mindestens drei Tage und höchstens drei Wochen.

(2) Der strenge Disziplinararrest ist der Disziplinararrest, der vor der Truppe bekannt gemacht wird.


Abschnitt 2 Disziplinarbefugnis

§ 27 Disziplinarvorgesetzte



(1) 1Die Befugnis, Disziplinarmaßnahmen zu verhängen und die sonst den Disziplinarvorgesetzten obliegenden Entscheidungen und Maßnahmen zu treffen (Disziplinarbefugnis), haben die Offizierinnen und Offiziere, denen sie nach diesem Gesetz zusteht, deren truppendienstliche Vorgesetzte sowie die Vorgesetzten in vergleichbaren Dienststellungen, denen sie durch die Bundesministerin der Verteidigung oder den Bundesminister der Verteidigung zur Erfüllung besonderer Aufgaben verliehen wird. 2Die oder der oberste Disziplinarvorgesetzte ist die Bundesministerin der Verteidigung oder der Bundesminister der Verteidigung.

(2) 1Die Disziplinarbefugnis ist an die Dienststellung gebunden. 2Sie kann nicht übertragen werden. 3Sie geht von selbst auf die Stellvertreterin im Kommando oder den Stellvertreter im Kommando über. 4Hat die Inhaberin oder der Inhaber der Dienststellung oder die Stellvertreterin im Kommando oder der Stellvertreter im Kommando keinen Offiziersrang, geht sie auf die nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte oder den nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten über.

(3) 1Verstöße der Sanitätsoffizierinnen und Sanitätsoffiziere gegen ihre ärztlichen Pflichten werden durch vorgesetzte Sanitätsoffizierinnen und Sanitätsoffiziere geahndet. 2Dies gilt auch dann, wenn mit dem Verstoß gegen ärztliche Pflichten ein Verstoß gegen sonstige Pflichten zusammentrifft.


§ 28 Stufen der Disziplinarbefugnis



(1) 1Die Disziplinarbefugnis ist nach der Dienststellung der Disziplinarvorgesetzten abgestuft. 2Es können verhängen

1.
die Kompaniechefin oder der Kompaniechef oder eine Offizierin oder ein Offizier in entsprechender Dienststellung

a)
gegen Unteroffizierinnen und Unteroffiziere sowie gegen Mannschaften alle einfachen Disziplinarmaßnahmen, ausgenommen Disziplinararrest und strengen Disziplinararrest von jeweils mehr als sieben Tagen,

b)
gegen Offizierinnen und Offiziere den Verweis,

2.
die Bataillonskommandeurin oder der Bataillonskommandeur oder eine Offizierin oder ein Offizier in entsprechender Dienststellung

a)
gegen Unteroffizierinnen und Unteroffiziere sowie gegen Mannschaften alle einfachen Disziplinarmaßnahmen,

b)
gegen Offizierinnen und Offiziere alle einfachen Disziplinarmaßnahmen, ausgenommen Disziplinararrest und strengen Disziplinararrest,

3.
die Bundesministerin der Verteidigung oder der Bundesminister der Verteidigung sowie die Regimentskommandeurin oder der Regimentskommandeur, die Brigadekommandeurin oder der Brigadekommandeur, Offizierinnen oder Offiziere von diesen Dienststellungen an aufwärts und die Offizierinnen oder Offiziere in entsprechenden Dienststellungen alle einfachen Disziplinarmaßnahmen.

3Die Bundesministerin der Verteidigung oder der Bundesminister der Verteidigung stellt fest, welche Vorgesetzten sich in den in Satz 2 Nummer 1 bis 3 genannten entsprechenden Dienststellungen befinden.

(2) 1Eine Disziplinarvorgesetzte oder ein Disziplinarvorgesetzter hat die Disziplinarbefugnis der nächsthöheren Stufe, wenn die oder der sonst zuständige Disziplinarvorgesetzte nicht erreichbar ist und die militärische Disziplin ein sofortiges Einschreiten erfordert. 2Solche Fälle sind unverzüglich der oder dem sonst zuständigen Disziplinarvorgesetzten zu melden.


§ 29 Zuständigkeit der oder des nächsten Disziplinarvorgesetzten



(1) 1Soweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, übt die oder der nächste Disziplinarvorgesetzte die Disziplinarbefugnis aus. 2Nächste Disziplinarvorgesetzte oder nächster Disziplinarvorgesetzter ist die oder der unterste Vorgesetzte mit Disziplinarbefugnis, der oder dem die Soldatin oder der Soldat unmittelbar unterstellt ist. 3Die Zuständigkeit für die disziplinare Ahndung von Dienstvergehen der Vertrauensperson regelt § 15 Absatz 2 des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes.

(2) 1Wechselt vor Erledigung eines Falles das Unterstellungsverhältnis, so wird die oder der neue Disziplinarvorgesetzte zuständig. 2Dies gilt insbesondere bei Versetzungen oder zeitweiligem Ausscheiden von Truppenteilen aus ihrem Verband sowie bei Kommandierungen, sofern nicht die Dienststelle, die die Kommandierung ausspricht, etwas anderes bestimmt.

(3) In den Fällen einer vorübergehenden Unterstellung kann die Disziplinarbefugnis gegen Dienstgradgleiche und Dienstgradhöhere nicht ausgeübt werden.


§ 30 Zuständigkeit der oder des nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten



(1) Die oder der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte ist zuständig, wenn die Tat von der oder dem nächsten Disziplinarvorgesetzten nicht geahndet werden kann, weil

1.
diese oder dieser selbst an der Tat beteiligt ist,

2.
die Tat im Fall des § 29 Absatz 3 von einer oder einem Dienstgradgleichen oder einer oder einem Dienstgradhöheren begangen worden ist,

3.
die Tat von einer Vertrauensperson begangen worden ist, es sei denn, dass die Voraussetzungen des § 15 Absatz 2 Satz 2 des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes vorliegen, oder

4.
die oder der nächste Disziplinarvorgesetzte nicht erreichbar ist und die militärische Disziplin ein sofortiges Einschreiten erfordert; solche Fälle sind unverzüglich der oder dem sonst zuständigen Disziplinarvorgesetzten mitzuteilen.

(2) Die oder der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte ist weiterhin für die Ahndung der Tat zuständig, wenn die oder der nächste Disziplinarvorgesetzte meldet, dass

1.
ihre oder seine Disziplinarbefugnis nach § 28 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 nicht ausreicht,

2.
sie oder er persönlich durch die Tat verletzt ist oder

3.
sie oder er sich für befangen hält.

(3) Die oder der nächste Disziplinarvorgesetzte hat in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 und des Absatzes 2 das Dienstvergehen der oder dem nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten zu melden.


§ 31 Disziplinarbefugnis nach dem Dienstgrad



(1) 1Die örtlichen Befehlshaberinnen und Befehlshaber, die Führerinnen und Führer von besonders zusammengestellten Abteilungen und die Offizierinnen und Offiziere in ähnlichen Dienststellungen haben im Rahmen ihrer Befehlsbefugnis, sofern ihnen nach ihrer sonstigen Dienststellung keine höhere Disziplinarbefugnis zusteht, je nach dem Dienstgrad folgende Disziplinarbefugnis

1.
ein Leutnant, Oberleutnant, Hauptmann oder Stabshauptmann oder eine Offizierin oder ein Offizier in entsprechendem Dienstgrad die Disziplinarbefugnis nach § 28 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1,

2.
ein Major, Oberstleutnant oder eine Offizierin oder ein Offizier in entsprechendem Dienstgrad die Disziplinarbefugnis nach § 28 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2,

3.
ein Oberst oder eine Offizierin oder ein Offizier in entsprechendem oder höherem Dienstgrad die Disziplinarbefugnis nach § 28 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3.

2Die Bundesministerin der Verteidigung oder der Bundesminister der Verteidigung stellt fest, wem nach dieser Vorschrift Disziplinarbefugnis zusteht.

(2) Für die Disziplinarbefugnis der Stellvertreterin im Kommando oder des Stellvertreters im Kommando ist ihr oder sein Dienstgrad maßgebend.

(3) 1Die Disziplinarbefugnis dieser Vorgesetzten besteht nur dann, wenn die militärische Disziplin ein sofortiges Einschreiten erfordert und die oder der an sich zuständige Disziplinarvorgesetzte hierzu nicht erreichbar ist. 2Solche Fälle sind unverzüglich der oder dem sonst zuständigen Disziplinarvorgesetzten mitzuteilen.

(4) 1Die Kommandeurin oder der Kommandeur eines Bundeswehrkrankenhauses kann die Disziplinarbefugnis ausüben, wenn die militärische Disziplin ein sofortiges Einschreiten erfordert. 2Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.


Abschnitt 3 Ausübung der Disziplinarbefugnis

§ 32 Ermittlungen der Disziplinarvorgesetzten



(1) 1Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, so muss die oder der Disziplinarvorgesetzte den Sachverhalt durch die erforderlichen Ermittlungen aufklären. 2Der Inhalt mündlicher Vernehmungen ist aktenkundig zu machen.

(2) 1Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann die Aufklärung des Sachverhalts einer Offizierin oder einem Offizier übertragen. 2In Fällen von geringerer Bedeutung kann sie oder er auch den Kompaniefeldwebel oder eine Unteroffizierin oder einen Unteroffizier in entsprechender Dienststellung mit der Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen beauftragen, soweit es sich um Mannschaften oder um Unteroffizierinnen ohne Portepee oder Unteroffiziere ohne Portepee handelt.

(3) Bei der Aufklärung des Sachverhalts sind die belastenden, entlastenden und die für Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln.

(4) 1Die Soldatin oder der Soldat ist über die Ermittlungen zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Ermittlungszwecks möglich ist. 2Ihr oder ihm ist bei Beginn der ersten Vernehmung zu eröffnen, welche Pflichtverletzungen ihr oder ihm zur Last gelegt werden. 3Es ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihr oder ihm freisteht, sich zur Sache zu äußern oder nicht auszusagen. 4Wird ausgesagt, muss in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit gesagt werden. 5Ist die nach den Sätzen 2 und 3 vorgeschriebene Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden, so darf die Aussage der Soldatin oder des Soldaten nicht zu ihrem oder seinem Nachteil verwertet werden.

(5) 1Vor der Entscheidung ist die Soldatin oder der Soldat stets zu fragen, ob sie oder er etwas zu ihrer oder seiner Entlastung vorbringen will. 2Hierüber ist ein Vernehmungsprotokoll aufzunehmen, das von der Soldatin oder dem Soldaten unterschrieben sein soll.


§ 33 Prüfungspflicht der Disziplinarvorgesetzten



(1) 1Hat eine Soldatin oder ein Soldat ein Dienstvergehen begangen, prüft die oder der Disziplinarvorgesetzte, ob es mit einer erzieherischen Maßnahme sein Bewenden haben kann oder ob eine Disziplinarmaßnahme verhängt werden soll. 2Sie oder er prüft ferner, ob das Dienstvergehen zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme weiterzumelden oder die Entscheidung der Einleitungsbehörde herbeizuführen ist.

(2) 1Die oder der Disziplinarvorgesetzte soll erst dann disziplinar einschreiten, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind. 2Will sie oder er eine Disziplinarmaßnahme verhängen, muss sie oder er die Schuld der Soldatin oder des Soldaten für erwiesen halten.

(3) 1Ist das Dienstvergehen eine Straftat, so gibt die oder der Disziplinarvorgesetzte die Sache unabhängig von der Prüfung nach Absatz 1 an die zuständige Strafverfolgungsbehörde ab, wenn dies entweder zur Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung oder wegen der Art der Tat oder der Schwere des Unrechts oder der Schuld geboten ist. 2Sie oder er kann die disziplinare Erledigung bis zur Beendigung des auf die Abgabe eingeleiteten oder eines sonstigen wegen derselben Tat schwebenden Strafverfahrens aussetzen. 3Das gilt nicht, wenn die Sachaufklärung gesichert ist oder wenn im Strafverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person oder in dem Verhalten der Soldatin oder des Soldaten liegen.


§ 34 Bindung an tatsächliche Feststellungen anderer Entscheidungen



(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren, auf denen die Entscheidung beruht, sind für die Disziplinarvorgesetzte oder den Disziplinarvorgesetzten bindend, soweit das Dienstvergehen denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat.

(2) 1Das Wehrdienstgericht hat jedoch bei Entscheidungen nach § 40 Absatz 4 und § 43 Absatz 2 und 3 sowie nach § 47 die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit, bei Entscheidungen durch eine Truppendienstkammer mit der Stimme der oder des Vorsitzenden, bezweifeln. 2Dies ist in den Gründen der Entscheidung zum Ausdruck zu bringen.


§ 35 Selbstständigkeit der Disziplinarvorgesetzten



(1) 1Die oder der zuständige Disziplinarvorgesetzte entscheidet allein verantwortlich. 2Ihr oder ihm kann nicht befohlen werden, ob und wie geahndet werden soll.

(2) Verhängt die oder der Disziplinarvorgesetzte eine Disziplinarmaßnahme, dürfen höhere Vorgesetzte diese Entscheidung, abgesehen von den Fällen der Beschwerde, nur unter den Voraussetzungen des § 48 Absatz 2 aufheben.

(3) Hält die oder der Disziplinarvorgesetzte ein Dienstvergehen zwar für erwiesen, eine Disziplinarmaßnahme aber nicht für angebracht, dürfen höhere Vorgesetzte diese Entscheidung nicht ändern.

(4) § 95 Absatz 3 und § 99 bleiben unberührt.


§ 36 Absehen von einer Disziplinarmaßnahme



(1) Wird durch die Ermittlungen ein Dienstvergehen nicht festgestellt oder hält die oder der Disziplinarvorgesetzte eine Disziplinarmaßnahme nicht für zulässig oder angebracht, hat sie oder er diese Entscheidung der Soldatin oder dem Soldaten bekannt zu geben, wenn die Soldatin oder der Soldat zuvor angehört wurde.

(2) Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann den Fall nur dann erneut verfolgen, wenn erhebliche neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden.


§ 37 Verhängen der Disziplinarmaßnahme



(1) 1Eine Disziplinarmaßnahme darf erst nach Ablauf einer Nacht verhängt werden, nachdem die Soldatin oder der Soldat nach § 32 Absatz 5 abschließend angehört wurde. 2Sobald sie oder er zum Entlassungsort in Marsch gesetzt wird, kann die Disziplinarmaßnahme sofort verhängt werden.

(2) 1Die Disziplinarmaßnahme wird durch die dienstliche Bekanntgabe der Disziplinarverfügung an die Soldatin oder den Soldaten verhängt. 2Das Ehrgefühl ist zu schonen.

(3) 1Die Disziplinarverfügung muss bei der Bekanntgabe schriftlich festgelegt sein. 2Sie muss Zeit, Ort und Sachverhalt des Dienstvergehens, die Schuldform sowie Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme enthalten. 3Bei der verschärften Ausgangsbeschränkung und bei der verschärften strengen Ausgangsbeschränkung muss sie zusätzlich die Verschärfung enthalten. 4Eine Abschrift der Disziplinarverfügung ist der Soldatin oder dem Soldaten bei der Verhängung der Disziplinarmaßnahme auszuhändigen. 5Ist die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden, ist dies hierbei bekannt zu geben.

(4) Sind nach § 22 Absatz 2 mehrere Disziplinarmaßnahmen nebeneinander zulässig, dürfen sie nur gleichzeitig verhängt werden.

(5) 1Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann eine von ihr oder ihm verhängte Disziplinarmaßnahme nicht mehr aufheben, ändern oder unvollstreckt lassen. 2Die §§ 39, 51 Absatz 3 und § 58 Absatz 3 bleiben unberührt.


§ 38 Bemessung der Disziplinarmaßnahme



(1) Bei der Bemessung von Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme sind Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe der Soldatin oder des Soldaten zu berücksichtigen.

(2) In der Regel ist mit den milderen Disziplinarmaßnahmen zu beginnen und erst bei erneuten Dienstvergehen zu schwereren Disziplinarmaßnahmen überzugehen.

(3) Disziplinararrest oder strenger Disziplinararrest soll erst dann verhängt werden, wenn vorausgegangene erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen ihren Zweck nicht erreicht haben oder die Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung eine disziplinare Freiheitsentziehung gebietet.


§ 39 Anrechnung von Freiheitsentziehung auf die Disziplinarmaßnahme



Auf die Disziplinarmaßnahme kann eine Freiheitsentziehung, die die Soldatin oder der Soldat aus Anlass ihrer oder seiner Tat durch vorläufige Festnahme oder Untersuchungshaft erlitten hat, nach pflichtgemäßem Ermessen in der Weise angerechnet werden, dass die Disziplinarmaßnahme ganz oder teilweise für vollstreckt erklärt wird.


§ 40 Richterliche Mitwirkung bei der Verhängung von Disziplinararrest und strengem Disziplinararrest



(1) 1Disziplinararrest darf erst verhängt werden, nachdem die Richterin oder der Richter des zuständigen, notfalls des nächst erreichbaren Truppendienstgerichts zugestimmt hat. 2Hält sie oder er den beabsichtigten Disziplinararrest für zulässig und angebracht, so ist die Zustimmung zu erteilen. 3Die Zustimmung bedarf keiner Begründung. 4Wenn es zur Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung geboten ist, kann zugleich die sofortige Vollstreckbarkeit angeordnet werden. 5Die Anordnung ist zu begründen. 6Ist die sofortige Vollstreckbarkeit angeordnet worden, so gelten § 37 Absatz 1 Satz 1 und § 49 Absatz 1 nicht.

(2) 1Die oder der Disziplinarvorgesetzte teilt im Antrag auf richterliche Zustimmung die beabsichtigte Dauer des Disziplinararrests mit. 2Will sie oder er zugleich Ausgangsbeschränkung, strenge Ausgangsbeschränkung, Disziplinarbuße oder strenge Disziplinarbuße verhängen, so ist auch deren Dauer oder deren Betrag mitzuteilen. 3Ein Antrag auf sofortige Vollstreckbarkeit ist zu begründen. 4Die Soldatin oder der Soldat ist auch zu diesem Antrag anzuhören. 5Dem Antrag sind die nach § 32 entstandenen Vorgänge beizufügen. 6Beizufügen sind ferner ein Auszug über Anerkennungen, Disziplinarmaßnahmen und Bestrafungen aus dem Disziplinarbuch oder den Personalunterlagen und, soweit erforderlich, eine Darstellung des Sachverhalts.

(3) 1Lehnt die Richterin oder der Richter es ab, dem Disziplinararrest zuzustimmen, oder stimmt sie oder er nur einem kürzeren Disziplinararrest zu, so ist diese Entscheidung zu begründen. 2Ist sie oder er der Auffassung, dass eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme angebracht ist, sind die Akten der Einleitungsbehörde zur weiteren Entschließung zu übersenden.

(4) 1Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 binnen einer Woche nach Bekanntgabe der richterlichen Entscheidung das Truppendienstgericht anrufen. 2Hält das Truppendienstgericht den beabsichtigten oder einen kürzeren Disziplinararrest für zulässig und angebracht, so verhängt es diesen selbst. 3Diese Entscheidung ist endgültig. 4Die Soldatin oder der Soldat ist vor der Entscheidung anzuhören. 5Die Anhörung kann außerhalb der Verhandlung auch durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden stattfinden. 6Bei der Anhörung darf nur die Begründung für den verhängten Disziplinararrest mitgeteilt werden. 7Hält das Truppendienstgericht Disziplinararrest für nicht angebracht, so entscheidet die oder der Disziplinarvorgesetzte, ob eine andere Disziplinarmaßnahme gegen die Soldatin oder den Soldaten verhängt wird. 8Hält das Truppendienstgericht eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme für geboten, übersendet es die Akten der Einleitungsbehörde zur weiteren Entschließung.

(5) 1An Bord von Schiffen außerhalb der Hoheitsgewässer der Bundesrepublik Deutschland darf Disziplinararrest vor einer richterlichen Zustimmung verhängt werden, wenn die Richterin oder der Richter nicht erreichbar ist und die militärische Disziplin auf andere Weise nicht aufrechterhalten werden kann. 2§ 42 Absatz 3 Satz 1 und § 49 Absatz 1 gelten nicht. 3Sobald die Richterin oder der Richter erreichbar ist, sind ihr oder ihm die Vorgänge unverzüglich vorzulegen. 4Wird der verhängten Disziplinarmaßnahme nicht zugestimmt, so ist sie zugleich aufzuheben. 5Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend. 6§ 48 Absatz 4 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist nach § 17 Absatz 2 mit der Aufhebung der Disziplinarmaßnahme beginnt.

(6) Für den strengen Disziplinararrest gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) 1Die Richterin oder der Richter und das Truppendienstgericht können dem Bundesverwaltungsgericht Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vorlegen. 2§ 18 Absatz 4 der Wehrbeschwerdeordnung gilt entsprechend. 3Von der Vorlage bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Lauf der Frist nach § 17 Absatz 2 gehemmt.


§ 41 Disziplinarvorgesetzte und gerichtliches Disziplinarverfahren



Ist die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens geboten, führt die oder der zuständige Disziplinarvorgesetzte die Entscheidung der Einleitungsbehörde herbei.


Abschnitt 4 Beschwerden gegen Maßnahmen und Entscheidungen der Disziplinarvorgesetzten

§ 42 Anwendung der Wehrbeschwerdeordnung



(1) Auf Beschwerden gegen Disziplinarmaßnahmen sowie gegen sonstige Maßnahmen und Entscheidungen der Disziplinarvorgesetzten und gegen vorläufige Festnahmen nach diesem Gesetz ist die Wehrbeschwerdeordnung nach Maßgabe dieses Abschnitts anzuwenden.

(2) Beschwerden gegen Disziplinararrest oder gegen strengen Disziplinararrest dürfen vor Ablauf einer Nacht eingelegt werden, sofern die sofortige Vollstreckbarkeit angeordnet worden ist.

(3) 1Die Beschwerde hemmt die Vollstreckung einer Disziplinarmaßnahme, wenn sie vor Beginn der Vollstreckung eingelegt wird. 2Dieser Zeitpunkt ist der Soldatin oder dem Soldaten rechtzeitig zu eröffnen, in der Regel bei Verhängung der Disziplinarmaßnahme. 3Die Vollstreckung wird nicht gehemmt bei Beschwerden gegen Disziplinararrest oder gegen strengen Disziplinararrest, sofern die sofortige Vollstreckbarkeit nach § 40 Absatz 1 angeordnet worden ist, sowie bei weiteren Beschwerden, bei Rechtsbeschwerden und bei Nichtzulassungsbeschwerden. 4Im Übrigen hat die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung.

(4) Werden missbilligende Äußerungen nach § 23 Absatz 3 Satz 2 mit der Feststellung eines Dienstvergehens verbunden, können sie nur zusammen mit dieser Feststellung angefochten werden.


§ 43 Zuständigkeiten



(1) Über die Beschwerde entscheidet die oder der nächste Disziplinarvorgesetzte der oder des Vorgesetzten, welche oder welcher die angefochtene Disziplinarmaßnahme verhängt hat oder die angefochtene Maßnahme oder Entscheidung getroffen hat.

(2) 1Über die weitere Beschwerde entscheidet das Truppendienstgericht. 2Zuständig ist das Truppendienstgericht, das für den Befehlsbereich errichtet ist, zu dem die oder der Vorgesetzte, welche oder welcher die angefochtene Disziplinarmaßnahme verhängt hat oder die angefochtene Maßnahme oder Entscheidung getroffen hat, zum Zeitpunkt des Beschwerdeanlasses gehört. 3Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über die weitere Beschwerde, wenn über die Beschwerde entschieden wurde durch

1.
die Bundesministerin der Verteidigung oder den Bundesminister der Verteidigung oder

2.
die Generalinspekteurin der Bundeswehr oder den Generalinspekteur der Bundeswehr.

4Die angefochtene Disziplinarmaßnahme, Maßnahme oder Entscheidung unterliegt der Prüfung des Wehrdienstgerichts in vollem Umfang. 5Das Gericht trifft zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung. 6§ 40 Absatz 4 Satz 8 gilt entsprechend.

(3) 1Gegen die Rücknahme einer förmlichen Anerkennung, gegen Maßnahmen nach § 20, gegen Disziplinararrest und gegen strengen Disziplinararrest ist nur die Beschwerde an das Truppendienstgericht zulässig. 2Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über die Beschwerde gegen Maßnahmen oder Entscheidungen nach Satz 1, wenn diese getroffen wurden durch

1.
die Bundesministerin der Verteidigung oder den Bundesminister der Verteidigung oder

2.
die Generalinspekteurin der Bundeswehr oder den Generalinspekteur der Bundeswehr.

3Absatz 2 Satz 4 und 5 sowie § 40 Absatz 4 Satz 8 gelten entsprechend.


§ 44 Entscheidung über die Beschwerde



(1) Die Entscheidung über die Beschwerde darf die Disziplinarmaßnahme nicht verschärfen.

(2) Wird eine Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Beschwerde herabgesetzt oder aufgehoben, ist gleichzeitig nach § 56 über die Anrechnung der Vollstreckung und über den Ausgleich für eine zu Unrecht vollstreckte Disziplinarmaßnahme zu entscheiden.

(3) Hebt das Wehrdienstgericht die Disziplinarmaßnahme auf, weil ein Dienstvergehen nicht vorliegt oder nicht erwiesen ist oder weil es ein Dienstvergehen zwar für erwiesen, eine Disziplinarmaßnahme aber nicht für angebracht hält, so kann die oder der Disziplinarvorgesetzte den Fall nur dann erneut verfolgen, wenn erhebliche neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden.

(4) 1Wird eine Disziplinarmaßnahme aufgehoben, ohne dass eine andere Disziplinarmaßnahme an ihre Stelle tritt, ist die Aufhebung in derselben Weise bekannt zu geben, in der die Verhängung erfolgte. 2Ist die Disziplinarmaßnahme nach § 52 Absatz 2, § 53 Absatz 5, § 54 Absatz 5 oder § 55 Absatz 5 bereits bekannt gemacht worden, so ist zusätzlich die Aufhebung entsprechend bekannt zu machen.

(5) Wird über die Beschwerden einer Soldatin oder eines Soldaten gegen mehrere Disziplinarmaßnahmen gleichzeitig entschieden, so sind die Pflichtverletzungen, die jeder Disziplinarmaßnahme zu Grunde liegen, abweichend von § 18 Absatz 2 jeweils als ein Dienstvergehen zu ahnden.

(6) Eine Disziplinarmaßnahme kann auch dann herabgesetzt werden oder statt ihrer kann eine andere, mildere Disziplinarmaßnahme verhängt werden, wenn die Soldatin oder der Soldat zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bereits aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist.


Abschnitt 5 Nochmalige Prüfung

§ 45 Aufhebung einer Disziplinarmaßnahme bei nachträglichem Straf- oder Bußgeldverfahren



(1) 1Ist eine einfache Disziplinarmaßnahme unanfechtbar verhängt worden und wird wegen desselben Sachverhalts nachträglich durch ein Gericht oder eine Behörde eine Strafe oder Ordnungsmaßnahme verhängt oder kann ein Sachverhalt nach § 153a Absatz 1 Satz 5 oder Absatz 2 Satz 2 der Strafprozessordnung nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, so ist die Disziplinarmaßnahme auf Antrag der Soldatin oder des Soldaten aufzuheben, wenn ihre Verhängung nach Abschluss des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens gegen § 16 Absatz 1 verstoßen würde. 2Die Aufhebung eines Disziplinararrests oder eines strengen Disziplinararrests unterbleibt, wenn die Voraussetzungen für eine zusätzliche disziplinare Ahndung zum Zeitpunkt seiner Verhängung vorgelegen haben.

(2) Disziplinararrest oder strenger Disziplinararrest ist aufzuheben, soweit er zusammen mit einer wegen desselben Sachverhalts nachträglich verhängten Freiheitsentziehung drei Wochen übersteigt.

(3) Die Aufhebung ist ausgeschlossen, wenn die Disziplinarmaßnahme im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren erkennbar angerechnet worden ist.


§ 46 Aufhebung oder Änderung einer Disziplinarmaßnahme aus anderen Gründen



(1) 1Jede und jeder Disziplinarvorgesetzte muss beantragen, die Disziplinarmaßnahme aufzuheben, wenn sie oder er der Auffassung ist, dass gegen eine oder einen ihrer oder seiner Untergebenen eine Disziplinarmaßnahme verhängt worden ist, obwohl diese oder dieser Untergebene unschuldig oder nicht nachweisbar schuldig war. 2Sie oder er kann dies beantragen, wenn sie oder er der Auffassung ist, dass eine Disziplinarmaßnahme nicht angebracht oder nach § 16 Absatz 1 nicht zulässig war, oder wenn ihre Verhängung nach Abschluss des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens gegen § 16 Absatz 1 verstoßen würde. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für einen Antrag auf Herabsetzung der Disziplinarmaßnahme, wenn bei mehreren Pflichtverletzungen, die als ein Dienstvergehen geahndet worden sind, bei einer die Voraussetzungen des Satzes 1 oder des Satzes 2 vorliegen.

(2) 1Die oder der Disziplinarvorgesetzte, die oder der die Disziplinarmaßnahme verhängt hat, oder bei einem Wechsel die nachfolgende Person, ist verpflichtet, einen Antrag nach Absatz 1 Satz 2 zu stellen. 2Diese oder dieser Vorgesetzte kann auch beantragen, eine von ihr oder ihm verhängte Disziplinarmaßnahme herabzusetzen, wenn sie ihr oder ihm nachträglich zu hart erscheint.

(3) 1Die Soldatin oder der Soldat kann die Aufhebung einer nicht mehr anfechtbaren Disziplinarmaßnahme beantragen, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die zur Aufhebung der Disziplinarmaßnahme führen können. 2Als neue Tatsachen gelten auch die tatsächlichen Feststellungen eines wegen desselben Sachverhalts ergangenen rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder im Bußgeldverfahren, soweit sie von denen der Disziplinarverfügung abweichen.


§ 47 Verfahren bei Aufhebung oder Änderung einer Disziplinarmaßnahme



(1) Über den Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer Disziplinarmaßnahme entscheidet das Wehrdienstgericht durch Beschluss.

(2) 1Für das Verfahren gelten die Vorschriften über die Beschwerde entsprechend. 2§ 20 der Wehrbeschwerdeordnung ist anzuwenden, soweit es sich nicht um Anträge einer oder eines Disziplinarvorgesetzten nach § 46 Absatz 1 oder 2 handelt.

(3) Von der Entscheidung über den Antrag sind diejenigen Richterinnen und Richter ausgeschlossen, die bei der Verhängung der Disziplinarmaßnahme nach § 40 Absatz 4 oder in einem Beschwerdeverfahren gegen die Disziplinarmaßnahme mitgewirkt haben.


§ 48 Dienstaufsicht



(1) Die höheren Disziplinarvorgesetzten überwachen die ihnen unterstellten Disziplinarvorgesetzten in der Ausübung der Disziplinarbefugnis.

(2) Disziplinarmaßnahmen, die von Disziplinarvorgesetzten verhängt sind, sind aufzuheben, wenn

1.
sie von einer oder einem Disziplinarvorgesetzten verhängt worden sind, die oder der unzuständig war,

2.
sie nach Art oder Höhe im Gesetz nicht vorgesehen sind,

3.
vor der Entscheidung die Vertrauensperson nicht nach § 28 Absatz 1 des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes angehört worden ist, obwohl ihre Anhörung von der Soldatin oder dem Soldaten nicht ausdrücklich abgelehnt worden war,

4.
gegen die Soldatin oder den Soldaten wegen des Dienstvergehens bereits eine Disziplinarmaßnahme verhängt worden ist,

5.
die oder der Disziplinarvorgesetzte ihre oder seine Disziplinarbefugnis nach § 28 überschritten hat,

6.
die oder der Disziplinarvorgesetzte nach § 36 der Soldatin oder dem Soldaten die Entscheidung bekannt gegeben hatte, dass sie oder er wegen eines Dienstvergehens keine Disziplinarmaßnahme verhängen will, und wenn keine erheblichen neuen Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt geworden sind,

7.
das Dienstvergehen nach § 17 Absatz 2 wegen Zeitablaufs nicht mehr hätte geahndet werden dürfen,

8.
die Soldatin oder der Soldat nicht nach § 32 Absatz 5 Satz 1 zuvor angehört worden ist,

9.
die Disziplinarverfügung bei der Bekanntgabe nicht nach § 37 Absatz 3 Satz 1 bis 3 schriftlich festgelegt war oder den vorgeschriebenen Inhalt hatte oder

10.
der Disziplinararrest oder der strenge Disziplinararrest ohne richterliche Zustimmung verhängt worden ist.

(3) 1Für das Aufheben der Disziplinarmaßnahmen sind die höheren Disziplinarvorgesetzten zuständig. 2§ 44 Absatz 4 ist anzuwenden.

(4) 1Die oder der zuständige Disziplinarvorgesetzte prüft, ob anstelle einer aufgehobenen Disziplinarmaßnahme eine neue Disziplinarmaßnahme zulässig und angebracht ist. 2§ 44 Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) Die Disziplinarvorgesetzten haben Aufhebungsgründe, die ihnen bekannt werden, der für das Aufheben zuständigen Stelle zu melden.


Abschnitt 6 Vollstreckung

§ 49 Vollstreckbarkeit der Disziplinarmaßnahmen



(1) 1Eine verhängte Disziplinarmaßnahme ist erst dann zu vollstrecken, wenn die Soldatin oder der Soldat an dem auf die Verhängung folgenden Tag ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Beschwerde hatte und davon keinen Gebrauch gemacht hat. 2Vorher kann auf die Beschwerde nicht verzichtet werden.

(2) Disziplinarmaßnahmen, die durch Entscheidung eines Wehrdienstgerichts verhängt sind, werden mit der Rechtskraft der Entscheidung wirksam und vollstreckbar.


§ 50 Zuständigkeit für die Vollstreckung



(1) 1Einfache Disziplinarmaßnahmen vollstreckt die oder der nächste Disziplinarvorgesetzte. 2Wird die Disziplinarmaßnahme von einer anderen Stelle verhängt, ersucht diese Stelle die nächste Disziplinarvorgesetzte oder den nächsten Disziplinarvorgesetzten um die Vollstreckung. 3Andere Dienststellen sollen um die Vollstreckung nur dann ersucht werden, wenn die Soldatin oder der Soldat sich nicht innerhalb des Befehlsbereichs der oder des nächsten Disziplinarvorgesetzten befindet und die Vollstreckung keinen Aufschub duldet.

(2) Die oder der nächste Disziplinarvorgesetzte oder, im Fall des Absatzes 1 Satz 3, andere Dienststellen haben auch einfache Disziplinarmaßnahmen, die im gerichtlichen Disziplinarverfahren verhängt sind, auf Ersuchen der Wehrdisziplinaranwaltschaft zu vollstrecken.


§ 51 Aussetzung, Aufschub und Unterbrechung der Vollstreckung



(1) 1Beim Verhängen einer einfachen Disziplinarmaßnahme kann die Vollstreckung fünf Monate ausgesetzt werden, um der Soldatin oder dem Soldaten Gelegenheit zu geben, sich zu bewähren. 2Die Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung soll nur einmal und nur dann gewährt werden, wenn gegen die Soldatin oder den Soldaten bisher keine oder nur geringfügige Strafen oder Disziplinarmaßnahmen verhängt worden waren und von der Aussetzung ein günstiger erzieherischer Erfolg zu erwarten ist. 3Die Aussetzung der Vollstreckung kann mit einer erzieherischen Maßnahme verbunden werden.

(2) 1Die Bewährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Disziplinarmaßnahme unanfechtbar geworden ist. 2Wird gegen die Soldatin oder den Soldaten bis zum Ablauf der Bewährungsfrist wegen einer Tat, die während der Bewährungsfrist begangen wird, keine Strafe oder Disziplinarmaßnahme unanfechtbar verhängt, so ist die Vollstreckung der Disziplinarmaßnahme erlassen. 3Anderenfalls ist die Disziplinarmaßnahme zu vollstrecken.

(3) Im Übrigen darf die Vollstreckung nur aus dringenden Gründen aufgeschoben oder unterbrochen werden.


§ 52 Vollstreckung von Verweis und strengem Verweis



(1) Der Verweis ist mit dem Verhängen vollstreckt.

(2) 1Der strenge Verweis wird vollstreckt durch Bekanntmachung vor den Soldatinnen und Soldaten der Einheit oder des Truppenteils vom Dienstgrad der Soldatin oder des Soldaten an aufwärts. 2Die Bekanntmachung ist darauf zu beschränken, dass gegen die Soldatin oder den Soldaten ein strenger Verweis verhängt worden ist.


§ 53 Vollstreckung von Disziplinarbuße und strenger Disziplinarbuße



(1) 1Die Disziplinarbuße kann von den Dienstbezügen oder dem Wehrsold oder, wenn das Dienstverhältnis endet, von dem Entlassungsgeld oder dem Ruhegehalt abgezogen werden. 2Die Vollstreckung beginnt mit dem für den Abzug oder die Zahlung festgesetzten Zeitpunkt.

(2) Die oder der für die Vollstreckung zuständige Vorgesetzte kann Teilzahlungen bewilligen.

(3) Disziplinarbußen, die nicht fristgemäß entrichtet sind, werden nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz beigetrieben.

(4) 1Bei dem Abzug und der Beitreibung einer Disziplinarbuße unterliegen die Dienstbezüge, der Wehrsold, das Entlassungsgeld und das Ruhegehalt nicht den Beschränkungen, die für die Pfändung gelten. 2Der Soldatin oder dem Soldaten sind jedoch die Mittel zu belassen, die zum eigenen und familiären Unterhalt sowie zur Erfüllung sonstiger gesetzlicher Unterhaltspflichten notwendig sind.

(5) 1Für die strenge Disziplinarbuße gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Vollstreckung mit der Bekanntmachung vor den Soldatinnen und Soldaten der Einheit oder des Truppenteils vom Dienstgrad der Soldatin oder des Soldaten an aufwärts beginnt. 2Die Bekanntmachung ist darauf zu beschränken, dass gegen die Soldatin oder den Soldaten eine strenge Disziplinarbuße verhängt worden ist.


§ 54 Vollstreckung von Ausgangsbeschränkung und strenger Ausgangsbeschränkung



(1) 1Die Ausgangsbeschränkung ist an aufeinanderfolgenden Tagen zu vollstrecken. 2Dieser Zeitraum ist zu befehlen. 3Bei der verschärften Ausgangsbeschränkung sind Art und Dauer der nach § 25 Absatz 1 Satz 2 und 3 angeordneten Verschärfungen zusätzlich zu befehlen.

(2) Die Ausgangsbeschränkung ist vom Beginn des ersten Tages bis zum Ablauf des letzten Tages des befohlenen Zeitraumes zu vollstrecken.

(3) Der Soldatin oder dem Soldaten kann zur Überwachung befohlen werden, sich in angemessenen Zeitabständen bei Vorgesetzten zu melden.

(4) 1Die Soldatin oder der Soldat kann aus dringenden Gründen an einem Tag oder an mehreren Tagen für einen bestimmten Zeitraum von den befohlenen Beschränkungen befreit werden. 2Der Zeitraum der Befreiung ist auf die Vollstreckung anzurechnen.

(5) 1Für die strenge Ausgangsbeschränkung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Vollstreckung mit der Bekanntmachung vor den Soldatinnen und Soldaten der Einheit oder des Truppenteils vom Dienstgrad der Soldatin oder des Soldaten an aufwärts beginnt. 2Die Bekanntmachung ist darauf zu beschränken, dass gegen die Soldatin oder den Soldaten eine strenge Ausgangsbeschränkung oder eine verschärfte strenge Ausgangsbeschränkung verhängt worden ist.


§ 55 Vollstreckung und Vollzug von Disziplinararrest und strengem Disziplinararrest; Verordnungsermächtigung



(1) Die Vollstreckung des Disziplinararrests beginnt mit der Freiheitsentziehung.

(2) 1Die Soldatin oder der Soldat soll während des Vollzugs in ihrer oder seiner Ausbildung gefördert werden. 2In der Regel soll sie oder er am Dienst teilnehmen. 3Die Teilnahme kann auf bestimmte Arten des Dienstes oder auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden. 4Ist die Teilnahme am Dienst wegen der Persönlichkeit der Soldatin oder des Soldaten, wegen der Art des Dienstes, wegen der Kürze des Disziplinararrests oder aus anderen Gründen nicht tunlich, so soll die Soldatin oder der Soldat nach Möglichkeit in einer anderen Weise beschäftigt werden, die ihre oder seine Ausbildung fördert. 5Soweit die Soldatin oder der Soldat nicht am Dienst teilnimmt oder in einer anderen Weise beschäftigt ist, kann sie oder er innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen zu Arbeiten herangezogen werden, die dem Erziehungszweck und ihren oder seinen Fähigkeiten angemessen sind.

(3) Die nach Absatz 2 erforderlichen Anordnungen trifft die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter.

(4) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften über den Vollzug des Disziplinararrests zu erlassen, die sich auf die Berechnung der Dauer der Freiheitsentziehung, die Art der Unterbringung, die Behandlung, die Beschäftigung, die Gewährung und den Entzug von Vergünstigungen, den Verkehr mit der Außenwelt und die Ordnung und Sicherheit im Vollzug beziehen.

(5) 1Für den strengen Disziplinarrest gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Vollstreckung mit der Bekanntmachung vor den Soldatinnen und Soldaten der Einheit oder des Truppenteils vom Dienstgrad der Soldatin oder des Soldaten an aufwärts beginnt. 2Die Bekanntmachung ist darauf zu beschränken, dass gegen die Soldatin oder den Soldaten ein strenger Disziplinararrest verhängt worden ist.


§ 56 Ausgleich bei nachträglicher Aufhebung einer vollstreckten Disziplinarmaßnahme



(1) 1Wird ein Disziplinararrest oder ein strenger Disziplinararrest nachträglich ganz oder teilweise aufgehoben, erhält die Soldatin oder der Soldat einen Ausgleich. 2Der Ausgleich beträgt für jeden angefangenen Tag, der zu Unrecht vollzogen worden ist, einen Tag Urlaub oder, soweit Urlaub wegen des Endes des Wehrdienstverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, eine Entschädigung in Geld, die der Entschädigung nach § 7 Absatz 3 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen entspricht.

(2) Wird eine Ausgangsbeschränkung oder eine strenge Ausgangsbeschränkung nachträglich ganz oder teilweise aufgehoben, erhält die Soldatin oder der Soldat als Ausgleich für jeden dienstfreien Tag während des Vollzugs, im Übrigen für je zwei Tage, die vollzogen worden sind, einen Tag Urlaub und, soweit Urlaub wegen des Endes des Wehrdienstverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, eine Entschädigung in Geld, die der Entschädigung des Absatzes 1 Satz 2 entspricht.

(3) Wird anstelle eines Disziplinararrests, eines strengen Disziplinararrests, einer Ausgangsbeschränkung oder einer strengen Ausgangsbeschränkung eine Disziplinarbuße oder eine strenge Disziplinarbuße verhängt, so ist sie insoweit für vollstreckt zu erklären, als der Soldatin oder dem Soldaten ein Anspruch auf Entschädigung in Geld zusteht.

(4) 1Wird eine Disziplinarbuße oder eine strenge Disziplinarbuße nachträglich aufgehoben, ist sie zu erstatten. 2Wird sie herabgesetzt, ist der Unterschiedsbetrag zu erstatten.

(5) Im Fall der Aufhebung einer Disziplinarmaßnahme nach § 22 Absatz 1 Nummer 2, 4, 6 oder 8 gilt § 44 Absatz 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch in den Fällen des § 22 Absatz 2.

(7) 1Das Wehrdienstgericht, das die Disziplinarmaßnahme ganz oder teilweise aufgehoben hat, entscheidet über den Ausgleich endgültig durch Beschluss. 2Im Übrigen entscheidet über den Ausgleich die oder der Disziplinarvorgesetzte, die oder der die Disziplinarmaßnahme ganz oder teilweise aufgehoben hat; die §§ 42 bis 44 gelten entsprechend.


§ 57 Behelfsvollzug bei Disziplinararrest und strengem Disziplinararrest



(1) Bei Disziplinararrest oder strengem Disziplinararrest ist der Behelfsvollzug zulässig, wenn infolge der Art der Verwendung der Truppe oder aus anderen Gründen kein Disziplinararrestraum zur Verfügung steht und die Vollstreckung aus dienstlichen Gründen nicht aufgeschoben werden kann.

(2) Der Behelfsvollzug ist in den ordentlichen Vollzug zu überführen, wenn die besonderen Gründe hierfür fortfallen.

(3) 1Als Behelfsvollzug wird der Soldatin oder dem Soldaten während der dienstfreien Zeit der Aufenthalt auf der Wache oder an Bord in einem geeigneten Raum angewiesen. 2Die oder der vollstreckende Vorgesetzte bestimmt, inwieweit die Soldatin oder der Soldat auch in dieser Zeit zu Dienstleistungen heranzuziehen ist.


§ 58 Vollstreckung im Zusammenhang mit dem Entlassungstag



(1) Eine Disziplinarbuße oder eine strenge Disziplinarbuße kann auch nach dem Entlassungstag vollstreckt werden.

(2) 1Soweit Disziplinararrest oder strenger Disziplinararrest mit Rücksicht auf den Entlassungstag nicht mehr vollstreckt werden könnte, gelten § 42 Absatz 3 Satz 1 und § 49 Absatz 1 nicht, sofern die Richterin oder der Richter die sofortige Vollstreckbarkeit angeordnet hat. 2Diese Entscheidung ist zu begründen. 3Der Entlassungstag verschiebt sich um die Dauer des noch nicht verbüßten Disziplinararrests oder strengen Disziplinararrests.

(3) Die oder der vollstreckende Vorgesetzte soll von der Vollstreckung absehen, wenn hieraus kein Nachteil für die Disziplin zu besorgen ist.


§ 59 Verjährung der Vollstreckung



1Einfache Disziplinarmaßnahmen dürfen nach Ablauf von sechs Monaten nicht mehr vollstreckt werden. 2Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die verhängte Disziplinarmaßnahme unanfechtbar geworden ist. 3Die Frist wird gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf die Vollstreckung beginnt.